ZfK – Zeitschrift für Kulturwissenschaften 1|2023 © transcript 2023 urn:nbn:de:hbz:6:3-zfk-2023-47973 Der vorliegende Text analysiert eine Schnittstelle zwischen Populärkultur und amerika- nischer Politik nach 1945. Von Richard Hofstadters (1964) so genanntem »paranoiden Stil« der amerikanischen Politik ausgehend, diskutiert der Beitrag entlang kursorischer Betrachtungen zu Pearl Harbor, 9/11 und #pizzagate den Wandel von Verschwörungs- theorien hin zu einem »Verschwörungswahn« bzw. conspiracism (Muirhead et al. 2020). Der paranoide Stil bezeichnet ein Denken in Verschwörungen, welches die Wahrneh- mung von Geschichte und Politik beeinflusst und in Verbund mit den zur Verbreitung genutzten Medienplattformen ein demokratiefeindliches Denken begünstigt. Hierzu gehe ich schließlich auf die Verschwörungsdebatte rund um #pizzagate ein, die zeigt welchen Stellenwert multimodale Inhalte, d.h. Medieninhalte die mehr als eine Ausdrucksform auf einmal nutzen (z.B. Internetmemes), in der Verbreitung von Verschwörungen haben. Dort erscheinen die Inhalte der Verschwörungen informeller, subjektiver und emotionaler. Ziel der folgenden Seiten ist es, eine Entwicklung vom verschwörungstheoretischen Denken hin zum Verschwörungswahn seit Pearl Harbor nachzuzeichnen. »Paranoid Style«: Von der Verschwörung zum Verschwörungswahn 1964 veröffentlichte Richard Hofstadter seinen einschlägigen Essay über den paranoiden Stil in der amerikanischen Politik, der bis heute in der Forschung zu Verschwörungs- theorien diskutiert wird. Hofstadters Überlegungen sind als eine in den 1960er Jahren verfasste Reaktion auf den McCarthyismus und die Red Scare der 1950er Jahre sowie auf den Populismus Barry Goldwaters während seines Präsidentschaftswahlkampfes 1964 zu verstehen (vgl. Bergmann 2018: 109). Goldwater vertrat in seinem Wahlkampf Positionen, die denen des 45. Präsidenten der Vereinigten Staaten ähneln: So meinte er, Kinder kä- men gut ohne Schule aus, weil sie dort ohnehin nur von den Kommunisten indoktriniert würden. Er stellte fragwürdige Verbindungen zwischen der steigenden Verbrechensrate im Land und dem Wohlfahrtsstaat her und war davon überzeugt, dass Atombomben ein gutzuheißendes Instrument zur Entlaubung des vietnamesischen Waldes wären. Zeitgleich Pearl Harbor Meets #pizzagate. Paranoia und Verschwörungsdenken in der politischen Kultur der USA Marcel Hartwig 92 | Marcel Hartwig warnte der Gründer der rechtsradikalen John Birch Society, Robert Welch, dass Präsident Eisenhower ein »Agent einer kommunistischen Verschwörung« sei (Butter 2014: 294). Außerdem wurde ein Jahr zuvor John F. Kennedy ermordet, ein Ereignis, das eine ganze Reihe konspirativer Erklärungsmodelle nach sich zog – noch immer steht die Frage im Raum, ob der verurteilte Attentäter Lee Harvey Oswald allein handelte. Hofstadters These des paranoiden Stils erscheint im historischen Kontext ihrer Entstehung ausgesprochen plausibel. Bis heute prägt sie die öffentliche Debatte, insbesondere dann, wenn laut Butter (2018: 14) etablierte liberale Medien die Vorstellungskraft und den Verfolgungswahn von rechtskonservativen bis hin zu rechtsradikalen Politikern zu erklären versuchen. Der Verfolgungswahn – so Hofstadters Terminologie – zeigt sich damals wie heute vor allem auf Seiten der Republikaner. Heute sind ihre Wahlkampagnen und Parteiprogram- me von einer Angst vor einer kommunistischen Weltverschwörung (so zum Beispiel der Generalvorwurf von Republikanern wie Ted Cruz oder Marjorie Taylor Greene gegen- über den Demokraten) oder der sozialistischen Übernahme Amerikas geprägt. Jüngstes Beispiel sind die Anhörungen der durch US-Präsident Biden nominierten Kandidatin für den Obersten Gerichtshof, Ketanji Brown Jackson, im Kongress im April 2022. Repu- blikanische Senatoren brachten in nahezu geschlossener Manier vor, die Kandidatin sei keine geeignete Aspirantin für das Amt in der judikativen Leitinstitution, weil sie in ihrer Vergangenheit zu sanft mit der Kinderpornografie überführten Straftätern umgegangen sei oder weil sie als Rechtsanwältin des Terrorismus verdächtige Gefangene aus dem Lager Guantánamo vor Gericht vertreten hatte. Die in den Anhörungen wenig versteckte Angst davor, eine progressive afroamerikanische Richterin in ein solch bedeutendes Amt zu berufen, zeige, so argumentierte ein Historiker in einem journalistischen Kommentar, dass eine Mehrzahl republikanischer Parteimitglieder in der von Hofstadters prognos- tizierten Weise denken (vgl. B. Schneider 2022). Trotz allem Widerstand ist Jackson seit dem 30. Juni 2022 Richterin am Supreme Court. Eben in dieser Angst vor einem Umsturz durch die intellektuellen Eliten erkannte Hoftstadter (1996 [1964]: 29–36) den paranoiden Stil in der Politik seiner Zeit: Sie sei geprägt vom zentralen Topos einer riesigen und zentral gesteuerten Verschwörung. Eine sozialistische oder gar kommunistische Unterwanderung bedrohe die etablierte Lebens- kultur in den USA. Dabei scheuen die selbst ernannten Entdeckenden dieser angeblichen Verschwörung nicht vor einem breiten Register an apokalyptischen Metaphern zurück, die auch in den Medienberichten als Redezitate übernommen werden. Der oder die in diesem Konspirationsmilieu ausgemachte(n) Verschwörende(n) sind ein personalisiertes Konglomerat aller möglichen als negativ eingestuften ethischen wie moralischen Eigen- schaften. Mit extremer Detailverliebtheit sprechen die Entdeckenden der vermeintlichen Aufständischen über deren Plots und Pläne. Die Erzählungen wirken dabei so kohärent, dass sie der Perfidität der vermeintlichen Verschwörenden in nichts nachstehen. Wich- tigste Erzählfiguren sind laut Hofstadter (ebd.: 34) in diesem Kontext die Abtrünnigen (renegades), die aus dem engsten Kreis der Aufständischen stammen, sich aber von deren Arbeit losgesagt haben. Sie fungieren als Augenzeugen, die den vermeintlichen Rettenden der Demokratie in ihrer Aufdeckungsarbeit mit Insiderwissen zur Seite stehen. In dieser Narration erscheint Geschichte als etwas Statisches und Vorbestimmtes. So kann selbst eine sprunghaft modellierte Ereigniskette die Konsistenz und Kontingenzannahme der erkannten Verschwörung und der Erzählung über sie aufrechterhalten. | 93 Pearl Harbor Meets #pizzagate Die Gründe an der damaligen Lust auf Verschwörungsnarrative bringt Richard Hof- stadter wie folgt auf