2018/2 ‒ Medienindustrien
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- ArticleNeues aus der Soap Factory. Ethnografisch Forschen in der deutschen FernsehindustrieKnöhr, Natalie (2018) , S. 27-46Dieser metaethnografische Beitrag zeigt auf, dass methodologische Reflexionen aus dem Feld der Media Industry Studies und aus der Kulturanthropologie/Europäischen Ethnologie wertvolle Hinweise für die ethnografische Produktionsforschung bieten. Anhand von Einblicken in die Feldforschung des Projektes »Serienschreiben: Zur Arbeitskultur im gegenwärtigen deutschen Unterhaltungsfernsehen« und erster Ergebnisse, insbesondere zum Schreiben von Telenovelas und Daily Soaps, wird deutlich, dass sie für die Erforschung der deutschen Fernsehindustrie fruchtbar gemacht werden können. Darüber hinaus setzt sich der Beitrag auch mit der Frage auseinander, inwiefern die Kulturanthropologie/Europäische Ethnologie mit ihren ethnografischen Methoden der teilnehmenden Beobachtung und des qualitativen Interviews für das Feld der Media Industry Studies produktiv ist. Der Beitrag schließt mit einigen Überlegungen zu den Herausforderungen ethnografischen Schreibens.
- Journal IssueNavigationen: Medienindustrien(2018)Medienindustrien rücken in der deutschsprachigen Medienwissenschaft verstärkt in den Mittelpunkt. Workshop- und Konferenzthemen, Forschungsprojekte sowie Verzahnungen mit Media Industry Studies in weiteren Sprachräumen und Ländern sind deutliche Indizien. Steht nun auch für den deutschsprachigen Forschungskontext der "industry turn" bevor? Zumindest greift die Einschätzung zu kurz, dass Medienindustrie- und Produktionsforschungen allein in der angloamerikanischen Welt stattfinden. Der Navigationen-Band führt aktuelle Arbeiten aus der deutschsprachigen Medienwissenschaft zusammen und geht so eine Lücke an, gegen die die AG Medienindustrien seit ihrer Gründung 2012 anarbeitet. Mit Beiträgen von Wissenschaftler*innen der AG Medienindustrien präsentiert die Publikation Schwerpunkte wie die deutsche Fernsehindustrie und Serienproduktion, Filmvermarktung, Filmfestivals, Games und Radio. Neben historischen Perspektiven geht es auch um aktuelle Diskussionen zu Gender-Hierarchien.
- ArticleUS-Blockbuster-Marketing in DeutschlandPrommer, Elizabeth (2018) , S. 159-176Der vorliegende Beitrag untersucht die kulturelle Logik und Bedeutung des Blockbuster- Marketings innerhalb von globalen Unterhaltungsindustrien. Anhand von vier Fallbeispielen wird das Marketing von US-Blockbustern in Deutschland unter konvergenten Medienbedingungen beleuchtet. Dabei werden Franchise-Filme mit Einzelfilmen ohne entsprechende Anbindung verglichen. Die Franchise-Produktionen zeichnen sich durch die pre-sold property aus, die aus Comic Büchern, Computerspielen, Freizeitparks oder Vorläuferfilmen stammt. Die Analyse zeigt, dass je nach Zielgruppe und Art des Films unterschiedliche Strategien verfolgt wurden. Für ein junges actionaffines Publikum liegt der Schwerpunkt in Social Media, für ein Familienpublikum in klassischer Fernsehwerbung und Werbepartnerschaften.
- ArticleProduktionsgemeinschaften im DDR-Staatsfernsehen. Eine historische ProduktionskulturforschungRäder, Andy (2018) , S. 103-118Der Beitrag geht in Anlehnung an die Forschungsansätze der Production Studies der Frage nach, ob und wie sich kollektive Arbeitsweisen in staatsozialistischen Medienindustrien während der Zeit des Kalten Krieges rekonstruieren lassen. Am Beispiel der Produktionsgemeinschaft rund um den Fernsehregisseur Ulrich Thein, der von 1963 bis 1976 in der Filmgruppe Johannisthal acht Fernsehfilme und Mehrteiler realisierte, wird die Produktionskultur im DDR-Staatsfernsehen Deutscher Fernsehfunk (DFF) untersucht. Mithilfe klassischer Quellen und den Texten der »Para- Industrien« (Caldwell) werden offizielle und inoffizielle Modi filmischer Verfahren und Produktionspraktiken offengelegt und drei Kommunikations- und Handlungsebenen herausgearbeitet. Im Sinne der »integrated cultural-industrial analysis« (Caldwell) war es möglich, einen »state-socialist mode of production« (Szczepanik) im DDR-Fernsehen zu rekonstruieren.
