»Wide or narrow, the frame is still a frame. And which- U n s i c h t b a r e R a h m e n . ever it is, it will always Z u r I n t e r a k t i o n v o n K i n o involve a certain degree of u n d F e r n s e h e n fragmentation – just as its A l e x a n d e r B ö h n k e limits impose a certain degree of organization.« (Mitry 1997: 201) Die vorletzte Szene von Spartacus (USA 1960, Stanley Kubrick): Charles Laughton alias Gracchus sitzt an einem Tisch und sucht nach Papieren. Eine Hand greift in den Frame und reicht ihm die gesuchte Schrift. Gracchus schaut auf und spricht die Person, die immer noch nicht im Bild zu sehen ist, an: »Und Julia, ich habe es gar nicht gerne, wenn jemand hier [Schnitt] in diesem Hause weint. Ihr müsst fröhlich sein«. Der Schnitt enthüllt die bisher nur aus dem Off agierende Julia, die weinend vor dem Tisch steht, so kadriert, dass man die Statue, die man in der letzten Einstellung im rechten Hintergrund sehen konnte, nun im linken Hintergrund wahrnehmen kann. Der Zuschauer wird auf diese Weise der Ein- heit des Raums versichert, der Ton tut dies auf einer anderen Ebene. Ein Fall von continuity-editing? Merkwürdig ist nur, dass noch kein master-shot die Szene als Ganzes präsentiert hat, aber die Orientierung des Zuschauers ist durch die beschriebene Mehrfachdeterminierung gewährleistet. Ungewöhnlich ist viel- leicht eher noch die Art und Weise der Kadrierung bzw. der Blick- winkel. Ein Wechsel der Kameraposition auf der horizontalen Achse dient im klassischen Hollywoodfilm eher der Profilansicht 2003-11-18 12-38-16 --- Projekt: transcript.mum.schwering.paradoxien / Dokument: FAX ID 01b337342754942|(S. 153-176) T07_01 mum.paradoxien.boehnke.p - Seite 153 Zur Interaktion von Kino und Zweimal fünf Bilder aus Spartacus Fernsehen 2003-11-03 10-09-46 --- Projekt: transcript.mum.schwering.paradoxien / Dokument: FAX ID 016236038807202|(S. 153-176) T07_01 mum.paradoxien.boehnke.p 36038807442 und ist demnach ungewöhnlich für den Anfang einer Szene.1 Aber weiter im Text. Alexander Böhnke Aus dem Hintergrund tauchen Varinia (Jean Simmons) und Lentulus Batiatus (Peter Ustinov) auf. Gracchus aus dem Off: »Ah, 154 | 155 da bist du ja. Geh jetzt bitte, Julia«. Die beiden Ankömmlinge tre- ten näher, während Julia nach rechts abtritt. Batiatus beschwert sich über die Zustände in Rom – Crassus hat die Macht an sich gerissen und lässt »jeden zweiten Mann verhaften«. Dann bittet er Varinia, näher zu treten. Die Kamera folgt der Bewegung der bei- den und schwenkt nach links. Gracchus wird wieder sichtbar, der Varinia die Hand entgegenstreckt. Darauf folgt ein Schnitt auf Gracchus, der nun – im Gegensatz zur ersten Einstellung – fron- taler und in Nahaufnahme zu sehen ist und Varinias Hand nimmt. Ähnlich wie in der Einstellung mit Julia folgt nun ein Schnitt auf Varinia in Großaufnahme, die Gracchus’ Blick erwidert. Daraufhin wieder Schnitt auf Gracchus. Shot/reverse shot, wobei auffällt, dass die Figuren entsprechend ihrer Positionierung im Raum je- weils etwas mehr im rechten (Varinia) bzw. linken (Gracchus) Bild- feld positioniert sind. Die Szene geht noch weiter, aber für meine Zwecke reicht zunächst dieser kurze Ausschnitt. Was ich eben beschrieben habe, ist die Fernsehfassung von Spartacus. Sie wurde im Pan-and-Scan-Verfahren hergestellt. Die- ses Verfahren ermöglicht es, Breitwandfilme für das Fernsehen so zu bearbeiten, dass möglichst viel Information – und das ist im Allgemeinen gleichbedeutend mit Aktion – erhalten bleibt. Vorga- be ist dabei, dass der gesamte Fernsehbildschirm genutzt wer- den soll. Die Alternative dazu wären Letterbox-Versionen, die die gesamte Breite des Breitwandformats nutzen, die Höhe des Bild- schirms aber nicht ausfüllen. Meistens wird das Bild dann von zwei breiten schwarzen Balken – black matte – gerahmt. Diese Methode konnte sich aber zunächst nicht durchsetzen, obwohl sogar solche Fassungen hergestellt worden sind.2 Den Fern- sehzuschauern ein Bild anzubieten, das den Bildschirm nicht völ- lig ausfüllte, erschien als unzumutbar. Deshalb wurde lieber das 2003-11-03 10-09-46 --- Projekt: transcript.mum.schwering.paradoxien / Dokument: FAX ID 016236038807202|(S. 153-176) T07_01 mum.paradoxien.boehnke.p 36038807442 Zur Interaktion von Kino und Filmbild beschnitten als Teile des Fernsehschirms schwarz zu lassen. Fernsehen Zunächst wurde bei der Herstellung dieser Fernsehfassun- gen nur das Zentrum des Bildes mit Hilfe eines optischen Printers gescannt. Diese krude Methode ist natürlich unangemessen und zu Recht kritisiert worden.3 Aber die Industrie hat Abhilfe ge- schaffen – nicht zuletzt, weil das Geschäft mit Filmen im Fernse- hen Hollywood einen unverhofften Geldsegen verschaffte. »It is ironic that Twentieth Century-Fox, which pioneered widescreen films with Ci- nemaScope as a means to lure audiences away from television and back to movies, also pioneered the process by which audiences could see those films on television – and won an Oscar from a grateful film industry for each.