den Punkt: »[T]he modern right wing, as Daniel Bell has put it, feels dispossessed: America has been largely taken away from them and their kind, though they are determined to try to repossess it and to prevent the final destructive act of subversion. The old American virtues have already been eaten away by cosmopolitans and intellectuals; the old competitive capitalism has been gradually undermined by socialist and communist schemers; the old national security and independence have been destroyed by treaso- nous plots, having as their most powerful agents not merely outsiders and foreigners but major statesmen seated at the very centers of American power. Their predecessors discovered foreign conspiracies; the modern radical right finds that conspiracy also embraces betrayal at home« (ebd.: 23f.). Die Verschwörenden finden sich nun in den eigenen Reihen, sie sind nicht länger als eine Bedrohung von außen zu imaginieren und können so auch Parteifreunde und -freun- dinnen oder Gegner und Gegnerinnen sein. Hofstadters Ansichten könnten aktueller nicht sein, denn heute beobachten nicht nur Michael Butter (2018) sondern auch die Medienöffentlichkeit den paranoiden Stil in den Wahlkämpfen, insbesondere seit 2016, in denen demokratische Bewerber um politische Ämter als Kommunisten, Pädophile oder Demokratiefeinde bezeichnet werden (vgl. B. Schneider 2022). Aufgrund seiner Unmissverständlichkeit und konkreten Beschreibung erfährt Hofstadters Begriff des para- noiden Stils gegenwärtig eine Renaissance in der politischen Debatte der USA. Aber auch wenn der Begriff omnipräsent ist, aus wissenschaftlicher Perspektive wird er kritisiert: »Die New York Times, die Washington Post, Salon.com, die New Republic und viele andere Medien benutzten im Verlauf des Wahlkampfs Hofstadters Begrifflichkeit, um Trump zu charakterisieren, und tun dies teilweise bis heute. Selbst Hillary Clinton bezog sich auf Hofstadter, als sie einmal ungewöhnlich direkt auf Trumps Gedanken- welt einging. […] Auch außerhalb der USA ist Hofstadters Text bis heute zweifellos die einflussreichste Analyse von Verschwörungstheorien; deutsche Medien wie Die Zeit oder Die Welt bemühten sie ebenfalls, als es darum ging, das Phänomen Trump zu verstehen. Selbst der Politologe Christian Lammert, ein ausgewiesener Amerika- Experte, verwies in einer Analyse von Trumps Verhalten noch im März 2017 auf Hofstadter. Dabei gilt der Text in der Forschung als überholt« (Butter 2018: 14f.). Hofstadter habe laut Butter (ebd.) viele Akteure und Zusammenhänge zu wenig be- rücksichtigt, das Phänomen des paranoiden Stils nur am rechten Rand verortet und im eigenen Schreiben die diagnostizierten Eigenschaften dieses Stils zur Anwendung gebracht. Daher lasse seine Schrift eben jene selbstkritische Reflexion vermissen, die für wissenschaftliches Arbeiten angebracht sei. Demgegenüber möchte ich in diesem Beitrag zeigen, wie Hofstadters Idee eines »para- noiden Stils« dabei helfen kann, den gegenwärtigen »Verschwörungswahn« (Muirhead et al. 2020: 142), wie er sich etwa in Phänomenen wie #pizzagate manifestiert, greifbar zu machen und einzuordnen. Schließlich war sich Hofstadter, aller Verallgemeinerung 94 | zum Trotz, beim Verfassen seines Essays auch der aufgedeckten realen Verschwörungen seiner Zeit bewusst. Tatsächliche Ereignisse lassen sich berechtigt mit der These von Hofstadters paranoidem Stil lesen: hierzu zählen vergangene Aktivitäten des FBI gegen die Bürgerrechtsbewegung vor allem in den 1960er Jahren, die erfolgreichen und weniger erfolgreichen Attentatsversuche der CIA auf politische Führungseliten von so genannten Dritteweltstaaten, sowie die Watergate-Affäre. Denn schließlich sind im Nachgang einzel- ne historische Ereignisse als tatsächliche Verschwörungen im politischen Alltag der USA ans Licht gekommen, deren Drahtzieher in vielen Fällen strafrechtlich verfolgt wurden. Zur Ehrenrettung Hofstadters schreibt die Historikerin Kathryn Olmsted: »Hofstadter did not use the term ›paranoid style‹ as an indiscriminate descriptor, to be applied to all Americans who believed there were plots against them. There were real conspiracies, he was careful to point out, and from time to time it was reasonable for Americans to call attention to them. […] A casual student of recent American history can recite a long list of very real conspiracies carried out by the U.S. government since the 1960s. […] It’s not always crazy for Americans to believe that their government conspires against them, because sometimes it does« (Olmsted 2018). Zwar handelt es sich hierbei um Einzelfälle, Verschwörungsdenkende jedoch würden genau diese Einzelphänomene nicht als solche abtun, sondern sie alle in den Zusammenhang eines großen Komplotts setzen. Dennoch ist festzuhalten, dass aufgrund derartiger Fälle eine Perspektive auf die Arbeit amerikanischer Geheimdienste entstanden ist, die dem Amerikabild Hofstadters entspricht. Weiterhin zeigen bis heute die noch immer existente Birther-Bewegung (*2008), die den Glauben verbreitet, dass Obama kein gebürtiger Ame- rikaner sei, die noch immer wachsende 9/11 Truthers-Bewegung, Alex Jones1 und seine Infowars-Medienwelt, die Popularität von Breitbart sowie nicht zuletzt die Kandidatur und Amtszeit des 45. Präsidenten der USA, dass der paranoide Stil ein US-amerikanisches Phänomen ist und zur Alltagswahrnehmung der politischen Mitte gehört. Um die Popularität paranoiden Denkens besser fassen zu können, schlagen Muirhead et al. (2020) den Begriff »Verschwörungswahn« vor. Dieser zeichnet sich im Vergleich zur Verschwörungstheorie dadurch aus, dass Beweisführung hier keine Rolle mehr spielt. Stattdessen prägen die Wiederholung einer Behauptung oder einer gefühlten Wahrheit die Erzählung über ein der vermeintlichen Verschwörung überführtes Ereignis. Pearl Harbor: Geschichte als Verschwörung Verschwörungstheorien prägen fast unmittelbar mit dem Eintritt der USA in den Zweiten Weltkrieg die historische Verarbeitung dieses Ereignisses. Bereits Ferrell betrachtet als einer der ersten Autoren den Trend hin zum historischen Revisionismus im Kontext von Pearl Harbor aus einer kritischen Perspektive und identifiziert die urhebenden Personen 1 Im August 2022 verurteilte ein Gericht in Texas den Verschwörungsideologen für seine in »Infowars« geteilten Falschbehauptungen zum