Liebe auf den ersten Ton GITTA ENTDECKT IHR HERZ (1932, R: Carl Froelich) Wiederentdeckt 72, Zeughauskino, 7. Mai 2004 In Zusammenarbeit mit dem Zeughauskino im Deutschen Historischen Museum und dem Bundesarchiv-Filmarchiv Einführung: Michael Wedel Das Handlungsgeschehen des Carl Froelich-Films GITTA ENTDECKT IHR HERZ lässt sich in einem Satz zusammenfassen: Auf der Flucht vor ihrem zudringlichen Agenten begegnet die junge, eben erst vom Marktplatz eines ungarischen Dorfes weg engagierte und mit dem Künstlernamen „Gitta Farkas” versehene Varietösängerin Julika (Gitta Alpar) in Berlin dem unbekannten Komponisten Peter (Gustav Fröhlich), dem sie nach den üblichen Imungen und Wirrungen, Intrigen und Verwechslungen schließlich durch ihre Rückkehr auf die Bühne zum Durchbruch verhilft. Im ersten Quartal des Jahres 1932 in Froelichs Tonfilmstudio in Berlin-Tem- pelhof entstanden, wäre der Film von Siegfried Kracauer zweifellos jener „Zerstreuungsware”' zugeschlagen worden, die er in Form des „Klamauk- Films“? die deutschen Kinoprogramme der ersten Tonfilmjahre beherrschen, ihre Dominanz just zu diesem Zeitpunkt jedoch mit einiger Erleichterung nun endlich schwinden sah: „Es ist schlechterdings unmöglich“, schreibt Kracauer im Februar 1932, „die neuen Erzeugnisse der Filmproduktion in thematischer Hinsicht auf einen Nenner zu bringen. Immerhin läßt sich rein negativ fest- stellen, daß die Operetten- und Schlagerfilme sich in den Hintergrund zu- rückziehen und auch jene Filme vom Schauplatz abzutreten scheinen, in de- nen ein kleines Ladenmädchen am Schluß eine gefeierte Künstlerin wurde oder doch ihren Generaldirektor kriegte.”” Um Kracauers strategischer These vom Rückgang der „Klamauk“-Filme zu widersprechen, wäre Froelichs Film als schlagender Beleg anzuführen, wird in ihm doch das Format des Schlager-Musikfilms mit dem angesprochenen Hand- lungsschema auf emblematische Weise verschränkt; nur dass das Ladenmäd- chen in diesem Fall - dem Operettenmuster gemäß - ein ungarisches Bauern- mädchen und der Generaldirektor nicht der Geliebte selbst, sondern dessen Vater ist, was der gesellschaftlichen Aufstiegsfantasie, der damit Vorschub ge- leistet werden soll, freilich keinen Abbruch tut. Ließe man es bei diesem Befund bewenden, hätte man die historische Funk- tionsweise eines Films wie GITTA ENTDECKT IHR HERZ in ihren verschiedenen filmkulturellen Dimensionen allerdings nur sehr oberflächlich erfasst. Die Ge- legenheit soll daher genutzt werden, um zumindest drei Aspekte anzuspre- chen, unter denen der Film auch heute noch unser Interesse beanspruchen kann. Der erste Aspekt betrifft den Stellenwert seines Regisseurs Carl Froe- lich bei der Entwicklung einer frühen Tonfilmästhetik im Unterhaltungsfilm; der zweite Aspekt besteht in der spezifischen Genreform des Films im Rah- men des sich Anfang der dreißiger Jahre erneut ausdifferenzierenden Musik- films; der dritte Aspekt schließlich betrifft den Stardiskurs des Films und die biografischen Dimensionen, die sich in ihm verbergen, Carl Froelich und der Tonfilm. Ein Widerspruch in Kracauers zeitgenössi- scher Bewertung der frühen deutschen Tonfilmkultur deutet sich darin an, dass Froelichs Filmproduktion seit MÄDCHEN IN UNIFORM (1931) einerseits zu den wenigen Studios gezählt wird, die bewiesen, „dass es noch andere Me- thoden der Herstellung von Filmen gibt als die der herrschenden Filmindus- trie“,* dort andererseits jedoch in der Regel Filme entstanden, die - wie GITTA