AUTONOME ROBOTERSCHWÄRME ALS STABILISATOREN GEFÄHRDETER ÖKOSYSTEME V O N M A R T I N A S Z O P E K , R O N A L D T H E N I U S , M A R T I N S T E F A N E C , D A N I E L H O F S T A D L E R , J O S H U A V A R U G - H E S E , M I C H A E L V O G R I N , G E R A L D R A D S P I E L E R U N D T H O M A S S C H M I C K L 1 EINLEITUNG 1.1 MOTIVATION Das Aussterben von Organismen war schon immer ein allgegenwärtiger und wichtiger Bestandteil der biologischen Evolution, die den »Baum des Lebens«1 in einem fortwährenden Prozess prägte: Organismen-Arten sterben aus, während neue Arten im Zuge der Speziation mit gleicher oder höherer Geschwindigkeit parallel entstehen. Dies entwickelt den Baum des Lebens weiter und lässt ihn mit der Zeit breiter werden. Dieser kontinuierliche Prozess der Diversifizierung wur- de in der Vergangenheit gelegentlich durch globale Massensterben unterbrochen, die als Big Five in die Lehrbücher der Biologie eingegangen sind.2 Während dieser ereignisreichen und kurzen Perioden starben deutlich mehr Arten aus als neue Arten gebildet wurden, so dass diese Ereignisse den Baum des Lebens erheblich beschnitten und so eine Art ökologische tabula rasa für neuartige und oft innovati- ve Lebensformen geschaffen haben. Das letzte dieser Big Five Ereignisse ist vielen Menschen als Aussterben der Dinosaurier bekannt, als einige Dinosaurier durch ökologisch angetriebene Selektion dazu gedrängt wurden, sich zu den Vorfahren der modernen Vögel zu entwickeln, während alle klassischen Formen von Dino- sauriern verschwanden. In den letzten Jahrhunderten, und noch mehr in den letzten Jahrzehnten, ha- ben wir Menschen diesen dynamischen Prozess der organismischen Diversifizie- rung erheblich gestört. Menschliche Technologie führt meist, wenn nicht sogar immer, zu Veränderungen der Umwelt, was zu schnellen und massiven Störungen von Ökosystemen führt. Diese Effekte treten mit einer Geschwindigkeit auf, die die Natur manchmal nicht kompensieren kann, da Anpassungsprozesse meist lan- ge Zeiträume brauchen. Folglich besteht die Gefahr, dass ökologische Strukturen zusammenbrechen, und damit viele Arten unwiederbringlich verloren gehen. Eine mögliche Strategie zur Eindämmung, Schadensbegrenzung und Reparatur kann die Einführung von autonom agierenden Robotern zur Unterstützung der natürlichen 1 Vgl. Haeckel: The Evolution of Man. 2 Vgl. Twitchett: »The Palaeoclimatology, Palaeoecology and Palaeoenvironmental Analy- sis of Mass Extinction Events«. NAVIGATIONEN MU LTIS PECIES C O MMU NIT IES MARTINA SZOPEK, RONALD THENIUS, MARTIN STEFANEC, DANIEL HOFSTADLER, JOS- HUA VARUGHESE, MICHAEL VOGRIN, GERALD RADSPIELER UND THOMAS SCHMICKL Anpassungsprozesse sein, wie wir in diesem Artikel ausführlich im Folgenden be- schreiben werden. Anthropogene und massive Störungen von Ökosystemen sind keineswegs neuartige oder auf das Industriezeitalter beschränkte Entwicklungen. Vielmehr haben menschliche Aktivitäten die Ökosysteme schon viel früher erheblich verän- dert. Frühe Beispiele dafür sind unter anderem die massive Entwaldung Europas in den letzten vorindustriellen Jahrhunderten3 oder die Transformation der ame- rikanischen Tierwelt nach der Ankunft europäischer Siedler.4 Andere Ereignisse, die aufgrund ihres plötzlichen Auftretens und ihrer starken Auswirkungen auf glo- baler Ebene bemerkenswert sind, sind Smog-geplagte Großstädte5, das Wald- sterben durch sauren Regen6 und das Ozonloch, welche allesamt negative Aus- wirkungen auf die menschliche Gesundheit sowie auf das globale Klima und Öko- systeme haben. Einerseits waren alle diese Probleme durch menschliche Aktivitä- ten verursacht, da sie ein Nebeneffekt technologischer Fortschritte waren, ande- rerseits wurden diese Probleme aber auch, zumindest teilweise, von menschli- chen Aktivitäten, gelöst: Wissenschaftliche Forschung hat der Menschheit stets geholfen diese Probleme zu definieren, während unsere Technologien und ihre Anwendungen dann als Ansätze zu den nötigen Lösungen dienten. Zum Beispiel befindet sich das Loch in der antarktischen Ozonschicht seit 2000 in einem nach- haltigen Regenerationsprozess, nachdem weltweit von schädlichen Chemikalien zu umweltfreundlichen Ersatzstoffen gewechselt wurde, geregelt im Montrealer Protokoll.7 Von vielen wurde das Ozonloch ursprünglich als erster »unreparierba- rer« globaler Eingriff des Menschen in die Natur angesehen, während nun Prog- nosen voraussagen, dass es voraussichtlich bis 2050 vollständig und dauerhaft ge- schlossen sein wird.8 Die Bedeutung der getroffenen Maßnahmen und einen in- formativen Überblick über den »nicht eingeschlagenen Weg«, der der Menschheit zum Glück erspart blieb, geben Prather u.a.9 Aufgrund solcher historischer Bei- spiele sehen wir die Rolle der Technologie als eine Medaille mit zwei sehr unter- schiedlichen Seiten, wie in Abb. 1 dargestellt. Im Artificial Life Lab in Graz, Öster- reich, wird seit langem an Methoden geforscht, wie Technologie in den Dienst des Umweltschutzes und der Umweltreparatur gestellt werden kann. Dies ist heute nötiger denn je, wie alarmierende Daten zum Artensterben zeigen: 3 Vgl. Kaplan u.a.: »The Prehistoric and Preindustrial Deforestation of Europe«. 4 Vgl. Covington u.a.: »Historical and Anticipated Changes in Forest Ecosystems of the In- land West of the United States«. 5 Vgl. Shi u.a.: »Preventing Smog Crises in China and Globally«. 6 Vgl. McCormick: Acid Earth. 7 Vgl. Solomon u.a.: »Emergence of Healing in the Antarctic Ozone Layer«. 8 Vgl. Schrope: »Successes in Fight to Save Ozone Layer Could Close Holes by 2050«. 9 Vgl. Prather u.a.: »The Ozone Layer«. NAVIGATIONEN 150 MULTISPECIES COMMUNIT IES AUTONOME ROBOTERSCHWÄRME ALS STABILISATOREN GEFÄHRDETER ÖKOSYSTEME Abbildung 1: Die zwei Feedbackschleifen, durch die technologische Entwicklungen den Zu- stand von Ökosystemen maßgeblich beeinflussen können. Derzeit zeigt sich quer über die Ökosysteme der Welt ein massiver Rückgang der Tierpopulationen, der sogar viele »Schlüsselarten« (keystone species)10 an den Rand des Aussterbens bringt.11 Die Zahlen sind so hoch, dass WissenschafterIn- nen diesen Trend bereits als das 6. große Massensterben bezeichnen.12 Es begann mit Berichten über das Sterben der Honigbienen13, setzte sich mit Berichten über massive Verluste bezüglich der Biomasse von Insektenpopulationen fort14 und wurde kürzlich um Berichte über massive Verluste von Wirbeltieren erweitert, z.B. bei Vögeln.15 Auch andere Wirbeltiere, beispielsweise Fische, sind durch die Wasserverschmutzung, durch die Veränderung der Lebensräume und durch 10 Vgl. Power u.a.: »Challenges in the Quest for Keystones«. 11 Vgl. Barnosky u.a.: »Has the Earth’s Sixth Mass Extinction Already Arrived?«. 12 Vgl. Ceballos u.a.: »Accelerated Modern Human–induced Species Losses«; McCallum: »Vertebrate Biodiversity Losses Point to a Sixth Mass Extinction«; Ceballos u.a.: »Biolog- ical Annihilation via the Ongoing Sixth Mass Extinction Signaled by Vertebrate Population Losses and Declines«. 13 Vgl. Ellis u.a.: »Colony Losses, Managed Colony Population Decline, and Colony Col- lapse Disorder in the United States«. 14 Vgl. Hallmann u.a.: »More than 75 Percent Decline over 27 Years in Total Flying Insect Biomass in Protected Areas«. 15 Vgl. Ceballos u.a.: »Vertebrates on the Brink as Indicators of Biological Annihilation and the Sixth Mass Extinction«; Ceballos u.a.: »Biological Annihilation via the Ongoing Sixth Mass Extinction Signaled by Vertebrate Population Losses and Declines«. NAVIGATIONEN MULTISPECIES COMMUNIT IES 151 MARTINA SZOPEK, RONALD THENIUS, MARTIN STEFANEC, DANIEL HOFSTADLER, JOS- HUA VARUGHESE, MICHAEL VOGRIN, GERALD RADSPIELER UND THOMAS SCHMICKL Überfischung ihrer Bestände rückläufig.16 Im Gegensatz zu natürlichen Ursachen, die die eingangs erwähnten Big Five ausgelöst hatten, ist der derzeitige sechste massive Artenrückgang offenbar auf anthropogene Umwelteinflüsse zurückzufüh- ren. Dieser massive Rückgang der Artenvielfalt wird dramatische Folgen für die Menschheit haben, da Ökosysteme bekanntermaßen mit abnehmender Vielfalt anfälliger gegenüber Störungen werden.17 Abbildung 2: Ursache-Wirkungs-Diagramm der zwei selbst-erhaltenden und sogar selbst- verstärkenden Rückkopplungsschleifen des Ökosystem-Zerfalls. Durch menschliche Eingriffe werden Oszillationen bzw. Störungen in zuvor stabilen Populationsdynamiken ausgelöst, die zum Aussterben einzelner Arten führen können. Durch den Verlust dieser Arten werden stabi- lisierende ökologische Wechselwirkungen aus dem System entfernt und die Ökosysteme rea- gieren noch empfindlicher, was zu weiterem Aussterben führen kann. Blaue Boxen: Hier kön- nen autonome Roboterschwärme durch aktives Umweltmonitoring vor negativen Entwicklun- gen warnen. Gelbe Boxen: Durch proaktive Intervention können einzelne Arten unterstützt werden. Rote Boxen: Durch Ökosystem Hacking können verlorene ökologische Verknüpfungen wieder etabliert werden oder gänzlich neuartige Verbindungen geknüpft werden. Grüne Boxen: Natürliche ökologische Prozesse. Plus-Pfeile: positiv korrelierte Kausationen. Minus-Pfeile: ne- gativ korrelierte Kausationen. 