Judith Keilbach Kurve über Stammheim (Flugbild 1975) Am 21. Mai 1975 startete in Süddeutschland ein kleines Sportf lugzeug. Es war kurz nach 9 Uhr. An Bord der Maschine befanden sich zwei junge Männer. Die Piper 18 f log eine Platzrunde über das Flugfeld und steuerte dann direkt auf Stuttgart-Stammheim zu. Noch während das Flugzeug seinen Kurs aufnahm, wurde dort, in einer hierfür extra erbauten Mehrzweckhalle, der Prozess gegen Andreas Baader, Gudrun Ensslin, Ulrike Meinhof und Jan-Carl Raspe eröffnet. Als das Flugzeug gegen 9.30 Uhr in ca. 400 m Höhe über dem Verhandlungs- gebäude eine Schleife drehte, starteten drei Hubschrauber des Bundesgrenz- schutzes und nahmen die Verfolgung der Maschine auf. Auch das Radio rea- gierte und unterbrach sein Programm, um ein Flugzeug über Stammheim zu melden. Die Hubschrauber des Bundesgrenzschutzes drängten die inzwischen abgedrehte Maschine ab und zwangen sie schließlich zur Landung. Bei der Durchsuchung der Maschine fand die Polizei allerdings lediglich eine Kamera und einige belichtete Filme. Die beide Männer wurden wenige Stunden später wieder auf freien Fuß gesetzt. Dieser Vorfall ereignete sich zu einem Zeitpunkt erhöhter Alarmbereitschaft. Die bundesdeutschen Polizeibehörden rechneten mit Aktionen, um die in Stammheim einsitzenden Gefangenen zu befreien. Im Februar des selben Jah- res war es der »Bewegung 2. Juni« bereits mit der Entführung des Berliner CDU- Politikers Peter Lorenz gelungen, fünf inhaftierte Genossen freizupressen, und nur wenige Tage vor dem Prozessbeginn gegen den Kern der RAF hatte das »Kommando Holger Meins« in der westdeutschen Botschaft in Stockholm Gei- seln genommen, um die Freilassung von Ulrike Meinhof, Gudrun Ensslin, An- dreas Baader und Jan-Carl Raspe zu erzwingen. Der Hubschraubereinsatz ge- gen ein kleines Sportf lugzeug verweist auf die Anspannung, die in jenen Tagen angesichts möglicher terroristischer Anschläge herrschte – zumal RAF-Sympa- thisanten angekündigt hatten, die inhaftierten Genossen mit Aktionen »auch aus der Luft« zu befreien (BNN 22.05.1975). Dennoch wirft die erzwungene Landung des Sportf lugzeugs die Frage auf, wa- rum eine Kurve über Stammheim als Bedrohung empfunden werden kann und den Bundesgrenzschutz auf den Plan ruft. Für eine Befreiungsaktion vor Ort Kurve über Stammheim 91 war die Maschine nämlich völlig ungeeignet – und dennoch gab es plausible Gründe zur Beunruhigung. Dass Flugzeuge zu äußerst gefährlichen Werkzeu- gen werden können, hatte die Geschichte bereits gezeigt, und dass Terroristen sie in ihre Befehlsgewalt bringen können, war zu jener Zeit ebenfalls wohl be- kannt. Der beschriebene Vorfall im Mai 1975, der so spektakulär begann und ganz simpel endete (indem die beiden Männer einfach nach Hause geschickt wurden), bietet einen hervorragenden Ausgangspunkt, um einzelne Berüh- rungsmomente von Luftfahrt, Luftbild und Luftkrieg/Terrorismus zu schil- dern. Überkreuzen sich diese Bereiche ohnehin unentwegt, so können die aus einer langen gemeinsamen Geschichte herausgegriffenen Momente vielleicht eine Ahnung davon geben oder zu weiteren Spekulationen anregen, warum die Piper 18 ins Visier des Bundesgrenzschutzes geraten ist. Flugzeuge und Terrorismus (1975) Die Rote Armee Fraktion hatte Anfang der 1970er Jahre den bewaffneten Kampf gegen den bundesdeutschen Staat aufgenommen, um gegen den repressiven (»faschistischen«) Machtapparat Widerstand zu leisten, die Revolution zu ini- tiieren und den antiimperialistischen Kampf gegen die Ausbeutung der »Drit- ten Welt« auch in den Zentren des Imperialismus zu führen. Nach der spekta- kulären Befreiung von Andreas Baader, der wegen zwei Brandanschlägen auf Kaufhäuser in Haft saß, verübte die RAF Banküberfälle und Bombenanschlä- ge, bei denen es mehrere Tote und Verletzte gab. Im Juni 1972 wurden die mei- sten Protagonisten verhaftet. Im Oktober 1974 erhob die Generalbundesan- waltschaft Anklage gegen die Kernmitglieder der RAF; der Prozess begann am 21. Mai 1975. Wenige Wochen nach diesen Verhaftungen nahmen Mitglieder der palästinen- sischen Terrororganisation »Schwarzer September« während der Olympischen Spiele in München elf israelische Sportler als Geiseln. Sie wollten die Freilas- sung von über 200 Kampfgenossen erzwingen. Die meisten von ihnen waren in