236 MEDIE.Nwissemd114/t 2199 VII Digitale / interaktive Medien Alexander Klett: Urheberrecht im Internet aus amerikanischer und deutscher Sicht Baden-Baden: Nomos-Verlag 1998, 206 S., ISBN 3-7890-5366-X, 58,- Das deutsche Urheberrechtsgesetz und der Copyright Act der USA vermitteln den Eindruck, als sei die technische Entwicklung der letzten Jahre so rasch vorange- schritten und als habe sich die Zahl der Nutzer dieses Mediums so rasant entwik- kelt, daß die Gesetzgebung nur mühsam hinterherkommt. Dabei scheint die Ent- wicklung des Internets als virtueller Marktplatz und Schwarzmarkt für urheber- rechtlich geschützte Werke ignoriert zu werden. Der Verfasser hat sich zum Ziel gesetzt, im Rahmen eines Rechtsvergleichs zu untersuchen, ob die bestehenden Nonnen des deutschen und amerikanischen Urheberrechtes den durch das Internet tangierten Urheber wirkungsvoll schützen können. An den Beginn des Bandes hat er zwei Zitate gestellt, eines von Thomas Jefferson, der die an den Veränderungen der Zeit orientierte Weiterentwicklung der Rechtsgebung forderte, und eines von Nicholas Negroponte, der die Abschaffung des Copyrights als eines nicht mehr zeitgemäßen Reliktes der Gutenbergzeit verlangt. Das letzte Zitat ist etwas irre- führend; das Buch bewegt sich nicht zwischen den beiden Polen und propagiert auch nicht die Abschaffung des Urheberrechts. Hier wird nicht das Internet als alles in Frage stellendes neues Medium propagiert, sondern soll als Weiterentwick- lung der Technik in das bestehende Urheberrecht integriert werden, wie bereits geschehen beim Film oder der Fotokopie. Nach einer sehr knappen Vorstellung der Funktionsweise des Internet werden im folgenden eine kurze Einführung in das deutsche und amerikanische Urheberrechtsgesetz gegeben, um schließlich die urheberrechtlichen Lücken. die durch das Entstehen des Internets aufgetreten sind, aufzuweisen und Fragestellun- gen zu beantworten. Durch die leichte und rasche Übertragung im Internet von Texten, Bildern, Datenbanken, Sound, Videos, Filmen und Software, die generell erst seit 1991 Urheberrechtsschutz genießt, sind die urheberrechtlichen Probleme hier besonders prominent. Zur Erläuterung der einzelnen urheberrechtlichen Problematiken. die sich durch das neue Medium ergeben, stellt der Autor in einem ausführlichen Rechtsvergleich jeweils das deutsche und das US-amerikanische Recht gegenüber. Zusätzlich her- angezogen werden Regelungen der World Intellectual Property Organization, das Informations- und Kommunikationsdienstegesetz und die verschiedenen interna- tional relevanten Übereinkommen. Illustriert wird die Rechtsprechung durch eini- ge, leider vornehmlich nur US-amerikanische Rechtsfälle. Probleme für das Urheberrecht ergeben sich aus den Besonderheiten des Me- diums, die umfassend vom Verfasser untersucht werden. Dazu zählen: das Spei- VII Digitale I i111emkti1·e Medien ehern und Bereithalten des Werkes auf einem Server (Uploading) oder das Her- unterladen eines Werkes (Downloading). sei es nur für kurze Zeit im RAM. im Cache oder für längere Zeit auf der Festplatte; der in diesem Zusammenhang neu zu interpretierende Begriff des Erscheinens und Veröffentlichens im deutschen Recht, der sich noch fast ausschließlich an den Printmedien orientiert; der Begriff der copy im Copyright Act der USA. der sich an der unkörperlichen Darstellungs- form eines digitalisierten Werkes im Internet reibt: die verschiedenen Kommuni- kationsformen des Internets. wie Email und Diskussionsforen, die den herkömmli- chen Sendebegriff herausfordern; und die interneteigene Technik der Hyperlinks und Frames. Dazu stößt die Natur des Mediums, das keine territorialen Grenzen kennt, an die nationale Zuständigkeit von Gerichten. Wie schwierig es sein kann, einen urheberrechtlichen Schutz einzuklagen, veranschaulicht folgendes Beispiel des Verfassers: Loggt sich eine deutsche Person in einen US-amerikanischen Com- puter ein. um von einem Server in Japan ein Werk herunterzuladen. das zuvor von Italien aus ohne Zustimmung des Urhebers dort gespeichert wurde, stellt sich schnell die Frage nach der gerichtlichen Zuständigkeit. Aber auch skurrile Fragestellungen läßt das Buch nicht unbeantwortet, etwa die, ob beim Routing. d. h. beim Übermitteln eines Werkes, bei dem das digitali- sierte Werk in kleinen Datenpäckchen zerteilt versandt wird. die Persönlichkeits- rechte des Urhebers verletzt werden. da das Werk für die Dauer des Transports im Internet 'zerlegt' bzw. entstellt wird. In Thesen zusammengefaßt. bietet der Autor am Ende des Buches konkrete Vorschläge für die Beseitigung der Lücken und Unklarheiten im Copyright Act der USA und im deutschen Urheberrechtsgesetz. die sich aus dem neuen Medium ergeben. Der nichtjuristische Leser oder der nicht mit dem Urheberrecht sehr ver- traute Jurist sollte bei der Lektüre des Buches mindestens das deutsche Urheberrechtsgesetz und das US-amerikanische Copyright Act präsent haben, da die Texte leider im Anhang fehlen. Kerstin Bergmann (Köln)