Sandy-Hook-Massaker zu einer hohen Geldstrafe. Marcel Hartwig | 95 in »their respective fields of history, journalism, sociology, and law« (Ferrell 1955: 218). Melosi widmet sich einer etwas ausführlicheren Besprechung der bis dahin über vierzig Jahre dauernden Kontroverse und identifiziert den fortdauernden »triumph of revisio- nism« (Melosi 1983: 87) in der Grundannahme, dass die USA nicht als kriegstreibende Partei agieren wollte. Um in einen »guten Krieg« gegen Hitler hineingezogen zu werden, so die Verschwörung, war die Flotte in Pearl Harbor zu opfern (ebd.: 89). Rosenberg betrachtet in ihrer Monografie den fortwährenden Topos eines »Day of Infamy« (Tag der Schande) in der amerikanischen Geschichtswahrnehmung. Darin widmet sich die Historikerin unter anderem den so genannten »history wars« (Rosenberg 2003: 126) der späten 1980er und frühen 1990er Jahre. Erste Ansätze für eine Entwicklung hin zum Verschwörungswahn sind somit in der politischen Kultur der USA in der unmittelbaren Nachkriegszeit zu erkennen. Denn ganz im Sinne der von Hofstadter bezeichneten Punkte hat sich von da an in den USA ein bis heute wirksamer Geschichtsrevisionismus etabliert, der in Frage stellt, dass die USA die Teilnahme am Zweiten Weltkrieg als einen Verteidigungskrieg zu verstehen haben (vgl. Rosenberg 2003: 15). Als zentrale These gilt bei den Revisionisten die so genannte »back door to war«-Hypothese (Ferrell 1955: 218; Melosi 1983: 89). Eine historisch weit vorgelagerte Konfliktdimension mit Japan, die bis zu den Aufzeichnungen des US-Navy-Konterad- mirals Alfred Thayer Mahan von 1898 zurückzuführen sei, machte laut dieser Annahme einen durch den Angriff auf Pearl Harbor initiierten Krieg im Pazifik zu einer probaten »back door« in den Zweiten Weltkrieg. Noch 50 Jahre nach Pearl Harbor prognostizieren George Friedman und Meredith LeBard in The Coming War with Japan eine zu diesem Zeitpunkt seit über 100 Jahren geplante Auslöschung der USA durch Japan und führen Mahan als einen der ersten Personen auf, die diesen Plan aufgedeckt hätten (Friedman/ LeBard 1991: 35). Mahan sah in »Hawaii and Our Future Sea Power« einen Pazifikkrieg voraus (Mahan 2005 [1898]: 31–59; 175–217), der erst am 7. Dezember 1941 tatsäch- lich eintreten sollte. Zum Zeitpunkt dieses ikonischen Datums befanden sich die USA gegenüber Europa in selbstgewählter Isolation. Mit dem Angriff japanischer Streitkräfte auf den amerikanischen Marinestützpunkt Pearl Harbor am 7. Dezember 1941 änderte sich dies schlagartig. Schon unmittelbar nach der Kriegserklärung gegen Japan waren sich die Verschwörungstheoretiker einig darüber, dass Pearl Harbor nur die Hintertür zum lang geplanten Eintritt in den Krieg sein könne (vgl. Ferrell 1955 und Melosi 1983). Dieser Mythos setzte sich in zahlreichen Monografien seit dem Ende des Zweiten Welt- krieges durch, deren Autoren (zum Teil auch untersucht von Ferrell 1955; Melosi 1983) nunmehr als »Geschichtsrevisionisten« gelten, unter ihnen Morgenstern (1947), Beard (1948), Chamberlin (1950), Barnes (1953), Toland (1970 und 1982), Bartlett (1978), Prange (1991) und Nelson (2016). Doch worauf gründete in diesen Schriften die Annahme, dass der 32. Präsident der Vereinigten Staaten, Franklin Delano Roosevelt (FDR), bewusst den Weg in den Krieg gesucht hätte? In nahezu allen geschichtsrevisionistischen Schriften tauchen Verweise auf die Arbeiten des Geheimdienstes der U.S. Navy in Kooperation mit der U.S. Army vor dem Angriff auf Pearl Harbor auf. So hatte dieser bereits im August 1940 den PURPLE-Geheimcode der Japaner, der vor allem Nachrichten von Diplomaten verschlüsselte, erfolgreich dechiffriert. Der Purple Code basierte auf einer optimierten Variante der Enigma Maschine, den die amerikanischen Geheimdienstangestellten in Pearl Harbor Meets #pizzagate 96 | ihrer eigenen Verschlüsselungsmaschine unter dem Namen MAGIC emulierten (für weitere Ausführungen zu MAGIC siehe auch Leeuw und Bergstra 2007: 529f.). Bereits hier zeigen sich Grundelemente des paranoiden Stils. Personen und Institutionen der Ver- schwörung benennen etwa Morgenstern (1947: 178) und Beard (1948: 382) direkt: FDR und der im Dienst der Regierung stehende Geheimdienst. Ziel der Revisionisten ist es, eine Verschwörung gegen das amerikanische Volk in dieser Regierungsarbeit zu belegen. Vor diesem Hintergrund schrieben die o.g. Autoren FDR wiederholt eine Machiavelli- Rolle zu: Er habe von den Plänen der Japaner bereits vor dem 7. Dezember 1941 gewusst und absichtlich die eigene Flotte geopfert, um die USA in einen Krieg gegen Japan und schließlich Deutschland sowie Italien zu verwickeln. Auch die von FDR installierten Sündenböcke (z.B. Prange 1991: 47 und 259) identifizierten die Geschichtsrevisionisten schnell in General Walter C. Short und Admiral Husband Kimmel. Beide standen der in Pearl Harbor stationierten Flotte vor, die mit dem Angriff der Japaner immensen Schaden erlitt. Sie hätten es versäumt, die Truppen in Bereitschaft zu halten und den Hafen ausreichend abzusichern. Beide mussten sich unmittelbar nach dem Angriff in den Ruhestand zurückziehen und sahen einer Reihe von Kriegstribunalen entgegen. Die Revisionisten gerierten sich in ihren Schriften dabei gern in der Rolle der Ehrenretter von Short und Kimmel. Insbesondere John Toland (1970: 188), immerhin Pulitzerpreisträger, wies darauf hin, dass Radiosignale die Bewegungen der japanischen Flotte erkennen hätten lassen und der Angriff folglich frühzeitig hätte abgewendet werden können. Für die Revisionisten liegt es auf der Hand, dass diese Indizien – zusammengenommen die Erfolge des Geheimdienstes, das Vorführen von Sündenböcken und die vermeintliche Signalerkennung – auf einen bewusst provozierten Kriegseintritt seitens FDR hinweisen. Tatsächlich aber war MAGIC keine weit verbreitete Maschine, denn das Wissen über die Entschlüsselung des Codes sollte geheim gehalten werden (Wohlstetter 1962: 166–169). Weiterhin fehlt ein Motiv FDRs, denn die amerikanische Flotte war zum Zeitpunkt des Kriegseintrittes noch nicht auf ein derartig großes Unterfangen vorbereitet. So schreibt FDR selbst in seiner Biografie, dass der Pazifikkrieg »the wrong war in the wrong ocean at the wrong time« (zitiert n. Goodwin 1994: 265) gewesen sei. Der Luftwaffengeneral des japanischen Militärs, Minoru Genda, hat in Interviews außerdem