Israel inhaftiert, doch auch die Namen Andreas Baader und Ulrike Mein- hof standen auf der Liste (Wunschik 2007). Nachdem die israelische Regierung nicht bereit war, die Forderung der Geiselnehmer zu erfüllen, verlangten diese, gemeinsam mit ihren Geiseln nach Kairo ausgeflogen zu werden. Sie wurden mit zwei Hubschraubern vom Olympiadorf zum Flughafen Fürstenfeldbruck gebracht, wo eine Boing 727 der Lufthansa bereitstand. Der Versuch, die Geiseln auf dem Flugfeld zu befreien, endete nach einer mehrstündigen Schießerei in 92 Judith Keilbach einem Blutbad: alle israelischen Athleten, fünf der acht palästinensischen Gei- selnehmer sowie ein deutscher Polizeibeamter starben im Kugelhagel.¯1 Der »Schwarze September« hatte einige Monate zuvor bereits mit einer Flug- zeugentführung Aufsehen erregt. Am 8. Mai 1972 übernahmen Mitglieder der Terrorgruppe das Kommando über eine Maschine der belgischen Fluggesell- schaft Sabena, die von Brüssel über Wien auf dem Weg nach Tel Aviv unterwegs war. Nach der Landung forderten sie von der israelischen Regierung die Freilas- sung von über 300 Häftlingen und drohten, die Boing 707 zu sprengen, sollte diese Forderung nicht erfüllt werden. Während die Regierung mit den Terro- risten noch über die Zahl der freizulassenden Häftlinge verhandelte, bereite- te eine Spezialeinheit die Befreiung der Geiseln vor. Als Mechaniker verkleidet, stürmte eine Sondereinheit der israelischen Streitkräfte die Maschine und er- schoss zwei der vier Geiselnehmer sowie – versehentlich – eine Passagierin.¯2 Es blieb nicht bei diesem einen, missglückten Versuch, inhaftierte Mitkämp- fer im Austausch gegen Geiseln freizupressen. Neben der tragisch endenden Geiselnahme bei den Olympischen Spielen in München gab es zahlreiche wei- tere – für die Erpresser durchaus auch erfolgreiche – Austauschversuche. Vie- len ging dabei eine Flugzeugentführung voraus. Die besondere Eignung von Flugzeugen als Angriffsziel für terroristische Aktionen resultiert nicht zuletzt daraus, dass es die Abgeschlossenheit der Maschinen erlaubt, das Komman- do ›von innen‹ zu übernehmen, ohne dass zunächst Eingriffe von außen zu be- fürchten sind, da Befreiungsversuche nur am Boden stattfinden können. Da- rüber hinaus ergibt sich aus der großen Anzahl von Passagieren, die sich in einem Flugzeug befinden, ein hohes Erpressungspotential. In den 1970er Jah- ren führte dies nicht selten dazu, dass die Forderungen der Geiselnehmer er- füllt wurden. So wurde beispielsweise im August 1969 eine TWA-Maschine auf dem Weg nach Tel Aviv gekapert und zur Landung in Damaskus gezwungen. Die Palästi- nensische Befreiungsfront, die sich zu der Entführung bekannte, brachte ihre Geiseln dort über Notrutschen in Sicherheit und sprengte dann das Cockpit des Flugzeugs. Bis auf zwei Israelis wurden alle Geiseln freigelassen. Nach mehr als drei Monaten wurden die beiden Männer schließlich gegen 13 syrische Soldaten ausgetauscht (Gero 1999, 68). Am 29. Oktober 1972, also nur wenige Wochen nach dem Attentat bei den Olympischen Spielen, gelang es zwei Geiselneh- mern, durch die Entführung einer Lufthansa-Maschine die drei Terroristen, die die Schießerei in Fürstenfeldbruck überlebt hatten, aus der Haft frei zu pres- sen. Die Bundesregierung erfüllte die Forderung der beiden Luftpiraten, ohne zuvor die israelische Regierung zu konsultieren. Die drei befreiten Attentäter reisten nach Tripolis, wo sie mit Jubel empfangen wurden und auf einer Pres- Kurve über Stammheim 93 sekonferenz über den Anschlag berichteten. Bei der Entführung einer Maschi- ne der British Airways im November 1974 waren die Verantwortlichen hingegen zunächst nicht bereit, die in verschiedenen Ländern im Gefängnis einsitzenden Kampfgenossen der palästinensischen Entführer auf freien Fuß zu setzen. Um ihrer Forderung Nachdruck zu verleihen, brachten diese daraufhin eine Geisel um und drohten mit weiteren Erschießungen. Daraufhin wurden in Ägypten und den Niederlanden 15 Häftlinge freigelassen (Gero 1999, 77). Vor allem die »Volksfront zur Befreiung Palästinas« schien sich damals da- rauf spezialisiert zu haben, Flugzeuge für ihre Anschläge zu nutzen (Vowin- ckel 2005). Entführungen garantierten eine enorme Medienaufmerksamkeit, die neben der hohen Opferzahl nicht zuletzt auch damit in Zusammenhang