Ed Wood Trash & Ironie Deep Focus 14 Danksagung: Das vorliegende Buch ist eine überarbeitete Fassung einer Dissertation, die von der Philosophischen Fakultät der Rheinischen Friedrich-Wilhelm-Universität zu Bonn im Juni 2011 angenommen wurde. Ein solches Buch lässt sich nicht ohne die Unterstützung durch Freunde und Kollegen schreiben. Danken möchte ich daher denjenigen, die durch ihre großzügige Unterstützung die Arbeit an diesem Werk und den Druck dieses Buches möglich gemacht haben, allen voran Einhard und Jutta Kulle, die mir schon das Studium finanziell erleichtert haben, Ingeborg Wick sowie meinen Eltern Margot und Volker Kulle und meinen Brüdern Christoph und Philipp Kulle. Danken möchte ich auch meinen beiden Betreuerinnen, Ursula von Keitz und Margrit Tröhler, die mir mit Rat und Kritik zur Seite standen. Und danken möchte ich nicht zuletzt dem Verlag Bertz + Fischer für die editorische Arbeit sowie der Geschwister Boehringer Ingelheim Stiftung für Geisteswissenschaften für den Druckkostenzuschuss zu diesem Buch. Über den Autor: Daniel Kulle hat Biologie und Geografie in Kiel studiert und, nach mehreren Forschungsreisen in Namibia, Honduras und der Antarktis, seine Diplomarbeit im Bereich der Polarökologie und Fotosyntheseforschung geschrieben. Einen radikalen Fachwechsel vollzog er, indem er in Zürich ein Zusatzstudium der Filmwissenschaft absolvierte. Als wissenschaftlicher Mitarbeiter der Film- und Medienwissenschaft in Zürich und Bonn forschte er zu Trash und Exploitation, Raumtheorie, Queer Cinema und transmedialem Erzählen. Das Buch über Ed Wood basiert auf seiner Dissertation. Derzeit bereitet er in Hamburg ein Forschungsprojekt zur Kinästhetik des Actionfilms vor. Daniel Kulle Ed Wood Trash & Ironie Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar. Gedruckt mit Hilfe der Geschwister Boehringer Ingelheim Stiftung für Geisteswissenschaften in Ingelheim am Rhein Redaktionelle Mitarbeit: Deborah Bischofberger, Barbara Heitkämper, Josefine Löser Fotonachweis: Umschlag vorne: Archiv des Verlages: plan 9 from outer space (oben), bride of the monster. Umschlag hinten: Screenshots aus glen or glenda, orgy of the dead, plan 9 from outer space, take it out in trade (von oben nach unten). Innenteil: siehe S. 186. Alle Rechte vorbehalten © 2012 by Bertz + Fischer GbR, Berlin Wrangelstr. 67, 10997 Berlin Druck und Bindung: druckhaus köthen, Köthen Printed in Germany ISBN 978-3-86505-315-2 Inhalt Einleitung 9 Theorie 15 Erste Annäherungen an das Phänomen des Trash 15 Die fragile Konstruktion eines Trashkorpus 16 Trash, B-Movies oder Exploitation? 18 Trash zwischen Obszönität, Kult und Camp 20 Trash und Individual-Listen 24 Schlechter Geschmack als soziale Distinktion 25 Trash als Abfall der Filmkritik? 26 Trash als subversives Produkt des Fandom? 