« (Lafferty 1990: 253) Twentieth Century-Fox gewann also den Oscar für beide Prozesse, für die Entfernung des Kinofilms vom Fernsehen und für seine Wiederannäherung. Es ist daher auch kaum ein Zufall, dass mit How to marry a millionaire (USA 1953, Jean Negulesco) ein Fox-Film die Reihe »NBC Saturday Night at the Movies« am 23. September 1961 eröffnete, die einen Trend von Fernsehausstrahlungen von Hollywoodfilmen lostrat. Auch Russell Metty gewann 1961 einen Oscar. Für die beste Kameraarbeit. Für Spartacus. Gedreht wurde der Film auf Super Technirama 70, d.h. einem 70mm-Filmstreifen, der durch die größere Belichtungsfläche schärfere Bilder erlaubte als der nor- male 35mm anamorphotische Breitwandfilm.4 Wenn man nun die Pan-and-Scan-Fernsehfassung mit der Widescreen-Fassung vergleicht, fällt natürlich auf, dass die Breitwandfassung einen anderen Schnittrhythmus hat. Und man kann sehen, welche Teile des Bildes »geopfert« wurden (siehe dazu die Filmstills von Spar- tacus). Die Widescreen-Version beginnt mit einer Art master-shot, der den Raum und die anwesenden Figuren vorführt. Diese Ein- stellung gibt es natürlich nicht in der Pan-and-Scan-Fassung. Der Raum muss aufgeteilt werden. Man entschied sich, Gracchus zu fokussieren, der zweifellos eine wichtigere Rolle im Film einnimmt 2003-11-03 10-09-46 --- Projekt: transcript.mum.schwering.paradoxien / Dokument: FAX ID 016236038807202|(S. 153-176) T07_01 mum.paradoxien.boehnke.p 36038807442 als seine Sklavin Julia. Dann nahm man die Gelegenheit wahr, den rechten Teil der Einstellung zu zeigen, als er Julia direkt an- Alexander Böhnke spricht. Das fällt auch mit der Ankunft von Lavinia und Lentu- lus Batiatus zusammen. Während die beiden näherkommen, 156 | 157 schwenkt (= pan) die Kamera (hier der finder-frame) mit ihnen in Richtung von Gracchus. Schon diese kurze Szene zeigt alle drei Charakteristika, die das Pan-and-Scan-Verfahren laut Steve Neale ausmachen: »Panning and scanning involves selecting proportions of the widescreen image for presentation on the whole television screen. In moving from one portion of the wide- screen image to another – during the course of a single shot, or while moving from one shot to another – panning and scanning entails either ›cutting‹ or ›pan- ning‹ from one portion of the screen to another. It thus re-composes films made in and for widescreen formats in at least three different ways: by reframing shots, by re-editing sequences and shots, and by altering the pattern of still and moving shots used in the original film.« (Neale 1998: 131) Das Reframing zeichnet jede Einstellung der Pan-and-Scan- Version aus. Jedes Bild zeigt nur einen Ausschnitt des ursprüngli- chen Materials. Der Umschnitt von Bild 1 zu Bild 2 ist ein Beispiel für eine Änderung des Schnittmusters, da das Original ohne Schnitt auskommt. Der Rhythmus von bewegter und unbewegter Kamera wird zwischen Bild 2 und Bild 3 verändert. Die Pan-and- Scan-Version liefert eine Kamerabewegung, die es im Original nicht gibt. Der Fernsehzuschauer kann diese Bewegung nicht von einer »ursprünglichen« Kamerabewegung unterscheiden.5 2003-11-03 10-09-46 --- Projekt: transcript.mum.schwering.paradoxien / Dokument: FAX ID 016236038807202|(S. 153-176) T07_01 mum.paradoxien.boehnke.p 36038807442 Zur Interaktion von Kino und Format als Paratext Fernsehen Wenn man die Wahl des Formats für Kinofilme als Paratext be- schreibt, lassen sich einige medientheoretische Fragen neu stel- len. Dabei hilft es, den Bezug zu Genettes Konzeption des Para- textes nicht aus dem Blick zu verlieren. Genette schreibt zur Wahl des Formats in der Literatur: »Ein Text ist, wie bereits die »Der globalste Aspekt bei der Gestaltung eines Buches und damit der Materialisie- rung eines Textes für das Publikum ist sicher die Wahl des Formats« (ebd.). Etymologie des Worts sagt, »Der globalste Aspekt«, was heißt das? Vielleicht meint Genette nichts anderes als eine Rei- »global« im Sinne von umfassend. Vom gewählten Format hängt he von Abständen (écarts), einiges ab. Ein gegebenes Format schränkt weitere Entscheidun- gen ein. So bedingt ein Format bestimmte Formen des Satzes und das gilt auch für den und schließt andere aus. Man wird die Größe der Schrift dem Format anpassen. Und es gibt bestimmte generische Maßgaben: Film« (Metz 1973: 191). »In der Klassik waren die ›Großformate‹ den seriösen Werken (das heißt eher den religiösen oder philosophischen als den literarischen) vorbehalten oder den Pres- tigeausgaben, die literarischen Werken Anerkennung brachten […]« (ebd.: 23) Auch für den Film lassen sich bestimmte Kopplungen von Format und Genre ausmachen.6 Historische Stoffe werden vermehrt produziert, aber man kann auch Komödien in CinemaScope dre- hen. How to Marry a Millionaire war der zweite Film nach The Robe (USA 1953, Henry Koster), der in CinemaScope gedreht wurde. Genette weist darauf hin, dass das Wort Format sich sowohl auf die Art und »Weise, in der ein Bogen Papier gefalzt wird oder nicht« als auch auf »die Dimension des ursprünglichen Bogens selbst« (ebd.) beziehen kann. Wenn man das mit dem Filmformat vergleicht, so ergibt sich eine Parallele. Die Größe des Filmstrei- fens ergab sich dadurch, dass W. K. L. Dickson, der Assistent von Thomas Edison, den 70mm-Eastman-Film in zwei Hälften schnitt. 