05 | 1999
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- ArticlePerspektiven einer Ästhetik der digitalen LiteraturSimanowski, Roberto (1999-10-05) , S. 1-49"Lesen im Internet ist wie Musikhören übers Telephon.", so lauten die flotten Sprüche über Literatur im Netz - "it is hard enough putting life in order without the chore of organizing someone else's novel", so die informierteren Einwände mit Blick auf Hypertext. Beide Zitate verlangen grundlegende Klärung: Was ist Literatur im Internet? Was ist ihr eigentliches Wesen? Was ihr ästhetischer Gewinn? -Eine Typologie digitaler Literatur hat zu unterscheiden mindestens zwischen folgenden Spielformen: 1.traditionell verfasste, lineare Texte, die nur der besonderen Disributionsform im Netz existieren; 2. kollaborativ verfasste, lineare Texte, die das Netz als Produktionsort bedingen; 3. lineare Texte, die auf unmittelbare Interaktion zielen; 4. nichtlineare Texte (Hypertext bzw. Hyperfiction); 5. multimediale Texte (Hypermedia). Die Abwehr der Zumutung, den Text selbst zusammenstellen zu müssen (worauf v.a. für Typus 4 basiert), provoziert einen Verweis auf Simmels soziologische Ästhetik, in der die Form der symmetrischen (harmonischen, ausgewogenen) Ästhetik dem Ordnungsmodell des Sozialismus, die der asymmetrischen (offeneren, ambivalenteren) dem der liberalen Gesellschaft zugeschlagen wird. Die "niedrige Stufe des ästhetischen Triebes", so Simmel, "spricht sich im Systembau aus". Dessen Mangel kennzeichnet nun gerade die Hyperfiction; neben ihrem modernen Konservatismus (Rückkehr zur intensiven Lektüre) und ihrem Betrug ums Happy End. Andererseits tendiert die Hyperfiction auch zur Banalisierung, indem die Offenheit des Kunstwerks (Eco) hier mechanisiert und die konnotative Ambivalenz mitunter der kombinatorischen geopfert wird. Nach einem kritischen Blick auf die alten Schlagwörter der (amerikanischen) HT-Diskussion (Tod des Autors, Befreiung des Lesers) und auf die beanspruchten theoretischen Bezugspunkte (Postmoderne, Poststrukturalismus, Dekonstruktivismus) stellt der Beitrag folgende Kategorien einer Ästhetik digitaler Literatur auf: Multimedialität, Technikästhetik, Performance, Navigationspflicht, Links, Bildschirmästhetik. Bedeutung, Funktionsweise und Problempunkte dieser Kriterien werden schließlich an verschiedenen Beispielen digitaler Literatur des Typus' 4 und 5 erörtert.
- ArticleHypertext-Conference: Costs, Advantages, and Alternatives – an Interview with Francisco Ricardo, chair of the Publicity CommiteeSimanowski, Roberto (1999-10-20) , S. 1-6Francisco Ricardo holds a Master's in Education with a concentration in Interactive Technology from Harvard University, a Certificate of Advanced Studies from Harvard, and a Ph.D. in Humanities Computing from Boston University. He lectures, consults, and develops software to enhance human communication, both in educational and corporate contexts. He is in the chair of the Publicity Commitee of the HT Conference 2000 and wrote an open letter to the community to start a questioning process regarding conference fee, participants, and subjects. Roberto Simanowski talked with Francisco about this conference, about the Conference of Digital Arts and Culture, as "the future of our field", and about differences between American and German digital literature.
