06 | 2021
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- ArticleProtodokumentarismus. Welterschließung mit National GeographicLinseisen, Elisa (2021)Anhand des Weltverständnisses des amerikanischen Medienunternehmens National Geographic möchte ich das Konzept Protodokumentarismus vorschlagen, das auf die Notwendigkeit verweist, Fragestellungen um das Dokumentarische auf seine modellhaften Strukturen hin zu prüfen. Geprägt von einem neo-/post-/kolonialen Romantizismus und Rassismus lassen sich mit National Geographic problematische Stereotypenbildungen des Dokumentarischen nachweisen, die mit Ulrike Bergermann als „planetarisch“ beschrieben werden können. Dabei angewandte Techniken zeigen ein widerständiges Potenzial bei der Dokumentation der ‚ganzen Welt‘, das ich über die Korrelation des Dokumentarischen und einer Epistemologie des Modellhaften sowie des Prototypischen, dem Bochumer Graduiertenkolleg Das Dokumentarische folgend, als gegen-/dokumentarisch identifizieren möchte.
- ArticleSexualität und geschwätzige V/Erkennung. Das gaydar als mediale RegierungstechnologieSchweigler, Stefan (2021)Der Begriff gaydar bezeichnet eine imaginierte Technologie, die imstande sei, die Nicht‑/Queerness von Menschen unzweifelhaft zu identifizieren. Mit einer machtverhältnisÂkritischen Perspektive problematisiert dieser Beitrag die habitualisierte Anwendung des gaydar – in einem Musikvideo innerhalb der queeren Community ebenso wie in Protokollen der Beweiswürdigung in Asylbewerberverfahren. Dabei wird technikgeschichtlich und macht-theoretisch argumentiert, dass das gaydar nach den epistemologischen Prinzipien des Radars operiert und ihm die Funktion einer Regierungstechnologie zukommt, die intersektional situiert ist. Mit Eve Kosofsky Sedgwick wird das gaydar so als eine paranoide Modalität theoretisiert, der das Produzieren von Erniedrigung strukturell eingeschrieben ist. Dem „Röntgenblick des paranoiden Impulses“ (Sedgwick) werden schließlich queere mediale Strategien zur Suspension des gaydar gegenübergestellt.
- ArticleAnthropocinema. Klimawandel und Umweltbewusstsein im narrativen FilmKap-herr, Katrin von (2021)Seit den 1980er Jahren lässt sich ein steigendes Interesse an Umweltthemen und Diskussionen um die menschliche Rolle am Klimawandel beobachten. Dazu haben nicht nur Ökokritik, Dokumentationen und Klimaberichte beigetragen, sondern auch Romane und Filme (Stichwort: Climate Fiction). Diverse Fördermöglichkeiten liefern zudem Angebote, wie ressourcenÂschonend Filme produziert werden können, um nachhaltig dem Klimawandel gegenzusteuern. Doch wie können so schleichende Prozesse wie Umweltzerstörung und KlimaÂveränderungen gezeigt werden? Und wie stellt sich der post-klassische Film vor und hinter der Kamera diesen Herausforderungen?
- ArticleNouvelle Vague Viennoise. Annäherung an eine Neue Welle im österreichischen FilmGärtner, Sabrina (2021)Zur Jahrtausendwende wurde eine neue Ära des österreichischen Films ausgerufen, als eine Gruppe von Filmstudent_innen medienwirksam ihr Können auf internationalem Parkett unter Beweis stellte. Der folgende Beitrag adressiert die klaffende Forschungslücke rund um diese als Nouvelle Vague Viennoise apostrophierte Filmbewegung, bietet erstmals einen Definitionsversuch, skizziert den zu erschließenden Analysekorpus, veranschaulicht auffällige Spezifika und verortet die Neue österreichische Welle im nationalen wie internationalen Kontext.
- ArticlePolitik(en) der Immersion. Machtdiskurse über immersierte Nutzer_innen und Film als Kontingenz in potentialisMücke, Laura Katharina (2021)Von immersiven Steigerungslogiken und dem Wunsch von Nutzer_innen nach allumfassenden Medienwirklichkeiten zu sprechen, meint normative Dualismen und Marginalisierungsdiskurse zu reproduzieren. Diese These fundiert den vorliegenden Artikel, der bisherige theoretische (und oft widersprüchliche) Zugriffe auf Nutzer_innen und mediales Wirkungsvermögen kritisiert. Er nimmt den Mythos vom einfahrenden Zug zum Ausgangspunkt, um die diesem zugrunde liegenden Machtformationen aufzuzeigen und der nach wie vor prominenten Vorstellung einer totalen Immersion stattdessen kontingente Film-Subjekt-Beziehungen vorzuschlagen. In der Annahme von Relationen und Kontingenzen des Bewegtbilds, so meine These, lassen sich Filmwirkungen jenseits von empirischen oder anthropologisierenden Diskursen wie jenem des „impliziten Lesers“ analysieren und lässt sich auch der Werkbegriff des Films im digitalen Zeitalter neu befragen.