70mm-Film wäre natürlich auch möglich gewesen – wie die spä- 2003-11-03 10-09-46 --- Projekt: transcript.mum.schwering.paradoxien / Dokument: FAX ID 016236038807202|(S. 153-176) T07_01 mum.paradoxien.boehnke.p 36038807442 tere Entwicklung zeigen wird –, aber die Hälfte an Film produzier- te immer noch passable Bilder. Dadurch sparte er die Hälfte an Alexander Böhnke Filmmaterial und es gab keinen Verschnitt.7 Damit war aber noch nicht das Format, d.h. das Verhältnis von Breite und Höhe 158 | 159 des Filmbildes festgelegt. Die Breite war durch die Perforations- streifen auf 1 Zoll festgelegt. Warum er die Höhe von einem 3/4 Zoll wählte, ist nicht überliefert. Die Durchsetzung dieses For- mats, das bis in die 1950er Jahre die Filmproduktion – und auch bis in die 1990er die Fernsehformate – dominierte8, ist dem ökonomischen Geschick und monopolistischen Praktiken von George Eastman und Thomas Edison zu verdanken. Beim Vergleich von Buch- und Filmproduktion anhand ihrer Formate ergeben sich verschiedene Schwierigkeiten. Mit der Wahl von 35mm-Film und 1.33:1-Format ist z.B. die Größe des- sen, was der Zuschauer im Kino sieht, noch nicht festgelegt. Die Proportionen sind zwar vorgegeben, aber die Größe der Leinwand bzw. die Entfernung von Projektor und Leinwand können einen deutlichen Unterschied machen.9 Das heißt, dass die Rezep- tionssituation im Kino weniger normiert ist. Außerdem wäre zu hinterfragen, ob Format und Satzspiegel beim Film nicht zusam- menfallen – in gewisser Weise ist die Filmseite ja immer bis zum Rand vollgeschrieben. Das heißt aber nicht, dass die Funktion, die der Satz für das Buch hat, entfällt, sondern sie wird anders aufgeteilt, so dass diese Funktion auch vom Format übernommen wird. Genette schreibt zum Satz: »Der Satz, das heißt die Wahl der Schrift und des Satzspiegels, ist natürlich derjenige Vorgang, durch den ein Text die Gestalt eines Buches annimmt« (ebd.: 38ff.; folgende Zitate ebd.). Satz und Format sorgen für die »Ma- terialisierung des Textes«. Es mag kleinlich erscheinen, aber ge- nau das ist der Punkt, der mich hier interessiert. Für Genette ist der Text eine imaginäre Größe – er spricht von der »konstitutiven Idealität des Werks«, während das Buch eine fassbare Einheit konstituiert. Und der Paratext ist »jenes Beiwerk, durch das ein Text zum Buch wird […]« (ebd.: 10). 2003-11-03 10-09-46 --- Projekt: transcript.mum.schwering.paradoxien / Dokument: FAX ID 016236038807202|(S. 153-176) T07_01 mum.paradoxien.boehnke.p 36038807442 Zur Interaktion von Kino und An anderer Stelle wird diese Konzeption der Text/Paratext- Relation noch einmal formuliert: Fernsehen »Der Text ist unwandelbar und als solcher außerstande, sich an die Veränderungen seines Publikums in Raum und Zeit anzupassen. Der flexiblere, wendigere, immer überleitende, weil transitive Paratext ist gewissermaßen ein Instrument der Anpas- sung« (ebd.: 389). Der Text als solcher verändert sich nicht, was sich verändert, ist der Paratext. Wenn nun eine Breitwandproduktion wie Spartacus im Fernsehen als Pan-and-Scan-Version gezeigt wird, heißt das, dass der Text derselbe geblieben ist und nur der Paratext, d.h. das Format, sich verändert hat? Genette würde das sicher nicht behaupten, da die Funktionalität des Paratextes – seine dienen- de Funktion im Sinne der Autorintention – hier nur eingeschränkt gilt. Außerdem würde Genette wahrscheinlich anführen, dass der Film kein Text ist. Genau das scheint er nahe zu legen, wenn er von der Übertragung des Paratext-Begriffes auf Bereiche jenseits der Literatur spricht. »Denn falls man einräumt, daß sich der Begriff [Paratext] auf Bereiche ausdehnen läßt, in denen das Werk nicht aus einem Text besteht, so liegt es auf der Hand, daß andere oder sogar alle Künste eine Entsprechung unseres Paratextes besitzen […]« (ebd.: 387f.).10 Wie konzipiert man als Filmwissenschaftler den Film als Text? Wenn man z.B. die Ausführungen von Christian Metz nimmt, so scheint es eine gewisse Übereinstimmung zu geben, was die »Unwandelbarkeit« des Textes betrifft: »Wenn ein Forscher einen Film als Filmtext nimmt, kann er daher sicher sein, daß die äußeren Konturen seines Textes, seine materielle Ausdehnung von anderen als ihm festgesetzt worden sind und seiner Untersuchungsabsicht vorausgehen« (Metz 1973: 137). 2003-11-03 10-09-47 --- Projekt: transcript.mum.schwering.paradoxien / Dokument: FAX ID 016236038807202|(S. 153-176) T07_01 mum.paradoxien.boehnke.p 36038807442 Doch hier handelt es sich nur um eine oberflächliche Ähnlichkeit. Metz setzt die Einheitlichkeit des Textes als Gegenstand voraus. Alexander Böhnke Die Konstruktion des Forschers bezieht sich nur auf das, was er aus dem Text in seiner Analyse macht.11 Diese Gewissheit kann 160 | 161 man mit dem Paratext-Begriff hinterfragen. Man muss sich dann aber von dem entfernen, was Genette vorgibt. Denn Genette will die Grenze von Text und Paratext keineswegs gefährden: »Der Paratext ist eine Übergangszone zwischen Text und Außer-Text, und man muß der Versuchung widerstehen, diese Zone zu vergrößern, indem man ihre Ränder untergräbt« (Genette 1989: 388). Mir geht es darum, gerade die Ränder in Frage zu stellen – und damit auch die Unterscheidbarkeit von Text und Paratext. Jaques Derrida hat auf die Schwierigkeit des Ablösens der Parerga hingewiesen: »Nicht weil sie [die Parerga] sich ablösen, sondern weil sie sich schwieriger ablösen und vor allem weil ohne sie, ohne ihre Quasi-Ablösung, der innerliche Mangel des Werks zum Vorschein käme […]. Was sie zu Parerga macht, ist nicht einfach ihre überflüssige Äußerlichkeit, es ist das interne strukturelle Band, das sie mit dem Mangel im