- ArticleAssoziations-Blaster: Alvar Freudes und Dragan Espenschieds Schreibprojekt. Höher, weiter, tiefer - Nutella und das Sein. Ein Leseprotokoll mit philosophischen AssoziationenSimanowski, Roberto (1999-10-27) , S. 1-13Bekanntlich ist es mit dem Tod des Autors in traditionellen Hypertexten nicht weit her, denn dort beherrscht dieser durch das Setzen von Links selbst noch die Assoziationsmuster der Intertextualität. Angesichts der erforderlichen Wahl zwischen Navigationsalternativen von Interaktivität zu sprechen, wäre ebenso ein Euphemismus. Der Assoziations-Blaster wirkt wie eine Antwort auf das Dilemma. Dieses Textnetzwerk ist nicht nur unüberbietbar in seiner kollektiven Autorschaft es überantwortet auch die Linkgewalt völlig an die Maschine, die alle Texte automatisch nach den jeweils aufgefundenen Stichworten verlinkt. Das Ziel der aufgeblasenen Assoziationen ist, so liest man, "dem Zusammenhalt der Dinge schlechthin auf die Spur zu kommen". Dass es wirklich um Qualität der Erkenntnis geht, glaubt man nicht mehr, wenn man sich mit einem eigenen Textbeitrag zu beteiligen entscheidet und auf die unendliche Wiederholung des Wortes bla den Kommentar "literarisch" erhält, auf eine kurze, tiefgründige Sentenz aber: "sehr mager". Es scheint eher um möglichst viele Verlinkungen zu gehen, um eine Verbindung von allem mit jedem allein der Verbindung wegen: das Leistungsprinzip im Gewand der Informationsgesellschaft. Die Lesespur bestätigt den Verdacht der interaktiven Banalität nur bedingt. Es gibt jede Menge Datenmüll. Aber die Worte provozieren auch die zu ihnen gehörenden Kommentare - "Sein" führt irgendwann zu Hamlet und Descartes, und wo es das nicht tut, könnte dies eine Markierung sein. Man muss diese Art Textgeflechte mögen, vielleicht auch erst sich an sie gewöhnen; dass es immer wieder genug zu klicken gibt und dass es sich auch bei den miserabelsten Beiträgen um authentische handelt, steht außer Frage. Dem Vergleich mit Jean Pauls ethischen Konzept des Witzes, der die verschiedensten Begriffe und Wissensbereiche zusammenbringt, scheint der Assoziations-Blaster nicht standhalten zu können. Dem steht schon sein Prinzip entgegen, Assoziationen nach einer verbrieften Ordnung (morphologische Gemeinsamkeit) vorzunehmen. Aber auch hier sei man gewarnt vor zu schnellem Urteil. Letztlich lässt sich dieses Projekt sogar als eine Art Humanisierung des Jean Paulschen Ansatzes lesen: Nicht Begriffe, sondern Menschen werden zusammengeführt, nicht um die assoziierten Texte geht es, sondern um die Association der Autoren.
- Article1. Ettlinger Internet-Literaturwettbewerb 1999ohne Autor (1999-10-28) , S. 1-8
- ArticleAward-Nepotismus: Ich preise, also bin ich. Eine GlosseSimanowski, Roberto (1999-10-28) , S. 1-5
- ArticleLiteratur in der InformationsgesellschaftBlock, Friedrich W. (1999-10-30) , S. 1-18Der Beitrag stellt sich fünf Fragen: 1. Wie entwickelt sich Literatur in einer künftigen Informationsgesellschaft? Welche Rolle kann Literatur bei der Gestaltung der Informationsgesellschaft spielen? 2. Eröffnen die digitalen Medientechnologien neue Möglichkeiten bei der Vermittlung von Literatur? Welche? 3. Werden durch neue Entwicklungen vorhandene Kunst- und Kultursparten verdrängt oder treten die neuen Angebote neben die bisherigen? 4. Entstehen durch neue Medientechnologien (Internet, Multimedia, Interaktive Medien etc.) neue künstlerische Ausdrucksformen? Welche? 5. Wie sieht ein besonders gelungenes Beispiel für die Nutzung neuer Technologien in der Literatur aus? Dazu werden folgende Antworten ausgeführt: 1. Wie schon in früheren Modernisierungsphasen ermöglicht Literatur - wie Kunst im Allgemeinen - die euphorische bis kritische Beobachtung von Gesellschaft und Individuum - nun besonders unter hochgradig technisierten Kommunikationsbedingungen. 2. Die Entwicklungen weisen auf erleichterte Publikationsmöglichkeiten, auf gesteigerte Kommunikativität im Bereich des Diskurses über Literatur, sodann besonders in der Digitalisierung von Altbeständen bzw. in digitalen Bibliotheken. 3. Literatur schreitet nicht mehr fort, sie erweitert sich. Wird nun aber vieles aus der Tradition der Moderne technisch trivialisiert, muß sich die Literatur mittels Hypermedien neu verorten. 4. Als Beispiele werden genannt: Netzkultur und -literatur bzw. kollaboratives Schreiben, Hyperfiction, digitale Poesiemaschinen sowie New Media Poetry. An letzterer werden 5. einige avancierte Optionen der ästhetischen (Selbst-) Beobachtung im Mediengebrauch zwischen Hybridbildung, Animation und sog. Interaktivität diskutiert.