16 Vgl. Hutchings/Reynolds: »Marine Fish Population Collapses«; McCauley u.a.: »Marine Defaunation«. 17 Vgl. Nilsson/Grelsson: »The Fragility of Ecosystems«. NAVIGATIONEN 152 MULTISPECIES COMMUNIT IES AUTONOME ROBOTERSCHWÄRME ALS STABILISATOREN GEFÄHRDETER ÖKOSYSTEME Es wird vermutet, dass dieser Rückgang ein sich selbst erhaltender oder sogar sich selbst verstärkender Prozess ist: Mit jedem Verschwinden einer Art aus dem Sys- tem gehen auch alle stabilisierenden Rückkopplungsschleifen verloren, an denen diese Art zuvor beteiligt war. Dadurch wird das gesamte Ökosystem instabiler. Diese verminderte Stabilität kann dann zu größeren Schwankungen in der Reakti- on des Systems auf externe Einflüsse und zufällige Störquellen führen. Dies kann dann in weiterer Folge noch mehr Arten zum Aussterben bringen, was wiederum weitere stabilisierende Interaktionsverbindungen aus dem System entfernt. So bildet sich ein Teufelskreis (vgl. Abb. 2) der das Netzwerk der ökologischen In- teraktionen immer dünner macht und letztendlich die Ökosysteme zur Gänze zum Kollabieren bringen kann. 1.2 WIE KÖNNEN INTERAKTIONEN ZWISCHEN ROBOTERN UND ORGANISMEN IHRE ÖKOSYSTEME POSITIV BEEINFLUSSEN? Unser Ansatz, mithilfe von Technologie dem derzeit beobachteten Zerfall von Ökosystemen proaktiv entgegenzuwirken, besteht darin, autonome Roboter zu verwenden, die in bestehende Organismengruppen in einem bedrohten Ökosys- tem integriert werden. Dabei müssen sie so natürlich wie möglich mit ihren orga- nismischen Gegenübern interagieren können. Jedes Ökosystem enthält Arten mit einer sehr hohen Anzahl artenübergreifender Wechselwirkungen, sogenannte »Schlüsselarten«.18 Logischerweise sind diese Arten die bevorzugten Kandidaten für eine Interaktion mit autonomen Robotern, da die Modulation ihres Verhaltens die maximale Auswirkung auf das Ökosystem hat, in dem sie vorkommen. Abb. 2 zeigt, welche verschiedenen Rollen autonome Roboter im Teufelskreis des aktu- ellen Verfalls unserer Ökosysteme einnehmen können. (A) Proaktives Monitoring - Agenten zur autonomen Umweltüberwachung (vgl. orange Boxen in Abb. 2): Diese Roboteragenten sind eng in die Organismengemein- schaften integriert, so dass sie Daten sammeln und diese über lange Zeiträu- me aus Bereichen, in denen wichtige ökologische Wechselwirkungen statt- finden, aggregieren können. Im Gegensatz zu normalen Sensornetzwerken sind diese Agenten jedoch autonome Roboter, was ihnen ermöglicht aktiv spezifischen chemischen oder physikalischen Umweltmerkmalen zu folgen, sich gemeinsam mit Tiergruppen zu bewegen oder ihre Überwachung auf bestimmte interessante Regionen in einer sich dynamisch ändernden Umge- bung zu konzentrieren. Solche Agenten sammeln nicht nur Langzeitdaten, sie können auch als ein »Alarmsystem« fungieren, das uns informiert, wenn sich im Ökosystem etwas dramatisch verändert. Dies ermöglicht ein rasches und gezieltes Eingreifen des Menschen oder löst Aktionen interagierender Robo- teragenten aus, wie nachstehend im Punkt (B) beschrieben ist. 18 Vgl. Power u.a.: »Challenges in the Quest for Keystones«. NAVIGATIONEN MULTISPECIES COMMUNIT IES 153 MARTINA SZOPEK, RONALD THENIUS, MARTIN STEFANEC, DANIEL HOFSTADLER, JOS- HUA VARUGHESE, MICHAEL VOGRIN, GERALD RADSPIELER UND THOMAS SCHMICKL (B) Organismische Augmentierung - Agenten für proaktive Intervention (vgl. blaue Bo- xen in Abb. 2): Diese Agenten sind so konzipiert, dass sie mit einer bestimm- ten Gruppe von Organismen interagieren können. Diese Roboter müssen in der Lage sein, die von ihren organismischen Gegenübern abgegebenen Reize wahrzunehmen, eine ausreichend komplexe Verhaltensreaktion zu berech- nen und diese Reaktion dann mit geeigneten Aktuatoren auszuführen. Die von den Aktuatoren gesendeten Reize werden von den lebenden Organis- men dann wahrgenommen, welche dann in gewünschter Weise darauf rea- gieren, was wiederum von den Robotern wahrgenommen werden muss. So schließt sich eine neue verhaltensbasierte Rückkopplungsschleife, durch die Roboter Teil der Selbstregulation der Organismenpopulationen werden kön- nen. (C) Ökosystem Hacking - Agenten zum Knüpfen neuer Verbindungen in Ökosystemen (vgl. gelbe Boxen in Abb. 2): Falls die in Strategien (A) und (B) besprochenen Maßnahmen nicht ausreichen, um instabile Ökosysteme zu stabilisieren, könnten autonome Roboter uns ermöglichen, noch einen weiteren Schach- zug zu unternehmen: Das Wiederherstellen verloren gegangener ökologi- scher Verknüpfungen oder gar die Stabilisierung von Ökosystemen durch Schaffung gänzlich neuer Verknüpfungen. Wir nennen diese Strategie »Öko- system Hacking«, wobei das Wort »Hacking« hier in der ursprünglichen Be- deutung des Begriffs verstanden werden soll: Die Reparatur kaputter Syste- me oder das Etablieren neuer Systemfunktionalitäten durch gezielte Zweck- entfremdung vorhandener Komponenten. Abb. 3 zeigt untenstehend, welche Varianten sich hierzu mit biomimetischen Robotern anbieten. Ziel dieses An- satzes ist nicht, Organismen zu ersetzen, um uns eine Art »Ersatznatur« zu schaffen, sondern vielmehr durch gezielte, quasi chirurgisch gesetzte, Eingrif- fe die bestehende Artenvielfalt zu erhalten und das Voranschreiten des Öko- system-Zerfalls zu verlangsamen oder zu stoppen. Natürlich verlangt dieser Ansatz neuartige Grundlagenforschung und auch ein grundlegendes und um- fassendes Verständnis der Ökosysteme, was wiederum durch die Strategie (A) in Kombination mit mathematischer Modellierung zur Ökosystem- Vorhersage gut unterstützt werden kann. Welche ökologisch relevanten Faktoren können von Schwärmen autonomer Ro- boter moduliert werden? Im Prinzip gäbe es hier viele Möglichkeiten, allerdings ist die Beeinflussung der lokalen Populationsdichten wahrscheinlich der einfachste und ein besonders wirksamer Weg, ökologische Effekte zu erzielen. Die Populati- onsdichte ist ein Schlüsselfaktor für ökologische Beziehungen, da Interaktionsmus- ter, dem sogenannten Massenwirkungsgesetz folgend19, in super-linearer Weise von der Dichte der interagierenden Organismengruppen abhängen. Eine un- gleichmäßige Ausbreitung der Organismen wirkt sich folglich auf die emergent entstehenden ökologischen Dynamiken aus, die sich aus heterogenen Dichtever- 19 Vgl. Bagshaw: »Law of Mass Action«. NAVIGATIONEN 154 MULTISPECIES COMMUNIT IES AUTONOME ROBOTERSCHWÄRME ALS STABILISATOREN GEFÄHRDETER ÖKOSYSTEME teilungen über die Lebensräume ergibt. Daher kann die Überwachung der lokalen Populationsdichten und, sofern diese aus dem gesetzten Rahmen fallen, eine ge- zielte Modulation der lokalen Dichten ein Schlüsselaspekt sein, um die Ökosys- temdynamik zu regulieren. Zum Beispiel beschreibt das »Konkurrenzausschluss- prinzip« ein Naturgesetz, das Konkurrenz als Prozess begreift, der stark von der Interaktionsdichte und den jeweiligen Niveaus der gemeinsamen Nutzung von lo- kal verfügbaren Ressourcen betroffen ist, die bei ungleichmäßiger Verteilung der Tiere auftreten.20 Letztendlich stehen innerartliche und zwischenartliche Prozes- se meist im Mittelpunkt der Erklärung der biologischen Vielfalt und der damit verbundenen fortlaufenden Nischenkonstruktion und -speziation. Abbildung 3: Varianten des Ökosystem Hackings: (A) Ausgestorbene oder dezimierte Spezies wird durch ein biomimetisches Robotersurrogat ersetzt. (B) Eine gänzlich neuartige ökologi- sche Verknüpfung wird durch einen neuartigen Roboter erzeugt. (C) Zwei abgestimmte Robo- tersurrogate bauen eine neuartige Verknüpfung zwischen zwei Spezies auf. 20 Vgl. Hardin: »The Competitive Exclusion Principle«. NAVIGATIONEN MULTISPECIES COMMUNIT IES 155 MARTINA SZOPEK, RONALD THENIUS, MARTIN STEFANEC, DANIEL HOFSTADLER, JOS- HUA VARUGHESE, MICHAEL VOGRIN, GERALD RADSPIELER UND THOMAS SCHMICKL Die Möglichkeiten, wie autonome Roboter mit lebenden Organismen interagieren können, sind vielfältig: Sie können eine Führungsrolle übernehmen und die Orga- nismen in ihrem Fortbewegungsverhalten leiten, z.B. bei schwarm- oder herden- bildenden Tieren. Falls es sich bei den Zielorganismen um Pflanzen handelt, kann der Roboter sie in ihrem Wachstum leiten, indem er einen Lichtgradienten er- zeugt. In diesen Fällen der »geleiteten Fortbewegung« können die Organismen di- rekt von ungünstigen oder sogar gefährlichen Orten (Schadstoffpräsenz, Überfi- schung, Raubdruck, Schädlingsvorkommen usw.) weggeführt und zu günstigen Orten hingeleitet werden. Neben der direkten Führung durch die Roboter ist es auch möglich, dass