Filmblatt 57 ∙ 201560 Dresdner Berühmtheiten, festgehalten von PENTACON-Amateurfilmern in Dresdner Bilderbogen: Die Olympiasiegerin im Turmspringen Ingrid Krämer- Gulbin , Renate Blume und Justus Fritzsche vom Staatsschauspiel Dresden und Rudolf Mauersberger, der Leiter des Kreuzchors, bei einer Probe, Matthias Griebel und Hans Glauche in einem Sketsch im Kabarett „Die Herkuleskeule“, Gerhard Jehmlich, Direktor für Forschung und Entwicklung des VEB Pentacon, bei der Übergabe seiner Promotionsurkunde 1969 mit Doktor-Hut. Filmblatt 57 ∙ 2015 61 Ralf Forster Die Stadt und das Werk Das Amateurfilmstudio PENTACON Dresden (1953–1990) FilmDokument 147, 17. Dezember 2012 Zum audiovisuellen Erbe der DDR gehören rund 15.000 Schmalfilme überwie- gend im 16mm- aber auch im 8mm-Format, die von mehr als 1.000 Amateurfil- mern im Rahmen ihrer organisierten Freizeitbetätigung gedreht wurden. All die- sen Filmen ist die Suche nach künstlerischem Ausdruck genauso eigen wie eine auf das Lokale zielende inhaltliche Orientierung. Damit unterscheiden sie sich klar von privaten, nur für die familiäre Erinnerung hergestellten Aufnahmen. Die Amateurfilmgruppen waren zumeist volkseigenen Betrieben angeschlossen und wurden von der Gewerkschaftsleitung im Werk betreut und materiell unterstützt. Die Entstehungszusammenhänge dieses historisch höchst bedeutsamen Filmkorpus hat Rudolf Jakob, Gründungsmitglied des Amateurfilmstudios im Dresdner Traditionsbetrieb für Foto- und Kinotechnik, 1960 für seine Filmgrup- pe so beschrieben: „Seit 1953 besteht im VEB Kamera- und Kinowerke Dresden ein Amateurfilmstudio, das heute über 20 Mitglieder zählt. Wir arbeiten mit dem 16mm-Format und sind durchweg Jugendliche. Bei uns arbeitet der Feinmecha- nikerlehrling gemeinsam mit dem Jungingenieur oder der Konstrukteur an einem Streifen, wobei die kritische Meinung des Lehrlings ebenso gehört und beachtet wird wie der Rat der alten ‚Hasen‘. Alle vereint schließlich die Liebe zum Film, und wir wissen, daß Filmen nicht Selbstzweck, sondern das planvolle Arbeiten an ei- nem Thema ist, das auch eine gesellschaftliche Aussage haben soll, sonst verliert sich alles ins Ziellose und wird zum formalen ‚Filmbelichten‘.“1 Die Amateurfilmer agierten im SED-Herrschaftssystem zwischen ehrlichem En- gagement, einer  – wie es bei Rudolf Jakob heißt  – Liebe zum Film, und diver- sen Vorgaben und Abhängigkeiten, was sich im Zitat in dem Selbstverständnis niederschlägt, Filmen müsse eine gesellschaftliche Aussage haben. Einer in rück blickenden Interviews immer wieder geäußerten Freiheit kreativen Wir- kens, ja eines unreglementierten Nischendaseins im jeweiligen Studio, stehen 1 Rudolf Jakob: Vom Amateurfilmstudio des VEB Kamera- und Kinowerke Dresden. In: Film für Alle, Heft 1, 1960, S. 28/29, hier S. 28. Die film- und fototechnische Spezialisierung der Dresdner Industrie wurde wesentlich durch Heinrich Ernemann, die Ica AG (Internationale Camerafa- briken Aktiengesellschaft) und andere Unternehmen vorangetrieben. 1926 vereinigten sich die wichtigsten Betriebe zur Zeiss Ikon AG, aus der wiederum nach 1945 der VEB Zeiss Ikon, der VEB Kamera- und Kinowerke und schließlich 1964 der VEB PENTACON Dresden hervor- gingen. Vgl. Gerhard Jehmlich: Der VEB Pentacon Dresden. Geschichte der Dresdner Kamera- und Kinoindustrie nach 1945. Dresden 2009. Filmblatt 57 ∙ 201562 in der Mehrzahl politisch konforme, affirmative und nur selten kritische Filme gegenüber. Dies alles sind Seiten einer möglicherweise spezifisch ostdeutschen, möglicherweise aber auch für andere sozialistische Staaten charakteristischen Medienkultur, die derzeit vom Verfasser im DFG-Forschungsprojekt „Regionale Filmkultur in Brandenburg“ an der Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf unter- sucht wird. Einzelne Fallstudien zum Thema verstehen sich als Annäherungen an den komplexen Gegenstand.2 Die Amateurfilmproduktion der DDR ist bisher nur in Teilen erfasst und kata- logisiert worden, Filme und ihre Sekundärdokumente liegen oft verschüttet. In verschiedenen Projekten wurde seit 2004 daran gearbeitet, diese Quellenlücke im DDR-Filmerbe zu schließen.3 Grundlegende Recherchen durch Volker Petzold im Sächsischen Staatsarchiv, das u. a. die Bestände des ehemaligen Zentralhau- ses für Kulturarbeit der DDR und Materialien zu Leipziger Amateurfilmgruppen bewahrt, sind in kürzeren Aufsätzen dokumentiert worden.4 Das Filmmuseum Potsdam widmet sich seit 2009 dem Amateurfilm im Land Brandenburg