- ArticleAelita Comes Down to the Earth. Television Agents in Soviet Films, 1950s‒1980sZhukova, Maria (2021)The proliferation of a new technological medium — television — led to the emergence of a new kind of screen hero: a TV-man. It also saw the emergence of various characters involved in television for various reasons: owners of television sets, avid viewers, as well as people who wittingly or unwittingly ended up on the small screen. I call these characters ‘television agents’, and the following article will outline the shifting roles of television in Soviet cinema through analysing the changing image of the television agent, which occurred largely due to their structural links with other cultural media such as cinema and poetry. Particular attention will be paid to the evident discrepancy between the reception of television in the official Soviet print media propagating TV as a “powerful tool of the communist education“ and artistic discourse (film) deconstructing this statement.
- ArticleZwischen den Bildern. Klappbare HybridobjekteKeck, Linda (2021)Konzepte des Hybriden lösen aktuell eine Begeisterungswelle aus, wobei deren Attraktivität darin besteht, dualistische Denkmodelle zu durchkreuzen. Während Fragen der Hybridität meist in postkolonialen Theorien diskutiert werden, macht es sich der Artikel zum Anliegen, diese für die Analyse visueller Medien produktiv zu machen. Anhand von klappbaren Bildträgern wie Büchern und Diptychen, die eine Kopplung im technischen Sinne einschließen, soll ein Typus von Bildern zur Diskussion gestellt werden, der sich im Wesentlichen relational definiert und so der in der ANT üblichen Definition eines Objekts als Gefüge entspricht. Damit wird die Absicht verfolgt, über Bilder nicht nur im Sinne einer geschlossenen Einheit nachzudenken, sondern Zuspitzungen an einem festgefahrenen Bildbegriff vorzunehmen und neue Perspektiven auf Räume des Dazwischen und Verschränkten zu eröffnen.
- ArticleBadging the Teacher. An Experimental Study about Gamification Effects on a Sharing Platform for Educational ResourcesLüpkes, Julie; Reif, Anne (2021)Despite increasing needs for shared educational resources, only few users of digital sharing platforms such as Lehrermarktplatz.de (LMP) frequently upload own material. The implementation of gamification elements may increase users’ engagement and motivation to share. In this paper, we discuss the effects of a digital badge system on LMP. With the help of user tracking (N = 2083) and an online survey (n = 150), only few minor differences were detected between experimental (badge system) and control group (no badge system) regarding user engagement. There were no significant differences in motivations to share. Participants stated manifold reasons for sharing, especially intrinsic motivations and monetarisation, and have mixed opinions about the badge system and its usefulness as external motivator. This calls for a stronger focus on individual user differences.
- ArticleAudiovisuelle Agenda. Die (Selbst)darstellung der Politik im DokumentarfilmWatzl, Markus (2021)Der Anspruch des Dokumentarfilms ist es stets, das Reale abzubilden. Im politischen Dokumentar- und Interviewfilm agieren häufig ehemalige Mandatsträger_innen, die heutzutage mit dem Umgang des audiovisuellen Mediums vertraut sein müssen, als Protagonist_innen, und die Filmemacher_innen bieten diesen mit dem Format eine Plattform, um einst getroffene Entscheidungen zu erläutern oder auch zu verteidigen. Den Filmemacher_innen kommt dabei eine vergleichbare Rolle zu wie den politischen Journalist_innen. Gleichzeitig wird den Protagonist_innen eine Möglichkeit zur Selbstinszenierung geboten, während die FilmeÂmacher_innen angehalten sind, die jeweiligen Äußerungen auch kritisch zu hinterfragen oder entsprechend einzuordnen. Die Zielsetzung und der Aufbau solcher Produktionen variieren und entsprechend unterscheidet sich der Umgang der Filmemacher_innen mit ihren Protagonist_innen.