28 Trash und die Entwertung als Müll 31 Müll als Nutzlosigkeit 33 Müll als Eigenschaftslosigkeit und als Zeitlichkeit 34 Müll und Recycling 36 Hybridität als Bedrohung 38 Jogurtbecher und Trashfilm 39 Die Paradoxa des Trashfilms 40 Trash und die ironische Aufwertung 41 Vier Arten des Umgangs mit schlechten Filmen 43 Absurdismus und romantische Ironie 46 Trashrezeption als Suche nach Widersprüchlichkeiten 48 Geschichte 50 Die Hollywoodindustrie in den 1950ern 51 Das Paramount-Urteil öffnet den Kinomarkt 51 Billigfilme werden zur Mangelware 53 Unit-Producer-Modell flexibilisiert den Arbeitsmarkt 53 Hollywood und das Fernsehen 54 Der Anfang vom Ende des Production Codes 56 Die Strategien der Verleiher und Kinobetreiber 58 Das Phänomen der billigen Filme 61 Die B-Movies des Klassischen Hollywoods 61 Die Quickies am untersten Rande Hollywoods 63 Classical Exploitation 63 Teenploitation 66 Sexploitation 68 Edward D. Wood jr. im historischen Kontext 69 Ed Wood als Regisseur und Drehbuchautor 70 Das Team Wood zwischen altem und neuem Hollywood 74 Erratische und fragmentarische Arbeitsweise 76 Die Produktionsfirmen von Woods Filmen 77 Die Finanzierung von Woods Filmen 79 Ed Wood im Kontext der 1950er 82 Verleih und Vertrieb in Kino und Fernsehen 83 Genre 88 Vom klassischen Horror zum Weirdie 89 Der klassische Horrorfilm und seine Wurzeln 89 bride of the monster und der verrückte Wissenschaftler 91 Der Sciencefictionfilm der 1950er 94 night of the ghouls und die Anb iederung an 97 das Teenagerkino the bride and the beast und das Jungle Picture 99 plan 9 zwischen Horror und Sciencefiction 101 Woods Horrorfilme und ihre Zeitlichkeit 102 Sex and Crime 102 glen or glenda und der Aufklärungsfilm 103 jail bait als Krimi 108 the violent years und die weiblichen Halbstarken 110 the sinister urge und der Pornoring 112 Das Spätwerk: Sexploitation und Porno 114 Wood, Trash und Genre 115 Ästhetik 116 Spuren des Billigen 117 Filmpannen 119 Sichtbar schlechte Kulissen 121 Spezialeffekte 124 Laienspiel 125 Künstlichkeit und Pathos 128 Ein Arbeitsbegriff des Pathos 129 Das Pathos des Sprachlichen 131 Posen 133 Intertextualität der Figuren 135 Ansteckende Künstlichkeit 137 Sinnlosigkeit und Sinnhaftigkeit 141 plan 9 als ein sinnloser Film 142 Kausalität und Plausibilität 143 Die Handlungsmotivation der Figuren 145 Kaleidoskop-Räume 146 Die unsichere Positionierung des delegierten Erzählers 147 Found-Footage, Archivmaterial und Recycling 149 Nächtliche Räume 152 Ceci n’est pas un lieu 153 Dilettantismus 160 Eine Ästhetik des Scheiterns 160 If you can’t make it there ... 161 Die ironische Aufwertung des Dilettanten 162 Goethes und Schillers Dilettantismuskonzept 162 Der französische Dilettantismusbegriff 163 Schwärmer, Schelm, Sisyphos 164 Die Konstruktion von Wood im Fandom der 1980er 165 Das Biopic ed wood als Trivialisierung 168 Schlusswort 171 Anhang Kurzglossar 174 Bibliografie 175 Archivquellen und Urteile 185 Fotonachweis 186 Index 188 Einleitung Einleitung Oft bei Laternenschein, im roten Licht, / Souvent à la clarté rouge d’un réverbère / Wenn Wind die Flamme zaust und fast das Dont le vent bat la flamme et tourmen- Glas zerbricht, / In schlammig alten Gas- te le verre, / Au cœur d’un vieux fau- sen mit winkeligem Lauf / Dort, wo die bourg, labyrinthe fangeux / Où l’humanité Menschheit brodelt, als zög Gewitter auf, grouille en ferments orageux, Sieht man den Lumpensammler übers On voit un chiffonnier qui vient, hochant Pflaster holpern, / Kopfschüttelnd wie la tête, / Butant, et se cognant aux murs ein Dichter gegen Mauern stolpern; / Ihn comme un poète, / Et, sans prendre souci kümmern nicht die Lauscher, die sich um des mouchards, ses sujets, / Epanche tout ihn