stand, dass Flugzeuge als Symbol für die technische Beherrschbarkeit der Ele- mente schon immer eine besondere Faszinationskraft besaßen und Fliegen bzw. Flugreisen für viele Menschen (noch) ein Wunschtraum war. Radikale po- litische Gruppierungen wussten diese Aufmerksamkeit für ihre Belange und Forderungen zu nutzen. Neben Entführungen wurden Flugzeuge (bevorzugt Maschinen der israelischen Fluggesellschaft El Al oder Flüge mit Ziel Tel Aviv) auch am Boden angegriffen, waren Ziel von Sabotageakten in der Luft oder wurden spektakulär gesprengt. Gestalteten sich die Verhandlungen über den Austausch von Gefangenen bei Entführungen schleppend, verliehen Entfüh- rer ihren Forderungen nicht selten durch die brutale Erschießung von Geiseln Nachdruck. Eine besonders grausame Aktion starteten palästinensische Ter- roristen im Dezember 1973 auf dem Flughafen Leonardo da Vinci in Rom. Zu- nächst nahmen sie im Flughafengebäude mehrere Geiseln. Dann setzten sie auf dem Flugfeld eine am Boden stehende PanAm-Maschine in Brand. In den Flammen kamen 30 Menschen ums Leben, die sich im Inneren des Flugzeugs befanden. Gemeinsam mit ihren Geiseln bestiegen sie daraufhin eine Boing 737 der Lufthansa, erschossen auf dem Weg einen Zollbeamten und zwangen den Piloten, Richtung Athen zu starten. Dort forderten sie von der Regierung die Freilassung von zwei inhaftierten Terroristen, erschossen eine Geisel und drohten an, das Flugzeug über der Stadt abstürzen zu lassen. Nachdem die griechische Regierung nicht auf die Forderungen einging, f log die Maschine schließlich nach Kuwait, wo sich die Entführer ergaben. Diese Beispiele aus der ersten Hälfte der 1970er Jahre verdeutlichen das Be- drohungspotential von Flugzeugen, die sich in der Hand von Terroristen be- fanden. In der BRD wurde die Ankündigung von »Aktionen aus der Luft« im Vorfeld des Prozesses gegen die RAF daher durchaus ernst genommen. Konn- ten schon keine Präventivmaßnahmen gegen Entführungen ergriffen werden, so bereitete sich der Staat zumindest mit allerlei baulichen Vorkehrungen auf 94 Judith Keilbach terroristische Aktionen vor, die im Zusammen- hang mit dem Prozess zu erwarten waren. So war beim Bau des Prozessgebäudes beispiels- weise auch die Möglichkeit eines Befreiungs- versuchs aus der Luft in Betracht gezogen wor- den. Um zu verhindern, dass Befreier mit einem Hubschrauber auf dem Dach der Mehrzweckhal- le oder des Gefängnistraktes landen konnten, waren dieses mit Stahlnetzen überspannt wor- den (StgZ 04.09.2003). Gegen den Versuch, in- haftierte Terroristen freizupressen, gab es je- JVA Stammheim doch keine wirksamen Maßnahmen. Das zeigte sich zwei Jahre später, als im Herbst 1977 zuerst Hanns-Martin Schleyer und dann eine Lufthansa-Maschine mit Urlaubern aus Mallorca entführt wurden, um sie gegen die in Stammheim einsitzenden RAF- Mitglieder auszutauschen, die wenige Monat zuvor zu lebenslänglichen Frei- heitsstrafen verurteilt worden waren. Dass ein kleines Sportf lugzeug, das während der Eröffnung des Prozesses ge- gen die RAF über Stammheim flog, vom Bundesgrenzschutz als Bedrohung ein- gestuft und auf den Boden geholt wurde, lag vermutlich nicht zuletzt daran, dass in den vorangegangenen Jahren Flugzeuge zunehmend als Werkzeug zur Durchsetzung terroristischer Zwecke dienten. Die zielstrebig anfliegende und dann eine Schleife drehende Piper 18 wurde von den Sicherheitsbeamten, die neben vielen anderen Szenarien auch auf einen Befreiungsversuch aus der Luft eingestellt waren, daher als Gefahr eingeschätzt. Tatsächlich war die Kurve über Stammheim allerdings eher eine sich selbst erfüllende Prophezeiung: Die beiden Männer waren auf dem Weg in den Schwarzwald, um dort Luftaufnah- men anzufertigen, und überflogen dabei zufällig das Gelände der Haftanstalt. Sie erinnerten sich an Berichte über die zusätzlichen Baumaßnahmen und Si- cherheitsvorkehrungen für den Prozess und beschlossen kurzerhand, sich da- von selbst ein Bild zu verschaffen. Ob sie tatsächlich auch fotografiert haben und wo die (materiellen) Bilder abgeblieben sind, für die sie vom Bundesgrenz- schutz verfolgt wurden, ist in den Quellen nicht vermerkt. Kurve über Stammheim 95 Luftaufnahme An Bord der Maschine, die über Stammheim flog, befand sich eine Kamera. Es handelte sich um ein Modell, das Victor