- ArticleSymptome des Systems. (In-)Stabile Körper in MAKING A MURDERER und THE STAIRCASELaabs, Laura (2021)True-Crime-Serien über mutmaßliche Justizirrtümer erheben häufig den Anspruch, das Rechtswesen umfassend infrage zu stellen. Dabei folgen sie allerdings oftmals der etablierten Genre-Konvention von True Crime, hegemoniale Ordnungsprinzipien (performativ) wiederherzustellen. Anhand der beiden Serien MAKING A MURDERER und THE STAIRCASE zeigt sich, dass und wie die Körper der jeweils mutmaßlich von Justizirrtümern Betroffenen als instabile Körper ausgestellt werden, die als Symptome eines instabilen Systems lesbar gemacht werden. Im Gegenzug allerdings wird Sicherheit und Vertrauen in ein solchermaßen als destruktiv codiertes System durch die Porträts der beteiligten Strafanwält_innen und deren Arbeit wiederhergestellt.
- ArticleProfil- statt Klassenbewusstsein? Medientheoretische und politische ÃœberlegungenWeich, Andreas (2021)Angesichts der weiten Verbreitung von Profilen und Profilierungspraktiken in gegenwärtigen Medienkulturen stellt sich die Frage, inwiefern es analog zum Klassenbewusstsein ein Profilbewusstsein im kritischen Sinne geben kann und sollte. Hierfür werden zunächst Profil und Klasse systematisch zueinander ins Verhältnis gesetzt und anschließend eine gegenwärtige Ãœberformung des Klassenkonzepts durch das Profilkonzept vor dem Hintergrund des Aufkommens eines Profilierungsdispositivs beschrieben. Letztlich geht es angesichts dieser Ãœberformung darum, statt bzw. in Ergänzung zu Klassenbewusstsein ein kritisches Konzept von Profilbewusstsein zu skizzieren, das die Reflexion gegenwärtiger Subjektkonzepte und MachtÂverhältnisse ermöglicht.
- ArticleVertikale Musikvideos. Filmpsychologische Analyse der Wirkung des Hochformats in Lena Meyer-Landruts DON'T LIE TO MEPibert, Johann (2021)Die Relokalisierung der Musikvideo-Erfahrung vom klassischen Musikfernsehen zu YouTube und die steigende Smartphone-Nutzung, insbesondere bei Jugendlichen, bedingen das Aufkommen vertikaler Musikvideos in den letzten Jahren sowie ihre aktuell wachsende VerbreiÂtung. Das Hochformat im Musikvideo ermöglicht zum einen, Stars im Vergleich zum Querformat intimer darzustellen, zum anderen birgt es das Potenzial einer selbstreflexiven Social-Media-Kritik. In einer filmpsychologischen Analyse des Musikvideos DON'T LIE TO ME (2019) von Lena Meyer-Landrut zeigt der Beitrag beispielhaft auf, wie das Hochformat auf sämtlichen Ebenen der Musikvideo-Erfahrung seine Wirkung entfalten und die zentralen Bedürfnisse der Rezipient_innen nach Emotionalisierung, Relationalität und Expressivität befriedigen kann. Darüber hinaus wird eine Klassifikation vertikaler Musikvideos vorgestellt.
- ArticleEin sinnloser Tod? Determination und Zufall in Ryan Cooglers FRUITVALE STATION und Michael Hanekes 71 FRAGMENTE EINER CHRONOLOGIE DES ZUFALLSHirstein, Mario (2021)Ermordungen von Zufallsbegegnungen werden im Film fast ausschließlich aus der Täterperspektive thematisiert. Dies ist insofern konsequent, als die Gründe für eine solche Tat im Normalfall ausschließlich beim Täter zu suchen sind – die Opfer sind lediglich zur falschen Zeit am falschen Ort, ihr Tod trifft zufällig ein. Sowohl Michael Hanekes 71 FRAGMENTE EINER CHRONOLOGIE DES ZUFALLS (1994) als auch Ryan Cooglers FRUITVALE STATION (2013) stellen sich jedoch gegen diese narrative Konvention und zeichnen die Lebensstationen von Protagonist_innen nach, bevor diese unverschuldet Opfer einer Erschießung werden. Dadurch wird zwangsläufig die Kontingenz der Welt infrage gestellt und die eigentlich zufällige Kulmination des Narrativs im Tod der HauptÂfiguren mit Bedeutung aufgeladen. Mittels unterschiedlich gewichteter Realitätsbezüge müssen beide Filme dabei dem säkularen Weltbild der Moderne gerecht werden: FRUITVALE STATION verweist auf die historische Authentizität seiner Geschichte und verwebt nichtfiktionale Handy-Aufnahmen in die fiktionalisierte Darstellung; 71 FRAGMENTE EINER CHRONOLOGIE DES ZUFALLS imitiert und reproduziert die Fernsehmontage als bedeutungsgenerierende Form der Gegenwart der 1990er Jahre. Darüber hinaus ironisieren beide Filme eine christliche Weltsicht, die einen gütigen Gott voraussetzt, und verweisen letztendlich auf überpersönliche Strukturen kultureller und struktureller Gewalt, die als determinierendes Netz über die Welt der Protagonist_innen gespannt sind.