mit beson- derer Aufmerksamkeit und baut dazu eine stetig wachsende Sammlung auf, aus der bereits 2011 eine kleine Ausstellung kuratiert werden konnte.5 Im Verbund mit anderen Einrichtungen hat das Filmmuseum Potsdam 2013 begonnen, das regionale Filmerbe des Landes Brandenburg – und hierzu zählen zumeist Ama- teurfilme nach 1945 – zu digitalisieren und in Teilen online zu veröffentlichen.6 Die Geschichte einer Rettung. Auch der Prozess der Recherche, Zusam- menführung, Digitalisierung und Wiederau"ührung von Filmen des Amateur- filmstudios PENTACON7 begann im Filmmuseum Potsdam  – an einem Junitag 2 Ralf Forster: Granica pokoju na Odrze i Nysie w obiektywie amaturow z Frankfurtu nad Odra. In: Andrzej Debski, Andrzej Gwóźdź (Red.): W Drodze do Sasiada. Polsko-Niemieckie spokania filmowe. Wroclaw 2013, S. 55–69. Deutsch als: Die Oder-Neiße-Friedensgrenze im Kamerablick. Filme des Amateurfilmcentrums Frankfurt (Oder) über deutsch-polnische Be- gegnungen. In: Brigitte Braun, Andrzej Dębski, Andrzej Gwóźdź (Hg.). Unterwegs zum Nach- barn. Deutsch-polnische Filmbegegnungen. Trier 2015, S. 129–138. 3 Hier vor allem das zwischen 2004 und 2006 durch Karin Fritsche, Volker Petzold und Ralf Forster für die DEFA-Stiftung realisierte Projekt „Amateurfilm in der DDR. Erste Bestands- aufnahme und strukturelle Beschreibung des Schmalfilmscha%ens mit lokaler und regionaler Bedeutung“ (Arbeitsbericht 2006). 4 Vgl.  Volker Petzold: Audiovisuelle Bestände Leipziger Pionierfilmstudios im Sächsischen Staatsarchiv. In: Sächsisches Archivblatt, Nr. 1, 2014, S. 10–12. 5 „Amateurfilm in Brandenburg 1950–1990. Arbeit an der Wirklichkeit“. 7.10.2011–8.2.2012, Filmmuseum Potsdam, kuratiert von Ralf Forster und Matthias Struch. 6 Verö%entlicht werden die Daten und Film-Sequenzen auf der Verbundplattform www. museum-digital.de; seit März 2015 sind die ersten Filme – des Amateurfilmzirkels Mellen / Perleb erg und des Wohnungsbaukombinates (WBK) Berlin – in Auszügen online zu sehen. 7 Entsprechend der veränderlichen Struktur und Nennung des Trägerbetriebes trug das Studio folgende Namen: Filmstudio VEB Zeiss Ikon (1953 bis ca. 1955), Filmstudio VEB Filmblatt 57 ∙ 2015 63 des Jahres 2010. Mit Ulrich Windo"er und Herbert Illgen traten zwei ehema- lige Amateurfilmer an das Museum heran und baten darum, die in Privathand befindlichen Kopien zu übernehmen und ö"entlich nutzbar zu machen. Fer- ner regten sie an, Filme des Studios bei anderen Bestandsverwaltern (Iwailo Schmidt, Klausjörg Herrmann, Filmstudio Stativ e.V. – Frank Eckert, Video- und Filmverband Sachsen e.V.) zumindest in digitaler Form an einem Standort zu lagern und für Interessierte bereit zu halten. Dies sollte das DIAF – Deutsches Institut für Animationsfilm in Dresden sein, dessen klimatisiertes Archiv im ehemaligen Werksgebäude des Studioträgers VEB PENTACON untergebracht ist. Dieses Vorhaben konnte bis März 2012 realisiert werden. Die Mehrzahl der Filme kehrte somit an den Ort ihrer Entstehung zurück. Die 37 Jahre währende Produktion des Amateurfilmstudios umfasst mindes- tens 67 Filme, im Format 16mm, mit und ohne Ton, von denen 37 noch physisch vorhanden sind. Trotz intensiver Recherche bleiben also fast 50 % der Filme ver- schollen. Sie sind zumeist nur durch Sekundärzeugnisse, etwa die Werkszeitung der brennpunkt, oder durch die persönliche Erinnerung von Studiomitgliedern wie Herbert Illgen nachgewiesen. Angesichts der unvollständigen Überlieferung können verallgemeinernde Aussagen zum Gegenstand also nur mit Vorsicht ge- troffen werden. Gleichwohl lassen sich Merkmale des Studios und seiner Aktivi- täten benennen und zum DDR-Amateurfilm insgesamt in Relation setzen. Dies betrifft das Vorhandensein zweier Filmgruppen zu den Komplexen „Stadt“ und „Werk“. Beides waren Themen vieler Freizeitfilmer, die sich in einem Betrieb zu- sammengefunden hatten und in ihren Filmen Aufträge des Trägers etwa zum Ar- beitsschutz oder über Rationalisierungsmaßnahmen zu erfüllen hatten. Darüber hinaus zeigt sich in der Beschäftigung mit „Stadt“ und „Werk“ auch eine besonde- re individuelle Affinität zu ihrer Heimat, ihrem Lebens- und Arbeitsumfeld. In den Filmen selbst ist eine über die Jahre gewachsene Professionalität nachweis- bar. In Dresden begann man mit einer stummen, schwarzweißen und beinahe un- gestalteten Dokumentation des Kinderferienlagers des VEB Zeiss Ikon in Obergurig (Frohe Ferientage mit unseren Kindern, Sommer 1953) und endete mit einem hochkomplexen