die Roboter die Bewegungen der Organismen subtil beeinflus- sen, z.B. durch lokale Modulation von physikalischen oder chemischen Umwelt- merkmalen (z. B. Licht, Temperatur, pH-Wert, Düfte, ...), und auf diese Weise die zuvor studierten spezifischen Fortbewegungsstrategien der Organismen ge- zielt ausnutzen. Solche Strategien könnten beispielsweise Levy Walks/Flights21, Klinotaxis22 sowie koordinierte Gruppenbewegungen23 umfassen. Derartige Be- wegungsprinzipien werden häufig von Organismen in der Natur ausgeführt, und eine subtile kurzzeitige Modulation spezifischer Umweltfaktoren oder spezifischer Interaktionsmuster kann bereits zu signifikanten Änderungen des Bewegungsver- halten eines solchen Organismus über einen längeren Zeitraum führen. Neben der geleiteten Fortbewegung könnten Roboter auch die räumliche Verteilung von Organismen einer Population beeinflussen und damit hoch rele- vante Aspekte bei vielen uns bekannten Lebensformen verändern: (a) Der Wettbewerb innerhalb einer Art stellt die wichtigste negative Rückkopp- lungsschleife dar, die Populationen unter natürlichen Bedingungen im Gleich- gewicht hält und die die Hauptantriebskraft für die natürliche Selektion, und damit für die biologische Evolution, darstellt. (b) Bei sich sexuell reproduzierenden Organismen ist die Partnerfindung ein wich- tiger Aspekt für die Fortpflanzung, da eine zu geringe Populationsdichte den Fortpflanzungserfolg beeinträchtigen kann. Es wurde gezeigt, dass eine zu geringe Populationsdichte der letzte »Nagel im Sarg« einer sich geschlechtlich reproduzierenden Art ist, eine Tatsache, die in der Ökologie als »Allee- Effekt« bekannt ist.24 (c) Auswirkungen hoher Bevölkerungsdichten, wie sie in Aggregationen auftreten, können für die Populationsdynamik »negativ« sein, z.B. durch erhöhten Para- 21 Vgl. Viswanathan u.a.: »Lévy Flights and Superdiffusion in the Context of Biological En- counters and Random Searches«. 22 Vgl. Izquierdo/Lockery: »Evolution and Analysis of Minimal Neural Circuits for Klinotaxis in Caenorhabditis elegans«. 23 Vgl. Herbert-Read: »Understanding How Animal Groups Achieve Coordinated Move- ment«. 24 Vgl. Stephens/Sutherland: »Consequences of the Allee Effect for Behaviour, Ecology and Conservation«. NAVIGATIONEN 156 MULTISPECIES COMMUNIT IES AUTONOME ROBOTERSCHWÄRME ALS STABILISATOREN GEFÄHRDETER ÖKOSYSTEME sitendruck und erhöhte Infektionsraten, aber auch »positive« Auswirkungen können auftreten, z.B. durch Symbionten oder durch die Verbreitung von In- formationen. 2 ERSTE SCHRITTE IN RICHTUNG ETABLIERUNG DIESER ÖKOSYSTEM- STABILISIERENDEN TECHNOLOGIEN 2.1. PROAKTIVES & BIOHYBRIDES UMWELT-MONITORING Im klassischen Umweltmonitoring werden vor allem abiotische Faktoren (pH- Wert, Temperatur, Sauerstoffgehalt usw.) oder primäre Daten über bestimmte Schlüsselspezies erhoben (Artenzahl, Individuenzahl, durchschnittliche Individuen- größe, usw.). Veränderungen, seien sie sukzessiver (z.B. klimatischer) oder anth- ropogener, katastrophaler Natur (z.B. Einbringung von Umweltgiften ins Biom) werden oft erst an der Reduktion oder am Verschwinden einer oder mehrerer Spezies erkannt. Diese Untersuchungen werden meist manuell durchgeführt und sind mit vergleichsweise großem personellem und finanziellem Aufwand verbun- den, was zu einer Beschränkung der Messpunkte und Einzelmessungen führt. Hier kommt der Ansatz zu einem proaktiven und biohybriden Umweltmonitoring ins Spiel. Um die Messdichte bezüglich Messpunkten und Messdauer zu erhöhen, können Roboter eingesetzt werden, die über sehr lange Zeiträume (Wochen bis Monate) im Habitat verbleiben und dort Messungen durchführen. Dabei haben die Roboter nicht nur die Fähigkeit, Messwerte zu erfassen und zu speichern, sondern auch darauf zu reagieren, sei es, indem sie die Quelle eines abnormalen Messwertes selbstständig suchen oder indem sie die Anwender über Messwerte informieren, die außerhalb bestimmter Grenzwerte liegen. Ein weiterer wichtiger Punkt bei diesem Ansatz ist das biohybride Element, bei dem im »Organismen- basierten Regelkreis«-Verfahren (Lifeform-in-the-loop) Lebewesen als Sensoren im Roboter zum Einsatz kommen (siehe Abschnitt 2.1.2). 2.1.1 BIO-INSPIRIERTE UND BIOMIMETISCHE ROBOTERSCHWÄRME ZUR ÜBERWA- CHUNG GEFÄHRDETER ÖKOSYSTEME Ein Beispiel für proaktive Umweltüberwachung mit Hilfe von Robotern ist das mittlerweile erfolgreich abgeschlossene EU-Projekt subCULTron. In diesem Pro- jekt wurde ein Schwarm aus Robotern entwickelt, um über Monate hinweg voll- ständig autonom ökologisch relevante Gewässerdaten zu erheben. Ziel von sub- CULTron war es, ein neuartiges Instrument zu entwickeln, um große Bereiche der Lagune von Venedig mit räumlich verteilten, parallelen Messpunkten zu überwachen. Das Roboterschwarmsystem besteht aus drei verschiedenen Robo- tertypen: 20 aFish, 120 aMussels und 5 aPads. Der aFish (vgl. Abb. 4B) ist ein mo- biler Roboter, der eingesetzt werden kann, um neue Bereiche zu erkunden oder um Daten zwischen Gruppen von Robotern zu übertragen, die von direkten NAVIGATIONEN MULTISPECIES COMMUNIT IES 157 MARTINA SZOPEK, RONALD THENIUS, MARTIN STEFANEC, DANIEL HOFSTADLER, JOS- HUA VARUGHESE, MICHAEL VOGRIN, GERALD RADSPIELER UND THOMAS SCHMICKL Kommunikationskanälen abgeschnitten sind. Die aMussel (vgl. Abb. 4C und 4D) ist ein weitgehend unbeweglicher Roboter, der nur vertikal zwischen der Ober- fläche und dem Meeresgrund pendeln kann. Benachbarte aMussels kommunizie- ren untereinander über kurze Strecken mit Hilfe von optischen Signalen und elektrischen Feldern. Jede aMussel ist mit einer Vielzahl verschiedener Sensoren für verschiedenste Anwendungszwecke ausgestattet. Das aPad (vgl. Abb. 4A) operiert an der Wasseroberfläche. Es fungiert als Bindeglied zwischen dem Schwarm der Unterwasserroboter und der Welt über Wasser, z.B. dem mensch- lichen Anwender an der Küste, und ist für den horizontalen Transport der Un- terwasserroboter vom Typ aMussel verantwortlich. Abbildung 4: Die drei Typen von Robotern im subCULTron Schwarm. A) aPad, B) aFish, C,D) aMussel 2.1.2. ORGANISCHE ROBOTER - DAS PROJEKT ROBOCOENOSIS Ziel unseres EU-Projekts ROBOCOENOSIS ist die Einführung eines neuartigen Paradigmas in die Robotik, das als »Organismen-basiertes Regelkreis«-Verfahren bezeichnet wird, welches ein Beispiel für den in Abschnitt 2.1 erwähnten proakti- ven und biohybriden Ansatz ist. Im Gegensatz zu klassischen Messmethoden werden hierbei Organismen – bevorzugt Algen, Invertebraten oder Einzeller bzw. Verbände derselben (z.B. Bio- filme) – beobachtet und ihr Verhalten als Sensorwert für den Roboter herangezo- gen. Der Roboter reagiert somit auf die Qualität des Wassers aus Sicht z.B. einer Muschel. Der Vorteil hierbei ist, dass, um beim erwähnten Beispiel zu bleiben, Muscheln sehr gut darin sind, eine Vielzahl von abiotischen, biotischen und ökolo- gischen Faktoren zu vermessen und dem Beobachter (in diesem Fall einem Robo- ter) durch veränderte Atem- oder Öffnungsrate, Herzschlag usw. Auskunft dar- über zu geben. Besonders hervorzuheben ist dabei, dass die Muschel als Sensor selbstkalibrierend ist, sich selbst mit Energie versorgt und im Vergleich mit einem vergleichbaren mobilen Kleinstlabor zur Wassergütemessung keine nennenswer- ten Kosten verursacht. Durch den biohybriden Ansatz werden also Veränderun- gen im ökologischen Netz des Bioms gemessen. Diese Veränderungen gehen oft einer messbaren abiotischen Veränderung voraus. Daher bietet der biohybride Ansatz WissenschafterInnen die Möglichkeit einer proaktiven Herangehensweise NAVIGATIONEN 158 MULTISPECIES COMMUNIT IES AUTONOME ROBOTERSCHWÄRME ALS STABILISATOREN GEFÄHRDETER ÖKOSYSTEME an das Thema Umweltschutz, Gewässerschutz und Klimaforschung durch Um- weltmonitoring. 