Innern des Ergon zusammenschweißt. Und dieser Mangel ist damit kons- titutiv für die Einheit selbst des Ergon« (Derrida 1992: 80). Diese Logik lässt sich auch auf Paratexte anwenden – wenn man überhaupt Paratexte und Parerga unterscheiden will. Hier geht es zwar um Werke, aber die sind wohl strukturell deckungsgleich mit dem, was Genette unter Text versteht.12 Der Film-Frame bietet sich dafür in besonderer Weise an,13 weil sich die Frage des Rahmens im Film auf besondere Weise stellt, denn im Film nimmt der Rahmen, d.h. der frame (= das Einzelbild), den ganzen Bildraum ein: »Now it is particularly significant that the term ›frame‹ in the cinema itself encapsu- lates the inside/outside paradox. For what usually refers to the outside border, as in painting, here also names the inside, or some undefined combination of inside and outside« (Brunette/Wills 1989: 103). 2003-11-03 10-09-47 --- Projekt: transcript.mum.schwering.paradoxien / Dokument: FAX ID 016236038807202|(S. 153-176) T07_01 mum.paradoxien.boehnke.p 36038807442 Zur Interaktion von Kino und Wer meint, dass es sich hier um Wortklauberei handelt, dem möchte ich im Folgenden anhand von Filmvarianten ein paar har- Fernsehen te Fakten vorsetzen. Man stelle sich also auf den Standpunkt von Metz – oder auch von Genette, das macht im Grunde keinen Unterschied. Der Text sei also vorgegeben. Was macht man dann im folgenden Fall, den Joseph Garncarz beschrieben hat? »Vor allem zwischen 1914 und 1928 war die Montage verschiedener Fassungen ei- nes Films mit nacheinander aufgenommenen Einstellungen einer einzigen Kamera bzw. mit von mehreren Kameras gleichzeitig aufgenommenen Einstellungen üblich […]. Beide Praktiken waren bei der internationalen Vermarktung eines Films not- wendig, da man für eine große Kopienzahl mehrere Negative braucht, aber erst seit der zweiten Hälfte der zwanziger Jahre […] Duplikate von Negativen ohne Qualitäts- verlust herstellen kann« (Garncarz 1992: 16).14 Diese Form der Variation lässt natürlich einige Fragen aufkom- men. Handelt es sich noch um denselben Text? Welche Fassung ist das Original? Dieses Beispiel zeigt, dass es durchaus Filme gibt, wo sich die Einheit des Films als Konstruktion herausstellt. Wer nun meint, das wäre ein Einzelfall, der sei auf den folgenden Fall verwiesen: »It is interesting to note that those first two Todd-AO productions were also photo- graphed in 35mm anamorphic. Dual camera setups were used on both films [Okla- homa! (USA, Fred Zinnemann, 1955) und Around the world in 80 days (USA, Michael Anderson, 1956)]. This was done for two reasons […]. A 35 mm print was necessary in order to show the film in those cities that had no Todd-AO house. Secondly, and most importantly, a suitable optical printer had not yet been constructed that could render a faultless 35mm anamorphic print from the original 65mm negative« (Carr/ Hayes 1988: 168). Hiermit sind wir wieder beim Breitwandfilm angekommen, dessen Geschichte und Verflechtung mit dem Fernsehen ich kurz darstel- len möchte. 2003-11-03 10-09-47 --- Projekt: transcript.mum.schwering.paradoxien / Dokument: FAX ID 016236038807202|(S. 153-176) T07_01 mum.paradoxien.boehnke.p 36038807442 Widescreen versus TV Alexander Böhnke Die Geschichte des Breitwandfilms wird meistens damit begon- nen, dass auf das Fernsehen hingewiesen wird. Das Kino musste 162 | 163 sich gegen die Bedrohung zur Wehr setzen, die vom Fernsehen ausging. Auch wenn andere Faktoren für die Krise Hollywoods An- fang der 1950er Jahre angeführt werden, der Hinweis auf das Fernsehen bleibt selten aus.15 »Economic factors can help explain the timing of the reintroduction of widescreen »By a strange coincidence, and stereophonic systems. […] between 1950 and 1952, film production companies American currency is almost were feeling severe losses in earnings, partly due to the competition of television. Most producers believed that some novelty was needed to recapture the audience« exactly the same shape as (Bordwell/Staiger/Thompson 1985: 359). CinemaScope; both having Den Anstoß für die Wiederbelebung des Breitwandfilms16 gab u.a. der Erfolg eines unabhängigen Kino-Unternehmens mit Na- an approximate ratio of men Cinerama. Interessant ist, dass Cinerama nicht wie üblich Geschichten erzählte, sondern allein durch das spektakuläre width to height of 2.35 to Format die Zuschauer in seinen Bann schlug.17 John Belton 1« (Belton 1992: 223). meint sogar, dass der Erfolg von Cinerama für den Verfall des al- ten Academy-Formats verantwortlich ist: »Its [Cinerama’s] success made obsolete the traditional 1.33/7:1 aspect ratio, which was now identified with television« (Belton 1992: 116). Auch wenn er hier wohl übertreibt, löste Cinerama doch eine Welle der Diffe- renzierung aus. James Spellerbergs Einschätzung ist in dieser Hinsicht realistischer, wenn er auf CinemaScope Bezug nehmend schreibt: »Scope helped reshape film for the diminished market through a strong differentiation from both television and the con- ventional Academy format film« (Spellerberg 1985: 29). Cinema- Scope war in dieser Hinsicht sicherlich von Cinerama inspiriert. Der Unterschied bestand darin, dass hinter CinemaScope ein großes Hollywoodstudio – das zu jener Zeit jedoch in finanzielle Nöte geraten war, mit CinemaScope alles auf eine Karte setzte 