2021 (2)
Recent Submissions
- ArticleWas bei vielen Beachtung findet. Zu den Transformationen des PopulärenDöring, Jörg; Werber, Niels; Albrecht-Birkner, Veronika; Gerlitz, Carolin; Hecken, Thomas; Paßmann, Johannes; Schäfer, Jörgen; Schubert, Cornelius; Stein, Daniel; Venus, Jochen (2021) , S. 1-24Being popular means getting noticed by many. Popularity is measured as well as staged. Rankings and charts provide information on what is popular while vying for popularity themselves. They do not speak to the quality or originality of the popular, only to its evident success across different scales of evaluation. People do not buy good products, they buy popular ones; they do not listen to the best music, but to popular music; they do not share, like or retweet important, but popular news. Even the ‘unpopular’ can be popular: a despised politician, a hated jingle, an unpopular measure. The popular modifies whatever it affords with attention. Its quantitatively and hierarchically comparative terms (‘bestseller’, ‘outperformer’, ‘high score’, ‘viral’) generate valences that do not inhere in the objects themselves. Conversely, the non-popular, which does not find any measurable resonance in these terms, risks being dismissed as irrelevant or worthless simply because it does not appear in any rankings or ratings. This can also be observed particularly with artefacts whose relevance as part of high culture could be taken for granted even when they do not achieve mass resonance. Our paper proposes the following central hypothesis: The transformations of the popular, which began in Europe around 1800 and introduced the powerful distinction between low culture and high culture, establish a competitive distinction between the popular and the non-popular becoming dominant over the course of the 20th century. As a result, the popular is no longer either culture of the ‘lower classes’ or the inclusion of the ‘people’ in the service of higher goals. The popular today is hardly the object of desired transgressions (Leslie Fiedler’s “cross the border, close the gap”) or an expression of felt or feared “massification” or “flattening”. The dissemination of the popular is no longer a normative project. It has, in fact, become an inescapable condition of cultural self-understanding in the globalised present. The purpose of our research is to devise a theory of the popular that does justice to this fact. Our research outline identifies two decisive transformations that have led to this condition: 1. the popularization of quantifying methods to measure attention in popular culture around 1950; 2. the popularization of the Internet around 2000, whereby the question of what can and cannot become popular is partially removed from the gatekeepers of the established mass media, educational institutions and cultural elites and is increasingly decided via social media.
- ArticleProblemgeschichten. ‚Rezeption‘ in Hans Blumenbergs frühen SchriftenLoth, Robert; Waszynski, Alexander (2021) , S. 25-38Der Artikel erschließt den heuristischen Stellenwert des Begriffs der Rezeption für Hans Blumenbergs frühe Schriften. Blumenberg führt diesen Begriff in seiner Dissertation (1947) zur mittelalterlich-scholastischen Ontologie ein, um eine Dynamik zu beschreiben, in der die unausdrücklichen Voraussetzungen geschichtlicher Transformationsprozesse geschaffen werden, mit der aber auch die Thematisierbarkeit ontologischer oder historischer Probleme insgesamt fraglich wird. Anhand der Sammelrezension Epochenschwelle und Rezeption (1958) und des Aufsatzes Kritik und Rezeption (1959) lässt sich verdeutlichen, dass das Konzept zwischen Kontinuität und Diskontinuität einerseits, zwischen Textzeugnissen und Latenz andererseits vermittelt. Blumenbergs früher Rezeptionsbegriff ist nicht nur, wie von Hans Robert Jauß später nahegelegt, ein Baustein der Vorgeschichte der Konstanzer Rezeptionstheorie; neben der konzeptuell-heuristischen Funktion ist mit seiner Perspektive vielmehr ein grundlegendes verfahrenstechnisches Problem verbunden, das hier als Vorform einer Philologie der Unbegrifflichkeit gefasst wird.