ENTDECKT IHR HERZ - der gängigen Unterhaltungsware ganz bewusst entspra- chen. So lobt Kracauer zwar die „Haltung und Ausführung“ von MÄDCHEN IN UNIFORM, der „in produktionstechnischer Hinsicht einen verheißungsvollen Anfang bedeutet“,® unterlässt es aber, auf die Schlagerfilme der Froelich-Pro- duktion hinzuweisen und die Entschiedenheit der inhaltlichen und formalen Abweichung vom sonstigen Produktionsprogramm angemessen zu relativie- ren. Kracauers selektive Wahrnehmung von Froelichs Regiearbeiten der frühen Tonfilmzeit findet sich auch bei anderen prominenten Kritikern jener Jahre. Froelich erscheint hier wie dort als ein Regisseur, der im Kontext kommerziel- ler Filmherstellung immer wieder ästhetische Experimente wagte und Themen aktueller gesellschaftlicher Brisanz anschnitt. Das Verblüffende an dieser Sichtweise ist, dass diese Merkmale einer persönlichen Signatur erst Froelichs Tonfilmen zugeschrieben wurde, während seine vorherigen Arbeiten kaum in dem Verdacht gestanden hatten, avantgardistisches Formen- oder sozialkriti- sches Gedankengut zu befördern. Immerhin hatte Froelich seine Filmkarriere bereits 1906 - zunächst als Kameramann - begonnen, war später Henny Portens Stammregisseur und bis zum Ende der Stummfilmzeit an etwa 80 Fil- men als Regisseur, Kameramann oder Drehbuchautor beteiligt. In den ersten Tonfilmjahren gehörte der Regie-Routinier noch immer zu den produktivsten Regisseuren des deutschen Unterhaltungskinos. In den Spielzeiten 1930 bis 1933 inszenierte er nicht weniger als ein Dutzend Spielfilme, also im Schnitt drei abendfüllende Stıeifen pro Jahr, seine künstlerische Oberleitung bei MÄDCHEN IN UNIFORM von 1931 nicht mitgerechnet. Ein Produktionsausstoß, der nicht unbedingt mit langwierigen Entwicklungszeiten komplexer Stoffe oder subtilem ästhetischen Experiment am Set kompatibel scheint. Und doch: Mit DIE NACHT GEHÖRT UNS hatte Froelich 1929 in London als deutsch-französische Co-Produktion einen der ersten deutschsprachigen Ton- filme inszeniert, der ein überragender Erfolg wurde und die Tonfilm-Produkti- on in Deutschland nachhaltig beeinflusst haben soll. Dass die Italiener in diesem Film italienisch sprechen, wirkte auf Bela Baläzs wie „das Bild einer Originallandschaft, als akustische Originalnaturaufnahme“, wodurch der Film zu einer „Sprachlandschaft” werde, in der der „Ton des Menschen [...] uns im Film interessanter [ist] als das, was er sagt“.‘ Baläzs lobte auch Froelichs Um- gang mit dem Schweigen, das in DIE NACHT GEHÖRT UNS als „Ereignis“ inszeniert sei: „Wenn schon gesprochen werden muss, so kurz und möglichst nur in Pointen.”’ Rudolf Arnheim wies in seiner Kritik des Films darauf hin, dass Hans Albers keinen reinen Text spräche, sondern „allerhand unverständliches Zeug zwischen die Zeilen, allerlei akustischen Kehrricht, halbe Wörter, kleine Seufzer, befriedigtes Gebrumm“” streue. Hieran werde deutlich, so Arnheim, dass „es zu den Aufgaben des Tonfilms gehört, die Sprache in die übrige Welt der Laute einzuordnen.”