- ArticleParanoide Nachrichtenbilder. Inszenierungen von Verschwörungen und Verschwörungstheorien in der TV-Serie MR. ROBOTMika, Melanie (2021)Die Notwendigkeit, immer wieder neue Handlungsstränge zu generieren, macht Verschwörungsnarrative attraktiv für Fernsehserien. Die narrativen und ästhetischen Prinzipien, die serielles Erzählen und Verschwörungstheorien teilen, untersuche ich in diesem Artikel exemplarisch anhand der Nachrichtenbilder in der TV-Serie MR. ROBOT. Diese Inszenierungen in der Hackerserie lassen sich in drei Kategorien unterscheiden: fiktionale Nachrichtenbilder, dokumentarisches Nachrichtenfootage und verschiedene Variationen montierter Bilder, die dokumentarisches Material mit fiktionalen Grafiken und Tonspuren kombinieren. Der Artikel soll zeigen, dass diese DarÂstellungen nicht nur die paranoide Schizophrenie der Hauptfigur ästhetisieren, sondern auch verschwörungstheoretisches Denken zur maßgeblichen narrativen Logik der Serie machen.
- ArticleMehrwert & Mehr-als-Genießen in „Fly“. Die bottle episode in der US-amerikanischen FernsehlandschaftKügle, Markus (2021)In „Fly“, der zehnten Episode der dritten Staffel von BREAKING BAD, verbarrikadiert sich Walther White (Bryan Cranston) im superlab, um eine Kontamination zu ‚bereinigen‘. Von Sam Catlin und Moira Walley-Beckett (Drehbuch) wurde dies als bottle episode konzipiert. Somit spielt ein Gros der Folge lediglich im Labor und sich zwischen den zwei Hauptfiguren ab. Dies wirkt im Episodenverlauf vor allem deshalb so irritierend bis kontraintuitiv, weil es sonst vorrangig um bildgewaltige Visualisierungen des komplexen Netzwerks internationalen Drogenhandels geht. Die Resonanz fiel wohl deswegen auch so negativ aus. „Fly“ wurde von Fans negiert und markierte in Sachen Quoten einen Tiefstand. Mit dem Mehrwert nach Marx und dem lacanschen Mehr-als-Genießen wird nun die spezifische Qualität dieser special episode erfasst.
- ArticleInszenierungen von Fernsehen. Medientechnologien als Materialisierungen von Transformationsprozessen innerhalb der häuslichen SphäreKlocke, Vera (2021)Der Beitrag fragt danach, wie sich gegenwärtig stattfindende Transformationsprozesse von Fernsehen anhand des Materials in Wohnzusammenhängen beschreiben lassen. Ihm ist daran gelegen, einen Wandel nicht nur anhand der Geräte selbst, sondern auch unter Berücksichtigung der unmittelbaren materiellen Umgebungen der Geräte, die zum Fernsehen genutzt werden, zu erforschen. Die Untersuchung der Materialität von Medientechnologien stellt innerhalb der Medien- und Fernsehwissenschaften immer noch eine Leerstelle dar. Dabei lässt gerade die materielle Kultur in der häuslichen Sphäre – so die These des Beitrags – Rückschlüsse darüber zu, wie Fernsehen aktuell imaginiert und angeeignet wird. Ausgehend von dem – von Roland Barthes geprägten – Begriff der Proxemie untersucht der Beitrag daher, mit welchen anderen (Medien)Dingen Fernsehen aktuell in Verbindung steht.
- ArticleEditorialWagner, Francis; Kathöfer, Jasmin; Glaser, Tim; Bednarek, Ingo (2021)Das 33. Film- und Fernsehwissenschaftliche Kolloquium (FFK) und vermutlich das erste FFK mit eigens erstelltem Hygienekonzept fand vom 11. Bis 13. März 2020 in Braunschweig statt. In Erinnerung wird es wohl auch als eine Konferenz unter Vorzeichen der Pandemie (und damit zusammenhängend diverse Planänderungen bzgl. der Organisation während der Durchführung) und womöglich die letzte medienwissenschaftliche Konferenz in Präsenz vor dem deutschlandweiten Lockdown bleiben. Nichtsdestotrotz haben beim 33. FFK noch ca. 70 Zuhörende und Vortragende teilgenommen und für ein spannendes, aufschlussreiches Programm gesorgt. Aus der Perspektive im März 2021 schreibend wirken diese Erinnerungen umso surrealer, aber auch eindrucksvoller. In insgesamt 23 verschiedenen Panels wurden verschiedene medienwissenschaftliche Themen wie Musikvideos, Medienkunst, Politik und Plattformen, das Verhältnis von Natur und Dokumentation, sowie queere, intersektionale Perspektiven auf mediale Umarbeitungen diskutiert.