farbigen Tonfilm über die Geschichte der Kamera fabri kation in Dresden (Vom Holzkasten zur Spiegelreflex, 1989). Bei einer 37jährigen Existenz- zeit treten zudem Handschriften verschiedener Regisseure und mehrerer Generati- onen von Mitgliedern mit ihren Brüchen und Höhepunkten hervor. Der Hauptfilm des Studios stammt nicht aus den 1980er Jahren, sondern datiert von 1973, als man das 20. Jubiläum beging: Im Vorfeld dieses Ereignisses realisierte ein eingespiel- tes Team den mit über 40 Minuten längsten und professionellsten Film des Studios, Dresdner Bilderbogen. Ein illustriertes Alphabet – aus unserer Sicht. Kamera- und Kinowerke Dresden (1955 bis ca. 1958/59), Amateurfilmstudio VEB Kame- ra- und Kinowerke Dresden (1958/59 bis ca. 1965), Amateurfilmstudio VEB PENTACON Dresden (ca. 1965 bis 1984), Amateurfilmstudio PENTACON VEB Kino- und Kamerawerk Dresden im Kombinat VEB Carl Zeiss Jena (1984 bis 1990). Filmblatt 57 ∙ 201564 Filmen unter Sonderbedingungen. Die Dresdner Amateure des PENTACON- Studios waren überwiegend im DDR-Leitbetrieb für Foto- und Filmtechnik be- schäftigt.8 Nicht selten fiel Berufliches mit dem Hobby zusammen. Man filmte unter exklusiven Voraussetzungen – vor allem was die Ausrüstung anbelangte. Schon die Gründung im April 1953 hatte primär technische Ursachen, denn gera- de war im VEB Mechanik Zeiss Ikon die erste 16mm-Kamera der DDR, die AK 16, entwickelt worden.9 „Die 16mm-Kamera reizte zum Filmen, und so entstand hier, neben Jena, Wolfen und Bitterfeld, einer der ersten Zirkel der Republik. Man be- kam Kamera, Filmmaterial und der ‚alte Hase’ [Hans] Hartmann lenkte die Inte- ressen der völlig unbelasteten fünf Anfänger in die richtigen Bahnen.“10 Andere Gruppen probierten in dieser Zeit noch mit der AK 8 auf 8mm. 1958 waren die Amateurfilmer dann „in einem richtigen Filmstudio mit allen Schikanen gelan- det“, das sie im Dachgeschoss des Betriebskulturhauses einrichten konnten: be- stehend aus Schnittraum mit 16mm-Schneidetisch, Tonstudio mit „Regie- und Sprechraum, die durch ein großes Regiefenster (mit Kommandoanlage!) mitei- nander verbunden sind. […] Auch einen langen, durch große Plakate attraktiv gemachten Vorführraum besitzt man.“11 Parallel zum hohen technischen Niveau unterstrichen die Filmer ihre künstle- rischen Ambitionen mit der Verpflichtung von professionellen Darstellern (Otto Stark, dem Gründer des berühmten Dresdner Kabaretts „Die Herkuleskeule“), Dramaturgen (Katharina Benkert vom DEFA-Studio für Trickfilme) sowie Spre- chern (etwa Hans Trautmann vom Sender Dresden). Insgesamt neun Studiomit- glieder nutzten ihre im PENTACON-Studio gewonnenen filmischen Erfahrungen für eine anschließende Kariere im Kulturbereich, z. B. Regisseur Harald Gebauer, der – nach einem Studium an der Deutschen Hochschule für Filmkunst ab 1960 – von 1966 bis 2003 als technischer Direktor der Städtischen Bühnen Erfurt fun- gierte. Personelle Kreativposten wie auch die allgemeine Atmosphäre einer Kul- tur- und Filmstadt hinterließen also nachhaltige Spuren im Studio.12 8 Eine Ausnahme bildete der Regisseur Dieter Weigend, der bei der Sparkasse Dresden angestellt war. Vgl. Nachts erklang Musik im Studio. In: der brennpunkt, Nr. 48, 1968. 9 Die motorgetriebene 16mm-Kamera mit Objektivrevolver für drei Optiken wurde auf der Leipziger Herbstmesse 1952 erstmals der Ö%entlichkeit vorgestellt. Vgl. den Messebericht in: Bild und Ton, Nr. 9, 1952, S. 264. Der Typ gehörte später zur Grundausstattung betrieblicher Amateurfilmstudios. 10 Zum Nutzen und zur Freude. Arbeit und Erfolge des Amateurfilmstudios der Kamera- und Kinowerke. In: Sächsische Neueste Nachrichten, 12.4.1962. Hartmann leitete die Gruppe nur bis 1955, denn er reiste in die Bundesrepublik aus, nachdem er genötigt worden war, „freiwillig“ Dienst in der Kasernierten Volkspolizei zu tun (Information von Herbert Illgen an den Autor, März 2012). 