® Einem Text, den Froelich im Sommer 1931 unter dem Titel Tonfilmschwierig- keiten - gestern und heute veröffentlichte, lässt sich entnehmen, dass die von der Kritik als besondere ästhetische Qualität gelobte Grenzverwischung zwischen Sprache und Geräusch nicht zuletzt auf die Aufnahmebedingungen zurückzuführen ist. „Die Tonaufnahmen von Frauen“, erinnert er sich, „wa- ren damals katastrophal. [...] Es war eine Sprache, die nicht im Geringsten zu dem zarten Äußeren der Stars passte. Wir haben mit einer älteren Apparatur Probeaufnahmen gemacht, um uns eine passende Frauenstimme auszusuchen. Von dreißig Schauspielerinnen war nur eine verwendbar! Bei Beginn der Auf- nahme freilich wurde uns von der Tobis eine Apparatur neuer Konstruktion zur Verfügung gestellt, die auch die Frequenzen der Frauenstimmen tadellos bewältigte, so daß man heute bei der Auswahl der Frauen nicht mehr vor- sichtiger zu sein braucht als bei den Männern.“ „Inzwischen,“ so stellt Froe- lich wenige Monate vor Drehbeginn von GITTA ENTDECKT IHR HERZ fest, „haben sich die Apparaturen weiter verbessert, der ‚Vermenschlichung’ der Stimmen steht jetzt nichts mehr im Wege als die Aufnahmetechniker, die am Kopfhörer nicht das richtige Gefühl für die Natürlichkeit des Tones haben.” Baläzs’ „Sprachlandschaft“, bei der die Körnigkeit der Stimme wichtiger sei als die Botschaft des Gesagten, und Amheims „Einordnung der Sprache in die übrige Welt der Laute“ waren somit von Froelich zumindest nicht als bewuss- te Wirkungsstrategie ästhetisch intendiert, sondern ein damals als reizvoll empfundener Nebeneffekt der technischen Aufnahmebedingungen. An Filmen wie GITTA ENTDECKT IHR HERZ bleibt zu überprüfen, welche Züge Froelichs Ton- film-Regiehandschrift nach der Überwindung technischer Mängel tatsächlich trägt. Dies umso mehr als Froelich erst Anfang 1931 für seine 1929 neu ge- gründete Froelich-Film GmbH in Berlin-Tempelhof ein eigenes Tonfilmstudio einrichtete, in dem nach MÄDCHEN IN UNIFORM und LUISE, KÖNIGIN VON PREUSSEN zwischen Januar und März 1932 GITTA ENTDECKT IHR HERZ entstand. Filmhandwerk im Genrekontext. Bei GITTA ENTDECKT IHR HERZ und den anderen frühen Tonfilmen von Froelichs Produktionsfirma handelt es sich fast ausnahmslos um Genre- bzw. Unterhaltungsfilme, also um so genannte „Mittelfilme“, die mit den zeitgenössischen Prestige-Produktionen von Ufa und Tobis sowie den künstlerisch anspruchsvollen Qualitätsfilmen der Nero gar nicht konkurrieren wollten. Dennoch gelang es Froelich, in seinem Studio einen exquisiten Mitarbeiter-Stab zu beschäftigen, zu dem etwa der damals viel beschäftigte Drehbuchautor und Schlagertexter Johannes Brandt, der Ka- meramann Curt Courant und der Szenenbildner Franz Schroedter gehörten. Deren Anteil an der handwerklichen Qualität und dem entsprechenden Publi- kumserfolg etwa eines Genrestücks wie GITTA ENTDECKT IHR HERZ wird in der Presse immer wieder hervorgehoben. So hätte neben Froelichs Inszenierung Brandts Drehbuch „einen der sau- berst konstruierten deutschen Gebrauchs-Filme aufgebaut, mathematisch-si- cher in jeder Pointe.“!° Und Courant, der, wie es hieß, „Landschaftsmaler un- ter den Photographen, dem selbst das simpelste Zimmer zur Landschaft wird“, hätte mit diesem Film „eine seiner geschmackvollsten Arbeiten gelie- fert“,!! An der Arbeit Schroedters wurden vor allen „die tiefen Räume der vä- terlichen Prunkvilla” als „besonders geglückt“ hervorgehoben.'? Insgesamt wurde an Schroedters Ausstattung deren „Neuartigkeit” gelobt, die er in je- der szenischen Situation „durch zeichnerische und dekorative Einfälle“ bele- ge, und zwar „nicht überladen“, sondern „Lebenswürdig wie der [gesamte] Stil des Films.” Die Trickteile des Trailers gestaltete übrigens niemand Ge- ringerer als Oskar Fischinger. Es ist zu bedauern, dass dieser Vorspannfilm als verschollen anzusehen ist. Schließlich darf auch die Arbeit des Tonmeisters nicht vergessen werden, deren besondere Bedeutung Froelich in seinem Text eigens hervorgehoben hatte. Mit Erich Lange, der zuvor die ersten Produktionen des Star-Tenoıs Ri- chard Tauber betreut hatte, war hier ein erprobter Fachmann verantwortlich, der, wie die Kritik vermerkte, der Stimme Gitta Alpars soviel Profil und Ge- sicht verliehen hätte, dass es der Inszenierung der weiblichen Hauptfigur keinen Abbruch tat, wenn ihre fotografische „Gesichtslinie“ einmal nicht dem „Girl-Ideal” entsprechen sollte.