- ArticleDie Errettung der Zivilisation. Über das Versprechen der Onto-Epistemologie des Neuen AnimismusStürmer, Milan (2021) , S. 39-56Der jüngsten Konjunktur des Animismus, die sich mittlerweile unter der Bezeichnung ‘Neuer Animismus’ (New Animism) zu einer mehr oder minder kohärenten Strömung formiert hat, gilt die animistische Onto-Epistemologie als Gegenmodell zur Moderne, als alternative und für die heutige Zeit opportune Weltanschauung. Als bestimmte Spielart des Turns zu relationalen Onto-Epistemologien wird der Neue Animismus genealogisch innerhalb der Geschichte der anthropologischen Animismusforschung sowie innerhalb der symbolischen Ordnung der ‘westlichen Zivilisation’ verortet. Mit Edward Tylors ‘altem’ Animismus aus den Ursprüngen der Disziplin wird die Kontrastfolie für den Neuen Animismus entwickelt; mit Alfred Irving Hallowells Ethno-Metaphysik zur Mitte des 20. Jahrhunderts wird sein Vorläufer vorgestellt; und mit Nurit Bird-Davids wegweisender Wiederaufnahme von Hallowell, erweitert durch James Gibsons Umweltbegriff und Marilyn Stratherns Dividuum, wird schließlich die ‘Gründungsschrift’ des Neuen Animismus präsentiert. Vor dem Hintergrund dieser genealogischen Rekonstruktion wird anhand des programmatischen The Handbook of Contemporary Animism (2013) das zentrale Motiv des Versprechens der Rettung der Zivilisation durch die Bewältigung der Krise der Vorstellung exponiert. Ziel der Rekonstruktion ist, die Grundlage für eine Kritik des Neuen Animismus zu legen, die nicht stets aufs Neue die Differenz zu Moderne und Aufklärung betont, sondern den Begriff der Zivilisation zum Ausgangspunkt hat.
- ArticleEmotionen im Feld – Emotionen in der Wissenschaft. Tagebuch und Monographie bei Bronisław MalinowskiLubrich, Oliver; Peter, Nina (2021) , S. 57-77Welche Rolle spielen Emotionen in der Ethnografie? Zwei Texte von Bronisław Malinowski (1884–1942) werden einer kontrastiven Analyse unterzogen: sein postum herausgegebenes Tagebuch, A Diary in the Strict Sense of the Term (1967), und seine wissenschaftliche Monografie, Argonauts of the Western Pacific (1922). Mit der teilnehmenden Beobachtung begründete Malinowski einen Forschungsstil, der die Forschenden in die Lebenswelt der Beforschten auch emotional involvierte. Die Publikation seines Tagebuches löste jedoch einen Skandal aus, weil seine Einträge dem Ideal des empathischen Beobachters zu widersprechen schienen. Da beide Texte auf der gleichen Periode der Feldforschung auf den Trobriand-Inseln in Papua-Neuguinea (1914–1918) beruhen, ermöglichen sie eine vergleichende Versuchsanordnung: Wie unterscheiden sich die Darstellungen der Emotionen des Forschers? Werden im Tagebuch Emotionen verhandelt, die aus der Monografie ,verdrängt‘ wurden? Gibt es umgekehrt Emotionen, die in der Monografie einen größeren Raum einnehmen? Und wie verhalten sich die Darstellung eigener Emotionen, die Darstellung der Emotionen anderer und die Wirkabsicht der Texte zueinander? Die Studie verbindet quantitative und qualitative Verfahren und verfolgt damit ein methodologisches Interesse: Das Vokabular wird anhand von Emotionsdiktionären digital ausgewertet. Schlüsselpassagen werden im close reading rhetorisch und narratologisch verglichen. Die Ergebnisse zeigen, wie Malinowski Emotionen, die im Tagebuch breiten Raum einnehmen, in der Monografie ausspart oder nur andeutet. Zugleich zeigen sie die Möglichkeiten und Grenzen digitaler Philologie.
- ReviewOle Nymoen/Wolfgang M. Schmitt (2021): Influencer – Die Ideologie der Werbekörper, Berlin: SuhrkampProkić, Tanja (2021) , S. 84-88