11 Ebd. 12 Zur Filmstadt Dresden vgl. das Themenheft Kinos, Kameras und Filmemacher. Filmkultur in Dresden in der Reihe Dresdner Hefte, 23. Jg., Heft 82, Nr. 2, 2005. Die Pflege des Films Filmblatt 57 ∙ 2015 65 Mehrfach in ihrer Geschichte knüpften die Freizeitfilmer aus Dresden Kontakte zum „anderen Deutschland“, der Bundesrepublik, sei es durch gegenseitige Be- suche oder Inhalte ihrer Filme. Dies ist durchaus als Besonderheit im DDR-Ama- teurfilmschaffen zu registrieren und lässt sich mit der besonderen Weltoffenheit eines Exportbetriebes – und seiner Mitarbeiter – erklären. Eine Gewandtheit auf internationalem Parkett ist u. a. der Reportage Auf neuen Wegen (1959) anzu- merken, in der Studioleiter Herbert Illgen eine Reise zur Leipziger Herbstmes- se unternimmt, durch die Halle 15 der Technischen Messe mit Unternehmen der „westlichen“ Foto- und Kinogerätebranche schweift, um sich schließlich am Stand des VEB Kamera- und Kinowerke Dresden über die neuesten Erzeugnisse „seines Betriebes“ zu informieren. Ähnlich selbstbewusst aus DDR-Sicht erweist sich der Kurzspielfilm Mit Kelle und Palette aus demselben Jahr, der trotz seiner politischen Tendenz vom Austausch zwischen beiden deutschen Staaten zeugt und ganz ohne Verleumdungstiraden der einen gegen die andere Seite auskommt: Ute aus Düsseldorf, die in Dresden Malerei studiert, lernt dort den Mauerer (und Fernstudenten) Horst kennen und lieben. Beide erleben den Wiederaufbau der Stadt, genießen auf Spritztouren mit seinem Jawa-Motorrad die schöne Elb- Umgebung. Nach anfänglichem Zögern ist auch sie vom neuen Geist in Dresden drückte sich u. a. in dem am 7.10.1972 erö%neten Rundkino in der Prager Straße im Zentrum Dresdens aus, in dessen kleinem Saal regelmäßig Amateurfilmveranstaltungen stattfanden. Einladung zum Tag der o+enen Tür am 19. Juni 1973 im Klubhaus PENTACON zum 20-jährigen Bestehen des Amateurfilmstudios und zur Vorführung von Dresd- ner Bilderbogen Filmblatt 57 ∙ 201566 eingenommen, so dass sie sich entschließt, die Stadt zur neuen Heimat und Horst zu ihrem Mann zu wählen. Zum „10. Tag der Republik“, auf der obligatorischen Demonstration, finden sie zusammen. Bemerkenswert ist, dass gerade über die- sen Film die westdeutsche, in München herausgegebene Amateurfilmzeitschrift Der Film-Kreis berichtete, ihn freilich nicht inhaltlich bewertete, vielmehr das technische Know-how hervorhob: „Das Herz des Studios ist der Regieraum mit seiner eingebauten Mischpultanlage, bestehend aus 6 Tonkanälen, Entzerrstu- fen, einem Kommandomikrofon, UKW-Empfängerteil und Endverstärker.“ Be- merkenswert auch, dass in der Beurteilung der westlichen Gleichgesinnten die enge Anbindung an den Trägerbetrieb nicht negativ wahrgenommen wird: „Im Vergleich zu unseren westdeutschen Amateurfilm-Klubs, deren Konstitution auf Privatinitiative basiert, arbeiten diese Amateurfilmstudios mit Unterstützung der Betriebe und des Deutschen Kulturbundes. Die Grundlage bildet der Betriebskol- lektivvertrag. Hiervon wird auch das Amateurfilm-Studio der VEB Kamera- und Kinowerke Dresden unterstützt.“13 Im Jahre 1975 geriet nochmals die Bundesrepublik ins Blickfeld der Gruppe, als in Hurra – wir haben Ferien die sommerliche Erholung von 10–14 Jährigen der „Sozialistischen Kinderorganisation Junge Pioniere – JP“ der DKP im Pionierlager „Klement Gottwald“ in Papstdorf bei Bad Schandau festgehalten wurde. Neben der überreichen Versorgung, diversen Freizeitaktivitäten (Betriebsbesuch, Berg- steigen, Fahrt mit der dampfbetriebenen Pioniereisenbahn) und dem Miteinan- der von Kindern aus der Bundesrepublik und der DDR fällt zum Schluss die als Möglichkeit formulierte grenzüberschreitende Freundschaft auf, wenn es nach einem Adressenaustausch und zu heimeligen Impressionen vom gemeinsamen Lagerfeuer heißt: „Und so wie das Feuer zum Himmel steigt, so fliegen die Gedan- ken voraus, morgen ist man wieder zu Haus, reich an Wissen, reich an Erlebnissen und reich an Freunden!“ Der Betrieb als Filmgegenstand. Zum Thema „Das Werk“ lassen sich zwei Zu- gangsweisen des Studios zu seinem Träger identifizieren, zum einen die werbende und das Image fördernde Inszenierung von Produkten und Leistungen; zum an- deren das kritische Befragen interner Fertigungsprozesse mit dem Ziel, Betriebs- abläufe und Arbeitsbedingungen zu verbessern und die positiven Wirkungen von Rationalisierungen herauszustellen. In der Mehrzahl entstanden die a9rmativ- werbenden Filme in den 1960er Jahren und damit in einer Phase, als der Innovati- onsrückstand des Werkes im internationalen Vergleich noch weniger spürbar war. Drei farbige Werbekurzfilme von 1962 rücken dabei die Fotokameras „Penti II“ und „Pentina“ sowie die 8mm-Filmkamera „Pentaflex 8“ ins Zentrum; ihre Machart ist professionell; der Produktionsaufwand war beträchtlich. Mit dem Sportler Helmut Recknagel (in Pentaflex 8) und dem Kabarettisten Otto Stark (in Pentina) war- teten die Amateure mit DDR-Prominenz auf und erhöhten dadurch die Werbewir- 13 Gert Hehn: In Dresden filmt man auch. In: Der Film-Kreis, März 1960. Filmblatt 57 ∙ 201568 Paradigmatisch für diese Synthese erscheint die Sequenz, in der zunächst eine Taktstraße mit Frauen bei der Kameramontage der „Praktica nova“15 und dann das „Birner-Trio“ gezeigt wird, wie es die Produktionshalle betritt und froh ge- launt das Pentacon-Lied anstimmt: „Im Sommer und im Winter, in Dresden zu Besuch. Touristen aller Länder, die schreiben ins Gästebuch. Was ist die Welt ohne Fotografie. Er knipst, es knipst und auch sie. Die Welt zu kennen in Bild und Ton, das ist Qualität von PENTACON.