‘ Eine eigenständige Attraktion des Films bildet die im Wellenbad Halensee aufgenommene Badeszene, in der das frisch verliebte Paar schließlich vom Theateragenten aufgespürt wird, ihm aber noch einmal entkommen kann. In ihrer Gestaltung fällt sie deutlich aus den sonst herrschenden Spielfilmkon- ventionen heraus, indem eine rapide Montage, direkte Kameraadressierung sowie zahlreiche Zeitlupen- und andere Bildtricks die Fiktionalität des Ge- schehens verfremden und ins Kulturfilm- bzw. Reportagehafte aufbrechen. Spürbar ist hier der Einfluss der sowjetischen Schule, die - wie Courant schrieb - zum Zeitpunkt der Dreharbeiten unter dem Begriff „russischer Film” längst zu „einer festumrissenen Vorstellung“ und als Formvokabular allge- mein verfügbar geworden war. Selektiv wird sich hier eines „‚russischen’ Photostilfs]” bedient, dem „die Eigentümlichkeit an[haftet], viel mehr repor- tagemäßig als malerisch zu wirken.” Alles in allem ist Froelich und seinem Stab mit GITTA ENTDECKT IHR HERZ ein Musikfilm gelungen, der heute noch sehenswert ist, weil er zwar alle Vorzüge des so genannten „Sänger”- bzw. „Sängerinnenfilms” nutzt, jedoch nur weni- ge der dramaturgischen und gestalterischen Schwächen aufweist, die diesem musikalischen Subgenre der frühen Tonfilmzeit notorisch anhaften. Zu den Kennzeichen des Sängerfilms gehört, dass seine stimmbegabten Hauptdarsteller stets auch in der Fiktion Sänger spielen, im Verlauf der Handlung aber nicht - wie in den Tonfilm-Operetten der Ufa - unvermittelt in Gesang verfallen, sondern nur dann singen, wenn dies auch von der Hand- lung motiviert ist (etwa auf der Bühne oder am Klavier) und dann zumeist Arien und Schlager zum besten geben, für deren Interpretation sie bereits vor dem Film bekannt und berühmt waren. Die Figuren, die Tenöre wie Ri- chard Tauber, Jan Kiepura oder Joseph Schmidt, Opern- und Operettendiven wie Martha Eggerth oder eben Gitta Alpar in diesen Sängerfilmen spielen, äh- neln in ihrem Rollenprofil den Darstellern, die sie verkörpern, meist zum Ver- wechseln. Auch GITTA ENTDECKT IHR HERZ stellt mit Gitta Alpar eine Sängerdarstellerin in den Mittelpunkt der Handlung, deren außerfilmisches Starimage in die Fikti- on als Spiegelverhältnis von Schauspielerin und Figur hinein genommen wird - nicht umsonst trägt Gitta Alpar im Film den Künstlernamen Gitta Farkas. Der Aufstieg zum Sängerstar, zu dem der Film selbst erst beitragen soll, ist zugleich Ausgangspunkt und wesentlicher Bestandteil der Geschichte, die er erzählt. Die in der Pressekampagne - mit Schlagzeilen wie „Halloh, hier Gitta Alpar“'* oder „Gitta Alpar als neuer Tonfilmstar”"’- verrichtete Arbeit an der Schaffung eines Starimages wird auf diese Weise vom Film nicht nur abge- schöpft, sondern mit anderen Mitteln fortgesetzt und fiktional unterfüttert. Geschickt vermeidet GITTA ENTDECKT IHR HERZ im Übergang zwischen Spiel- und Gesangsszenen allzu grobe ästhetische Brüche, wie sie für den Sänger- film ansonsten charakteristisch sind. Die anspruchsvolle