2.2. ORGANISMISCHE AUGMENTIERUNG Wir haben das Konzept der »organismischen Augmentierung« als führendes Para- digma in unserer Forschung entwickelt. Dieses Konzept beschreibt einen Satz von Leitprinzipien für die Entwicklung autonomer Roboter, die mit Schlüsselarten von hoher ökologischer Bedeutung interagieren können. Diese Roboter sollen sich in die Gemeinschaften dieser Organismen »eingliedern« und sie aus dem Inneren des Kollektivs heraus beeinflussen, ohne die Prozesse zu stören, die normaler- weise das Verhalten dieser Organismen bestimmen. Dies kann erreicht werden, indem Artgenossen (wie in der Folge hier mit Fischen gezeigt) biologisch nachge- ahmt werden oder indem die lokale Umgebung der Organismen so verändert wird, wie es auch unter günstigen Umweltbedingungen geschieht (hier im Folgen- den mit Honigbienen und Pflanzen gezeigt). Unsere hier vorgestellten Studien konzentrieren sich auf einige Beispiele spe- zifischer Schlüsselarten-Gruppen, die unserer Meinung nach von hoher ökologi- scher Bedeutung sind. Ihr Wohlergehen ist auch für die menschliche Gesellschaft von großer Bedeutung: (1) Höhere Pflanzen: Sie bilden die trophische Grundlage von Ökosystemen und dienen vielen Tieren als Nahrung und Schutz und ernähren auch die Mensch- heit. (2) Honigbienen: Sie sind die Bestäuber von Blütenpflanzen und fördern somit das Pflanzenwachstum und die Verbreitung derselben. (3) Fische: Sie sind eine wichtige aquatische Tiergruppe, und etwa 71% der Erd- oberfläche ist mit Wasser bedeckt. Fisch ist weiters auch eine wichtige Nah- rungsquelle für die Menschheit. Einen besonderen Stellenwert in unserer Arbeit nehmen sozial interagierende Organismen ein, da ihre sozialen Schnittstellen von autonomen Robotern zur In- teraktion genutzt werden können. Die Roboter müssen lediglich in der Lage sein, an den sozialen Interaktionen teilzunehmen. Die Tatsache, dass viele soziale Tiere zudem oft Schlüsselarten in ihren Ökosystemen sind, erhöht natürlich die Bedeu- tung dieses Ansatzes der sozialen Organismus-Roboter Interaktionen. Autonome Roboter können auf drei Arten entworfen werden, um eine »geleitete Fortbewe- gungs«-Funktionalität zu erreichen:25 Erstens können sich Roboter als mobile Agenten zusammen mit den Orga- nismen bewegen, beispielsweise in der Gruppe, wie in Schwärmen, Herden oder Kolonnen (vgl. Abb. 5A und 5B). Die Art der Fortbewegung muss dabei nicht un- 25 Vgl. Mondada u.a.: »A General Methodology for the Control of Mixed Natural-Artificial Societies«; Halloy u.a.: »Towards Bio-Hybrid Systems Made of Social Animals and Ro- bots«. NAVIGATIONEN MULTISPECIES COMMUNIT IES 159 MARTINA SZOPEK, RONALD THENIUS, MARTIN STEFANEC, DANIEL HOFSTADLER, JOS- HUA VARUGHESE, MICHAEL VOGRIN, GERALD RADSPIELER UND THOMAS SCHMICKL bedingt mit jener der Organismen identisch sein, solange sie diese nicht stört. Verschiedene Ansätze in dieser Richtung wurden mit diversen Fischrobotern durchgeführt, die entweder mit magnetischer Kopplung durch den gläsernen Aquarienboden bewegt wurden oder auf einem Stab montiert und von oben in das Becken eingebracht wurden.26 Andere Ansätze inkludieren fahrende Roboter auf Rädern, die mit einer Gruppe von Kakerlaken interagieren27, und einen »tan- zenden« Roboter, ebenfalls auf einer Stange eingebracht, der mit Honigbienen- Sammlerinnen auf diese Weise interagiert und kommuniziert.28 In all diesen Fällen unterschied sich die Art der Fortbewegung des Roboters essentiell von jener der lebenden Tiere, und die Roboter waren auch von unterschiedlicher biomimeti- scher Perfektion, wobei einige als einfache Attrappen nur genau jene Schlüsselrei- ze aussendeten, die zur Beeinflussung der Organismen notwendig waren.29 Zweitens können die Roboter auch als Array von Sensor-Aktuator-Einheiten umgesetzt werden, die wir CASUs (Combined Actuator Sensor Units) nennen, die Umweltreize lokal wahrnehmen und autonom handeln, sich aber nicht aus ihrer vorgegebenen Position fortbewegen können.30 Experimente mit solchen stati- schen Anordnungen von CASUs wurden durchgeführt, um gezielt Honigbienen- aggregationen zu modulieren bzw. an gewünschten Orten anzustoßen31, sowie auch um Pflanzen in ihrem Wachstum zu leiten, um bestimmte Wuchsformen zu erreichen.32 In einem solchen statischen Array können sich die künstlichen Agen- ten zwar selbst nicht bewegen, aber sie können Stimulusmuster koordiniert emit- tieren und so eine räumlich-zeitliche Dynamik der Stimulusmuster erzeugen (vgl. Abb. 5C und 5D). Für die perzipierenden Organismen wirkt es dann so, als ob die Urheber der Stimuli sich fortbewegen würden. Drittens kann eine weitere Form der geleiteten Fortbewegung erreicht wer- den, indem einzelne Organismen durch Anbringung technischer Geräte erweitert, also quasi »augmentiert«, werden. Diese Geräte können nun das Verhalten, und somit auch die Bewegung ihrer Wirtsorganismen beeinflussen und letztendlich die 26 Vgl. Faria u.a.: »A Novel Method for Investigating the Collective Behaviour of Fish«; Landgraf u.a.: »RoboFish«; Bonnet u.a.: »Design of a Modular Robotic System That Mim- ics Small Fish Locomotion and Body Movements for Ethological Studies«; Donati u.a.: »Investigation of Collective Behaviour and Electrocommunication in the Weakly Electric Fish, Mormyrus rume, through a Biomimetic Robotic Dummy Fish«; Romano u.a.: »Mul- tiple Cues Produced by a Robotic Fish Modulate Aggressive Behaviour in Siamese Fighting Fishes«. 27 Vgl. Halloy u.a.: »Social Integration of Robots into Groups of Cockroaches to Control Self-organized Choices«. 28 Vgl. Landgraf u.a.: »A Biomimetic Honeybee Robot for the Analysis of the Honeybee Dance Communication System«. 29 Vgl. Tinbergen: The Study of Instinct. 30 Vgl. Schmickl u.a.: »ASSISI«; Griparić u.a.: »A Robotic System for Researching Social In- tegration in Honeybees«. 31 Vgl. Mariano u.a.: »Evolving Robot Controllers for a Bio-Hybrid System«. 32 Vgl. Wahby u.a.: »Autonomously Shaping Natural Climbing Plants«. NAVIGATIONEN 160 MULTISPECIES COMMUNIT IES AUTONOME ROBOTERSCHWÄRME ALS STABILISATOREN GEFÄHRDETER ÖKOSYSTEME gesamte soziale Gruppe leiten.33 Dieser Ansatz wirft allerdings starke ethische Bedenken auf, insbesondere wenn hoch entwickelte soziale Organismen – wie beispielsweise soziale Wirbeltiere – verwendet werden. Daher wird dieser Ansatz hier nicht weiter betrachtet, und in unserem Labor auch nicht verfolgt. Um die gewünschten Verhaltensänderungen hervorzurufen – insbesondere im Rahmen der »geleiteten Verteilung« und der »geleiteten Aggregation« – müs- sen die autonomen Roboter ein »Vokabular« an Interaktionsmustern beherrschen, das über die bloße Aussendung von attraktiven Signalen hinausgeht. Es muss ein Satz von Reizen gefunden werden, die der Roboter emittieren kann und auf wel- che die Zielorganismen reagieren. Aus ethischen Gründen beschränken wir uns hierbei ausschließlich auf Reize, die (i) in der natürlichen Umgebung des Organis- mus mit einer ausreichend regelmäßigen Häufigkeit vorkommen, die (ii) in einer Stärke emittiert werden, die auch im natürlich vorkommenden Spektrum liegt, und die (iii) keine bekannten negativen Auswirkungen auf die Organismen haben. Wir haben in unseren Studien die folgenden drei grundlegenden Typen von Signalen oder Hinweisreizen identifiziert, die erforderlich sind, um eine ausrei- chende Wirkung und Kontrolle auf die Ausbreitungsmuster der Organismen zu haben: (A) Anziehender Reiz: Dieser Reiz sollte für die Tiere attraktiv sein und im Laufe der Zeit zu Aggregationen an den Orten führen, an denen er abgegeben wird, sofern dem kein höherrangiges anderes Signal widerspricht. Grundsätz- lich kann dieser Reiz also als ein »Komm her!«-Signal interpretiert werden, mit welchem Organismen zu vorteilhaften Orten hin- und von unvorteilhaf- ten Orten weggelockt werden können. (B) Abstoßender Reiz: Dieser Reiz ist die Umkehrung des anziehenden Reizes, der nach den gleichen Mechanismen wie oben beschrieben arbeitet, jedoch in die entgegengesetzte Richtung wirkt. Er kann folglich als »Geh weg!«-Signal in- terpretiert werden, mit dem die Organismen von ungünstigen Gebieten ferngehalten, oder einfach »gut durchmischt« werden können, was zum Bei- spiel vorteilhaft bei der Partnerfindung sein kann. (C) Bremsender Reiz: Dieser Reiz sollte in der Lage sein, die Bewegungsgeschwin- digkeit von Tieren oder die Wachstumsgeschwindigkeit von Pflanzen zu mo- dulieren. Im Extremfall sollte er in der Lage sein, die Bewegungsgeschwindig- keit auf Null zu reduzieren, was im Grunde bedeutet: »Bleib wo du bist!«. Mit diesem Reiz können die Organismen in bevorzugten Gebieten gehalten, oder zumindest ihre Aufenthaltszeiten dort verlängert werden. 