scharen, / Er muß sein Herz in kühnen son cœur en glorieux projets. Plänen offenbaren. Charles Baudelaire – Der Wein der Lumpen- Charles Baudelaire – Le Vin de chiffonniers sammler (In: Baudelaire 2008: 112) (In: Baudelaire 1861: 247) Im Dezember 1978 eröffnete das Thalia- Besonders begeistert von Film und Fil-Theater in Manhattan mit der Wieder- memacher war der 24-jährige Cineast Ru- aufführung eines Films, der längst in Ver- dolph Grey, der sich in den folgenden 14 gessenheit geraten war: glen or glenda. Jahren der Aufgabe widmen sollte, Fotos, Der Film war 1953 von dem damals 28-jäh- Dokumente und Interviews zu einer Biografie rigen Edward D. Wood jr. gedreht worden. des Unbekannten zu formen. Ganz anders, Er war ein Mix aus Autobiografie und Do- mit geringfügigerer Akribie und doch eben- kumentarfilm, aus Horror und Pornografie, so wirkungsmächtig für das Fandom um Ed ein wirres Werk voller Inkonsistenzen und Wood war eine Publikation, die die beiden Absurditäten, das sich zum Ziel setzte, über Brüder Harry und Michael Medved 1980 he- das Thema Cross-Dressing und Transsexu- rausgaben. Nur wenige Monate nach Greys alität zu informieren, an diesem Anspruch Kinobesuch in Manhattan veröffentlichten aber grandios scheiterte. Auf Ed Wood wa- sie unter dem Titel Turkey Awards eine Pa- ren die meisten der Zuschauer allenfalls rodie auf die Oscarverleihung, in welcher einmal im Nachtprogramm des Fernsehens sie neben anderen die Auszeichnung für den gestoßen. Doch in einer Stimmungslage von schlechtesten Regisseur aller Zeiten verlie- subkultureller Hipness, Mitternachtskinos hen: an Ed Wood. und postmoderner Ironie war dieser seltsa- Die Lobpreisung der Medveds an den me Regisseur mit seinen noch seltsameren schlechtesten Regisseur aller Zeiten bildete Filmen ein geeigneter Magnet, um das New die Initialzündung des Wood-Fandoms. Der Yorker Publikum zu reizen. längst verstorbene Filmemacher der 1950er 9 Einleitung konnte in den folgenden Jahrzehnten eine soziologischen Aspekte dieser speziellen Re- stets zunehmende Zahl an Anhängern ge- zeption, sondern die Merkmale des Werkes, winnen und so zum Star eines anderen Kinos die eine solche Rezeptionsart ermöglichen. stilisiert werden. Anfang der 1990er Jahre Gesucht wird also nach den Elementen, die wurde gar das glamouröse Hollywood auf es einem Film gestatten, zu einem Trashfilm den Regisseur aufmerksam, den es zu Leb- zu werden. zeiten so verschmäht hatte: Das Biopic ed Trash, so die zweite grundlegende The- wood (1994, R: Tim Burton) konsolidierte se, baut auf einem kulturellen Müllkonzept das Fandom, disziplinierte es, trivialisierte es auf. Zentrale Merkmale des Müllbegriffs – wohl auch. Doch nicht zuletzt machte es ein wie etwa Hybridität, Liminalität und Min- breites Publikum mit dieser seltsamen Figur derwertigkeit oder aber sein gleichermaßen bekannt, die ein Vierteljahrhundert zuvor auf Vergangenheit wie Zukunft gerichteter verzweifelt versucht hatte, auf der Lichtsei- Zeitbegriff – interagieren mit analogen Cha- te der Traumstadt Fuß zu fassen. rakteristika des Trashfilms und übertragen Die Genderinstabilitäten von glen or somit Abwertungsmechanismen des Mülls glenda, das Pathos und die Irrationalität in auf das kulturelle Werk. seinen Sciencefictionfilmen, bride