2003-11-03 10-09-47 --- Projekt: transcript.mum.schwering.paradoxien / Dokument: FAX ID 016236038807202|(S. 153-176) T07_01 mum.paradoxien.boehnke.p 36038807442 Zur Interaktion von Kino und und gewann – stand, was die Art und Weise der Nutzung des Formats bestimmte. Fernsehen »Unlike Cinerama, which was left free by the travelogue format to exploit the effect of engulfment and to present itself as pure spectacle, CinemaScope’s participation effect remained regulated by the conventions of narrative, which sought to hold the wide-screen format’s spectacular qualities in check. CinemaScope enhanced the movie-going experience but carefully avoided foregrounding itself as a process, as did Cine[sic! ra]ma and 3-D« (ebd.: 196f). CinemaScope versuchte also den Balanceakt zwischen Spektakel und Narration. Die Mittel des Mediums wurden dabei zunächst, wenn es mit der Geschichte zu vereinbaren war, genutzt. »One dominant strategy involved the placing of figures in various positions across the full width of the frame. Darryl Zanuck, head of production at Fox, repeatedly stressed that in order to take advantage of the new widescreen format directors should stage action to emphasize its width« (ebd.: 198). Solche extremen Positionierungen findet man in vielen frühen Breitwandfilmen. Über die Ästhetik der Breitwandfilme ist viel ge- schrieben worden,18 viel Kritik gab es zunächst wegen techni- scher Mängel, aber auch aus ästhetischen Gründen. Es fanden sich natürlich auch Anhänger des neuen Formats. Im Sinne von Bazin, der ein Befürworter der neuen Technik war, schreibt Bel- ton: »[…] the system of suture (in Circlevision, Cinerama, Todd-AO, and CinemaScope, at least) remains less pronounced than that in traditional films: takes tend to be lon- ger, the viewer’s ability to exhaust the details contained within them tends to be reduced, and shot/reverse shot editing patterns tend to give way to ›theatrical‹, single-perspective (that is, unedited) modes of dramatic presentation« (ebd.: 197). Wenn es jedoch tatsächlich zu einer Verlängerung der Einstel- lungszeit gekommen ist – was u.a. Barry Salt bezweifelt19 –, so 2003-11-03 10-09-47 --- Projekt: transcript.mum.schwering.paradoxien / Dokument: FAX ID 016236038807202|(S. 153-176) T07_01 mum.paradoxien.boehnke.p 36038807442 lag es wohl zunächst an der Schwierigkeit, mit der neuen Appa- ratur Großaufnahmen zu machen. Alexander Böhnke Mit dem Erfolg von CinemaScope – alle Studios mit Ausnah- me von Paramount drehten nun Filme dieses Formats – wurde 164 | 165 nun das, was nicht in ›Scope‹ gedreht war, für die Kinoaufführung uninteressant, also kam das Fernsehen ins Spiel. »Although Fox did not actually sell off its backlog of old features until November 1956, after RKO, Warners, Columbia, and M-G-M had released their older features to TV, the economic viability of films made in the old Academy format was clearly put in jeopardy by the widescreen revolution« (ebd.: 116). Die Studios hatten sich zunächst geweigert, ihre Filmbibliotheken für Fernsehzwecke auszubeuten. Michelle Hilmes gibt hierfür drei Gründe an: »Three main reasons have been given for the failure of the studio films to appear on the air before 1955: 1) the studios’ desire to protect their relationship with exhibi- tors, who objected strongly to TV competition; 2) interest in alternative means of exhibition such as theater and subscription television; and 3) the inability or unwil- lingness of the networks to pay an appropriate price for quality films« (Hilmes 1990: 157).20 Interessant ist, dass Hilmes keineswegs die Furcht vor der Kon- kurrenz, die das Fernsehen sein könnte, als Grund anführt. Nur mittelbar spielt dies eine Rolle bei der Beziehung der Studios zu den Kinos. Die Kinos waren zwar wichtig für die Studios, gehörten ihnen aber seit dem Paramount-Decree nicht mehr.21 Das eige- ne Engagement im Fernsehen wurde durch Anti-Kartell-Urteile verhindert. So blieb zuletzt nur die Frage des Geldes. Die Lage änderte sich, u.a. als die Networks auf das Magazine-Format um- stellten. RKO, finanziell schwer angeschlagen, verkaufte seine Filme zuerst. Die anderen zogen nach. Paramount harrte von den großen Studios am längsten aus und machte den Fehler, seinen Bestand von Filmen vor 1948 – bei den Filmen danach waren 2003-11-03 10-09-47 --- Projekt: transcript.mum.schwering.paradoxien / Dokument: FAX ID 016236038807202|(S. 153-176) T07_01 mum.paradoxien.boehnke.p 36038807442 Zur Interaktion von Kino und Verhandlungen mit den Gewerkschaften notwendig, dies wurde erst später geregelt – zu verkaufen anstatt sie zu vermieten: Fernsehen »The initial monies were substantial – fifty million dollars. But in the long run the buyer, MCA, then a talent agency, collected far more, so much that MCA would later turn around and purchase an ailing studio of its own, Universal, and join the ranks of the Hollywood major studios« (Gomery 1992: 249).22 Die Preise für Filme stiegen rasant in die Höhe; der Grund dafür war, dass sie – im Gegensatz zu den Fernsehproduktionen – schon am Markt getestet waren.23 Damit war es nur eine Frage der Zeit, bis auch Breitwandfil- me im Fernsehen auftauchten. Wie oben erwähnt, wurde dabei das von der Filmindustrie selbst entwickelte Verfahren des Pan- nens und Scannens eingesetzt. Für Belton war dies der Anfang vom Ende