33 Vgl. Butler u.a.: »From Robots to Animals«. NAVIGATIONEN MULTISPECIES COMMUNIT IES 161 MARTINA SZOPEK, RONALD THENIUS, MARTIN STEFANEC, DANIEL HOFSTADLER, JOS- HUA VARUGHESE, MICHAEL VOGRIN, GERALD RADSPIELER UND THOMAS SCHMICKL Abbildung 5: Darstellung unterschiedlicher Möglichkeiten, wie Roboter zur Interaktion mit le- benden Organismen eingesetzt werden können. Ein mobiler CASU (Combined Actuator Sensor Unit) kann die Organismen in eine gewünschte Richtung treiben, indem er einen abstoßenden Reiz abgibt (A). Ein mobiler CASU kann die Organismen führen, indem er einen attraktiven Reiz abgibt/ein attraktives Verhalten zeigt (B). Eine Anordnung immobiler CASUs kann Muster – entweder zeitliche, räumliche oder beide gleichzeitig – von abstoßenden und/oder attrakti- ven Reizen abgeben, um Organismen, Pflanzen (C) oder Tiere (D) zu einem bestimmten Ort oder in eine bestimmte Richtung zu lenken. Die oben angeführten Typen von Reizen können in verschiedenen Ausprägungen verwendet werden. Sie können entweder als binäre Signale (Ein/Aus) Verwen- dung finden, oder auch als kontinuierliche Reize auftreten, die in der lokalen Um- gebung der Roboter verteilt sind. Darüber hinaus können diese Reize physikalisch von ähnlicher Natur sein, was bedeutet, dass die empfangenden Organismen die- selben Rezeptortypen verwenden, um sie wahrzunehmen (Sehen/Licht, Vibrati- on/Ton, Geruch/Geschmack, Berührung, ...). In diesem Fall müssen sich bei kom- plexen Signalen die spezifischen »Bedeutungen« in der Amplitude oder Frequenz oder in spezifischen anderen Details der Signale unterscheiden. Das kann bis zu komplex strukturierten Abgabemustern, beispielsweise in der von den Robotern imitierten Bioakustik, führen. Dies ist nichts, was ingenieurmäßig entworfen wer- den kann, denn es sind im Grunde die Organismen selbst, die bestimmen, welche Reize verwendet werden können. Vor dem Entwurf der Roboter müssen diese Reize identifiziert werden, indem die Verhaltensweisen und ggf. die sozialen In- teraktionen des Tieres ausreichend beobachtet und analysiert werden. Es kann jedoch auch sein, dass diese drei Typen von Reizen/Signalen alle auf sehr unter- schiedlichen physikalischen Kanälen abgegeben werden. Dieser multimodale An- satz hat den signifikanten Vorteil, dass die Reize ohne (große) physikalische Inter- ferenz parallel emittiert werden können. Er hat aber auch oft einen signifikanten NAVIGATIONEN 162 MULTISPECIES COMMUNIT IES AUTONOME ROBOTERSCHWÄRME ALS STABILISATOREN GEFÄHRDETER ÖKOSYSTEME Nachteil, nämlich dass Reize, die über verschiedene physikalische Kanäle emittiert werden, normalerweise sehr unterschiedliche Zeitskalen haben, auf denen sie operieren: Licht breitet sich zum Beispiel außerordentlich schnell aus und ver- schwindet auch sofort wieder, sobald die Lichtquelle deaktiviert wird, während sich Wärme nur langsam ausbreitet und dann auch nur langsam wieder schwindet. Um effizient und auch effektiv, aber auch um ethisch korrekt zu sein, muss man zuerst das angezielte Organismus-System verstehen, bevor man die Roboter entwirft, die in die spezifische Gemeinschaft eingeschleust werden sollen. Weiters ist es auch wichtig, das dadurch entstehende kollektive biohybride System zu ver- stehen. Aus diesem Grund konzentrieren wir uns in unserer Forschungsarbeit auch auf mathematische Modelle und Simulationen von Tier-Roboter- und Pflan- zen-Roboter-Systemen, die unter Laborbedingungen erstellt wurden. Ein solches allgemeineres Verständnis des Systems kann uns nicht nur helfen, selbst die geeig- neten Organismus-Roboter Schnittstellen zu identifizieren und zu nutzen. Viel- mehr kann es auch zukünftige IngenieurInnen und WissenschafterInnen über ähn- liche oder andere biohybride Systeme informieren. Es ermöglicht auch die jewei- ligen physikalisch implementierten biohybriden Systeme so umfassend zu verste- hen, dass der nächste wichtige Schritt begangen werden kann: Das Labor hinter uns und die Roboter freizulassen, damit sie ihr Ökosystem-stabilisierendes Poten- zial zusammen mit den lebenden Organismen in freier Wildbahn entfalten kön- nen. Viele Roboter-Organismus-Interaktionssysteme befinden sich in ihrem De- sign-Konzept derzeit noch in einer reinen Labor-Phase, beispielsweise wenn wie in Abschnitt 2.2. beschrieben eine magnetische Kopplung durch die Glaswand ei- nes Aquariums oder Stangen von oben verwendet werden, um fischähnliche Ro- boter anzutreiben. Während diese Aufbauten für die Grundlagenforschung indivi- dueller und kollektiver Verhaltensweisen an sich sehr wertvoll sein können, so un- terbinden sie doch einen effektiven Einsatz der Roboter in freier Wildbahn. Für die Anwendung im Feld (Teich, See, Fluss, Ozean) müssten die Fortbewegungs- methoden geändert werden, beispielsweise in einen undulierenden Roboter- fisch34, ein Forschungs- und Entwicklungsfeld, das noch einige Zeit benötigen wird, um die Anforderungen zu erfüllen, die das Konzept der Ökosystem- Stabilisierung an sie stellt. Andere Technologien, wie der Ansatz nicht-mobile Ro- boter als CASU-Array in die Umgebung zu integrieren, sind bereits näher an der Einsetzbarkeit außerhalb des Labors. 2.2.1 ROBOTER IN BIENENGESELLSCHAFTEN Um die organismische Augmentierung bei Honigbienen (Apis mellifera L.) zu un- tersuchen, haben wir als Pionierstudie und prinzipiellen Machbarkeitsnachweis die Beeinflussung des Aggregationsverhaltens junger Honigbienen ausgewählt, da sich 34 Vgl. Kruusmaa u.a.: »Filose for Svenning«. NAVIGATIONEN MULTISPECIES COMMUNIT IES 163 MARTINA SZOPEK, RONALD THENIUS, MARTIN STEFANEC, DANIEL HOFSTADLER, JOS- HUA VARUGHESE, MICHAEL VOGRIN, GERALD RADSPIELER UND THOMAS SCHMICKL dieses Gruppenverhalten einfach durch Roboter modulieren lässt. Gruppen von jungen Bienen aggregieren im Labor in einem komplexen Temperaturgradienten am Ort mit der für sie optimalen Temperatur. Dies ist oft keine individuelle Fä- higkeit der Einzeltiere, denn meist sind die Bienen nur in der Gruppe in der Lage, diese Orte zu finden. Der Mechanismus, der dieses Aggregationsverhalten ermög- licht, beruht darauf, dass die Bienen nach Kontakt mit einer Artgenossin meist stehenbleiben. Die Dauer des Rastens ist v.a. abhängig von der lokalen Tempera- tur, welche die Biene dort wahrnimmt.35 Das Gruppenverhalten kann also (i) durch lokale Umweltbedingungen (z.B. Temperatur) beeinflusst und (ii) durch einfache Hinweisreize gesteuert werden (z.B. Wartezeit der Bienen nach Kontakt mit Artgenossen). Um erfolgreich mit Honigbienen zu interagieren, müssen die Roboter also in der Lage sein, die lokale Umgebung durch verschiedene Reize zu verändern. Um die Möglichkeiten zur Roboter-Tier-Interaktion zu untersuchen, führten wir eine Reihe von Experimenten durch, bei denen die Roboter die lokale Umge- bung durch verschiedenartige Reize veränderten. Ziel war es, den Einfluss der verschiedenen »Kommunikationskanäle« der Roboter auf das Aggregationsverhal- ten (d.h. die räumliche Verteilung) der Tiere zu untersuchen. Die in diesen Expe- rimenten verwendeten unbeweglichen Roboter (CASUs), wurden speziell entwi- ckelt, um sich in Gruppen junger Honigbienen integrieren zu können (vgl. Abb. 7A). Wie in Schmickl u.a.36 beschrieben, sammeln sich junge Bienen in einem Ver- such mit zwei CASUs, von denen einer den Bienen das globale Optimum von 36 °C und der andere ein lokales Optimum von 32 °C anbietet, beim CASU mit der für die Jungbienen optimalen Temperatur von 36 °C. Wird dort dann aber der Luftstrom als abstoßender Reiz aktiviert, verlassen die Bienen den optimalen Be- reich und versammeln sich im zuvor vernachlässigten lokalen Temperaturopti- mum. In Versuchen mit 9 CASUs in einem 3x3 Array konnten die Bienen von den CASUs mittels eines von CASU zu CASU »wandernden« optimalen Temperatur- bereichs auch über längere Distanzen entlang eines bestimmten Pfades geleitet werden.37 In einem weiterführenden Experiment wurden zwei CASUs so pro- grammiert, dass sie ihre Temperatur in Abhängigkeit der Anzahl der sie jeweils umgebenden Bienen autonom erhöhen, um so weitere Bienen anzulocken. Dabei kommt es zu einer positiven Verstärkung, denn je mehr Bienen der CASU wahr- nimmt, desto wärmer wird er. Dadurch kann er Rückkopplungsschleifen im Bie- nenkollektiv modulieren und so Charakteristika der gemeinsamen Entscheidungs- 35 Vgl. Szopek u.a.: »Dynamics of Collective Decision Making of Honeybees in Complex Temperature Fields«. 36 Vgl. Schmickl u.a.: »Virtual Animal Studies/Hybrid Societies«. 37 Vgl. Szopek u.a.: »A Cellular Model of Swarm Intelligence in Bees and Robots«. NAVIGATIONEN 164 MULTISPECIES COMMUNIT IES AUTONOME ROBOTERSCHWÄRME ALS STABILISATOREN GEFÄHRDETER ÖKOSYSTEME findung verändern.38 Eine weitere Möglichkeit die Bienen an bestimmten Orten zu sammeln bietet der Vibrationsreiz. In Vorversuchen hat sich gezeigt, dass Vib- rationsreize bei den Bienen zur Verlangsamung der Bewegungsgeschwindigkeit, bis zum kompletten Stehenbleiben, führen können.39 Diese Reaktion der Bienen kann noch dadurch verstärkt werden, dass das Vibrationsmuster des Vibrations- reizes, der von den CASUs angeboten wird, durch maschinelles Lernen optimiert wird.40 In diesen Versuchen wurde der Luftstrom von den CASUs genutzt, um die Bienen nach jedem Vibrationsmuster neu randomisiert in der Testarena zu verteilen, was menschliches Eingreifen während der Testläufe von außen obsolet macht. Alle diese oben genannten Reiztypen sind in einem normalen Bienenstock all- gegenwärtig (z. B. durch die aktive Thermoregulation des Brutnestes durch die Bienen, in verschiedenen Vibrations-Kommunikationssignalen und im Flügelfä- cheln der Bienen zur Erzeugung eines Luftstroms). Die Reizstärke, die die Robo- ter anwenden konnten, lag innerhalb des natürlich im Bienenstock auftretenden Bereichs, d.h. es wurde von den Robotern während der Interaktion kein Zwang auf die Tiere ausgeübt. 