Hasselblad 1941 im Auftrag des schwedischen Militärs für die Luftaufklä- rung entwickelt hatte. Zwar war Schweden im Zweiten Weltkrieg neutral geblieben, doch die Besetzung der skandinavischen Nachbarländer durch die deutsche Wehrmacht führte in Schwe- den zur Mobilisierung und militärtechnischen Aufrüstung. Als dem schwedischen Militär 1940 eine Kamera in die Hände fiel, mit denen die Aufnahmen mit dem Reihen- Flugzeuge der deutschen Luftwaffe ausgerüstet bildner, ©Bundesarchiv waren, bat sie den ausgewiesenen Fotoexperten Hasselblad um einen Nachbau. Dieser konstru- ierte daraufhin zunächst eine Handkamera mit Wechselobjektiven für das For- mat 7x9 und baute 1941 dann die Kamera SKa4 für größere Formate (12x12 und 18x24), die sich fest in einem Flugzeug installieren ließ und mit einem aus- tauschbaren Filmmagazin ausgestattet war. Luftaufnahmen wurden bereits im Ersten Weltkrieg verwendet, um Gelände zu erkunden oder Truppenbewegungen des Feindes zu beobachten. Wurden zu Beginn aus Ballons oder Aufklärungsflugzeugen noch Einzel- oder Rund- blickaufnahmen vom Schlachtfeld angefertigt, so ermöglichte ab 1915 Oskar Messters automatischer Reihenbildner einen zusammenhängenden Gelände- streifen von etwa 60 km Länge und 2,4 km Breite aus einer Flughöhe von 2500 m fortlaufend zu fotografieren. Für die taktische Kriegsplanung lieferte diese Erkundung aus der Luft wertvolle Informationen über gegnerische Stellungen und Truppenbewegungen. Eine Bewaffnung der Flugzeuge erfolgte ebenfalls 1915, nachdem ein Verfahren gefunden worden war, das eine Beschädigung der Flugzeugpropeller durch die Kugeln der dahinter befestigten Maschinen- gewehre verhinderte. Hierzu wurden an den Propellerblättern Metallplatten angebracht, ihre Form und Stellung verändert sowie ein bereits 1913 von dem Schweizer Ingenieur Franz Schneider patentiertes Unterbrechergetriebe ein- gebaut, das Maschinengewehr und Propellergetriebe so synchronisierte, dass beim Vorbeiziehen der Propellerblätter das Feuer eingestellt wurde. Beide avi- atorischen Ausrüstungen kombinierte Oskar Messters später in seiner Maschi- nengewehrkamera, die in der Ausbildung von Luftkampf-Schützen als Zielü- bungsgerät diente.¯3 96 Judith Keilbach Als die Bilder noch aus Heißluftballons aufge- nommen wurden, war es anfangs notwendig, die gesamte Laborausrüstung mitzunehmen, da die fotografische Platte nass in die Kamera eingelegt und nach der Belichtung sofort ent- wickelt werden musste. Drüber hinaus löste das aus dem Ballon ausweichende Gas nicht selten chemische Reaktionen aus, so dass die Aufnah- me am Ende schwarz war (Lippert 2004, 172). Mit der Einführung eines Trockenplattenverfahrens bzw. von Zelluloid als Trägermaterial wurde das Fotografieren aus der Luft jedoch einfacher und dementsprechend nahm auch die Zahl solcher Aufnahmen zu. Durch eine Automatisierung des Auslösers und die Verringerung des Gewichts der Ausrüstung war es schließlich sogar mög- lich, Fotokameras an Drachen oder Tauben zu Julius Neubronners fotografierende befestigen, um auf diese Weise Luftbilder her- Brieftaube zustellen, ohne als Fotograf selbst in einen Bal- lon steigen zu müssen. Der Fotograf Nadar war ein begeisterter Ballonfahrer. Als Mitbegründer der Gesellschaft zur Förderung der Luftfahrt mit Maschinen, die schwerer sind als Luft unterstützte er die Entwicklung von Fluggeräten und sammelte hierfür mit Rundflugangeboten in seinem Ballon Le Géant Geld. Es war Nadar, der 1858 die erste Luftaufnahme anfertigte, und seine Fotografien waren optische Sen- sationen, weil sie die Welt in einer bisher unbekannten Perspektive zeigten.¯4 Auch ihre Bedeutung für die militärische Aufklärung war schnell offensichtlich und bereits 1859 lieferte Nadar der französischen Armee, die zu jener Zeit im zweiten italienischen Unabhängigkeitskrieg auf der Seite seines Verbündeten Sardinien kämpfte, Bilder von den gegnerischen Stellungen, die aus einem Bal- lon aufgenommen worden waren. Für eine systematische Feindbeobachtung waren allerdings lenkbare Fluggeräte notwendig. Schon bald noch den ersten erfolgreichen Flugversuchen wurden daher auch Flugzeuge in den Dienst des Militärs gestellt, die im Ersten Weltkrieg zunächst vor allem im Rahmen der Luftaufklärung zum Einsatz kamen. Mit einer Kamera an Bord konnten die