of the Drittens, so die abschließende These, er- monster (1956) oder plan 9 from outer möglicht der Müllcharakter des Trash eine space (1959), vor allem aber das technische ironische Zugangsweise, die sich vor allem Ungeschick und die ins Auge springende In- an Widersprüchen, Inkohärenzen und Ab- kompetenz des Filmemachers haben Wood surditäten eines Films nährt. Die Abwer- posthum und bis heute zu einer Ikone des- tungen des Unrats werden dabei nicht um- sen werden lassen, was sich unter dem Be- gekehrt. Vielmehr stehen positive und ne- griff des Trashfilms zusammenfassen lässt. gative Wertung in der Rezeption kulturel- Trash sind Filme aus den Randgebieten der ler Artefakte als Trash auf paradoxe Weise Kulturindustrie, die sich dem Mainstream nebeneinander. widersetzen, aber stets auf ihn zurückgebun- Der erste Teil der vorliegenden Arbeit den sind. Trash sind Filme, die man als ge- setzt damit an, die Begrifflichkeiten und Er- bildeter Mensch nur mit ironischer Distanz klärungsversuche zum Phänomen auseinan- zu genießen sich traut. Mit anderen Worten: der zu sortieren, um anschließend in einem Trash, das sind Filme, die so schlecht sind, kurzen Abriss den Versuch einer Theorie des dass sie schon wieder gut sind. Dieses Pa- Trash zu entwickeln: Was ist unter Trash zu radoxon der doppelten, widersprüchlichen verstehen? Und was heißt ironische Rezep- Wertung ist es, das im Mittelpunkt dieser tion? Der zweite Teil präsentiert in einem Arbeit steht und das an einem paradigmati- Überblick das filmhistorische und hier vor- schen Beispiel, dem Filmwerk des ›schlech- rangig das ökonomische Dispositiv Holly- testen Regisseurs aller Zeiten‹, Edward D. wood, in dem Edward D. Wood jr. gearbei- Wood jr., erläutert werden soll. tet hat: Wie konnte es sein, dass Wood es Trash, so die auf Sconce (1995) aufbau- stets aufs Neue schaffte, das Geld für seine ende These, ist ein Rezeptionsmodus, mit Projekte zusammenzubekommen? Was heißt dem eine Zuschauerin oder ein Zuschauer es, am Rande der Filmindustrie der 1950er auf eine bestimmte Sorte von kulturellen, Jahre zu operieren? Wie gestalten sich die in diesem Fall kinematografischen Werken Produktionsbedingungen, die in Woods Fil- zugreift. Im Zentrum des Interesses der men sichtbar an die Oberfläche drängen? vorliegenden Arbeit stehen dabei nicht die Der dritte Teil schließlich analysiert den 10 Einleitung Genrecharakter der Filme und versucht, feld der britischen Cultural und Subcultural sie auf stilistischer Ebene in einen histori- Studies, die seit den 1990er Jahren auch auf schen Zusammenhang zu bringen. Teil vier andere Länder ausstrahlen, wurde zudem widmet sich den ästhetischen Inkohärenzen der filmwissenschaftliche Kanon akzeptabler und Widersprüchen und zeigt, warum die Untersuchungsgegenstände auf Werke und Filme auch tatsächlich so schlecht ausse- Praktiken der bis dahin als trivial verachte- hen. Der fünfte Teil beschäftigt sich letzt- ten Unterhaltungskultur erweitert. Trash und endlich mit der Figur Ed Wood, wie sie im Trashfilme konnten so auch im Zentrum der Fandom konstruiert wird, und untersucht, universitären Praxis zum Forschungsobjekt inwieweit diese Figur dem Typus des Dilet- werden. Ein kohärentes Korpus ›Trash‹ ist tanten entspricht. jedoch