wiederholt darauf hingewiesen: »we used flag and light signals« (zitiert n. n.a. 1982: 26). John Toland hatte daraufhin seine Behauptungen über die Radiosignale im Pazifik zurückgenommen, hielt dennoch weiterhin daran fest: »President Roosevelt knew ahead of time that a Japanese striking force was approaching Pearl Harbor« (Toland 1982: xv). Bis heute gibt es einen geschichtsrevisionistischen Diskurs, der hauptsächlich in populärhistorischen Publikationsformaten stattfindet und Meinungen wie die Tolands aufrechterhält. Die Argumentationen der Revisionisten fußen neben Neuauslegungen der Verfahrensdokumente aus den Gerichtssitzungen mit den beiden Flottenkomman- deuren oft auf anekdotischem Wissen. Noch 2016 greift beispielsweise der Historiker, PEN Award Finalist, Henry Adams Preisträger und UT Austin-Absolvent Craig Nelson (2016) die vermeintliche Zirkulation von Hinweisen auf den Angriff auf Pearl Harbor vor dessen Eintreten in den Medien von 1941 auf. Dabei geht es um eine Werbeanzeige im The New Yorker vom 22. November 1941, und damit zwei Wochen vor dem Angriff der Japaner auf Hawaii. Das Spiel »The Deadly Double« tauchte auf mehreren Seiten dieser Marcel Hartwig | 97 Ausgabe in kleinen Anzeigen auf. Deren Text verwies auf einen bevorstehenden Winter im Luftschutzkeller sowie auf kriegsbedingte Versorgungsengpässe (Nelson 2016: 151). Dazu gab es eine Abbildung mit zwei Würfeln, die je eine 7 und eine 12 zeigen, Ziffern aus dem Datum des Angriffes auf Pearl Harbor. Einst waren es Spielesammler und heute Plattformen wie BoardGameGeek, die bewiesen, dass dieses Würfelspiel tatsächlich exis- tierte. Dennoch behauptet Nelson (2016: 151): »Neither the game offered in the ad, nor the company that purported to make it, ever existed.« Derartige Behauptungen stützen den Wahrheitsgehalt einer solchen Verschwörungserzählung, die das vorzeitige Wissen über den Kriegseinstieg sowohl seitens der Regierung wie auch der Großindustriellen kolportiert. Über die vermeintliche Evidenz von derartigem anekdotischem Wissen kann der Wahrheitsgehalt der Verschwörung aufrechterhalten werden und selbst eine Spielanzeige in einem Magazin kann kein Zufall mehr sein. Das kennzeichnet den verschwörungs- theoretischen Charakter in den Schriften der Revisionisten seit Morgenstern (1947). Die von ihnen entdeckten Verschwörenden arbeiten vermeintlich gezielt an der Vertuschung ihrer eigenen Motive bezüglich eines historischen Ereignisses, den Angriffen vom 7. Dezember 1941 auf Pearl Harbor. Anekdoten sowie die ausgemachten Abtrünnigen helfen den Revisionisten seit der Nachkriegszeit bis heute eigene Evidenzen zu schaffen und historische Quellen unter diesen Blickwinkeln umzudeuten. Die wissenschaftliche Arbeit von Historikern wie George Morgenstern, Charles A. Beard oder Gordon Prange mit den neu gedeuteten Quellen und der akademische Status der Verfasser, die unter anderem zur Zeit der Publikation Lehrstühle für Geschichtswissenschaft an staatlichen Hochschulen innehatten, machen ihre Annahmen plausibel. Oft stecken hinter diesen Umdeutungen keine neutralen Erkenntnisinteressen. Denn unter den Revisionisten sind, z.B. mit Charles Austin Beard, ehemalige Befürworter des Ersten Weltkrieges, die sich in den 1930ern explizit gegen einen politischen Interventionismus und für ein Verblei- ben in der Isolation ausgesprochen haben (Melosi 1983: 91). Der Revisionismus dient hier als eine Bekräftigung der seit Morgenstern (1947) formulierten, wissenschaftlichen Prognosen und Positionen. Der zu großen Teilen akademische Status der Autoren regt zur akzeptierten Weiterverbreitung außerhalb dieser vermeintlichen Expertenkreise an und kann den Revisionismus als Verschwörungstheorie fern des akademischen Publi- kationsbetriebes populär machen. So ist es wenig überraschend, dass es vornehmlich Anekdoten und persönliche Erzählungen von Abtrünnigen und Augenzeugen sind, die die Verschwörung um das »Pearl Harbor des 21. Jahrhunderts«, wie Präsident Bush (2001) die Anschläge vom 11. September 2001 (9/11) nannte, prägen. Der 11. September: Die historische Katastrophe als »Inside Job« Die Annahme 9/11 sei ein »Inside Job«, ausgeführt von der amerikanischen Regierung gegen das eigene Volk, hält sich bis heute hartnäckig. Bereits Knight zeigt in seiner Untersuchung von Mathias Bröckers »the wtc conspiracy«-blogs und Paul Thompsons (nunmehr online nicht mehr erreichbaren) »complete 9/11 timeline«, dass die Verschwörungserzählungen zu 9/11 als »Inside Job« oftmals komplexe Portraits dezentralisierter Macht sind und nur Pearl Harbor Meets #pizzagate 98 | an der Oberfläche traditionellen, unterkomplexen Erzählmustern folgen (Knight 2008: 193). Auch Sáfrány (2013: 29) trägt einschlägige Verschwörungserzählungen zusammen und belegt mithilfe Dunbars und Reagans (2006) populärer Faktensammlung wie die oft nationalistische Rhetorik dieser Narrative so genannte »voodoo histories« schaffen und so den Blick auf die Vergangenheit verklären. Erst kürzlich hat auch Butter (2022: 236) dargelegt, wie die Verschwörungsnarrative zunächst vorwiegend in Europa von einem Anti-Amerikanismus getrieben ihre Verbreitung fanden und 2005 schließlich mit den Loose Change-Filmen der amerikanischen »9/11 Truth Movement« zu Popularität verhalf. Ebenso zeigt Butter, dass Verschwörungserzählungen als Symptome ernst zu nehmen sind, denn schließlich seien sie auch Bewältigungsstrategien, mit denen verschwörerische Personen versuchen »Globalisierungsprozesse und deren Effekte auf nationale Souveräni- tät und die wirtschaftliche[n]« Folgen zu verarbeiten (ebd.: 244). Während der von Hofstadter erkannte paranoide Stil im Zusammenhang mit Pearl Harbor in seinen verschriftlichten Formen noch in einem oftmals akademischen Kreis Anwendung findet und die Publikationen z.T. anerkannte Verfahren der wissenschaftli- chen Publikationspraxis durchlaufen (z.B. erscheint Beard (1948) noch bei Yale UP) sowie in namhaften Verlagen (z.B. Toland (1982) bei Knopf und Prange (1991) bei Penguin) erscheinen, fällt bei Verschwörungserzählungen um 9/11 vor allem ein anderes Veröffent- lichungsformat ins Auge. Denn hier findet mit einem Medienwechsel hin zu Internet- plattformen auch ein Diskurswechsel statt, der den Erzählungen dieser Bewegung sowohl ein breiteres Publikum als auch eine neue, niedrigschwellige Form der