Zwischen Nude und Dick Pic: Die Aus-hand-lung von Körperästhetiken am Beispiel von Sex Education

Abstract

Das Nude, ein mit dem Smartphone aufgenommenes Teil-Akt oder Akt-Portrait, ist zum Bestandteil des heutigen Entdeckens und Ausleben der eigenen Sexualität geworden. Zugleich wird es in seiner alltäglichen Praxis durch Politiken der Öffentlichkeit zur Bedrohung. Entlang heteronormativ-patriarchaler Logiken konfiguriert sich ein moralischer Doppelstandard, der das Nude als weiblich stilisiert, das Dick Pic hingegen mit der Gewaltform des Cyberflashing gleich setzt. Damit sind Dick Pic und Nude eingebunden in Machtdynamiken, die Verkörperung, Geschlecht und Sexualität umkämpfen. Mit dieser Thematik öffnet auch die 2023 auf Netflix erschienene vierte Staffel der Serie Sex Education. Die erste Folge beginnt mit einer Szene, die zeigt, wie sich Sexting zwischen dem Protagonisten Otis Milburn und seiner Freundin Maeve Wiley entwickelt. Über die Suche nach der ästhetischen Visualisierung von Männlichkeit im Bild thematisiert die Episode, wie sich die Unterscheidung zwischen Dick Pic und Nude körperpolitisch infrage stellt. Deutlich wird hier, wie die Bildpraxis zum Aushandlungsort der Machtdynamiken von Geschlechtlichkeit und Begehren wird. Der Beitrag nimmt sich die Folge zum Anlass, noch einmal darüber nachzudenken, wie die sensorische Verschränkung, die während des Selbstportraitierens zum Tragen kommen, Körper, Geschlecht und Begehren technokulturell hervorbringen, aber auch welche strukturell-individuellen Spannungsfelder des Nudes dabei entstehen. Hierzu wird das Cyborg Imagery als bildpraxeologischer Zugang vorgestellt. Die sensorischen Verknüpfungen zwischen Körper und Smartphone, die den Prozess der Aufnahme beschreiben, werden hier zum Aushandlungsort von Körperpolitiken.