“ Auch das damals über Dresden hinaus bekannte, 1960 gegründete PENTACON-Ensemble ist in den Filmteilen vertreten – mit der zi- tierten Werks-Melodie, dem Lied „Mein Herz lieb“ (beides als große Chor-Nummer arrangiert) und einer Tanzprobe.16 In den späten 1960er Jahren wuchs die Zahl der Filme über PENTACON, die Rati- onalisierungen und Arbeitsschutzmaßnahmen dokumentieren. Diese inhaltliche Verschiebung mag einerseits der größeren ökonomischen Bedeutung solcher  – oft mit innerbetrieblichen Ressourcen realisierten  – Produktionsoptimierun- gen geschuldet sein. Sie ist möglicherweise auch auf den Aufruf der DDR-Ge- werkschaften (FDGB) an die Amateurfilmer zurückzuführen, sich verstärkt dem Arbeitschutz zu widmen; ein entsprechendes, vom Bundesvorstand des FDGB ausgelobtes Festival wurde erstmals vom 30. März bis 1. April 1967 in Leipzig ver- anstaltet.17 Das Dresdner Studio hatte 1967 den Film Drehautomaten ziehen um eingereicht; 1969 – zur zweiten Festival-Auflage – gewann man mit Der grosse Schritt eine der drei verliehenen Goldmedaillen.18 Zwei Kapitel aus: Der Mensch und seine Arbeit kam schließlich beim 3. Wettbewerb für Arbeitsschutz-Ama- teurfilme (10. bis 12. Februar 1972) auf den dritten Platz. All diese Filme sind nach ähnlichem Muster gebaut. Anfangs wird ein eigentlich unhaltbarer Zustand ins Bild gerückt: Betriebsvorgänge erscheinen ineffizient, und die Beschäftigten arbeiten unter gesundheitsgefährdenden Bedingungen. Am Schluss des Films kann dagegen in einer positiven Wendung die Umgestal- tung, Mechanisierung bzw. gar Automatisierung von Arbeitsabläufen abgelich- tet werden, die – mit eigenen Mitteln kostensparend umgesetzt – zu erhöhter Produktivität und besserem Schutz der Belegschaft führt. Sind es in Drehauto- maten ziehen um neue Maschinenanordnungen in der Dreherei, Schallisolierun- gen und die Herrichtung von Pausenräumen, so zeigt Der grosse Schritt den ersten Ringtischautomaten zum Ausbohren und Gewindeschneiden von Fotoka- meragehäusen, mit dem die Arbeitsproduktivität um „2.000 Prozent“ gestiegen sei, so der Filmkommentar. Tatsächlich ließen sich mit dem Ringtisch jährlich 15 Es handelte sich o%ensichtlich um das 75 Meter lange Fließband im ehemaligen ICA-Ge- bäude, das im Juli 1965 in Betrieb ging. Vgl. Jehmlich: Der VEB Pentacon Dresden, S. 127. 16 Vgl. ebd., S. 199 und S. 204. 17 Das Festival lief unter dem Motto „Im Mittelpunkt steht der Mensch“ und wurde bis 1987 (9. Ausgabe in Jena-Lobeda) in unregelmäßigen Abständen wieder aufgelegt. Vgl. Fritz Pötzsch: 83 Filmstreifen vor der Jury. In: Tribüne, 31.3.1967. 18 Gold für Pentacon-Film. In: Sächsische Neueste Nachrichten, 16.2.1969. Filmblatt 57 ∙ 2015 69 100.000 Kameragehäuse aus Aluminiumdruckguss endfertigen. Die Automaten „bildeten eine der Grundlagen der hohen Produktionszahlen bis 1989“, so der ehemalige Direktor für Forschung und Entwicklung des VEB PENTACON, Gerhard Jehmlich.19 Sie basierten auf den Leistungen der Ingenieure Rudolf Kunte und Walter Krause. Kunte war es denn auch, der in Der Mensch und seine Arbeit eine Hauptrolle spielt und dem im Film in gewisser Weise ein Denkmal gesetzt wird. Was hier allerdings zu einer neuen Dimension der Darstellung von Arbeit im PENTACON-Amateurfilm führt, ist nicht die erfolgreiche Modernisierung durch Kunte und das behutsame Anlernen der Mitarbeiterin an „ihrem Automaten“ durch den als bescheiden charakterisierten Ingenieur, sondern die drastische Beschreibung der Zustände vor seinem sprichwörtlichen Eingreifen: In mono- toner Folge reinigt die namentlich vorgestellte Rosa Galle Metallteile von Hand in offenen Bädern mit Waschbenzin. Nach minutenlanger Tätigkeit setzt sich die ältere Frau erschöpft nieder und greift unter ihre Gummischürze zu einer Tablet- tenpackung, ehe Kunte sie bei der Hand nimmt und aus der Gefahrenzone zieht. Am Ende schwingt sich der Kommentar nicht zu einer Lobhuldigung an das Werk auf, sondern vermerkt kritisch: „Allzu oft hemmen noch alte Denkgewohnheiten das Neue besser durchzusetzen. Wir haben nicht gefragt, wie viel Zeit Kollege Kunte investierte, nicht die Sitzungen und den Meinungsstreit festgehalten und auch nicht die Hindernisse, die im Wege standen, aufgeführt; sondern wir be- richten über das Ergebnis.