Teilhabe erlaubt. Auch für 9/11 kursiert die Annahme, dass die amerikanische Regierung bewusst einen Angriff in Kauf genommen habe, um im Anschluss einen Krieg im Nahen Osten zu führen (Sáfrány 2013: 19). Schließlich erklärte sie selbigen fast unmittelbar nachdem die »bemannten Raketen« (DeLillo 2001: 38), Flüge AA 11 und UA 175, in die beiden Türme des WTC gelenkt wurden. Der Flug AA 77 traf das Pentagon und der Flug UA 93 stürzte in Shanksville, Pennsylvania, ab, das vermutliche Ziel war der amerikanische Kongress. Bereits im Oktober 2001 startete die amerikanische Regierung die Operation Enduring Freedom, die mit dem Überfall auf Afghanistan den Krieg gegen den Terror einläutete. Weitere Offensiven erfolgten in Kirgisistan, den Philippinen, Georgien, Somalia und dem Saharagebiet. Zudem erweiterte die Regierung mit dem USA PATRIOT Act die Befugnisse der nationalen Sicherheitsbehörden und richtete die Heimatschutzbehörde (Homeland Security) ein. 2002 wurde das zunächst geheime Gefangenenlager in Guantánamo Bay eröffnet, das bis heute nicht geschlossen und für seine brutalen Folter- und Verhörmetho- den gegenüber Terrorverdächtigen bekannt ist. Von den zu Hochzeiten 743 Gefangenen sind noch immer 37 vor Ort inhaftiert (NYT 2022). Im März 2003 schließlich folgte mit der Invasion des Iraks der Dritte Golfkrieg. Der »Krieg gegen den Terror«, der seit der Obama-Regierung unter dem bürokratischen Euphemismus Overseas Contingency Operation weitergeführt wurde, hat bis heute kein Ende gefunden. Genau dies sei ein Zustand, so die Verschwörungserzählung zu 9/11, den die amerikanische Regierung unter Inkaufnahme nationaler Opfer künstlich herbeigeführt habe (Knight 2008: 165). Die Motive für ein derartiges Vorgehen sehen die Verschwörungserzählungen oftmals in den begehrten Ölvorkommen in Afghanistan und im Irak. So wird etwa vermutet, dass die Bush-Cheney Ölgruppe den Angriff als Vorwand nutzte, um sich ihre Positionen im Marcel Hartwig | 99 kaspischen Meer und den Golfstaaten zu sichern (Vidal 2002). Ferner sollen es keine Flugzeuge gewesen sein, die das WTC und das Pentagon trafen, vielmehr habe eine Cruise- Missile das Pentagon getroffen und eine vom Geheimdienst vorinstallierte Bombe die Türme des WTC gesprengt (Sáfrány 2013: 17). Auch antisemitische Erzählungen befinden sich unter den 9/11-Verschwörungen. So habe die Rothschild-Familie durch manipulierte An- und Verkaufsanfragen vor den Angriffen die Aktien der Linienfluggesellschaft United in die Höhe getrieben, um nach 9/11 höhere Gewinne zu erzielen und außerdem seien während der Angriffe keine Juden gestorben (Grant 2001). Derartige Annahmen streut bis heute zum Beispiel die »9/11 Truth Movement« (Butter 2022: 235). 9/11 ist in allen diesen Erzählungen ein so genannter Inside Job. Die Vorstellung, dass dieses Ereignis ohne irgendein verschwörerisches Zutun seitens der Regierung oder großindustrieller Machthaber passiert sei, erscheint in dieser Perspektive undenkbar. Eine derartige Rhetorik rief auch John McCain auf den Plan. Denn obgleich in den Verschwö- rungserzählungen republikanische Regierungsabgeordnete als Profiteure mit Verweis auf das neokonservative »Project for a New American Century« auftauchen (Butter 2022: 238), ist es überraschenderweise Obamas einstiger republikanischer Gegenkandidat, der einer einschlägigen Veröffentlichung zur Widerlegung von 9/11-Mythen seine Stimme im Vorwort schenkt: »We do not want to believe that 19 men could murder our citizens, destroy our grandest buildings and terrorize our country. Surely, something more must be at work. Such sentiments are not new. Many Americans resisted the notion that an island nation far from our shores could launch a surprise attack against our Navy; that communism could remain viable in the world without assistance from the U.S. government itself; that one man in a book depository could end the life of a beloved president. And so those who are unsatisfied with the ordinary truth of the 9/11 attacks have concocted stories more fanciful, more conspiratorial than the events as we know them. […] The 9/11 conspiracy movement exploits the public’s anger and sadness. It shakes Americans’ faith in their government at a time when that faith is already near an all-time low. It traffics in ugly, unfounded accusations of extraordinary evil against fellow Americans. And, as we saw in May in the Iranian president’s bizarre letter to President Bush, it has even entered the currency of international affairs« (McCain 2006: xiii–iv; Hervorhebungen d. Verf.). Was aber das 9/11 Truth Movement von anderen, vor allem zeitlich vorgelagerten Ver- schwörungstheorien unterscheidet, ist, dass sie der »gewöhnlichen Wahrheit« keine explizite Verschwörungserzählung entgegensetzen wollen. »Texte von Verschwörungstheoreti- ker*innen haben oft zahlreiche Fußnoten und einen umfangreichen Anmerkungsapparat –, berufen sie sich auch immer auf Expert*innen« (Butter 2022: 238). Sie präsentieren ihren Gegenentwurf in Onlineforen gemeinsam mit der »gewöhnlichen Wahrheit«. So sei laut Medienberichten das 9/11 Truth Movement »die erste große Verschwörungsbe- wegung des digitalen Zeitalters« (Graff 2020) und demonstriert dabei, dass auch neuere Verschwörungsmythen, die in der Hauptsache digitale Kanäle nutzen, ein ausgesprochen langes Haltbarkeitsdatum besitzen. Eine umfangreiche Liste diverser Blogs und Onlineforen Pearl Harbor Meets #pizzagate 100 | haben sich der Ehrenrettung der Nation verschrieben, unter ihnen 9/11 CitizensWatch, 9/11 TruthNews, 911Blogger und 911Truth.org. Zu den hervorstechenden Charakteristika einer Blogosphäre, unter anderem auch untersucht von Paganoni (2011), gehört erstens, dass die Autoren an den Peer-Reviewprozessen akademischer Veröffentlichungen und den redaktionellen Kontrollmechanismen der Pressearbeit vorbeischreiben, und zweitens, dass sie ihre Verschwörungsmythen nicht nur einfacher verbreiten können, sondern dabei in unmittelbarer Tuchfühlung mit der Leserschaft stehen und mit dieser die Mythen ge- meinsam weiterentwickeln. Das jüngst insolvent gegangene, rechtsextreme Internetportal Infowars, betrieben von Alex Jones, das mit dem amerikanischen Meinungsnetzwerk Breitbart News verbunden ist, ist ein gutes Beispiel hierfür, wirkte es doch lange Zeit als ein weiterer Arm der Verschwörungsbewegung und