- ArticleIm Angesicht der ›Qualitätsserie‹. Produktionskulturen in der deutschen FernsehserienindustrieKrauß, Florian (2018) , S. 47-66Fernsehserien aus Deutschland haben nicht nur für ihre textuellen Eigenschaften, sondern auch für ihre vermeintlichen Herstellungsweisen Kritik erfahren. Ausgehend vom entsprechenden Wertungsdiskurs, möchte der Beitrag die Produktionskulturen genauer ergründen, in deren Angesicht Versuche der ›Qualitätsserie‹ entstehen. Primäre Grundlagen sind teilnehmende Beobachtungen bei serienspezifischen Branchenworkshops sowie qualitative Interviews mit zentralen Akteur*innen der Stoffentwicklung: Autor*innen, Produzent*innen und Redakteur*innen. Oft changieren sie zwischen verschiedenen Produktionskontexten, weshalb Produktionskulturen in der deutschen Fernsehserienindustrie als heterogen und netzwerkförmig zu begreifen sind. Gerade bei Projekten, die in Richtung ›Qualitätsserien‹ weisen, lassen sich auch transnationale Vernetzungen feststellen. Gleichzeitig prägen nationale, historisch gewachsene Spezifika, wie die Serienschaffenden arbeiten. Traditionelle Verteilungen von Handlungsmacht erweisen sich speziell für viele Autor* innen als schwierig und werden im Zusammenhang mit Diskursen zu ›Qualitätsserien‹ Ausgehandelt.
- ArticleMänner, Mädchen, Mädels. Gegenderte Berufsrollen in der analogen RadioproduktionPatka, Kiron (2018) , S. 119-133In Nürnberg wurden nach dem Zweiten Weltkrieg sowohl Tontechnikerinnen als auch Tontechniker für die westdeutschen Rundfunkanstalten ausgebildet. Die gleiche Berufsbezeichnung verschleiert, dass die Ausbildung für Frauen und Männer keineswegs identisch war. Männern wurde ein ausführlicherer Lehrgang ermöglicht, und sie sind in den Rundfunkanstalten mit höher bewerteten Aufgaben betraut worden. Im Studio stand denn üblicherweise eine Frau an der Bandmaschine, und ein Mann saß am Mischpult. An dieser Situation, die im vorliegenden Beitrag genauer unter die Lupe genommen wird, zeigt sich beispielhaft ein zentraler und bis heute wiederkehrender Mechanismus in der Radioproduktion: Alle an der Produktion Beteiligten gehen mit Technik um, und wer genau welche Aufgaben übernimmt, wird auf unterschiedlichen Ebenen ausgehandelt.
- ArticleMedienindustrieforschung im deutschsprachigen Raum. EinleitungKrauß, Florian; Loist, Skadi (2018) , S. 7-25Editorial
- ArticleGendered Media Industries. Argumente für eine geschlechtergerechte und diverse FilmindustrieLoist, Skadi (2018) , S. 135-158Der vorliegende Beitrag befasst sich mit gendered media industries. Dazu wirft er zunächst einen kurzen Blick auf das entsprechende Forschungsfeld in den Media Industry Studies und arbeitet dann brancheninterne Debatten und Studien zum Thema Gender und Diversität am Beispiel der deutschen Film- und Fernsehindustrie aus. Der Beitrag beleuchtet Mythen, die häufig in der Branche als Erklärung vorgetragen werden, wie es zur Benachteiligung von Frauen und Minoritäten in der Filmbranche kommt. Ziel ist es, mithilfe von Fakten und Statistiken aus aktuellen internationalen Untersuchungen diese Branchenmythen zu entkräften und Strategien zur Erreichung eines Kulturwandels in der Branche hin zu einer nachhaltigen geschlechtergerechten und diversen Filmindustrie aufzuzeigen.