der Breitwandfilme. »Wide-screen cinema started to ›think thin‹, denying its own width. Wide-screen be- gan to pull in its expansiveness, to restrict the extremity of its compositions in or- der to accommodate itself to a new subsidiary market – the sale of motion pictures to television. In 1962, the American Society of Cinematographers issued a series of recommendations to its members, advising them to compose their wide-screen images for TV’s ›safe action area‹. Camera manufacturers began to produce viewfin- ders that indicated this area with a dotted line, and cinematographers began to protect their compositions for TV by keeping essential narrative and/or aesthetic elements within this frame-within-a-frame« (Belton 1990: 206). Steve Neale hat von dieser Hypothese ausgehend verschiedene Filme gesichtet im Hinblick auf ihre Widescreen-Komposition. Er optiert, was die Datierung einer tatsächlichen Auswirkung der »safe-action-area« angeht, recht vorsichtig und sieht eine neue Ästhetik erst im Laufe der 1970er Jahre anbrechen.24 Das deckt sich auch mit den Sichtungen, die ich selbst bis jetzt vorgenom- men habe. Eine Strategie, wie man mit dem Raum umgeht, hat er 2003-11-03 10-09-47 --- Projekt: transcript.mum.schwering.paradoxien / Dokument: FAX ID 016236038807202|(S. 153-176) T07_01 mum.paradoxien.boehnke.p 36038807442 anhand von zwei Beispielen ausgemacht. Wenn der Raum nicht einfach ungenutzt brachliegen soll, so bietet es sich an, bestimm- Alexander Böhnke te Motive dort zu platzieren. In Chinatown (USA 1974, Roman Po- lanski) wird immer wieder Wasser in verschiedensten Formen in 166 | 167 die Bildkomposition eingebaut, das in der Pan-and-Scan-Version verschwindet. Ähnlich verhält es sich auch bei Blade Runner (USA 1982, Ridley Scott). »Here the edges of the widescreen film are frequently filled with images and objects relating to the film’s concern with simulacra of one kind or another – toys, models, mannequins, photographs and so on. Once again these images and objects often disappear when the film is panned and scanned; once again, though, the configura- tions in which the principal characters and their actions have been placed remain intact« (Neale 1998: 135). Dies lässt sich tatsächlich leicht beobachten, wenn man die Fas- sungen vergleicht. Der Bildraum außerhalb der safe-action-area wird auf diese Weise zu einer arabesken Randzone, die entbehr- lich aber nicht semantisch leer bleibt. Eine weitere Form der Bild- komposition ist die Platzierung von Schauspielern an den Rän- dern des Breitwandfilms. »Instead of locating the characters at or near the centre of the widescreen frame, they are located at or near one of its edges. In addition, in cross-cutting between set-ups of each of the characters in turn, one will usually be located on the extreme left-hand side of the frame and the other on the right« (ebd. 1998: 135). Die dabei erreichte Asymmetrie, die beim Schuss/Gegenschuss einem Tennismatch ähnelt, geht in der Pan-and-Scan-Version verloren.25 Außerdem spricht er vom »the over-the-disposable- shoulder shot« (ebd.: 135). Ob diese Art des Kadrierens tatsäch- lich eine neue Bildstrategie ist, erscheint mir fraglich, da sie in zu vielen älteren Filmen schon Verwendung fand. Neale weist auf ein Verfahren hin, das mir im Kontext der 2003-11-03 10-09-47 --- Projekt: transcript.mum.schwering.paradoxien / Dokument: FAX ID 016236038807202|(S. 153-176) T07_01 mum.paradoxien.boehnke.p 36038807442 Zur Interaktion von Kino und Frage, was denn der Filmtext ist, interessant erscheint. Einige Breitwandfilme wurden nicht durch eine anamorphotische Linse Fernsehen gefilmt. Zu Breitwandfilmen wurden sie, indem man bei der Pro- jektion im Kino den oberen und unteren Rand des Bildes ver- deckte. Gefilmt wurde also mehr, als dann im Kino gezeigt wurde. »Composing shots for VistaVision was thus in many ways comparable to composing shots for all subsequent non-anamorphic widescreen formats (all of which involve masking the top and the bottom of the frame), and in some ways comparable to composing shots for anamorphic cinema projection and for subsequent television screenings« (ebd.: 139). Wenn diese Filme nun im Fernsehen gezeigt wurden, war mehr zu sehen als im Kino. Einer ähnlichen Schwierigkeit sahen sich aber viele Kameraleute von Anfang an ausgesetzt, weil die Filmtheater teilweise stark hinsichtlich der Größe der Leinwand variierten. Belton überliefert einen merkwürdigen Befund: »Harry Cohn initiated a policy of releasing Columbia’s 3-D films in both 3-D and 2-D versions and instructed his cinematographers, even when filming in CinemaScope, to compose widescreen shots so that theaters could project them in a variety of as- pect ratios« (Belton 1992: 127). Dem entspricht, was Adam Duncan Harris zur Komposition von Vorspanntafeln schreibt: »Until the late 1960s, a title sequence was generally bright, lustrous, and screenfil- ling. The title also had to be centered and extended to the edges of the ›safe letter- ing‹ zone« (Harris 2000: 87). Für die opulenten Breitwandfilme sollten auch opulente Titel her- gestellt werden. Dabei sollte die Schrift, die entsprechend groß sein sollte, eine bestimmte Zone nicht überschreiten, die »›safe lettering‹ zone«. Diese Zone gab es, weil manche Kinos nicht das gesamte Bild präsentieren konnten. 