teilte seine Annahmen mit einem breiteren Publikum. Alex Jones selbst war einer der ersten populären und einflussreichen 9/11-Verschwörungstheoretiker. Bereits sechs Wochen nach dem Angriff benannte er 9/11 als »false flag« auf seinem offenen Kanal in der Alex Jones Show und meinte: »I’ll tell you the bottom line […] 98 percent chance this was a government-orchestrated controlled bombing« (zitiert n. Stahl 2011). Die Soziolinguistin Maria Paganoni hat die Blogs der 9/11-Verschwörungsbewegung untersucht und kommt zu folgendem Schluss: »Despite its immediacy and participatory character, the storytelling of memorialization practices remains ambiguous. Facilitated by the Internet environment and the more informal nature of blogs, the multiple versions of the past, subjective, emotional and vulnerable as they are […] become less reliable. In this analysis, an evident example of the somewhat disconcerting fictionalizing of facts is offered by conspiracy theory blogs and their incessant questioning of the official truth, a process in which the le- gitimate investigation of dubious events tends to forget the demands for some degree of objectivity, which is necessary to historiographic research« (Paganoni 2011: 290). Vor diesem Hintergrund nimmt es nicht Wunder, dass schon 2004 die Hälfte der New Yorker glaubten, dass 9/11 ein Inside Job war (Knight 2008: 165). Bis heute sind Vertreter der 9/11-Truth-Bewegung am Jahrestag der Anschläge auf den Straßen von New York zu sehen, wo sie ihre Annahmen verbreiten. Ihre Aktivitäten auf Weblogs und Foren bereiten den Weg zum Verschwörungswahn. Diese Prozesse haben in den letzten Jahren neue Forschungsfelder geöffnet, insbesondere in den IT- und Kommunikationswissenschaften (für einen Überblick siehe Mahl et al. 2022), die Ursachen, Verteilungsmechanismen und Reichweiten von Verschwörungserzählungen auf Instant-Messaging-Diensten, On- lineplattformen und Nachrichtenseiten nachspüren. Der auf diesen Kanälen genährte Verschwörungswahn führt schließlich zu #pizzagate. #pizzagate: Die verheerende Semiotik von Käsepizza Die Forschung betrachtet den Einfluss von Memes und Hashtags auch in Verbindung mit Verschwörungserzählungen. Lee und Jang (2022: 2) sehen einen Zusammenhang von politischem Zynismus und der Verwendung von sozialen Medien und behaupten, dass die Pizzagate-Kampagne ein entscheidender Faktor für den Ausgang der US-Präsident- Marcel Hartwig | 101 schaftswahl von 2016 war. Wie online politische Kollektive entstehen und auf Plattformen wie 4chan eine Kommunikation über Verschwörungen durch Internetmemes ermögli- chen, untersuchen Tuters und Hagen (2020). Sie zeigen Zusammenhänge zwischen der Zirkulation von Internetmemes und den Amokläufen in El Paso und Christ Church von 2019 (ebd.: 2233). 242 QAnon Twitterkonten schauten sich Zhang et al. (2022) genauer an, um Aspekte der Gruppenidentität und Einflüsse auf digitale Nachrichtenformate genauer zu verstehen. Wie die Verschwörungserzählungen um Pearl Harbor und 9/11 und deren mediale Weiterverbreitung zeigen, wurden nach 2000 Zugänge zu Verschwörungserzählungen öffentlicher, die Schwellen zur Teilhabe niedriger, die Narrative subjektiver. Bei einer Reduktion partizipativer Hürden ist allerdings auch eine Steigerung der Komplexität der Verschwörungserzählungen zu sehen. Die 9/11-Truth-Bewegung etwa vereint polyphone und damit äußerst heterogene subjektive Zugänge, deren Grundannahme ist, dass es sich bei 9/11 um eine große Verschwörung seitens moralisch abzulehnender Interessensgrup- pen handelt. Dass dabei auch antisemitische Einstellungen verbreitet werden, steht im Einklang mit dem Vorstellungsvermögen der Autoren dieser Verschwörungserzählungen. In den obigen Ausführungen zu Pearl Harbor und 9/11 sind bereits Züge einer paranoi- den Grundhaltung angelegt, die Hofstadter im von ihm beschriebenen »paranoid style« notiert. Während bezüglich des Angriffes auf Pearl Harbor die Revisionismusdebatte eine akademische war und einer entsprechenden Publikationspraxis unterlag, weichen die Verschwörungsmythen zu 9/11 wissenschaftliche Diskursgrenzen aufgrund des medialen Wechsels der Verbreitungskanäle und der niedrigschwelligen Teilhabe auf. In der Beweisführung beider Narrative kommen Abtrünnige wie Augenzeugen zu Wort, werden detailverliebt Protokolle sowie offizielle Dokumente quergelesen und Hypo- thesen mit Quellenverweisen belegt, um eine Verschwörung als Triebfeder der beiden einschneidenden historischen Ereignisse zu rechtfertigen. Während im akademisch ge- prägten Geschichtsrevisionismus um Pearl Harbor noch Korrekturen zu beobachten sind (siehe Toland 1983 zu den Radiosignalen im Pazifik) und damit zeitweilig ein Aufbrechen der Kontiguität und Kontingenzannahme der Erzählungen im Sinne einer korrigierten Historiografie zu beobachten ist, fehlt dies weitgehend im Kontext der 9/11-Verschwö- rungen. Die Anerkennung präsentierten Wissens folgt der Logik einer like-economy. Den Autoren geht es nicht mehr um Teilhabe an einem geschichtswissenschaftlichen Austausch, was bei den Geschichtsrevisionisten um die Pearl Harbor-Debatte noch der Fall war, sondern vielmehr um die Durchsetzung der eigenen Meinungen in einem öffentlichen Diskurs zur Legitimation der eigenen Autorschaft fern von institutionellen Hürden und herkömmlicher Publikationspraxis. Dabei argumentieren sie demokratiefeindlich und rechtsradikal und wirken so an der gesellschaftlichen Zersetzung mit, wie u.a. Lee und Jang (2020) zeigen. Angesichts dieser Entwicklungen überrascht es nicht, dass Verschwö- rungsnarrative existieren, die sich durch den von Muirhead et al. (2020) so bezeichneten Verschwörungswahn kennzeichnen und die ganz dem von Hofstadter diagnostizierten paranoiden Stil entsprechen: »[Conspiracism] dispenses with the burden of explanation. There is no exhaustive amassing of evidence, no dots taken as signs that reveal a pattern. Instead, it takes the form of bare assertion, or innuendo« (Muirhead et al. 2020: 143). Pearl Harbor Meets #pizzagate 102 | Ein prominentes Beispiel ist #pizzagate, ein Verschwörungsphänomen, das haupt- sächlich in den sozialen Medien stattfindet, aber auch in die tatsächliche Lebenswelt der Amerikaner eingebrochen ist. Im März 2016, dem Jahr der 45. US-Präsidentschaftswahl, erhielten Hacker Zugriff auf den Gmail-Account des