2.2.2 ROBOTER IN FISCHGESELLSCHAFTEN Um die Integration von Fischrobotern in Fischschwärme zu untersuchen, wurden die in der Forschung schon lange als Modellorganismus etablierten Zebrabärblinge und deren Gruppenentscheidungsverhalten ausgewählt. Solche Schwarmfische bevorzugen es, sich Gruppen von Artgenossen anzuschließen, die ihnen morpho- logisch, z.B. in Körpergröße und Färbung, ähnlich sind.41 Um die Führungsrolle in einer Gruppe Zebrabärblinge einnehmen zu können, muss der Roboter in der La- ge sein, eben jene visuellen Reize auszusenden, auf die die Fische in vorhersagba- rer Weise reagieren. Daher wurden für den Roboter zwei Teilsysteme entwi- ckelt: ein mobiler, mit Rändern angetriebener Roboter, der unterhalb des Aquari- ums fährt, und eine Fischattrappe, die sich innerhalb des Aquariums bewegt und mit dem mobilen Teil durch magnetische Kopplung verbunden ist (vgl. Abb. 7B).42 Weiters wurden für den Fisch-Roboter komplexe Verhaltensmodelle entwickelt, die ihm eine Führungsrolle in der Entscheidungsfindung innerhalb des Fisch- 38 Vgl. Stefanec u.a.: »Governing the Swarm«. 39 Vgl. Schmickl u.a.: »Virtual Animal Studies/Hybrid Societies«. 40 Vgl. Mariano u.a.: »Animal-guided Evolutionary Computation in Honeybees and Robots«; Mariano u.a.: »Evolving Robot Controllers for a Bio-Hybrid System«. 41 Vgl. McRobert/Bradner: »The Influence of Body Coloration on Shoaling Preferences in Fish«; Peichel: »Social Behavior«; Ward/Krause: »Body Length Assortative Shoaling in the European Minnow, Phoxinus phoxinus«. 42 Vgl. Bonnet u.a.: »Design of a Modular Robotic System That Mimics Small Fish Locomo- tion and Body Movements for Ethological Studies«. NAVIGATIONEN MULTISPECIES COMMUNIT IES 165 MARTINA SZOPEK, RONALD THENIUS, MARTIN STEFANEC, DANIEL HOFSTADLER, JOS- HUA VARUGHESE, MICHAEL VOGRIN, GERALD RADSPIELER UND THOMAS SCHMICKL schwarms ermöglichen.43 Die so entwickelten Fischroboter konnten in Laborver- suchen die Führungsrolle und somit die Schwimmrichtung einer Gruppe von Zeb- rabärblinge in einem ringförmigen Korridor gezielt beeinflussen.44 2.2.3 ROBOTER IN PFLANZENGESELLSCHAFTEN Wie Roboter gemeinsam mit Pflanzen lebendige, interaktive Architektur oder Ar- tefakte bilden könnten, wurde im Projekt flora robotica erforscht.45 Naturgemäß war die Schnittstelle zwischen Pflanze und Maschine von zentralem Interesse. In unserem Ansatz fungierten hierbei lebende Pflanzen als biologische Komponente in einem Regelkreis. In diesem Regelkreis wird der tatsächliche Output des Sys- tems gemessen und an eine Steuerungseinheit rückgekoppelt, damit diese die Stellgröße anpassen und somit autonom auf Änderungen und Störungen reagieren kann. In Abb. 8 werden zwei biohybride Regelkreise vorgestellt, die ermöglichen, das Wachstum von Pflanzensprösslingen mit Robotern autonom zu steuern. Der Versuchsaufbau war in allen Fällen gleichartig: Ein Computer steuert zwei beidsei- tig der Pflanze angebrachte Lampen, sowie eine Kamera mit der die Pflanze (Gar- tenbohne) kontinuierlich fotografiert und vom Computer erfasst wird. Mit einer Methode des Maschinellen Lernens (»Künstliche Evolution«) formt der Computer einen Steuerungsalgorithmus, der den Regelkreis schließt und durch die Lichtrich- tung die Wuchsrichtung der Pflanze beeinflusst.46 Der Steuerungsalgorithmus für die Aufgabe aus Hofstadler u.a.47 (vgl. Abb. 8A) war relativ einfach zu entwickeln, die Aufgabe aus Wahby u.a.48 (vgl. Abb. 6B) war hingegen deutlich komplexer: Die Pflanze musste ein Zielareal erreichen, oh- ne dabei jemals mit irgendeinem Teil des Pflanzensprosses eine vorgegebene Verbotszone zu berühren. Dies erfordert ein tiefergehendes »Verständnis« für die Versteifungsprozesse im stetig wachsenden Spross: Würde die Lichtrichtung zu früh gewechselt werden, dann wäre es wahrscheinlicher, dass der Bohnenspross die Verbotszone streift. Erfolgt das Umschalten jedoch zu spät, würde womöglich das Ziel verfehlt. Unter anderem mit dem in den hier dargestellten Ansätzen gewonnenen Wissen wurden im weiteren Verlauf des Projekts flora robotica neuartige Roboter entwickelt, die mit Infrarot-Abstandssensoren anstelle von Kameras Pflanzen in 43 Vgl. Collignon u.a.: »A Stochastic Vision-based Model Inspired by Zebrafish Collective Behaviour in Heterogeneous Environments«; Papaspyros u.a.: »Bidirectional Interactions Facilitate the Integration of a Robot into a Shoal of Zebrafish Danio rerio«. 44 Vgl. Bonnet u.a.: »Closed-loop Interactions Between a Shoal of Zebrafish and a Group of Robotic Fish in a Circular Corridor«. 45 Vgl. Heinrich u.a.: »Constructing Living Buildings«. 46 Vgl. Briggs: »Phototropism«. 47 Vgl. Hofstadler u.a.: »Evolved Control of Natural Plants«. 48 Vgl. Wahby u.a.: »A Robot to Shape Your Natural Plant«. NAVIGATIONEN 166 MULTISPECIES COMMUNIT IES AUTONOME ROBOTERSCHWÄRME ALS STABILISATOREN GEFÄHRDETER ÖKOSYSTEME ihrer Nähe wahrnehmen und mittels Lichtreizen aktiv anziehen können (vgl. auch Abb. 5C).49 Die Roboter tauschen sich überdies untereinander über die Präsenz von Pflanzen in ihrer Nähe aus, was die Selbstorganisation des gesamten biohyb- riden Systems aus Robotern und Pflanzen ermöglicht. Die Historie aller Interakti- onen innerhalb dieses Systems kommt dann in der Form der tatsächlich gewach- senen biohybriden Struktur zum Ausdruck. Abbildung 6: (A) Kontrolliertes Pflanzenwachstum. Wachsende – und im Raum rotierende – Spitzen junger Bohnentriebe werden erfolgreich vom steuernden Computer erkannt und im Raum durch Lichtemissionen an vorgegebene Wegpunkte geleitet50, gelenkt im Regelkreis durch einen Steueralgorithmus der durch Maschinelles Lernen (»Evolutionsalgorithmen« und »Künstliche Neuronale Netze«) autonom gebildet wurde. (B) In weiterer Folge erreichten (hier durch die Bilderkennung erfasste) ganze Triebe ein Zielareal, ohne jemals eine vorgegebene »verbotene« Zone zu queren.51 2.3 ÖKOSYSTEM HACKING In den vorhergehenden Kapiteln haben wir die erfolgreiche Integration von Robo- tern in diverse Organismengesellschaften erläutert. Roboter können aber nicht nur eingesetzt werden um mit der Tierart, für die sie entwickelt wurden, zu 49 Vgl. Wahby u.a.: »Autonomously Shaping Natural Climbing Plants«. 50 Vgl. Wahby u.a.: »An Evolutionary Robotics Approach to the Control of Plant Growth and Motion: Modeling Plants and Crossing the Reality Gap«; Hofstadler u.a.: »Evolved Control of Natural Plants«. 51 Vgl. Wahby u.a.: »A Robot to Shape Your Natural Plant«. NAVIGATIONEN MULTISPECIES COMMUNIT IES 167 MARTINA SZOPEK, RONALD THENIUS, MARTIN STEFANEC, DANIEL HOFSTADLER, JOS- HUA VARUGHESE, MICHAEL VOGRIN, GERALD RADSPIELER UND THOMAS SCHMICKL kommunizieren: Unterschiedliche Robotertypen, die jeweils an eine Organismen- art maßgeschneidert wurden, können auch dazu genutzt werden, Informationen untereinander austauschen, um diese dann an jeweils »ihre« Organismen weiter- geben. Auf diesem Weg wird indirekt die Kommunikation und sogar eine Zu- sammenarbeit zwischen vollkommen unterschiedlichen Organismengruppen, die ohne die Roboter dazu nicht in der Lage wären, möglich. Dadurch können neuar- tige ökologische Verknüpfungen in labile Ökosysteme künstlich eingezogen wer- den oder einfach nur verloren gegangene Verknüpfungen durch biomimetische Robotersurrogate ersetzt werden (vgl. Abb. 3). Diesen Vorgang nennen wir »Ökosystem Hacking«. Die prinzipielle Machbarkeit haben wir in einem Experi- ment mit Bienen und Fischen demonstriert, wie im Folgenden beschrieben ist. 2.3.1 KNÜPFEN NEUER INTERAKTIONS-VERBINDUNGEN IN ÖKOSYSTEMEN Im Projekt ASSISIbf wurden, wie weiter oben beschrieben, zwei solche sehr un- terschiedliche biohybride Tier-Roboter-Systeme entwickelt, einmal mit Honigbie- nen und stationären CASUs (vgl. Abb. 7A) und einmal mit Zebrabärblingen und einem mobilen Fischroboter (vgl. Abb. 7B). Diese beiden Tierarten, wie auch ihre jeweiligen Roboter, ähneln sich weder in ihrem Aussehen oder ihrem Bewe- gungsverhalten noch in den Reizen, die sie zur innerartlichen Kommunikation verwenden. Da die Roboter aber miteinander über einen eigenen, davon unab- hängigen Kanal kommunizieren können, sind sie in der Lage das Verhalten der Fi- sche in bestimmte Verhaltensmuster der Bienen und umgekehrt zu übersetzen und die beiden Tierarten indirekt miteinander interagieren zu lassen. Um dieses neue, artübergreifende biohybride System zu testen, wurden zwei einfache, gut erforschte, binäre Entscheidungsaufgaben der Tiere miteinander verknüpft.52 Die Bienen konnten sich für die Aggregation auf einer von zwei Sei- ten (vgl. Abb. 7C), und die Fische für eine Schwimmrichtung entscheiden (vgl. Abb. 7D). Das Ziel war die Koordination beider Tierarten, also wenn alle Fische im Uhrzeigersinn schwimmen, sollten alle Bienen am rechten CASU aggregieren, und umgekehrt. Bemerkenswert ist weiters, dass die beiden biohybriden Systeme sich in verschiedenen europäischen Staaten befanden (die