Stel- lungen der feindlichen Truppen erkundet, ihre Bewegungen dokumentiert und der Artilleriebeschuss korrigiert werden. Gegen Ende des Krieges f logen die Kriegsgegner mindestens zweimal täglich die Front ab, um das Gelände zu fo- tografieren und Veränderungen anhand der Bilder zu analysieren. Kurve über Stammheim 97 Durch die Einführung von Luftaufnahmen än- derte sich jedoch nicht nur die Art der Kriegs- führung: Die neue Sehweise beeinflusste die künstlerische Bildersprache und das theore- tische Denken (hierzu ausführlich Asendorf 1997); der Einsatz von Luftbildkameras revoluti- onierte außer dem Messverfahren und eröffnete neue Forschungsmethoden. So liefern Luftauf- nahmen beispielsweise Hinweise auf archäolo- gische Fundstätten, indem sie im Bodenbewuchs systematische Färbungen und Strukturen wie Luftaufklärung im Ersten Weltkrieg Kreise, Linien oder Rechtecke sichtbar machen. Diese Zeichnungen in der Vegetation gehen auf Unterschiede in der Bodenbeschaffenheit zurück, die durch vom Erdreich ver- deckte Wege, Gräben oder Mauerreste entstanden sind. Grundlegend für die Herausbildung der Luftbildarchäologie, die sich in den 1920er Jahren als wis- senschaftliche Methode der Feldforschung etabliert hat, waren dabei nicht zu- letzt die Aufklärungsfotos aus dem Ersten Weltkrieg. So lieferten beispielswei- se Aufnahmen, die bei der Luftaufklärung des Kriegsschauplatzes in Palästina fotografiert wurden, wichtige Anhaltspunkte für die vorderasiatische Archä- ologie. Die Auswertung von Luftbildern aus dem Zweiten Weltkrieg brachte hingegen Spuren frühsteinzeitlicher Siedlungen in Süditalien an den Tag. Auf einem anderen Foto, das ein im süditalienischen Foggia gestarteter Luftauf- klärer aufgenommen hat, blieben die materiellen Hinterlassenschaften hin- gegen unentdeckt: Das am 4. April 1944 aus 7000 Metern Höhe fotografierte Konzentrationslager Auschwitz wurde lediglich im Hinblick auf das im Bau be- findliche Buna-Werk der IG Farben ausgewertet.¯5 Die Vernichtungsanlage, die Schlange vor dem Eingang zur Gaskammer, die ephemeren Fußspuren im Schnee ließen sich weder militärisch noch archäologisch deuten.¯6 Auch die Messung von Schadstoffen in Luft, Wasser und Böden findet zuneh- mend auf der Grundlage von Luftaufnahmen statt. Wurde anfangs noch mit entsprechenden Spezialkameras und -filmen aus dem Flugzeug fotografiert und die Bilder dann spektroskopisch ausgewertet, wird die Erde heute haupt- sächlich aus dem All beobachtet. Als in den 1970er Jahren die ersten Erdbeo- bachtungssatelliten für zivile Einsatzzwecke zur Verfügung gestellt wurden, war von einem satellitengestützten Umwelt-Monitoring, wie es heute prakti- ziert wird, allerdings noch nicht die Rede. Die Idee des Umweltschutzes begann sich damals erst langsam zu formieren und der Einsatz von Satellitentechnolo- gie zur Beobachtung von Umweltphänomenen war für die mit der Raumfahrt 98 Judith Keilbach beschäftigten Institutionen zunächst noch un- denkbar. Spätestens mit dem Start des europä- ischen Raumlabors Spacelab, das 1983 seine erste Mission ins All f log, standen dann jedoch Ver- suche zur Erdbeobachtung auf dem Forschungs- programm (Froehlich 1983, Kapitel 5, 56f.). Die Deutsche Forschungs- und Versuchsanstalt für Luft- und Raumfahrt (heute: Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt) testete die Kameras, die hierfür vorgesehen waren, zunächst in Flug- zeugen – und engagierte hierfür unter anderem die beiden Männer, die wenige Jahre zuvor mit einer Kamera über Stammheim geflogen wa- Auschwitz am 25. August 1944 ren. Luftaufnahmen sind schließlich ein wichtiges Element der Photogrammetrie, einem Messverfahren zur Bestimmung der räumlichen Lage oder Form von Objekten. So werden beispielsweise zur Her- stellung von topografischen Karten Luftbilder aufgenommen, anhand von Orientierungspunkten zu einem Bildverband zusammengefügt und die Zen- tralperspektive der Fotos rechnerisch für die planimetrische Darstellung ausge- glichen. Werden die Luftaufnahmen mit den entsprechenden Auswertungsge- räten stereoskopisch bearbeitet, so lassen sich auch dreidimensionale Modelle rekonstruieren. Neben der Herstellung von Landkarten und -modellen findet die Luftbildphotogrammetrie beispielsweise bei der Vermessung von Müllde- ponien oder in der Land- und