bis heute nicht auszumachen. Nicht Edward D. Wood jr. als Paradigma oder einmal ein gemeinsamer Begriff für die hier zumindest als ein geeignetes Beispiel für die genannten Phänomene und Filme lässt sich Untersuchung des Trash zu betrachten, heißt bislang finden: So sprechen die einen von gleichzeitig, eine ganze Reihe von anderen Exploitation, die anderen von Trash, wieder Regisseuren, Filmen und Fragestellungen andere von Kult, wenn zumindest ungefähr zu ignorieren. Die durchaus komplizierten dasselbe gemeint ist. Grenzen zwischen Kunstkino und Trashfilm, Eine erste Trashtheorie avant la lettre ist die sich an Filmemachern wie Paul Morris- Ien Angs 1985 erschienene Arbeit zur Rezepti- sey, Jean-Luc Godard, Alexander Kluge oder on der Fernsehserie Dallas (USA 1978–1991), Christoph Schlingensief festmachen lassen, in der sie auf Seiten der Zuschauerinnen eine sollen in dieser Arbeit nicht besprochen wer- äußerst ambivalente, häufig neu ausgehandelte den. Ebenso wenig wird eine komparatisti- Positionierung zur trivialen und doch faszi- sche Antwort auf die Frage nach der Auto- nierenden Serie ausmacht (Ang 1985). Eine renintention gegeben, mit der etwa ›unfrei- weitere Theorie findet sich in Linda Williams’ willig komische‹ Regisseure wie Wood von 1991 erschienenem Aufsatz »Film Bodies – ›absichtlich‹ trashigen Filmemachern wie Gender, Genre and Excess« (Williams 1999). John Waters oder gar hochgradig reflexiven Ausgehend von der umgangssprachlichen Cha- ›Metatrash‹-Filmern wie Quentin Tarantino rakterisierung von einigen Filmen als »gross« unterschieden werden könnten. Gleichzei- (krass) untersucht sie die viszerale Einbindung tig wird sich diese Arbeit auch nur auf einen des Zuschauers und der Zuschauerin in be- Ausschnitt aus Woods Werk beschränken: stimmten, an Körperlichkeit gebundenen und die Filme der 1950er Jahre. Aus diesem dadurch abgewerteten Genres. Jahrzehnt stammt das Hauptwerk des Re- Besonders im Umfeld der Cultural Stu- gisseurs, das seinen Ruhm als Trashregis- dies wurde seit den 1990er Jahren verstärkt seur begründete. Die durchaus zahlreichen zu dem Thema gearbeitet: Jeffrey Sconce Drehbucharbeiten Woods kommen nur am (1995) legte mit »›Trashing‹ the Academy« Rande zur Diskussion, seine erotischen Ro- eine Theorie vor, die Trash vor allem als Re- mane und Kurzgeschichten werden ebenso zeptionsmodus auf Seiten der Zuschauer ver- sträflich missachtet wie seine pornografi- ortet, statt ihn auf textinterne Qualitäten schen Kurz- und Featurefilme der 1960er zurückzubinden. Paul Watson (1997) dage- und 70er Jahre. gen sieht im Trash einen Rückbezug auf At- Die Forschung zum Thema besteht zu traktionsqualitäten des frühen Kinos. Mark einem großen Teil aus Genrestudien zu Hor- Jancovich knüpft an den Geschmacksbegriff ror, Sciencefiction und Pornografie. Im Um- bei Bourdieu an, gesteht jedoch die Fähig- 11 Einleitung keit, kulturelles Kapital zu generieren, auch tur und massenmedialer Populärkultur im weniger privilegierten Schichten und Grup- Hinblick auf die Konstruktion der ameri- pen zu und erkennt darin die widerständigen kanischen Nation. Kate Egan dagegen, die Möglichkeiten von Trashrezeption und Kult- die Fankultur um die in den 1980er Jahren praxis (vgl. etwa Jancovich 2002, Jancovich