Bienen in Österreich und die Fische in der Schweiz) und somit die Roboter die Informationen in Echt- zeit über das Internet kommunizieren mussten (vgl. Abb. 7C und D). Mit diesem Experiment konnte zum ersten Mal gezeigt werden, dass unterschiedliche Tierar- ten über in ihre jeweiligen Gesellschaften eingeschleusten Roboter in der Lage sind, gemeinsam Entscheidungen zu treffen. Nicht nur haben wir damit die erste von Robotern mediierte und moderierte Kommunikation unterschiedlicher Tier- arten geschaffen, diese Installation schuf auch die erste künstlich erzeugte ökolo- 52 Vgl. Bonnet u.a.: »Robots Mediating Interactions Between Animals for Interspecies Col- lective Behaviors«. NAVIGATIONEN 168 MULTISPECIES COMMUNIT IES AUTONOME ROBOTERSCHWÄRME ALS STABILISATOREN GEFÄHRDETER ÖKOSYSTEME gische Verknüpfung zwischen zwei Tierarten, und dies über fast 700 km Distanz via Internet. Abbildung 7: Im Projekt ASSISIbf entwickelte biohybride Systeme. A) CASUs mit Honigbienen: Über dem mit Wachsplatten bedeckten Boden der Arena befindet sich der zylindrische obere Teil, in dem sich die 6 Infrarotsensoren zur Wahrnehmung der Bienen und die Luftstromdüsen (abstoßender Reiz) befinden. Unterhalb des Arenabodens befinden sich die Heiz- (anziehen- der Wärmereiz) und Vibrationselemente (bremsender Reiz) des CASUs. B) (A) Mobiler Fisch- roboter (FishBot) mit magnetisch gekoppelter biomimetischer Attrappe (Teilausschnitt der Abb. »FishBot and biomimetic lure.« von Papaspyros u.a.53, lizenziert unter CC BY 4.0). Ver- suchsaufbauten für binäre Entscheidungsaufgaben für C) Honigbienen mit 2 CASUs in einer Arena und für D) Zebrabärblinge mit einem FishBot in einem ringförmigen Korridor (Bildaus- schnitt und Übersetzung aus dem Englischen der Abb. »Experimental setup.« von Papaspyros u.a.53, lizenziert unter CC BY 4.0). Die Roboter in den jeweiligen Aufbauten, und damit indi- rekt auch die Tiere, konnten über das Internet miteinander kommunizieren. 2.3.2 GEZIELTE STEUERUNG DES ÖKOLOGISCHEN SERVICE EINER SCHLÜSSELART: HO- NIGBIENEN Der nächste logische Schritt, um die organismische Augmentierung sinnvoll zur Lösung der ökologischen Krise einsetzen zu können, ist der Schritt aus dem Labor hin zur natürlichen Umgebung der Tiere. Dabei können die bereits in Laborver- suchen erprobten Reize zur Interaktion mit den Tieren verwendet werden. Die natürliche Umgebung bedeutet aber auch neue Schwierigkeiten für die Integration von Robotern in die Population: Die autonomen, technischen Artefakte müssen 53 Vgl. Papaspyros u.a.: »Bidirectional Interactions Facilitate the Integration of a Robot into a Shoal of Zebrafish Danio rerio«. NAVIGATIONEN MULTISPECIES COMMUNIT IES 169 MARTINA SZOPEK, RONALD THENIUS, MARTIN STEFANEC, DANIEL HOFSTADLER, JOS- HUA VARUGHESE, MICHAEL VOGRIN, GERALD RADSPIELER UND THOMAS SCHMICKL hier nicht nur präzise Reize an die Tiere abgeben, sie müssen unter erschwerten Bedingungen das Verhalten der Tiere bewerten und müssen darüber hinaus so in die Umgebung integriert sein, dass deren regulären Abläufe nicht gestört werden. Die technischen Artefakte, die zur Steuerung eines ökologischen Service einer Spezies eingesetzt werden, müssen also direkt in die natürliche Umwelt der Spe- zies integriert sein. Im Fall der Honigbiene werden die meisten Sensoren und Ak- tuatoren daher direkt in die Waben im Bienenstock eingebaut, die Oberfläche der Wabe bleibt weiter ungehindert für die Tiere zugänglich. Die gesamte Bienenwa- be wird somit quasi zu einer biohybriden Robotereinheit. In Abb. 8 werden Beispiele für Eingriffe in das Bienenleben in natürlicher Umwelt gezeigt. Wärme kann als anziehender Reiz wirken, führt man einem Teil einer Wabe Energie in Form von Wärme zu, erhöht sich die Bienendichte auf der erwärmten Hälfte (Abb. 8A im Vergleich zu Abb. 8C). Auch der Ort, an dem die Königin Brut legt, verschiebt sich hin zur erwärmten Seite (Abb. 8B im Vergleich zu Abb. 8D, helle Areale zeigen verdeckelte Brutzellen an). Ein Luftstrom führt als abstoßender Reiz zum Ausweichen von Bienen (vgl. Abb. 8E, Ort und Richtung des Luftstroms sind mit einem weißen Dreieck gekennzeichnet). Die drei überla- gerten Fotoaufnahmen zeigen, dass die Bienen sich vor dem Aktivieren des Luft- stroms im gesamten Fokusgebiet aufhalten (roter Farbkanal), bei aktiviertem Luft- strom ausweichen (grüner Farbkanal) und nach dem aktiven Luftstrom zurück- kehren (blauer Farbkanal). Die Wirkung von Vibration auf der Wabe als bremsender Reiz wird in Abb. 8F und G ersichtlich: Die übereinander gelegten Farbkanäle stellen das Bewe- gungsverhalten von Bienen über einen Verlauf von 5 Sekunden dar, wobei jeder Farbkanal eine »stroboskopische« Aufnahme darstellt. Je bunter das resultierende Bild ist, desto mehr haben sich die Bienen in diesem Zeitraum bewegt. Abb. 8F zeigt das Bewegungsverhalten der Bienen ohne aktiven Vibrationsreiz, Abb. 8G zeigt das Bewegungsverhalten während eines aktiven Vibrationsreize von 1000Hz (der Stern zeigt den Ort der Reizgenerierung an), die Bienen bewegen sich hier deutlich weniger im Vergleich zu Abb. 8F. Es ist keineswegs Ziel der Versuche, zu zeigen, dass Bienen kurzfristig ge- stört werden können, sondern vielmehr, dass diese minimalistischen Werkzeuge zur Verhaltensänderung der Tiere für sinnhafte Verhaltensänderungen der gesam- ten Population in der Interaktion mit ihrem umgebenden Ökosystem eingesetzt werden könnten. Die einfachen Reize können das Verhalten des gesamten Stocks nachhaltig verändern. Dafür müssen die Reize in Schlüsselmomenten eingesetzt werden. Ein anschauliches Beispiel hierfür ist die selektive Tanzunterdrückung von Sammlerinnen. Kommt eine Nahrung sammelnde Honigbiene von einem er- tragreichen Futterplatz, gibt sie diese Information an andere Sammlerinnen über Tänze weiter.54 Wollen wir zum Beispiel einen Schutzbereich für Wildbienen im Habitat einrichten, so können wir Tänze, die Futter in diesem Bereich anzeigen, 54 Vgl. Frisch: Tanzsprache und Orientierung der Biene. NAVIGATIONEN 170 MULTISPECIES COMMUNIT IES AUTONOME ROBOTERSCHWÄRME ALS STABILISATOREN GEFÄHRDETER ÖKOSYSTEME durch künstliche Vibrationsreize gezielt unterdrücken. Durch eine minimale Ver- haltensänderung an wenigen Individuen kann so das Verhalten des gesamten Bie- nenvolkes verändert werden. Abbildung 8: Beeinflussung von Bienenverhalten durch Wärmereize, Luftreize und Vibrations- reize im Kontext eines Bienenstocks in der freien Natur. Die Teilabbildungen A - G zeigen die Wirkung dieser Reize in »vorher/nachher« Vergleichen, nähere Details finden sich im Text. NAVIGATIONEN MULTISPECIES COMMUNIT IES 171 MARTINA SZOPEK, RONALD THENIUS, MARTIN STEFANEC, DANIEL HOFSTADLER, JOS- HUA VARUGHESE, MICHAEL VOGRIN, GERALD RADSPIELER UND THOMAS SCHMICKL 3. DISKUSSION UND CONCLUSIO Während wir bei oben aufgeführter »Organismischen Augmentierung« Roboter in bestehende Tiergesellschaften einführen, und diese damit »erweitern«, geht beim »proaktiven Monitoring« der Prozess in die gegenteilige Richtung: Die Komponen- ten von Robotern werden Schritt für Schritt durch organische Komponenten er- setzt. Am Ende, wenn man diese Prozesse bis zum Extrem vorantriebe, würden beide Prozesse am gleichen Punkt ineinander münden: Gänzlich künstliche Lebe- wesen und Lebensgemeinschaften werden geschaffen, bestehend aus organischen lebenden Komponenten, sozusagen eine alternative Natur. Ähnliches gilt auch für den Prozess des »Ökosystem Hackings«, der die Interaktionsnetzwerke in Öko- systemen neu verknüpft. Auch dies ließe sich bis zum Entstehen gänzlich künstli- cher Ökosysteme vorantreiben. Dies ist jedoch nicht die Absicht dieser For- schungslinien, obwohl sie durchaus den Grundzielen von Artificial Life entspräche. Vielmehr sollen bei unseren Forschungsvorhaben die natürlichen Systeme (Orga- ne, Lebensgemeinschaften, Gesellschaften, Ökosysteme) nur soweit mit künstli- chen Akteuren durchdrungen werden, wie es zur Stabilisierung und Erhaltung eben dieser Systeme notwendig erscheint. Eine erschöpfende Beschreibung von Lebensgemeinschaften in ihrer Umwelt bedarf einer interdisziplinären Zusammenarbeit von verschiedenen Forschungs- disziplinen. Die Liste wird umso länger, je genauer man ökologische Phänomene verstehen möchte. Sobald man mit technischen Artefakten mit einem Ökosystem interagieren möchte oder gar muss, braucht es ein weiteres Level der Expertise. So muss man nicht nur das System verstehen, sondern auch die Werkzeuge, die man verwendet, um es zu beeinflussen. In der praktischen Anwendung schwinden die Grenzen zwischen den beteiligten Fachbereichen in einem transdisziplinären Prozess. In einem solchen Unterfangen müssen VerhaltensforscherInnen mit SoftwareentwicklerInnen zusammenarbeiten, um Verhaltensprogramme für Ro- boter zu schreiben, die von einem IngenieurInnenteam