Forstwirtschaft ihre Anwendung. Für Luftbildmessungen waren auch die beiden Männer im Einsatz, die im Mai 1975 über Stammheim flogen. Sie hatten von einem Ingenieurbüro den Auftrag erhalten, »im Schwarzwald Luftaufnahmen von Industrieanlagen anzufer- tigen« (BNN 22.05.1975), und waren dabei ins Visier des Bundesgrenzschutzes geraten, der darauf eingestellt war, terroristische Aktionen aus der Luft abzu- wehren. Kurve über Stammheim 99 Bedrohung von oben (Luftraum) Die Piper 18 über Stammheim versetzte den Bundesgrenzschutz nicht nur auf- grund des Prozessbeginns gegen die RAF in Abwehrbereitschaft. Flugzeuge stellen trotz ihrer Faszinationskraft immer auch ein Bedrohungspotential dar und spätestens seit dem Zweiten Weltkrieg stehen Flugzeuge nicht mehr nur für den Traum vom Fliegen, für technische Beherrschbarkeit der Elemente oder die Überwindung und Kompression von Raum, sondern auch für die An- greifbarkeit aus der Luft. Der Luftkrieg hatte deutlich gemacht, dass es gegen feindliche Angriffe von oben kaum wirksame Abwehrmöglichkeiten gibt. Vie- len Deutschen saß in den 1970er Jahren die Erfahrung des Bombenkriegs, für den die deutsche Luftwaffe mit der Bombardierung von Guernica, Warschau, Rotterdam oder Coventry ein Vorbild geliefert hatte, noch in den Knochen, und die Bilder vom Vietnamkrieg führten die Bedrohung und den Terror, den Flug- zeuge verbreiten können, erneut mit großer Wirkung vor Augen. In einem Luftkrieg, dessen theoretische Grundlage 1921 von Guilio Douhet, einem italienischen Fliegeroffizier, formuliert wurde, sollen verlustreiche Stel- lungskämpfe verhindert werde. Ziel eines Luftkrieges ist es, direkt ins gegne- rische Hinterland vorzudringen, um dort Kommandozentralen, Rüstungszen- tren und Verkehrswege zu zerstören und gegebenenfalls mit Angriffen gegen die Zivilbevölkerung den Gegner zu demoralisieren (Asendorf 1997, 208f.). Die Abwehr solcher Luftangriffe ist schwierig und setzt die frühzeitige Ortung des gegnerischen Flugzeugs sowie eine wirksame Verteidigung voraus. Hierfür wurden (und werden) Radaralagen, Flakgeschütze, Scheinwerferbatterien und Abfangjäger eingesetzt, die wiederum zu Änderungen in der Angriffsstrategie führten. So kam es im Zweiten Weltkrieg zunehmend zum Einsatz von Flug- zeugverbänden und Bomberketten, die Flächenangriffe im Sekundetakt f logen und eine große Zahl Zivilopfer forderten (a.a.O., 239). Das Bedrohungspotential von Flugzeugen, das im Luftkrieg so deutlich zum Vorschein kommt, machten sich in den 1970er Jahren etliche Flugzeugentfüh- rer zu Nutze. Sie drohten damit, die gekaperten Maschinen – wie die Kami- kaze-Flieger im Zweiten Weltkrieg – über sensiblem Gelände zum Absturz zu bringen. Im Januar 1972 unterstrich beispielsweise der Entführer einer TWA- Maschine, die von Los Angeles auf dem Weg nach New York war, seine Forde- rung nach Lösegeld, Straferlass sowie der Freilassung von Angela Davis mit der Drohung, das Flugzeug in den TWA-Terminal am John F. Kennedy-Flugha- fen stürzen zu lassen (Killen 2006, 34). Bei der Entführung eines Flugzeugs der Southern Airways im November des gleichen Jahres kündigten die drei Luft- piraten sogar mehrfach an, dieses in ein Kernkraftwerk in Tennessee rasen zu 100 Judith Keilbach lassen (a.a.O., 31). Die Maschine kreiste während der Verhandlungen auch über dem Landsitz von Präsidenten Nixon (Gero 1999, 38). Und bei der bereits ge- schilderten Geiselnahme im Dezember 1973, die in der Abflughalle des Flug- hafens in Rom begann, drohten die Mitglieder der palästinensischen Befrei- ungsfront, die entführte Lufthansa-Maschine über der Großstadt Athen zum Absturz zu bringen. Mit solchen Szenarien, die auf eine Vergrößerung des Scha- dens und der potentiellen Opferzahlen zielten, versuchten die Entführer, ihren Forderungen zusätzlich Nachdruck zu verleihen. Das Absturz- bzw. Angriffs- szenario selbst ging dabei auf strategische Überlegungen aus dem Luftkrieg zurück, aus dem sich auch sein Bedrohungspotential speiste. Während bei Erpressungsversuchen der Kontakt mit den Sicherheitsbehörden eine notwendige Voraussetzung ist, um Forderungen stellen zu können, geht es im Kriegsfall gerade darum, für diese unbemerkt zu bleiben, um einen Ab- schuss zu vermeiden. Die neue Dimension des Raumes, die der Luftkrieg eröff- nete, bot