Lights, Camera, Action! 19 Tarek Krohn, Guido Heldt, Peter Moormann, Willem Strank (Hg.): Martin Scorsese: Die Musikalität der Bilder München: edition text + kritik 2015 (FilmMusik, Bd.2), 128 S., ISBN 9783869163598, EUR 25,– Der Hauptgedanke von Martin – und das gilt für ihn vielleicht mehr Scorseses Die Musikalität der Bilder als für irgendeinen anderen Main- liegt nicht in der Erzählung über stream F ilmemacher“ (S.12). Scorsese Filmkomponist_innen, sondern darin, zufolge sei ‚reale’ Musik den Kinozu- den Einfluss von Regisseur_innen auf schauer_innen aus ihrer Lebenswelt die Musikauswahl zu zeigen, was sie verständlich, darum sind die Lieder anhand der Persönlichkeit von Martin von Rolling Stones in den F ilmen zu Scorsese und seiner Werke machen. hören. Godsall analysiert auch die „Wenn ich an einem Drehbuch Arten, wie präexistente Musik kon- arbeite oder in ein Projekt involviert kret eingesetzt wird und welche Rolle bin, ist das erste, das mir in den Sinn sie in der musikalischen Strategie für kommt, die Musik für die Sache“ (S.19). den jeweiligen Film spielt (z.B. thema- Das sind die Worte von Scorsese selbst, tisch oder historisch passend). Scorsese die am Anfang des Bandes stehen. Auch plant, so Godsall, jede Einstellung bis diese Aussage inspirierte die Heraus- ins kleinste Detail und hat schon vor geber, Musikaliät besser analysieren und während des Drehs sehr genaue zu wollen. Die Musik von Scorseses Vorstellungen von der Zusammenwir- Filmen erregt häufig schon vor ihrem kung von Bild und Musik. Es wird auch Kinostart Interesse. Deren besondere deutlich, dass wir durch präexistente Musikauswahl war immer für Kriti- Musik auch die Person Scorsese und ker_innen ein Grund für Diskussionen, seinen Hintergrund besser verstehen, darum kommt es oft zur Frage, ob es was mit originaler Musik nicht der Fall eine sogenannte Erfolgsformel gibt wäre: „Scorsese ist nicht der Autor der (vgl. S.7-9). Musik, aber in der Art und Weise, wie Der Sammelband ist nach der er sie kreativ nutzt, macht er sie sich zu Einleitung in fünf Kapitel eingeteilt. eignen“ (S.27). Jonathan Godsall schreibt über „Prä- In den weiteren Kapiteln wer- existente Musik als Autorensignatur den konkrete Beispiele genannt, die in den Filmen Martin Scorseses“. Die diese Behauptung bestätigen. Robert Kernbehauptung lautet „dass prä- R abenalt analysiert den Einfluss von existente Musik und die besondere Robbie Robertson auf Filme von Art und Weise, wie sie eingesetzt Scorsese. Robertson fungierte als Autor wird, durchgängige und daher cha- der meisten Lyrics, als Komponist und rakteristische Merkmale des Werkes Arrangeur. Der Autor meint, dass seine von Scorsese sind und so einen Aspekt Erfahrungen im Musikgeschäft, musi- seiner „auktorialen Signatur“ bilden kalische Fähigkeiten und Kenntnisse 20 MEDIENwissenschaft: Studentische Sonderpublikation 2017 bezüglich der jeweils aktuellen Rock- Strank Gedanken um die Musik in zwei und Popmusik messbaren Einfluss auf Filmen Scorseses. Im ersten Fall geht die Filmproduktion hatten. R obertson es um Taxi Driver (1976), im zweiten war auch als Musiker, Produzent oder um The Wolf of Wall Street (2013). Was Musik Supervisor tätig, und im Laufe den Autoren besonders auffällt, sind die der Zusammenarbeit übernahm er Ausarbeitungen einzelner Szenen. So einen immer größeren Anteil an der werden nicht nur die Musik, sondern Verantwortung für den Soundtrack auch das Bild und besondere Details eines Films. Anhand eines Interviews analysiert. Es wird über Perspektive und erzählt Rabenalt, dass sich Scorsese Maßstab gesprochen, wie das Gesche- und Robertson unterschiedliche Filme hen dargestellt wird. Wenn die Autoren gemeinsam ansahen, gemeinsam über Musik sprechen, arbeiten sie Motive durch Lyrics gingen, Absprachen über und Akkorde heraus. Die Musikinstru- Intros führten und wer wann ein Solo mente, die benutzt wurden, werden auch mit welchen Instrumenten zu spielen genannt, so zum Beispiel die Saxophon- hat, wann und wie die Soli beginnen melodie und Jazz-Instrumentierung in und enden sollen. Der Autor stellt Taxi D river. Dazu sind auch Noten- fest, dass Scorsese in Robertson einen beispiele zu sehen, die äußerst nützlich guten musikalischen Partner für seine für die Leser_innen sind. Die Listen Ideen und seine Fragen zur Filmmusik mit den Kompositionen (vgl. S.107- g efunden hat. 109), die man in den Filmen hört, sind Ingo Lechmann schreibt über die auch als Index dem Buch abschließend Spur der Oper und ihre Relevanz in angefügt, ebenso wie Informationen Scorseses Spielfilmen. Er analysiert zu den A utoren und Herausgebern des ihre Rolle als gesellschaftliche Institu- Bandes. tion und ihren Einfluss auf das Leben Den Autoren gelingt es zu bewei- und das Verhalten der Figuren. Die Ver- sen, dass die musikalische Strategie der wendung der Oper als Soundtrack ist Filme Scorseses nicht auf die Musik Lechmann zufolge ganz ungewöhnlich eines bekannten Komponisten oder (vgl. S.51), darum sucht der Autor s olche Musikers ausgerichtet ist, sondern dass Szenen aus und überlegt, warum die sich der Regisseur um eine realistische Oper benutzt wird und welchen Effekt Ästhetik bemüht. Die Arbeit gewinnt sie auf die Zuschauer_innen hat. Zum vor allem durch die Herausarbeitung Beispiel in Th e Age of Innocence (1993) von Filmbeispielen, die detaillierte steht am Anfang des Films der 3. Akt Analyse der von Scorsese benutzten von Charles Gounods Oper Faust (1859) Musik und durch interessante Frage- und Ort des Geschehens ist die Aca- stellungen in Bezug auf Filmmusik, demy of Musik in New York. Diese erste deren Weiterverfolgung sich auch Opernszene wird zu einem der entschei- anhand von anderen Filmbeispielen denden Grundthemen des Films. lohnen könnte. Im 4. und 5. Kapitel des Bandes machen sich Eckhard Pabst und Willem Angelina Efimova