- ArticleFilmfestival dekonstruiert. Akteurskonstellationen in der Debatte zur Zukunft der BerlinaleWiedemann, Thomas; Krainhöfer, Tanja C. (2018) , S. 177-196Filmfestivals spielen eine entscheidende Rolle in den Prozessen von Produktion, Distribution, Zirkulation und Rezeption von Filmen und sind dabei mit zahlreichen (Macht-)Interessen konfrontiert. Ausgehend von dieser Annahme fragt der Beitrag am Beispiel der Internationalen Filmfestspiele Berlin, wie unterschiedliche Akteure die Zielsetzungen großer Filmfestivals strukturieren und deren Handeln in eine bestimmte Richtung lenken. Gestützt auf Schimanks Ansatz der Akteur- Struktur-Dynamiken werden dafür die Deutungs-, Erwartungs- und Konstellationsstrukturen untersucht, welche die öffentliche Debatte über die Zukunft von Deutschlands A-Filmfestival im Winter 2017/18 zutage gefördert hat. Die Dokumentenanalyse kommt zu dem Ergebnis, dass zur künftigen Gestaltung der Berlinale zwar Aushandlungen von Zielsetzungen (das Festival als Ort der Filmkunst, aber auch als Marktplatz und internationale Handelsmesse, Informations- und Innovationsbörse, Imageträger für den Medienstandort und Impulsgeber für die Filmwirtschaft) stattfinden, die Politik aber die Handlungsspielräume der übrigen Akteure bestimmt. Zu den Verlierern zählen dabei die nach künstlerischer Autonomie strebenden Filmemacher*innen, deren Lobby kaum Gehör findet.
- ArticleAustausch dringend gesucht! Contentproduzierende, Zuschauer*innen und MedienwissenschaftJenke, Marion (2018) , S. 67-82Der vorliegende Beitrag beschäftigt sich mit den Schwierigkeiten von Fernsehproduktionsfirmen, hier in Abgrenzung zu Distributoren und Broadcastern Contentproduzierende genannt, Wissen über das Publikum der eigenen Formate zu erlangen. Um die Zuschauer*innen zu fassen, werden telemetrisch Daten erhoben. Diese müssen jedoch eingekauft und interpretiert werden. Schon dies ist eine Hürde, vor allem für die kleineren Produktionsfirmen. Zudem empfinden Contentproduzierende quantitativ erhobene Daten meist als anonym und evaluieren Ergebnisse einer qualitativen Forschung positiver. Qualitative Erhebungen durch die Contentproduzierenden selbst unterbleiben aber zumeist – aus finanziellen Gründen, aber auch aus Unkenntnis, welche Erkenntnisse sich hier gewinnen ließen und inwiefern eine Integration bereits in der Stoffentwicklung erfolgen könnte. Hier wäre ein verstärkter Austausch mit der akademischen Rezeptionsforschung wünschenswert. Dazu bedürfte es des erklärten Willens von Forscher* innen, sich auf die Bedürfnisse der Medienindustrie einzulassen.
- ArticleEditorenspiele. Digitale Spielebaukästen als Anfang und Ende einer partizipatorischen ComputerspielekulturAbend, Pablo (2018) , S. 83-101Digitale Spiele sind Teil der Konvergenzkultur, denn ihre Struktur steht mehr oder weniger offen für ko-kreative Praktiken. Hieraus entsteht ein spezieller Bedarf auf Seiten der Computerspieleindustrie, die Beziehung mit den Kund*innen zu steuern. Der Beitrag möchte diese Beziehung als Kooperation zwischen Industrie und Konsument*innen in den Blick nehmen. Ausgangspunkt hierfür ist eine kleine Archäologie so genannter Editorenspiele, einem spezifischen Computerspiel- Genre, das den Nutzer*innen innerhalb eines eng gesteckten Rahmens gestalterische Möglichkeiten offeriert. Die durch die Artefakte vorgegebenen Grenzen und Möglichkeiten ko-kreativer Praktiken werden genauer herausgearbeitet, um die sich verändernden materiellen Rahmenbedingungen einer partizipativen Computerspielkultur nachzuzeichnen. Dabei zeigt sich, dass Editorenspiele und Spieleeditoren als Mittler*innen innerhalb einer prekären Beziehung zwischen Medienindustrie und Konsument*innen fungieren. Das Ziel dieses Ansatzes besteht darin, auszuloten, welche Rolle Editorenspielen und Spieleeditoren für die Anbahnung und Aufrechterhaltung von Kooperationsbeziehungen zwischen Industrie und den Kund*innen zukommt.