den Angreifern zunächst Schutz. Doch die militärische Abwehr wur- de rasch an die Ausweitung des umkämpften Gebietes, an seine Potenzierung in den Raum hinein, angepasst, indem sich die Verteidigung nicht mehr auf eine Frontlinie oder Grenzfläche beschränkte, sondern auf die Raumdeckung verlegte. Hierfür wurde in den 1930er Jahren mit der Radartechnik ein Hilfs- mittel zum Erkennen von Flugzeugen entwickelt, die für das bloße Auge nicht sichtbar waren. Die strategische Planung von Luftangriffen zielt(e) in der Fol- ge ebenso wie die technische Verbesserung der Flugzeuge auf deren Tarnung. Flogen angreifende Flugzeuge im Zweiten Weltkrieg zunächst noch im Tieff lug unter dem gegnerischen Radar hindurch, um nicht geortet zu werden, oder nahmen große Umwege in Kauf, um Radaranlagen zu umfliegen, so wurden später Täuschkörper wie Düppel oder f lares verwendet, die auf den Radarge- räten Falschbilder erzeugen und dadurch die Flugabwehr in die Irre leiten. Bei den Tarnkappenflugzeugen, die gegenwärtig verwendet werden, um ein Ge- biet unbemerkt zu überfliegen, sorgen hingegen die Form und Oberflächen- beschaffenheit der Maschinen für eine extreme Verringerung des Radarechos, das die Maschinen erzeugen. Auch heute findet die Luftüberwachung auf Basis des Radarprinzips statt. In der zivilen Luftfahrt werden dabei allerdings nicht alle Bereiche des Luftraums kontrolliert. In zwei der sieben Klassen, in die der deutsche Luftraum unterteilt ist, können Flüge durchgeführt werden, ohne eine Freigabe zu benötigen oder von der Flugsicherung überwacht zu werden. Voraussetzung dafür ist, dass es sich um Flüge nach Sichtf lugregeln handelt (Flüge, die nach Instrumenten- flugregeln durchgeführt werden, unterstehen immer der Kontrolle der Flug- sicherung). Der unkontrollierte Luftraum (Klasse F und G) befindet sich zwi- Kurve über Stammheim 101 schen dem Boden und einer Höhe von 2500 Fuß über Grund (diese Höhengrenze kann in der Umgebung von größeren Flugplätzen niedriger sein). Auch viele kleinere Flugplätze fallen in die Kategorie des unkontrollierten Luftraums und werden daher nicht überwacht. Trotz der detaillierten Gliederung in Sektoren, die durch Kontrollzentralen mit Radar überwacht werden, gibt es im Luftraum also Bereiche, in denen Flugzeuge starten, landen und Schleifen drehen kön- nen, ohne dieses Vorhaben zuvor ankündigen zu müssen oder von den Kontroll- instanzen dabei überhaupt wahrgenommen zu werden. Für die Kurve, die das Sportf lugzeug im Mai 1975 über Stammheim flog, war keine Freigabe notwendig. Die Maschine war von einem unkontrollierten Flug- platz gestartet und befand sich auch über Stammheim im unkontrollierten Luftraum. Dass der Bundesgrenzschutz auf den Plan trat, ohne dass die Ma- schine gegen irgendwelche Regeln verstoßen hatte, verweist ein weiteres Mal auf die angespannte Sicherheitslage in jenen Tagen sowie auf die potentielle Bedrohung, die von Flugzeugen ausgeht. Trotz der enormen Sicherheitsmaß- nahmen in, um und über der Haftanstalt erschien die Piper 18 den Sicherheits- beamten als ernstzunehmende Gefahr. Der Überflug hatte Folgen. Nicht für die beiden Männern, die nach einer kurzen polizeilichen Untersuchung wieder den Rückflug zu ihrem Heimatflughafen antreten durften, sondern für die Kontrolle des Luftraums. Für den Zeitraum des Prozesses wurden die Überflugsbestimmungen verschärft: der Schauplatz musste fortan im Umkreis von einer Seemeile umflogen und dabei eine Min- destf lughöhe von 3500 Fuß (= 1300 m) eingehalten werden.¯7 Ein Vorfall jüngeren Datums führte hingegen zu deutlich schärferen Konse- quenzen – und verdeutlicht damit das nochmals gestiegene Bedrohungspo- tenzial, das Flugzeuge seit dem 11. September 2001 darstellen. Nachdem im Ja- nuar 2003 eine Cessna um die Hochhäuser der Frankfurter Innenstadt gekreist und schließlich von Abfangjägern der Luftwaffe zur Landung gezwungen wor- den war, brachte die rot-grüne Bundesregierung in direkter Reaktion ein neues »Luftsicherheitsgesetz« auf den Weg. Dieses sah als äußerste Maßnahme den Abschuss von Flugzeugen vor: »Wenn nach den Umständen davon auszugehen ist, dass das Luftfahrzeug gegen das Leben von Menschen eingesetzt werden soll«, so wird in § 14 Absatz 3 des Luftsicherheitsgesetzes vom 11.01.2005 formu- liert, ist die »unmittelbare