2003-11-03 10-09-48 --- Projekt: transcript.mum.schwering.paradoxien / Dokument: FAX ID 016236038807202|(S. 153-176) T07_01 mum.paradoxien.boehnke.p 36038807442 In dieser Hinsicht ist es also nicht nur die Pan-and-Scan- Version – und damit das Fernsehen –, die das Bild beschneidet. Alexander Böhnke Die Pan-and-Scan-Versionen sind in gewisser Hinsicht Lektü- ren des Films, die dem Fernsehzuschauer angeboten werden.26 168 | 169 Dabei werden natürlich Entscheidungen getroffen, über das, was wesentlich bzw. entbehrlich ist. »And the original intentions of the director are, more often than not, reduced to the lowest common denominator of the pan-and-scan industry, whose codes and con- ventions tend to be fairly basic; scanners are primarily concerned with keeping whoever is speaking in frame and with trying to be as unobtrusive as possible« (Bel- ton 1992: 220). Hier wird mit der Autorintention argumentiert, die de facto im Rahmen des Studiosystems leicht anderen – meist ökonomi- schen – Interessen geopfert wurde.27 Außerdem ist das Holly- woodsystem immer darauf aus gewesen, den Sprecher im Bild zu halten, und gerade die Kontinuitätsmontage ist darauf angelegt, möglichst unauffällig zu funktionieren.28 Natürlich wird die Ak- tion fokussiert, denn Hollywood produziert eben Handlungsfilme.29 Und das ist in gewisser Hinsicht die Voraussetzung für das Pan-and-Scan-Verfahren. Denn dieses Verfahren baut auf be- stimmte Konventionen des Erzählkinos. So profitiert es von dem, was man Offscreen nennt. »Offscreen space, therefore, is fundamentally bound to onscreen space because it only exists in relation to onscreen space. The offscreen may be defined as the col- lection of elements (characters, settings etc.) that, while not being included in the image itself, are nonetheless connected to that visible space in an imaginary fa- shion for the spectator« (Aumont u.a. 1992: 13). Und die Rede vom Offscreen macht nur Sinn im Hinblick auf ei- nen imaginären diegetischen Raum.30 Dieser ungezeigte Raum kann jederzeit zum Bildraum werden. Ob nun bestimmte Hand- reichungen die Bildgrenze überschreiten. Oder ob es Blicke sind, 2003-11-03 10-09-48 --- Projekt: transcript.mum.schwering.paradoxien / Dokument: FAX ID 016236038807202|(S. 153-176) T07_01 mum.paradoxien.boehnke.p 36038807442 Zur Interaktion von Kino und die einen Wechsel des Ausschnitts motivieren. Wenn ein Charak- ter ins Off blickt, öffnet er den Erzählraum. Das ist die Chance, Fernsehen den Ausschnitt zu ändern. Eine Pan-and-Scan-Version von Cinerama-Spektakeln kann man sich deshalb auch nur schwer vorstellen. Anmerkungen 1 Siehe zu continuity-editing und dem klassischen Holly- woodsystem Bordwell/Staiger/Thompson 1985: S. 50-59; Beller 2000: 13-20. 2 »Indeed back in the 1960s, as Hollywood studios tested their films to video transfer, letterbox prints were made to check the total quality of a widescreen movie’s negative or master posi- tive before it was transferred to video« (Gomery 1992: 260). 3 »Single fixed-position scanning often resulted in uninten- tional avant-garde minimalism in films that exploited the extreme edges of the frame« (Belton 1992: 219). Siehe zu weiteren Pan- and-Scan-»Skandalen« auch Kerbel 1977. 4 Siehe dazu Carr/Hayes 1988: 157-163. Zum 70mm- Film auch S. 164-195. Das Filmen auf 70mm ist dem Erfolg der Todd-AO-Produktionen zu verdanken, die in den 1950ern erst- mals wieder 70mm einsetzten. Es gab aber schon in den späten 1920ern Versuche, ein 70mm-Format einzuführen. Vgl. Belton 1992: S. 52-68. 5 Vgl. dazu Branigans Definition von Kamera: »I will de- fine camera not as a real, profilmic object (which leads to misun- derstanding about viewer’s access to reality) but as construct of the reader – a reading hypothesis which seeks to make intelligi- ble the spaces of the film. Space, in turn, is defined by the placement and displacement of frame lines. The frame is stressed because it is the measure and logic of the simultaneity of textual elements« (Branigan 1984: 53). 6 »Even though CinemaScope remained associated with classical narrative films, it introduced a level of visual spectacle 2003-11-03 10-09-48 --- Projekt: transcript.mum.schwering.paradoxien / Dokument: FAX ID 016236038807202|(S. 153-176) T07_01 mum.paradoxien.boehnke.p 36038807442 that often threatened to overwhelm the narrative. This threat could be contained only by a shift in terms of the kinds of films Alexander Böhnke that were made – a shift to historical spectacle – which func- tioned to naturalize pictorial spectacle« (Belton 1992: 194). 170 | 171 7 Siehe hierzu und zum Folgenden Belton 1992: S. 15-24. 8 Das neue Fernsehformat orientiert sich an keinem übli- chen Kinofilmformat: »The proposed aspect ratio for HDTV is 16:9 (1.77:1), which conforms to no theatrical widescreen format and appears to be a compromise of sorts between the European widescreen standard of 1.66:1 and the American (nonanamor- phic) widescreen of 1.85:1« (Belton 1992: 227). 9 Für die Größe der Leinwand gab es natürlich Durch- schnittswerte: »During the years 1952-1955 the screen aspect ratio changed from the traditional 1.33/7:1 to various wide- screen formats, which ranged from 1.66:1 (Vista Vision) to 2.77:1 (Cinerama), and the size of the screen dramatically expanded from average 20 x 16 feet to an optimum (in large downtown theaters) of 64 x 24« (Belton 1992: 185). 