“ Dresden im Kamerablick. Das verschlüsselte Formulieren von Kritik und iro- nische Hinterfragen von angeblich selbstverständlichen Zuständen durchzieht auch die größte und erfolgreichste Produktion des Studios, die dem Thema „Die Stadt“ zuzurechnen ist: Dresdner Bilderbogen. Ein illustriertes Alphabet  – aus unserer Sicht (1973).20 Ziel war es hier, nach eher konventionellen Stadt- filmen wie 750 Jahre Dresden (1957) zum 20. Jubiläum der Amateurfilmgruppe eine humorvolle und zugleich ehrliche Annäherung an die Elbmetropole vorzule- gen und dramaturgisch neue Wege einzuschlagen. In einem alphabetischen Durchlauf wird pro Buchstabe eine Dresdner Beson- derheit – als kurze Filmreportage – vorgestellt; von A („Aller Anfang ist schwer“) bis Z („Zu guter letzt“). Dieser Struktur haftet etwas Fragmentarisches und 19 Jehmlich: Der VEB Pentacon Dresden, S. 150. 20 Der Film hatte am 31. Mai 1973 in der Kleinen Bühne des Dresdener Rundkinos (Film- theater Prager Straße) Premiere, wurde danach am 19.  Juni 1973 der PENTACON-Be- legschaft im Rahmen eines Tages der o%enen Tür und Anfang August gleichen Jahres dem Dresdner Oberbürgermeister und den Stadtverordneten gezeigt. O%enbar plante man da- nach, ihn als „eine schöne Ergänzung zur obligatorischen Stadtrundfahrt“ anzubieten. „Ge- dacht ist in erster Linie an Delegationen, die in der Elbmetropole weilen.“ (Amateurfilm über Dresden. In: Sächsische Zeitung, 7.8.1973). Der Film zog ein überdurchschnittliches Echo vor allem in der Dresdner Presse nach sich. Filmblatt 57 ∙ 201570 Offenes an, das an Querschnitts- oder Episodenfilme denken lässt.21 Zugleich wird mit dem Verweis auf das Alphabet der Anspruch noch nicht gänzlich aufgegeben, mit den 24 Sujets ein vollständiges Panorama der Stadt zeichnen zu wollen.22 Die gewählte Form hatte mehrere Vorteile. Durch die schnellen inhaltlichen Wechsel (keine Mini-Reportage geht über drei Minuten hinaus) bleibt der Film auch über die Länge von über 40 Minuten frisch und unterhaltsam. Für die Amateurfilmer selbst erwies sich das Gerüst als äußerst praktikabel, denn jeder Beitrag konnte separat produziert und erst in der Endfertigung eine Reihenfolge festgelegt wer- den; schließlich hatte der Film eine Produktionszeit von über drei Jahren!23 Ein Schlüssel zum Gelingen der „heiteren kinematographischen Visitenkarte“24 war ihr Humor auf mehreren Ebenen. Allein die Zuweisung der Inhalte zu den jeweiligen Buchstaben bot die Möglichkeit, zum Lachen zu provozieren – wenn etwa bei „M“ unter dem Motto „Im Mittelpunkt steht der Mensch“ ein Schäfer um- ringt von seinen Schafen gezeigt wird und ein Angetrunkener die Kneipe „Mit- telpunkt der Welt“ verlässt. Unter „V“ fasste man Einstellungen zum Thema „Ver- gnügen“ zusammen: eine überfüllte Straßenbahn, ein voll besetzter Dampfer der „Weißen Flotte“, aber auch der gut besuchte Tanzabend im Klubhaus des Sachsen- werkes. Der Grad an Kritik überschritt, dies zeigen die Beispiele, nie das erlaubte und geduldete Maß, und viele Abschnitte wahrten den positiven, würdigenden Tenor. Offenbar musste nur eine Sequenz verändert bzw. gekürzt werden: Unter dem Buchstaben „L“ hatten die Amateurfilmer die Hast bei Touristenführungen unter die Lupe genommen. Der am Schluss platzierte Kommentar zur kurzen Mit- tagspause und dem eingeschränkten Gastronomieangebot blieb dabei nur in der Arbeitskopie erhalten: „Die Gruppe ist jetzt abgekämpft, und jeder ist jetzt froh, denn mittags gibt’s zur Stärkung jetzt ne Bockwurst der HO.“ Kabarettgrößen Dresdens beteiligten sich gleich mehrfach an dem Film und be- einflussten ihn ganz erheblich. Dies betrifft vor allem den Text, den der damalige Dramaturg und spätere Intendant des Kabaretts „Die Herkuleskeule“, Wolfgang Schaller, beisteuerte. Von ihm stammte vermutlich auch die Idee, den Kommen- tar dialogisch zu gestalten – und ihn durch die Profisprecher Ilse Reichmann und Hans Trautmann (beide Sender Dresden) einsprechen zu lassen. Sie interpretie- ren den Text Schallers mit angemessener Leichtigkeit, setzen mal mehrdeutige, mal ironische Kontraste zu den Bildern. Zum Buchstaben „N“ unternimmt der Film beispielsweise einen Ausflug ins „Nachtleben“; viele Leuchtreklamen – aber kaum Menschen – sind zu sehen, worauf Reichmann lakonisch beigibt: „Mann, in 21 Dieser Assoziation folgten auch Rezensenten, etwa im Sächsischen Tageblatt vom 7.8.1973: „Dieser Film gibt einen Querschnitt durch das Leben unserer Stadt, vor allem ihrer Menschen.