nach Konsultation von Klima- und WetterforscherInnen wetterfest gebaut wurden. Es gibt dabei nicht wirklich klare Grenzen zwischen den einzelnen Bestandteilen und aneinander- grenzenden Ökosystemen, genauso wenig wie es Grenzen hinsichtlich möglicher Kooperationsmöglichkeiten gibt, wenn Vorhaben aus dem Wissenschaftsfeld Arti- ficial Life natürliche Ökosysteme unterstützen sollen. Jeder Eingriff in die Natur sollte mit Vorsicht getätigt werden. Somit ist eine der vielen Herausforderungen, denen sich das »Artificial Life Lab« stellt, die Risi- koabschätzung und Bewertung von solch künstlichen Eingriffen. Eine Intervention, die vorsieht, Roboter in organische Lebensgemeinschaften einzuschleusen, bringt ihre Risiken mit sich: fehlende Voraussicht oder defekte Soft- und Hardware kann unerwartete Auswirkungen auf die Organismen haben, die sich aber in Grenzen halten, da sich die Roboter nicht vermehren können. Gängige Alternativ- Strategien bringen im Vergleich dazu signifikante Gefahren mit sich: So können sich zum Beispiel zur Schädlingsbekämpfung eingeführte Organismen unter Um- ständen ungehemmt vermehren, und damit selbst zum Problem werden. Gene- NAVIGATIONEN 172 MULTISPECIES COMMUNIT IES AUTONOME ROBOTERSCHWÄRME ALS STABILISATOREN GEFÄHRDETER ÖKOSYSTEME tisch modifizierte Lebewesen könnten andere Arten verdrängen, oder andere Ei- genschaften aufweisen als zuvor antizipiert. Der Vorteil einer roboterbasierten In- tervention liegt in der Reversierbarkeit: es ist prinzipiell umsetzbar, Roboter per Knopfdruck zu deaktivieren, oder sie von Anfang an mit einem Timer zu verset- zen, dessen Ablauf die Abschaltung des Roboters einleitet. Tipping-Points (oder im Deutschen auch »Kipp-Punkte«) sind, zu Recht, im- mer öfter Gegenstand öffentlicher Diskussionen im Themenbereich Klima und Umwelt. Kipp-Punkte bezeichnen Punkte, deren Überschreitung zu plötzlichen, und meist irreversiblen, Veränderungen im System führt. Diese Veränderungen werden aber oft erst allgemein bemerkbar, wenn es schon zu spät ist. Aktuelle Beispiele für wahrscheinliche Kipp-Punkte sind unter anderen das Abschmelzen des Grönländischen Eisschildes oder die Entwaldung des Tropischen Regenwal- des. Wir befinden uns laut Lenton u.a.55 sogar schon in »einem Zustand des plane- tarischen Notstandes«, und haben vielleicht nicht mehr genug Zeit, um das Kip- pen zu verhindern, lediglich die Rate, mit der sich die daraus resultierenden Schä- den anhäufen, könnte noch in unserer Hand liegen – wenn wir ohne Zeitverzöge- rung handeln. Die Belege für die These, dass wir uns gerade im sechsten großen Massenaussterben befinden, häufen sich immer mehr56, was den Schluss zulässt, dass die Menschheit kürzlich viele kleinere solcher Kipp-Punkte (irreparable Schäden durch CO2-Emissionen, Artensterben, ...) bereits überschritten hat, und wir in diesem Augenblick kollektiv dabei sind, einen weiteren, großen Kipp-Punkt zu überschreiten. In der Menschheitsgeschichte mangelt es leider nicht an Beispielen von zu- sammenbrechenden Ökosystemen mit gravierenden Folgen. Ein besonders dras- tischer Fall entsprang dem »Großen Sprung nach vorn« unter Mao Zedong, bei dem in der »Spatzenkampagne« Sperlinge von der großteils bäuerlichen Bevölke- rung ausgerottet werden sollten, um das ausgebrachte Saatgut zu schützen. Da dabei aber auch die Populationen insektenfressender Vogelarten stark dezimiert wurden, konnten sich daraufhin viele Schädlinge ungehemmt verbreiten. Die Kon- sequenz war kein erhöhter, sondern ein deutlich verminderter Ernteertrag, und in weiterer Folge die Exazerbation der Großen Chinesischen Hungersnot, in der mindestens 15 Millionen Menschen gestorben sind.57 Auch wenn wir es in vielen Fällen – wie in diesem hier – nicht wissen, so hängen wir von den Ökosystemen und oftmals von einzelnen Arten oder Organismengruppen entscheidend ab. Solche ökologischen Katastrophen manifestieren sich oft auffallend schnell und meist für alle Beteiligten überraschend, stellen sie doch einen »ökologischen Phasenübergang« dar. Während der Verursacher bei Maos Spatzenkampagne recht klar ist, sind derartige Phänomene oft auch schwer ergründbar, da sie multi- 55 Vgl. Lenton u.a.: »Climate tipping points«. 56 Vgl. Ceballos u.a.: »Accelerated Modern Human-induced Species Losses«. 57 Vgl. Peng: »Demographic Consequences of the Great Leap Forward in China's Provinc- es«. NAVIGATIONEN MULTISPECIES COMMUNIT IES 173 MARTINA SZOPEK, RONALD THENIUS, MARTIN STEFANEC, DANIEL HOFSTADLER, JOS- HUA VARUGHESE, MICHAEL VOGRIN, GERALD RADSPIELER UND THOMAS SCHMICKL faktoriell begründet sind: Sei es das Anoxia-Phänomen58 in der Lagune von Vene- dig, oder plötzlich auftretende Massenvermehrungen von Quallen im ostasiati- schen Raum.59 Die Ursache für die scheinbare Unvorhersehbarkeit dieser Art von Öko-Katastrophen liegt in den komplexen Netzwerken der Ökosysteme. Die in- ternen Mechanismen, bestehend aus wechselweisen Abhängigkeiten und Feed- backs, die ein Ökosystem normalerweise stabilisieren, sind vielfältig, kaum sicht- bar, schwer messbar, und daher oft nicht bekannt. Wenn plötzlich ein relevantes Element eines Ökosystems ausfällt, bleibt dies in der Regel zunächst unbemerkt, bis der darauf folgende Zusammenbruch der stabilisierenden Regulative die Dra- matik der Veränderung plötzlich augenscheinlich werden lässt. Mit konventionel- len Mitteln wie Beobachtung und Statistik sind solche Phänomene nur schwer verstehbar, und nur selten vorhersagbar. Erst wenn die experimentell und durch deskriptives Monitoring erhobene Datenbasis Eingang in die weiterführenden nicht-linear formulierten mathematischen Modelle der Komplexitätsforschung fin- det, kann ein tieferes akademisches Verständnis für die oft sehr komplexen und daher teils chaotisch erscheinenden Prozesse um uns herum entstehen. Während die hier vorgeschlagene Methode des proaktiven Umweltmonito- rings mit Roboterschwärmen eine Methodik ist, die bereits mit den uns heute verfügbaren Mitteln der Technik in freier Wildbahn umgesetzt werden kann, ist der pro-aktive Eingriff in Form der Intervention etwas, das nur im Labor wirklich erprobt worden ist. Diese Methode wird wahrscheinlich noch viele Jahre benöti- gen, um in freier Wildbahn als gezieltes Ökosystem-stabilisierendes Werkzeug zu funktionieren. Zwar setzen wir derartige Technologien bereits im Projekt HIVE- OPOLIS mit frei ausfliegenden Bienen ein, die Technologie selbst befindet sich aber im Bienenstock, wo sie zentralisiert in einer Umwelt arbeitet, die von den Bienen selbst relativ konstant – fast wie in einem Labor – gehalten wird. Es ist also hier noch ein deutlicher Schritt zu wirklich autonom agierenden Robotern, die in freier Wildbahn unterwegs sind und bei Bedarf eingreifen oder die Dichte einer Spezies dauerhaft modulieren. Der letzte von uns vorgeschlagene Schritt, das Ökosystem Hacking, ist natürlich aus heutiger Sicht reine Science-Fiction, zumin- dest in freier Wildbahn. Und das ist auch gut so, denn es wird noch Jahrzehnte dauern, bis wir weit genug fortgeschritten sind in den nötigen Forschungsgebie- ten: in der Technologieentwicklung, im Umweltverständnis und im ebenfalls nöti- gen Komplexitätsverständnis. Gerade deshalb erscheint es uns besonders wichtig, die ersten Schritte dazu jetzt im Labor zu unternehmen und das Grundprinzip zu demonstrieren. Von dort aus kann man sie weiterentwickeln, damit wir diese Technik, falls wir sie in einigen Jahrzehnten einmal dringend für unser Überleben benötigen sollten, dann auch in ausgereifter Form zur Verfügung haben. Denn nichts ist gefährlicher als eine eventuell unausgereifte Technologie auf Ökosyste- 58 Vgl. Sfriso u.a.: »Benthic Macrofauna Changes in Areas of Venice Lagoon Populated by Seagrasses or Seaweeds«. 59 Vgl. Purcell u.a.: »Anthropogenic Causes of Jellyfish Blooms and Their Direct Conse- quences for Humans«. NAVIGATIONEN 174 MULTISPECIES COMMUNIT IES AUTONOME ROBOTERSCHWÄRME ALS STABILISATOREN GEFÄHRDETER ÖKOSYSTEME me loszulassen, die dann wahrscheinlich viel instabiler sein werden, als sie es heu- te sind. Wenn wir nicht jetzt damit anfangen, die Grundlagen in dieser Technolo- gie zu erforschen, dann kann es dafür bald schon zu spät sein, merken werden wir oder unsere Nachfahren dies allerdings erst in vielen Jahrzehnten. DANKSAGUNG Dieser Artikel wurde unterstützt vom Profilbildenden Bereich »Complexity of Life in Basic Research and Innovation« (COLIBRI) der Universität Graz sowie vom EU H2020 FET-Proactive Projekt HIVEOPOLIS (Nr. 824069), vom EU FP7 FET- Proactive Projekt ASSISI_bf (Nr. 601074), vom EU H2020 FET-Proactive Projekt subCULTron (Nr. 640967), vom EU H2020 FET-Proactive Projekt florarobotica (Nr. 640959) und vom EU H2020 Projekt ROBOCOENOSIS (Nr. 899520). 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