Einwirkung mit Waffengewalt« zulässig. Aufgrund seiner Unvereinbarkeit mit dem Grundgesetz erklärte das Bundesverfassungs- gericht diesen Absatz im Dezember 2006 jedoch für nichtig. Im Vergleich mit der Abschussoption, die durch ein über Frankfurt kreisen- des Sportf lugzeug gesetzlich festgelegt wurde, nehmen sich die Maßnahmen im Jahr 1975 geradezu niedlich aus. »Wir hätten euch verfolgt, bis euch der 102 Judith Keilbach Sprit ausgegangen wäre« (BNN 22.05.1975) schilderte einer der Hubschrauber- piloten den beiden zur Landung gezwungenen Männern das Szenario des Bun- desgrenzschutzes. Und selbst dieses Vorgehen wurde damals in der Öffentlich- keit als übertrieben empfunden, schließlich sei »ein Privatf lugzeug mit der deutlichen Kennung D–ELNI keine ›f liegende Untertasse‹«, so die Badischen Neusten Nachrichten, »die man nicht innerhalb von sieben Minuten identifi- zieren könnte« (BNN 22.05.1975). Anmerkungen 01˘In einem Statement aus dem Gefängnis äußerten sich die inhaftierten RAF-Terroristen zustimmend zur Aktion des »Schwarzen September«, die den antiimperialistischen, anti- faschistischen und internationalistischen Kampf dorthin (ins ehemalige Nazideutschland) zurückgetragen habe, von wo er ausgehe, und beschuldigten bundesdeutsche Politiker, das Massaker begangen und die ›Liquidierung der Juden‹ billigend in Kauf genommen zu haben. Als direkte Reaktion auf den misslungenen Befreiungsversuch wurde noch im September 1972 beim Bundesgrenzschutz die Antiterroreinheit GSG 9 gegründet. 02˘Die beiden anderen Terroristen, beides Frauen, wurden zu lebenslanger Haft verurteilt, kamen später jedoch im Zuge eines Gefangenenaustauschs wieder auf freien Fuß. Zwei spätere Ministerpräsidenten waren an der Befreiungsaktion beteiligt: Ehud Barak, der die Operation leitete, und Benjamin Netanyahu. Wenige Tage später schossen japanische Terroristen in der Ankunftshalle des Tel Aviver Flughafens als ›Vergeltung‹ wahllos in die Menge und töteten dabei 26 Menschen, 70 wurden verletzt. 03˘Mit der Fernsehtechnik konnten Kameras dann in Bomben montiert werden, um deren Treffgenauigkeit zu kontrollieren. 04˘Ähnliche Aufsichten auf Städte finden sich allerdings bereits in der niederländischen Kunst des 17. Jahrhunderts, als Malerei und Kartographie miteinander verbunden wurden (vgl. Alpers 1998). So überführt Jan Micker in seiner Ansicht von Amsterdam den zeich- nerischen Charakter der Karte in ein Gemälde aus der Vogelperspektive, das sogar die Schatten der Wolken über Amsterdam festhält. 05˘Die I.G. Farbindustrie entstand 1925 aus einem Zusammenschluss von drei Chemieunternehmen, darunter auch Afga. Afga stellte bereits im Ersten Weltkrieg das Filmmaterial für die Luftaufklärung her und war seit der Gründung der IG Farben für den Bereich Fotochemie zuständig. 06˘Eine eindrückliche Auseinandersetzung mit diesem Foto findet sich in Harun Farockis Film Bilder der Welt uNd iNschrift des KrieGes (1988). Die Aufnahme wird zusammen mit über 5 Millionen anderen Aufklärungsfotos in den Aerial Reconnaissance Archives der Keele University aufbewahrt, die seit 2004 online zugänglich sind. Kurve über Stammheim 103 07˘Stefan Aust weist in seiner 1985 veröffentlichten Dokumentation über die Geschichte der RAF fälschlicherweise darauf hin, dass der Luftraum über Stammheim ab dem 1. Verhandlungstag gesperrt war (1989, 323). Literatur Alpers, Svetlana (1998) Kunst als Beschreibung. Holländische Malerei des 17. Jahrhun- derts. Köln: DuMont. Asendorf, Christof (1997) Super Constellation – Flugzeug und Raumrevolution. Die Wir- kung der Luftfahrt auf Kunst und Kultur der Moderne. Wien, New York: Springer. Aust, Stefan (1989) Der Baader-Meinhof-Komplex. München: Knaur. Froehlich, Walter (1983) Spacelab. An International Short-Stay Orbiting Laboratory. http://history.nasa.gov/EP-165/ep165.htm (Update: 06.08.2006). Gero, David (1999) Flüge des Schreckens. Anschläge und Flugzeugentführungen seit 1931. Stuttgart: Motorbuch Verlag. Kedar, Benjamin (1999) The Changing Land Between the Jordan and the Sea: Aerial Photo- graphs from 1917 to the Present. Detroit: Wayne Univ. Press. Killen, Andreas (2006) 1973 Nervous Breakdown. Watergate, Warhol, and the Birth of Post-Sixties America. New York: Bloomsbury. 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