“ 22 Die Buchstaben T und U sowie X und Y wurden in dem Film zu je einem Sujet zusam- mengefasst. 23 Herbert Illgen im Gespräch mit dem Autor, Juni 2011. Vgl. Dr. H-n: Elbestadt von A bis Z. In: Sächsisches Tageblatt, 7.81973. 24 -ele: Heitere kinematographische Visitenkarte. In: Sächsische Neueste Nachrichten, 10.6.1973. Filmblatt 57 ∙ 2015 71 Dresden ist ja nachts was los.“ Es folgt ein Schnitt auf Bilder aus der Geburtsklinik, von einem Armeeposten und einer Straßenkehrmaschine. Trautmann dazu: „Auf- gefallen ist mir, nachts fahren bei uns immer solche Streifenwagen durch die Stra- ßen.“ Reichmann erwidert: „Die wollen vielleicht Radaubrüder zur Räson bringen.“ Darauf er, „nee, das Nachtleben beleben.“ Das Sujet endet schließlich versöhnlich, Bilder von einer Nachtschicht folgen Aufnahmen einer gediegenen Tanzbar; ein Paar auf der Prager Straße hat sich umarmt und setzt sich auf eine Bank. Auch eine kabaretthistorische Rarität aus der „Herkuleskeule“ hat der Dresd- ner Bilderbogen zu bieten, wobei Helmut Unger vom Betriebskabarett des VEB PENTACON den kritischen Rahmen gestaltet. Unger ist anfangs zu Hause mit dem Buch Lachen und lachen lassen beschäftigt und findet darin ein Lesezeichen, das für den Besuch der „Herkuleskeule“ wirbt.25 Nun schaltet der Film um in den Ka- barettsaal und hält die beiden Dresdner Originale Matthias „Matz“ Griebel und Hans Glauche mit einem Sketch über den Dresdner öffentlichen Nahverkehr fest. Vom ausgelassenen Publikum blendet der Film zurück zu Unger, der inter- essiert die Zeitung aufgeschlagen hat, nach den nächsten Vorstellungsterminen sucht, aber sogleich feststellen muss, dass alle Vorstellungen der „Herkuleskeu- le“ für Juni 1970 ausverkauft sind. An historisch wertvollen Aufnahmen enthält Dresdner Bilderbogen ferner Probenimpressionen mit Renate Blume und Justus Fritzsche am Staatsschauspiel Dresden, Einstellungen von der Doktor-Feier des PENTACON-Direktors Gerhard Jehmlich 1969 sowie die nachweislich letzten Film- bilder des berühmten Dirigenten des Kreuzchores Rudolf Mauersberger, der im Februar 1971 noch vor der Premiere des Films verstarb. Mit ihrem letzten großen Film vor den politischen Veränderungen in der DDR, dem historischen Rückblick auf „150 Jahre Kameras aus Dresden“ Vom Holzkas- ten zur Spiegelreflex von 1989, unterstrichen die Amateurfilmer noch einmal ihre Affinität zu Stadt und Werk. Als Schlüsselereignis und „Geburtsurkunde des Kamerabaus in Dresden“ galt dabei eine Verkaufsanzeige für fotografische Platten und Kameras von Friedrich Wilhelm Enzmann vom 31. Oktober 1839.26 Anlässlich des mit Werbedrucksachen, Publikationen (mit eigenem Logo) und Veranstaltun- gen begangenen Jubiläums wurde Enzmanns Grab auf dem Dresdner Annenfriedhof neu gestaltet. Mit dem Grabstein beginnt dann auch der Film, Leierkastenmusik schafft eine nostalgische Atmosphäre. In seiner geschickten Montage histori- scher Fotos und Filmaufnahmen (u. a. seltene Bilder von Prof. Robert Luther und seinen Kollegen am Wissenschaftlich-Photographischen Institut), nachgestellter kurzer Spielszenen und dokumentarischer Einstellungen aus dem Jahr 1989 (etwa der automatisierten Fotokamerafertigung bei PENTACON) erreichte Vom Holzkas- ten zur Spiegelreflex für den Amateurfilm in der DDR ein überdurchschnittliches 25 Die satirische, von Jo Schulz erstmals 1957 im Eulenspiegelverlag herausgegebene Textsamm- lung gehörte zum Grundinventar des kritischen DDR-Bürgers; sie erschien 1983 in 9. Auflage. 26 Richard Hummel: Kalendarium zur 150jährigen Geschichte des Dresdner Kamerabaues. Leipzig 1992, o. S. Filmblatt 57 ∙ 201572 Niveau. Mit dem damaligen Erbediskurs konform gehend, würdigt der Film die in- novative Partnerschaft von Unternehmern (Heinrich Ernemann) und Ingenieu- ren vor 1945. Die Kombinatsbildung unter sozialistischen Bedingungen erscheint nicht mehr als Bruch, sondern als logische Fortsetzung der Konzentrationsprozes- se der 1920er Jahre (Zeiss Ikon-Konzern ab 1926). Unterschwellig lässt Vom Holzkasten zur Spiegelreflex allerdings erkennen, dass die großen Jahre des Dresdner Kamerabaus 1989 bereits Geschichte waren. Hält man sich noch lange und nicht ohne Stolz beim 1949 entwickelten Penta- Prisma auf (das zusammen mit der Contax-Kamera Namensgeber der Betriebsbe- zeichnung PENTACON war) und zeigt dazu Fotoapparate von Yashica, Canon und Pentax, die das Sucherprinzip später adaptierten, so folgt danach eine Spielszene, zu der aus der Betriebszeitung von 1956 zitiert wird, die von „Hemmnissen in der Weiterentwicklung“ berichtet haben soll: Ein Mann stempelt mit routinierter Mine einige Seiten beschriebenes Papier ab.27 Die letzten Neuschöpfungen des Werkes – vor allem die Praktica BX 20 mit ihren zahlreichen Elektronik-Bausteinen – werden nun ohne Kommentar und ohne sie international zu vergleichen präsentiert. Be- merkenswert: Das Verlöten der Mikrochips an der BX 20 erfolgt von Hand! Solcherart stille Bestandsaufnahme wies bereits auf das Ende des PENTACON- Betriebes 1991 voraus, das auch das Aus für das Amateurfilmstudio bedeutete. Der Autor dankt dem Video- und Filmverband Sachsen e.V. für die Ausleihe des Films Vom Holzkasten zur Spiegelreflex. Auf neuen Wegen DDR 1959 / Produktion: Amateurfilmstudio des VEB Kamera- und Kinowerke Dresden / Kamera: Rüdiger Krahl / Aufnahmeleitung: Herbert Illgen / Regie: Peter Hartig / Besucher der Leipziger Messe: Herbert Illgen. Kopie: DIAF – Deutsches Institut für Animationsfilm, Dresden, s/w, stumm, 7’ (DigiBeta von 16mm). Mit Kelle und Palette DDR 1959 / Produktion: Amateurfilmstudio des VEB Kamera- und Kinowerke Dresden / Buch: Rudolf Jakob / Kamera: Herbert Illgen, Rolf Dörschel / Beleuchtung: Harald Gebauer / Titel: Hanns Haferkorn / Ton: Herbert Illgen, Dietmar Lichtenstein, Rudolf Hänsel / Aufnah- meleitung: Günter Anton / Regie: Rudolf Jakob / Es spielen: Dore Lebzien, Joachim Strauß, Johanna Joannou. Kopie: DIAF – Deutsches Institut für Animationsfilm, Dresden, Farbe, Ton, 16’ (DVD von 16mm). 27 Im Kommentar von Vom Holzkasten zur Spiegelreflex heißt es: „Bereits 1949 Weiterent- wicklung des Prinzips der einäugigen Kleinbild-Spiegelreflexkamera. Contax S, die erste der Welt mit eingebautem Umkehrprisma. Durch das Umkehr- oder Penta-Prisma wurde der Nachteil des seitenverkehrten Sucherbildes im Schachtsucher aufgehoben.“ Filmblatt 57 ∙ 2015 73 Pentina DDR 1962 / Produktion: Amateurfilmstudio des VEB Kamera- und Kinowerke Dresden / Darsteller: Otto Stark Kopie: DIAF  – Deutsches Institut für Animationsfilm, Dresden, Farbe, Ton, 3’ (DVD von 16mm). Anmerkung: Werbefilm für die Fotokamera Pentina. Geblitzt – entwickelt – projiziert DDR 1965 / Produktion: Amateurfilmstudio des VEB Kombinat PENTACON Zwei von fünf Filmteilen, die in eine Bühnenrevue des PENTACON-Ensembles eingeblendet wurden: 1. Aufnahmen aus der Fotokamerafabrikation, dazu singt das Birner-Trio in der Fließband- montagehalle für Praktica-Kameras das PENTACON-Lied / Text: Hans Gottwald28; ca. 3’ 2. Chor des Betriebsensembles – große Besetzung – singt das PENTACON-Lied; ca. 1’30’’. Kopie: DIAF – Deutsches Institut für Animationsfilm, Dresden, s/w + Farbe, Ton, Auszüge ca. 4’30’’ (DigiBeta von 16mm). Dresdner Bilderbogen. Ein illustriertes Alphabet - aus unserer Sicht DDR 1969–1973 / Produktion: Amateurfilmstudio des VEB Kombinat PENTACON / Buch: Katharina Benkert (DEFA-Studio für Trickfilme), Herbert Illgen, Dieter Weigend / Texte: Wolfgang Schaller (Kabarett Herkuleskeule Dresden)  / Sprecher: Ilse Reichmann, Hans Trautmann (Sender Dresden)  / Musik: Tilo Hammer  / Ton: Hans Rehn  / Beleuchtung: Egon Leistner, Jens Tischer / Kamera: Herbert Illgen, Hans Rehn, Jens Tischer / Schnitt: Katharina Benkert, Herbert Illgen, Dieter Weigend / Regie: Dieter Weigend. Kopie: DIAF – Deutsches Institut für Animationsfilm, Dresden, s/w, Ton, 42’30’’ (DigiBeta von 16mm). Zwei Kapitel aus: Der Mensch und seine Arbeit DDR 1971  / Produktion: Amateurfilmstudio des VEB Kombinat PENTACON  / Sprecher Rudolf Donath, Hans Trautmann  / Gestaltung: Katharina Benkert, Herbert Illgen, Hans Rehn, Jens Tischer, Dieter Weigend. Kopie: DIAF – Deutsches Institut für Animationsfilm, Dresden, s/w, Ton, 13’ (DigiBeta von 16mm). Vom Holzkasten zur Spiegelreflex. 150 Jahre Kameras aus Dresden DDR 1989  / Produktion: Amateurfilmstudio PENTACON VEB Kino- und Kamerawerk Dresden im Kombinat VEB Carl Zeiss Jena / Fachberatung: Richard Hummel, Hans Gottwald / Regie: Konrad Hildebrand, Michael Schlazsus, T. Naether. Kopie: DIAF – Deutsches Institut für Animationsfilm, Dresden, Farbe, Ton, 21’30’’ (DigiBeta von 16mm). 28 Vgl. Neues Deutschland, 7.1.1965. Hans Gottwald war Leiter der „ideologischen Kommission“ im VEB PENTACON.