filmische Inszenie- rung der einzelnen Gesangseinlagen sowie deren zumeist nahtlose Integrati- on in den Fortgang der Handlung bilden ein Qualitätsmerkmal des Musik- films, das von den Tonfilm-Operetten der Ufa zur gleichen Zeit mit spieleri- scher Leichtigkeit eingelöst wurde, an dem viele Sängerfilme dieser Zeit je- doch aus verschiedenen Gründen immer wieder scheiterten. Abgesehen vom zentralen Liebesduett, dessen Statik besonders auffällt, weil der hier stimmgedoublete Gustav Fröhlich die gesamte Szene über unbe- weglich mit dem Rücken zur Kamera sitzt, macht GITTA ENTDECKT IHR HERZ im Kontext des Sängerfilms eine wohltuende Ausnahme, über die die Kritik dann auch zu Recht urteilte: „Nur eine elementare Persönlichkeit wie sie [Gitta Al- par] konnte der Regie helfen, das Problem des ‚Sängerinnenfilms’ im Forma- len beinahe zu lösen: es gab nicht mehr als höchstens zwei Stellen, an denen man die ‚Gesangseinlage’ merkte.”"® Vollmundig als „erste große Gitta Alpar-Tonfilm-Operette”'” angekündigt, war GITTA ENTDECKT IHR HERZ das Filmdebüt der Sängerin und einer von nur zwei Filmen, die sie in Deutschland drehen sollte. Ihm folgte im gleichen Jahr, ebenfalls in der Regie von Carl Froelich, DIE ODER KEINE, der noch ent- schiedener als sein Vorgänger den Versuch unternahm, die Statik des Sänger- films auf die musikalisch und erzählerisch flexibleren Konventionen der Ton- film-Operette hin aufzulösen. Dem zweiten Alpar-Film ist dieses Bemühen darin anzusehen, dass er im letzten Drittel plötzlich die Genregangart wech- selt und seine Hauptdarsteller, die bis dahin lediglich narrativ motiviert und situativ im Geschehen verankert auf der Bühne gesungen hatten, mit ihrer 10 Ankunft im imaginären Fürstentum Marana dazu übergehen lässt, bei jeder sich bietenden Gelegenheit in Gesang verfallen. Dabei zitiert der Film iro- nisch den Hauptschlager seines Vorgängers - „Was kann so schön sein wie deine Liebe?“ -, mit dem der als Gitta Alpar verkleidete Max Hansen die Grenzbeamten erfolgreich zu betören versteht. Gitta Alpar und Gustav Fröhlich. In der Biografie seiner beiden Haupt- darsteller - „der berühmten Sängerin“ Gitta Alpar und „dem Liebling des Filmpublikums“ Gustav Fröhlich? - kommt GITTA ENTDECKT IHR HERZ eine be- sondere Bedeutung zu, ist dieser Film doch der einzige, in dem das am Tag seiner Uraufführung werbewirksam vermählte Paar gemeinsam vor der Kame- ra gestanden hat." Gustav Fröhlich hatte Gitta Alpar, die zu diesem Zeitpunkt an der Seite von Richard Tauber in Franz Lehärs Operette Schön ist die Welt am Metropolthea- ter einen immensen Publikumserfolg feierte, im Frühjahr 1931 auf dem Opernball kennen gelernt. Als die Jüdin Gitta Alpar nach der Machtübernah- me der Nationalsozialisten von offizieller Seite wiederholt diffamiert wird, geht sie im März 1933 zurück nach Budapest. Gustav Fröhlich bleibt auf Bit- ten Carl Froelichs zunächst in Berlin, um Filmarbeiten zu beenden. Nachdem das Paar zeitweise in Budapest zusammengelebt hat, kehrt Gustav Fröhlich 1934 zu Filmarbeiten und - wie er selbst es in seinen Erinnerungen darstellt - um den dortigen Hausstand aufzulösen wieder nach Berlin zurück, bleibt dann jedoch in Deutschland und trennt sich von seiner Frau.?? Die gemeinsa- me Tochter wird am 8. Juni 1934 in Budapest geboren und auf den Namen Julika getauft. Sie trägt damit jenen Namen, der zugleich der Name der ers- ten Filmfigur ist, die ihre Mutter im einzigen gemeinsamen Film der Eltern gespielt