10 In der folgenden Aufzählung nennt er den »Vorspann im Kino«. 11 »Das Systematische (= das Nicht-Textuelle) wird durch seinen idealen, durch die Analyse konstruierten Charakter defi- niert; das System hat keine materielle Existenz, es ist nichts an- deres als eine Logik, ein Kohärenzprinzip; es besteht in der Ver- ständlichkeit des Textes: in dem, was man vermuten muß, damit der Text verstehbar wird. […] Das Textuelle (= das Nicht-Systema- tische) ist dadurch definiert, daß es aus einer manifesten Entfal- tung, einem ›konkreten‹ Gegenstand besteht, der dem Eingriff des Forschers vorausgeht […]« (Metz 1973: 82). 12 Vgl. die folgenden Äußerungen in Genette 1989: 9: »Dieser Text [das literarische Werk] präsentiert sich jedoch selten nackt …«. Fast wie eine Replik darauf lesen sich Derridas Äuße- rungen: »Man macht aus der Kunst im allgemeinen einen Gegen- stand, an dem man angeblich einen inneren Sinn, das Invariante, und eine Vielzahl äußerer Variationen unterscheidet, durch die 2003-11-03 10-09-48 --- Projekt: transcript.mum.schwering.paradoxien / Dokument: FAX ID 016236038807202|(S. 153-176) T07_01 mum.paradoxien.boehnke.p 36038807442 Zur Interaktion von Kino und hindurch, gleichsam wie durch Schleier, man den wahren, vollen, ursprünglichen Sinn zu sehen oder wiederherzustellen versuchte: Fernsehen als einen einzigen, nackten« (Derrida 1992: 38). 13 Was nicht heißen soll, dass sich diese Fragen im Kon- text von Literatur oder bildender Kunst nicht stellen lassen. 14 Siehe auch zu den Problemen der Rekonstruktion die- ser Filme Garncarz 1992: 27. 15 Siehe dazu Balio 1990a: S. 3-40. 16 »In almost every respect, widescreen cinema was tech- nically feasible at least two decades before its acceptance« (Bordwell/Staiger/Thompson 1985: 358). 17 »Cinerama sold itself through appeals to neither content nor form but to audience involvement« (Belton 1990: 193). 18 Siehe u.a. Belach/Jacobsen 1993. 19 »It is commonly supposed that the introduction of Cine- maScope suddenly increased the lengths of the shots in films that used the process, but in fact the effect was quite small« (Salt 1992: 246). 20 Siehe dazu auch Gomery 1992: S. 247-262; Lafferty 1990: S. 235-256. 21 Was Anlass zu Verschwörungstheorien gab: »[…] some speculation existed in 1952 that one force behind the Justice Department suit against the major studios for withholding 16mm films from TV was the studios themselves in an attempt to ›re- lease their features to TV under court order to avoid boycott by theatrical exhibitors‹ […]« (Hilmes 1990: 157). 22 Siehe auch Hilmes 1990: 162f. 23 »[…] theatrical movies represented a different species of network programming. Their attractiveness derived from know- ledge concerning their value in the theatrical premarket. Hence, the risk and uncertainty were significantly lowered for all parties concerned […]. Because of this, unexpected price wars occurred as each network sought to outbid its rivals for the best pictures« (Litman 1990: 137). 2003-11-03 10-09-48 --- Projekt: transcript.mum.schwering.paradoxien / Dokument: FAX ID 016236038807202|(S. 153-176) T07_01 mum.paradoxien.boehnke.p 36038807442 24 »Although I cannot as yet answer either question, my impression, based partly on the evidence of films like Patton, is Alexander Böhnke that compositional practices began to change, not in the 1960s, but during the course of the 1970s – a period of initial recession, 172 | 173 and of considerable aesthetic and industrial readjustment« (Neale 1998: 134). 25 Vgl. im Gegensatz dazu die Versionen von Spartacus (Bilder 4 und 5), wo genau das Gegenteil eintritt. 26 »In effect, panned-and-scanned versions of widescreen films constitute secondary rereadings of them, often by a sensibi- lity that is completely different from that of the original film- maker« (Belton 1992: 220). 27 Einen Unterschied machen Filme, die von den Regisseu- ren auch produziert wurden, was in den 1950er Jahren häufiger wurde. Siehe dazu Balio 1990b: S. 165-183. 28 Siehe Brinckmann 1997: 288: »Geschnitten wird nach der Logik des Geschehens, unaufdringlich funktional und daher transparent«. 29 Es gibt natürlich auch das Starsystem, das sogar post mortem funktioniert. Siehe für eine Entscheidung bei einem Pan-and-Scan-Verfahren für East of Eden: »The scanner’s privileged selection of Dean here and in countless dialogue sequences which favor the actor elsewhere is, in part, a response to the sub- sequent importance that Dean and the cult that grew up around him after his death had in the rereading of his widescreen work for television audiences« (Belton 1992: 222). 30 »[…] all this reflection upon film space (and the adjoining definitions of onscreen and offscreen) only make sense, after all, with regard to what we call the ›narrative representational‹ cine- ma« (Aumont u.a 1992: 15). 2003-11-03 10-09-48 --- Projekt: transcript.mum.schwering.paradoxien / Dokument: FAX ID 016236038807202|(S. 153-176) T07_01 mum.paradoxien.boehnke.p 36038807442 Zur Interaktion von Kino und Literatur Fernsehen Aumont, Jaques/Bergala, Alain/Marie, Michel/Vernet, Marc (1992): Aesthetics of Film, übersetzt und überarbeitet von Richard Neupert, Austin: University of Texas Press. 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