Wahlkampfleiters der demokra- tischen Kandidatin Hillary Clinton, John Podesta, wie die Wahlkampagnenseite von Hillary Clinton aus diesem Jahr zeigt (2016). Den weiteren Ablauf trage ich hier aus Medienberichterstattungen kritischer amerikanischer Journalisten zusammen (von Aisch et al. 2016, Fischer et al. 2016 sowie Kang und Frenkel 2020). Bereits im Vorfeld gab es immer wieder Anspielungen aus dem republikanischen Wahlkampf, die Clintons Nutzung einer privaten E-Mail-Adresse betrafen. Der Diebstahl von Podestas E-Mails gab diesen Debatten eine neue Basis. Bereits wenige Wochen vor der Wahl leitete das FBI die Untersuchung von Clintons privaten E-Mails ein. Daraufhin begann WikiLeaks über mehrere Wochen Podestas gestohlene Nachrichten zu veröffentlichen, die der Plattform anonym zugespielt worden waren. Die Inhalte betrafen unter anderem die Vorbereitung eines Wahlkampfevents. Doch für die Entstehung eines Verschwörungswahns um diese E-Mails war wesentlich, dass die Nachrichten häufig die Worte hot dog und cheese pizza in Verbindung mit der Comet Ping Pong Pizzeria in Washington, D.C. enthielten. Auf dem Internetforum 4chan, das den Vorteil bietet, anonym zu posten und die Inhalte nur für 24 Stunden verfügbar zu machen, tauchten im Zusammenhang mit den Wiki- Leaks-Veröffentlichungen Postings auf, die eine Verbindung zwischen cheese pizza und child pornography herstellten. Schnell verbreitete sich neben 4chan unter dem Hashtag #pizzagate auf reddit, facebook, twitter und instagram die Idee, dass Hillary Clintons Wahlkampf mit sexuell übergriffigen und moralisch verwerflichen Handlungen gegenüber Minderjährigen in Verbindung stehe. Und mehr noch: Es handele sich hierbei um einen organisierten Handel, in den kriminelle Kreise verwickelt seien. Dabei wird #pizzagate laut Medienberichten zu einem globalen Phänomen: »An oddly disproportionate share of the tweets about Pizzagate appear to have come from, of all places, the Czech Republic, Cyprus and Vietnam« (Fisher/Cox/Hermann 2016). Diese Internetgeschichte erreichte ihren Höhepunkt, als Edgar Welch im Dezember 2016 seine Reise von North Carolina nach Washington, D.C. antrat, mit Handfeuerwaffe und einem automatischen Gewehr im Gepäck. Überzeugt davon, dass in besagter Pizzeria Kinder gegen ihren Willen festgehalten und prostituiert werden, belagerte er diese schließlich und bedrohte das dortige Personal mit seinen Waffen. Dabei feuerte er Schüsse ab und zerstört einen Computerserver. Die Polizei nahm Welch schließlich fest. Er wurde im Juni 2017 zu vier Jahren Haft verurteilt. #pizzagate ist seither eine Referenz, die Nutzer sozialer Medien im Zusammenhang mit rhetorischen Angriffen auf demokratische Kandidaten aufrufen. Hillary Clinton selbst äußerte sich noch 2017 während einer Werbekampagne zu ihrem Buch What Happened (2017) hierzu: »John Podestas Emails were stolen by the Russians and then through cutouts were given to WikiLeaks, which is nothing more than a tool of Putin and the Kremlin. And certainly people associated with Trump knew about it, because in August [2016] Roger Stone was tweeting about how John Podesta would find himself in the barrel at some point ahead« (Politics and Prose 2017). Marcel Hartwig | 103 Auffällig ist, dass Hillary Clinton selbst ein spekulatives Verschwörungsnarrativ bedient und ein Netzwerk zwischen den Republikanern, Putin, den russischen Hackern und WikiLeaks herbeiredet. Diese Rhetorik weist letztlich selbst Elemente des paranoiden Stils auf, den auch das republikanische Lager verwendet. Nach dem Vorfall in Washington, D.C. und der Verurteilung Welchs sperrten die größeren sozialen Medien-Plattformen instagram, twitter und facebook die Nutzer, die unter #pizzagate posteten und löschten deren Beiträge. Am 17. Mai 2020 tauchte der Hashtag wieder auf und dies erneut in einem Wahlkampfjahr um die amerikanische Präsidentschaft (Kang/Frenkel 2020). Als der Popstar Justin Bieber seine Single »Yummy« bewarb und dazu auf seinem @justinbieber-Instagramkonto ein Interview gab, bat ein anonymer Nutzer im begleitenden Chat (ebd.), dass Bieber an seinem Hut ziehen solle, wenn er Opfer eines anonymen Kinderhandel-Ringes sei. Als der Popstar etwas später im gleichen Interview seine Mütze richtete, sahen einige Zuschauer diese Geste als ein Zeichen der Bestätigung für Biebers Opferstatus. Ganz plötzlich war mit diesem Inter- view #pizzagate wieder ein Trendthema: »TikTok posts with the #PizzaGate hashtag have been viewed more than 82 million times in recent months. Google searches for PizzaGate have skyrocketed. In the first week of June, comments, likes and shares of PizzaGate also spiked to more than 800.000 on Facebook and nearly 600.000 on Instagram, according to data from CrowdTangle, a Facebook-owned tool for analyzing social interactions. That compares with 512.000 interactions on Facebook and 93.000 on Instagram during the first week of December 2016. From the start of 2017 through January this year, the average number of weekly PizzaGate mentions, likes and shares on Facebook and Instagram was under 20.000, according to The Times’s analysis« (Kang/Frenkel 2020). Neue Postings zu #pizzagate verfolgen nicht länger nur Hillary Clinton. Die Verschwö- rungserzählung bekam einen neuen Fokus: Wirtschaftseliten, Stars und Politiker sollen nun alle gleichermaßen am Kinderhandel beteiligt sein. Die Annahme, dass dies ein weltweites Phänomen sei, erlaubt eine vermehrt globale Teilnahme in den sozialen Me- dien, verbunden mit dem Ziel, die Verantwortlichen dingfest zu machen. Unter ihnen seien nun auch Bill Gates, Ellen DeGeneres, Oprah Winfrey und Chrissy Teigen (Kang/ Frenkel 2020). Besonders unter jungen Nutzern auf TikTok erfreut sich die Verschwö- rungserzählung um #pizzagate großen Interesses. Dies mag sich auf Empathie mit den vermeintlichen Opfern dieser Verschwörung gründen, die eine gewisse Bezugsdimen- sion mit den Nutzern eröffnet. Hinzu kommt, dass #pizzagate 2020, im ersten Jahr der Corona-Pandemie, neue Popularität erhält, in einem Kontext, in dem sich viele Nutzer selbst in einer Isolation sehen und Zukunftsängsten ausgesetzt sind. Mit den Narrativen um #pizzagate kann eine neue Form der Gemeinschaftsbildung beobachtet werden. Der Hashtag wird zu einem Code einer großen Gruppe an Eingeweihten. Das TwitterTrails- Projekt von Metaxas