hatte. Die Ehe zwischen Gitta Alpar und Gustav Fröhlich wird 1935 geschieden. Dem rückblickenden Betrachter bewahrt GITTA ENTDECKT IHR HERZ nicht zuletzt jenen glücklichen Moment einer „Liebe auf den ersten Ton“? auf, die wenig später an den politischen Zeitläuften und dem Opportunismus Gustav Fröhlichs gescheitert ist. GITTA ENTDECKT IHR HERZ (1932) Produktion: Carl Froelich-Film GmbH, Berlin (FFG) / Drehbuch: Johannes Brandt und Erich Faber nach einer Idee von Tilde Förster / Regie: Carl Froelich / Kamera: Curt Courant / Musik: Nikolaus Brodsky / Gesamtausstattung: Franz Schroedter / Bauten: Walter Haag / Schnitt: Hansom Milde-Meißner und Oswald Hafenrichter / Ton: Erich Lange / Produzent: Friedrich Fluhaupt / Aufnahmeleitung: Hugo Froelich Darsteller: Gitta Alpar (Gitta Farkas), Gustav Fröhlich (Peter, Komponist), Paul Kemp (Fred, sein Feund), Tibor von Halmay (Jänos), Leonard Steckel (Der Primas), Oscar Sabo (Peters Vater), Blandine Ebinger (Ilona), Egon Brosig, Gerhard Dammann, Kurt Lilien, Heinz Sarnow, Fritz Spira Uraufführung: 5.4.1932, Berlin (Ufa-Palast am Zoo) Anmerkung: Arbeitstitel des Films war „Madame entdeckt ihr Herz“; in Österreich lief der Film unter dem Titel Das LIED DER PuUsZTA. Ausführliche Stabangaben bei Ulrich ]. Klaus: Deutsche Tonfilme. Bd. 3: Jahrgang 1932. Berlin: Klaus-Archiv 1990, 5.80 f. [Film Nr. 044.32] Zensur: B 31334, 4.4.1932, 5 Akte, 2.679 m, f Kopie: Bundesarchiv-Filmarchiv, Berlin, 35mm, s/w, 2.548 m | Siegfried Kracauer: Film von heute. In: Ders.: Werke, Bd. 6.3: Kleine Schriften zum Film 1932-1961. Hg.v. Inka Mülder-Bach unter Mitarbeit von Mirjam Wenzel und Sabine Biebl. Frankfurt am Main: Suhrkamp 2004, S. 44-47, hier 5.45. ? Ebd.,S. 46. ? Siegfried Kracauer: Tonfilm von heute. In: Ebd., $. 29-35, hier $. 29. * Ebd.,5. 31. ° Siegfried Kracauer: Revolte im Mädchenstift. In: Ders.: Werke, Bd. 6.2: Kleine Schriften zum Film 1928-1931. Hg.v. Inka Mülder-Bach unter Mitarbeit von Mirjam Wenzel und Sabine Biebl, Frankfurt/M.: Suhrkamp 2004, 5. 562-565, hier S. 565. ® Bela Balazs: Der Geist des Films. In: Ders.: Schriften zum Film, Bd. 2. Hg. v. Helmut H. Diederichs und Wolfgang Gersch. München: Hanser 1984, 5. 165. "Ebd., 5. 176 ® Rudolf Arnheim: Hans Albers. In: Ders.: Kritiken und Aufsätze zum Film. Hg, v. Helmut H. Diederichs. Frankfurt an Main: Fischer Taschenbuchverlag 1979, 5.293. ® Carl Froelich: Tonfilmschwierigkeiten — gestern und heute. In: Film-Kurier, Sondernum- mer „Das europäische Atelier“, 15.8.1931. '% „ger (d.i. Ernst Jäger), in: Film-Kurier, Nr. 81, 6.4.1932. !! LichtBildBühne, 6.4.1932. ? Ebd. '? Wie Anm. I0. 4 Ebd. 13 Curt Courant: Russische Romanze im tönenden Lichtbild. In: LichtBildBühne, Nr. 43, 20.2.1932. !& Halloh, hier Gitta Alpar. Ein Telephon-Interview. In: Film-Kurier, Nr. 13, 15.1.1932. Gitta Alpar als neuer Tonfilmstar. Froelichfilm-Cinema empfangen... In: LichtBildBühne, Nr. 24, 29.1.1932. 'EWie Anm. 11. '? Inserat der Froelich-Film GmbH. In: LichtBildBühne, Nr. 1, 1.1.1932, 3. Beilage. 2 Ebd. 2! Gitta Alpars erste Ehe war Anfang März 1932 geschieden worden, die Trauung mit Gustav Fröhlich fand am 5. April 1932 um 11.30 Uhr im Standesamt Zehlendorf statt. Vgl. Gicta Alpar geschieden. In: LichtBildBühne, Nr. 58, 9.3.1932; Gittas Doppelpremiere. In: LichtBildBühne, Nr. 79, 5.4.1932. 2 Vgl. Gustav Fröhlich: Waren das Zeiten. Mein Film-Heldenleben. München, Berlin: Herbig, 5.347. 2 So der Titel eines anderen Carl Froelich-Films aus dem jahre 1932. 12