- ArticleAsta Nielsen in der Populärkultur. Parodien der ersten Filmdiva in Zeitschriften, Kino und Theater vor dem Ersten WeltkriegGrimm, Friederike (2021)Asta Nielsen spielte die Hauptrollen in drei Serien langer Spielfilme, die in Deutschland und Österreich-Ungarn 1911–1914 mit exklusiven Aufführungsrechten vertrieben wurden – begleitet von auffälligen Werbekampagnen. Sie wurde gezielt vermarktet als „Duse der Kino-Kunst“: Der prätentiöse Vergleich mit der Theaterdiva Eleonora Duse war eine Kampfansage an das bildungsÂbürgerliche Theater. Mit dieser Anmaßung musste Asta Nielsen zwangsläufig provozieren. Die Unterhaltungsbühnen reagierten prompt mit Asta-Nielsen-Parodien. Diese künstlerischen AusÂdrucksÂformen öffnen den Zugang zu einer populärkulturellen ‚Kino-Debatte‘, die andere Akzente setzte als der von der Forschung vielbesprochene Meta-Diskurs der Kinoreformbewegung und zeigen: Die Rezeption Asta Nielsens war offenbar ironischer, als bislang angenommen.
- ArticleThis person does not exist. Cyberface und Data-Mask bei Sterling CrispinFlömer, Florian (2021)Die DATA-MASK-Serien (2013‒2015) des hawaiianisch-amerikanischen Medienkünstlers Sterling Crispin (*1985) zeigen einerseits den Versuch, im Sinne einer Counter-Surveillance den subjektlosen Blick der Maschine sichtbar zu machen, anderseits dem Menschen ein effektives Werkzeug zur Maskierung zur Verfügung zu stellen. Mittels verschiedener Gesichtserkennungs-Algorithmen generiert Crispin dreidimensionale Masken, die uns mit dem gesichtslosen/unmenschlichen Antlitz des „technologischen Anderen“ konfrontieren. Der Beitrag soll die verschiedenen DATA-MASK-Serien Crispins vor dem Hintergrund operativer Bildlichkeiten lesen und als Versuch deuten, die der biometrischen Gesichtserkennung innewohnenden Mechanismen aufzudecken und sichtbar zu machen. Hierbei soll der Topos der Maske aus kulturÂanthropologischer Sicht (R. Weihe) berücksichtigt werden. Das Gesicht und dessen Auflösung soll zudem im Theoriekomplex der Gesichtlichkeit von Gilles Deleuze als widerständige „Guerillataktik“ (R. Meyer) gegen eine zunehmende Ãœberwachung via Gesichtserkennung gelesen werden.
- ArticleAus dem Netz in den Kinosaal. Anmerkungen zur Diskussion um den Dokumentarfilm LORD OF THE TOYSDörre, Robert (2021)2018 hat der Dokumentarfilm LORD OF THE TOYS die Goldene Taube im deutschen WettbeÂwerb des Festivals DOK LEIPZIG gewonnen und zugleich eine Diskussion über die ästhetischen Verfahren ausgelöst, mit Hilfe derer Dokumentarfilme Akteur_innen porträtieren, die unter Verdacht stehen, menschenfeindliche Diskurse und Ideologien zu reproduzieren. Der Artikel versteht sich als Kommentar zu dieser Debatte und verfolgt dabei zwei Anliegen: Zum einen möchte ich Anhaltspunkte dafür aufzeigen, warum die Reaktionen auf den Film ungleich heftiger ausgefallen sind als auf die Selbstdokumentationen der porträtierten Akteur_innen im Internet, obwohl diese dort weit größere Publika generiert haben. Zum anderen möchte ich mich der Rhetorik der Akteur_innen widmen, die nicht nur deutliche Parallelen zur neuen Rechten aufweist, sondern auch in spezifischen Sprechweisen der Digitalkultur gründet, die durch den Film nicht zugänglich gemacht werden. In diesem Sinne bildet der Beitrag eine notwendige Ergänzung, um die im Film dokumentierten Praktiken verorten zu können.