and Finn (2019) zeigte 2019 noch das Erreichen von bis zu 1,1 Mil- lionen Ansichten und Weiterleitungen von Tweets mit einem #pizzagate, die trotz ihrer Pearl Harbor Meets #pizzagate 104 | geteilten Paranoia gemeinsam Handlungssouveränität zu einer Zeit erhalten, in der ein Virus die Welt aus den Fugen hebt und die gewohnten Lebensrealitäten unterbricht. Die Welt außerhalb dieser Gruppe sei nun geprägt von Verschwörungen, ihre Akteure sind vermeintlich überall auszumachen. Auffällig dabei ist, dass die Verschwörer meist in den Regierungsinstitutionen oder in elitären Kreisen vermutet werden. Deren Expertise wird aberkannt, die neuen Experten sind diejenigen, die innerhalb der verschwörerischen Gruppe am meisten geteilt, gelesen und positiv bewertet werden. Eben dies grenzt den Verschwörungswahn von den fake news ab, die seit den 45. Präsidentschaftswahlen in den USA größere Aufmerksamkeit erhalten. Der Verschwörungswahn um #pizzagate hat sich über Jahre verbreitet, die Komplexität der dazugehörigen Verschwörungsidee hat dabei immer stärker zugenommen, wie zum Beispiel Bleakley (2021) im Zusammenhang mit der AltRight und QAnon-Bewegung zeigt. Fake news hingegen beschreiben gezielte Desinformationskampagnen, die als Werkzeuge für eine schnelle Stimmungslenkung etwa in politischen Umbruchssituationen oder eben einer raschen Gewinnmaximierung (etwa Erhöhung von Klickraten) Einzelner dienen. Fake news können zu Elementen eines Verschwörungsnarratives werden, bestimmen es aber nicht zur Gänze. »Alles, was ich weiß, steht im Internet«: Eine Schlussfolgerung Im Mai 2018 glaubten laut Umfragen 92% der republikanischen Wähler, dass mächtige Medienkonglomerate absichtlich Falschmeldungen verbreiten, 74% der Amerikaner sind sich der Existenz eines Staates im Staate gewiss, einem Ring mächtiger Eliten, die die Politik und damit auch die amerikanische Gesellschaft kontrollieren (Olmsted 2018). Ob dies nach der Corona-Pandemie noch immer der Fall ist, bleibt abzuwarten. Wohin jedoch diese Einstellungen global führen können, zeigen die populistischen Verschwö- rungserzählungen und -bewegungen in den USA, die nunmehr wesentlich die Agenda einer führenden Partei in Beschlag genommen haben (B. Schneider 2022). Die Betrachtung der Verschwörungserzählungen von Pearl Harbor bis #pizzagate legt dar, dass eine wissenschaftliche Neubewertung der Verschwörungstheoretiker zu erfolgen hat. Die Verschwörungserzählung selbst ist heutzutage, wie Muirhead et al. (2020) zeigen, nicht länger faktenbasiert, sondern durch einen Behauptungscharakter gekennzeichnet. Gestreut werden sie durch die von Naomi Oreskes und Erik M. Conway (2012) so in einem gleichnamigen Buch benannten merchants of doubt. Ihre Arbeit ist als ein anti- demokratisches und neoliberales Unterfangen zu begreifen. Denn in ihren Erzählungen sind es eben nicht nur wissenschaftliche Erkenntnisse, die in Frage gestellt oder als false flag geleugnet werden, sondern auch die Institutionen, deren Arbeit auf einer anerkannten wissenschaftlichen Praxis fußt. Sie sind Werkzeuge, die die Wissenschaft selbst angreifen, sobald sie jenen Institutionen und ihren Stellvertretern, die die Basis gesellschaftlichen Zusammenhalts stärken sollen, eine Verschwörungshaltung zuschreiben. Insbesondere in Krisenzeiten schafft eine solche Haltung intolerante und illiberale Streueffekte. Un- hinterfragt kann diese Position Verschwörungserzählungen zu akzeptierten alternativen Wahrheiten machen. Muirhead et al. fassen dies wie folgt zusammen: Marcel Hartwig | 105 »People are willing to like, share, upvote, and retweet conspiracist claims based on what they consider to be ›true enough‹. And what they find ›true enough‹ is, as often as not, dictated by their political and group allegiances and their narrative understan- dings of the political world: ›the tribal basis of assent‹« (Muirhead et al. 2020: 149). Die Urheber*innen von Verschwörungserzählungen nehmen dabei unterschiedliche Rollen ein. Im Sinne der Verschwörung agieren diese ›Theoretiker*innen‹ als Revisionist*innen, Autobiograf*innen, zügellose Skeptiker*innen, Produzent*innen, Trolls, Spieler*innen oder, wie Peter Schneider sie nennt, als »epistemische Fundamentalist*innen« (P. Schneider 2020: 51). Das epistemische Konstrukt dieser Verschwörungserzählungen erlaubt keine kritische Prüfung von Aussagen. Im Um- und Weiterschreiben dieser Narrative geht es, wie der Einsatz und die Wiederholbarkeit des Hashtags #pizzagate zeigt, nur noch um die Replizierbarkeit von minimalen Sinneinheiten der Behauptungen und der mit ihr verbundenen Symbole. Die Verschwörung wandelt sich damit zu einem Meme der Ver- schwörungsdenkenden. Als solche spricht sie gefühlte, subjektive Wahrheiten an und regt so zum Teilen, Weiterverbreiten und Neukontextualisieren an – dies nicht nur durch Bots, oft ein Wunschdenken demokratischer User, wie Yan et al. (2020: 2861) zeigen: »Republican users are more likely to confuse conservative bots with humans, whereas Democratic users are more likely to confuse conservative human users with bots.« Dabei unterliegen die Erzählungen einer überraschenden Dialektik: sie werden einfacher und zugleich komplexer. Als multimodale Memes laden sie auch Variationen ein, die eine mannigfaltige Zugangsmöglichkeit zur Verschwörungserzählung bieten. Dies wird sie so auch zukünftig zu einem fortwährenden Problem im Zusammenspiel von sozialen Medien, politischer Meinungsfindung und Geschichtswahrnehmung machen. Quellen Barnes, Harry Elmer (1953): Perpetual War for Perpetual Peace: A Critical Examination of the Foreign Policy of Franklin Delano Roosevelt and Its Aftermath, Caldwell, ID: Caxton Printers. Bartlett, Bruce R. (1978): Cover-Up: The Politics of Pearl Harbor, 1941–1946, New York: Crown. Beard, Charles A. (1948): President Roosevelt and the Coming of the War, New Haven: Yale University Press. Bush, George W. (2001): »Statement by the President in His Address to the Nation«. In: White House Archives, 11.09.2001, http://georgewbush-whitehouse.archives.gov/news/ releases/2001/09/20010911-16.html (01.06.2023). Chamberlin, William Henry (1950): America’s Second Crusade, Washington, D.C.: Regnery Publishing. Friedman, George/Meredith LeBard (1991): The Coming War with Japan, New York: St. Martin. 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