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Fevzi Konuks "Digital Troja": Ernst und Komik bewegter Bilder

Abstract

-Für sein "Digital Troja" erhielt Fevzi Konuk den «net_award» der Saarbrückener Stadtwerke 1998. Konuk, der Malerei an der HBKsaar studierte, stellt sein Werk als künstlerische Meditaion "über einen mythischen Krieg ... über die neuzeitlichen, Techno-Kriege ... über Waffen und ihre ästhetischen Wirkungen" vor. Er fragt, ob die Götter Jungsche Archetypen seien, warum man damals Kriege begann und ob wir uns seit dieser Zeit ethisch weiterentwickelt haben. Zudem soll es auch um moderne Formen der Kriegsführung, von Atomspaltung bis zu Computerviren, gehen. Konuk hat sich viel vorgenommen; kein Wunder, dass ihm nicht alles gelingt. -Das Werk beginnt mit beeindruckenden, in semantischer Hinsicht anspielungsreichen technischen Effekten - eine rote Kugel, die Trojan Horse heisst, produziert in einer Kernspaltung Viren, eine andere lässt sich aus dem Bild schieben, kommt aber immer wieder. Konuks Freude an technischen Raffinessen und technischem Design ist nicht zu übersehen. Besonders imposant sind die Portraits der antiken Hauptfiguren: 3-D-Animation, die die sehr gut gemachten Grafiken schließlich zur Plastik werden lassen und im Falle des Paris dabei Bezüge zu Discobolus, Cary Grant und zum Topus des Gefangenen seiner selbst eröffnen. -Die begleitenden Texte halten diese Qualitätsvorgabe nicht. Da werden Paris und Clinton siegessicher, aber ohne weitere Erklärung in einen Topf geworfen, da werden vage Aussagen getroffen, die falsch oder nicht sehr erhellend sind. Es obliegt den Lesern, möglichen Indizien durch eine gutwillige Lesart tieferen Sinn zu geben. -Dass man mit dieser Rationalitätsannahme den Autor überschätzt, vermutet man spätestens angesichts des eindrucksvollen Java Applets einer Wasserleiche. Dieses ausgeborgte Applet, aus einem wenig ernsthaften Kontext in den der Kriegsthematik übernommen, verrät, dass es Konuk vorrangig um Design und technische Effekte geht, und nährt den Verdacht, der Ernst des Themas sei nur Mittel, der Technik-Ästhetik die notwendige Bedeutungsschwere anzuheften. Von diesem Punkt der Dekonstruktion aus misstraut man nun auch der Funktion der wiederholten Farbbilder der Atompilze. -Ein anderer Teil dieses Werkes deutet ein Konzept an, wenn in den Medien Wort, Ton und Bild Verzerrungen an den Zitaten der "Illias" vorgenommen werden. Aber auch hier lassen sichtbare Inkonsequenzen schließlich zweifeln, ob die Komik des vorgeführten Grimassenschneidens und der Tonverzerrungen wirklich in das ernsthafte Unternehmen einer Ironisierung und Selbstironisierung überführt werden soll. -Das Werk weist vieles auf, was im Feld der digitalen Literatur möglich ist: Allianzen zwischen den Medien Wort, Bild, Ton und Plastik (die in Einzelfällen durchaus einen produktiven Dialog eröffnen), aufwendige technische Effekte (die in Einzelfällen eine tiefgründige Semantik tragen), und selbst das so oft als sozial wertvoll beschworene Element der Interaktivität fehlt nicht. "Digital Troja" besitzt faszinierende und richtungsweisende Elemente der visuellen Nutzung des digitalen Mediums, ihm mangelt jedoch ein gedankliches Zentrum, in das die vielen Ansätze und Anspielungen zusammenliefen, um sich zu einer Aussage zu verbünden. -Die vorgenommene Kritik der sichtlichen Freude am Design wirft Fragen nach den angelegten Bewertungskriterien auf, die einen Nachsatz zur Rezension erfordern. Die Frage der richtigen Mischung von Design und Inhalt, die sich in der Mailingliste netzliteratur.de Ende Oktober durch ein gewagtes "Lob der Oberfläche" entzündete, führt eineserseits zurück zur Ästhetik des Barock, zum anderen voraus zu der von Flash.

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Simanowski, Roberto: Fevzi Konuks "Digital Troja": Ernst und Komik bewegter Bilder. In: Dichtung Digital. Journal für Kunst und Kultur digitaler Medien, Jg. 1 (1999-11-10), Nr. 6, S. 1-23. DOI: http://dx.doi.org/10.25969/mediarep/17323.
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