verbotenen Videofilme, die Video Nasties, et al. 2003). Barry Keith Grant hingegen untersucht (Egan 2007), deutet mit dem findet in Trash- und Kultfilmen häufig eine Begriff des Trash vor allem auf eine gene- doppelbödige Ideologie verkörpert, die das relle Frage des Archivierens, wann nämlich Andere als Karikatur zu zeigen, aber auch kulturelle Objekte aufbewahrt und wann sie zu zähmen versucht, »at once transgressive als Trash, d. h. als Müll verworfen werden and recuperative« (Grant 2000). sollen. Gael Sweeney wiederum verwendet Die Sammelbände von Cartmell (1997), in ihrer Arbeit zu natural born killers Mendik & Harper (2000), Jancovich (2003a), (1994, R: Oliver Stone) die soziologische Mathijs & Mendik (2004a) oder Sconce bzw. rassistische Kategorie des White Trash (2007) setzen die Arbeit an diesem bun- (Sweeney 2001). ten Themenfeld fort, ohne jedoch eine ge- Ein Phänomen wie Trash ist eng mit dem meinsame Begrifflichkeit oder gar Theorie des Fandoms verknüpft. Und eine Fangemein- zu entwickeln. Trashforschung, das sind Un- de ist nicht nur eine Interpretative Community, tersuchungen zu Doris Wishman oder Mario sondern stets auch eifriger Textproduzent. Bava, zum aztekischen Horrorfilm oder zum Neben den Arbeiten, die im universitären Homo-Militär-Film, zu a nightmare on Umfeld entstanden und in einen film- bzw. elm street (1983, R: Wes Craven) oder zu kulturwissenschaftlichen Diskurs eingebet- maniac (1934, R: Dwain Esper). tet sind, sind bei Trash daher auch die Texte Nicht nur ist die Fachterminologie in- der Fans und Filmkritiker mit zu beachten. nerhalb dieses zumindest thematisch zu- Zwar sind weite Teile der Textproduktion sammenhängenden Forschungsfeldes nicht des Fandoms auf schlecht erhältliche Fan- geklärt; der für diese Arbeit gewählte Begriff zines beschränkt, andere dagegen sind in des Trash findet sich darüber hinaus auch in Buchform verfügbar: Filmnachschlagewer- einer Reihe weiterer Untersuchungen, die mal ke und Sammlungen von Filmkritiken, wie mehr, häufig aber auch weniger mit dem zu etwa die Turkey Awards der Medveds (Med- tun haben, worum es in diesem Buch geht. ved & Medved 1980), Michael Weldons um- In Fernsehdiskursen etwa hat der Terminus fassende Psychotronic Encyclopedia of Film einen sensationellen, einen Boulevard-Cha- (Weldon 1996), Rolf Giesens Kino, wie es rakter (damit ähnelt er der Exploitation), keiner mag – Die schlechtesten Filme der Welt gleichzeitig aber eine enge Verbindung zu (Giesen 1984), The I Was a Teenage Juvenile Formaten des Reality-TVs und nicht selten Delinquent Rock ’n’ Roll Horror Beach Party auch einen deutlichen Klassenbezug (vgl. Movie Book (Betrock 1986) oder The Plea- Keller 1993 oder Hickethier 2000). Richard sure and Pain of Cult Horror Films (Paszylk Keller Simon (Simon 1999) und Stacey Ols- 2009), die Sammelbände Incredibly Strange ter (Olster 2003) setzen Trash gar in toto mit Films (Vale & Juno 1988), The Sleaze Mer- Populärkultur gleich: Simon etwa untersucht chants (McCarty 1995) und Horror at the die Verknüpfungen zwischen dieser als trivial Drive-in (Rhodes 2003) oder Blake Ryans gesetzten Populärkultur und älteren Erzähl- eklektische Sammlung Trash Cinephile (Ryan traditionen und Mythen; Olster beschreibt 2008) sind ebenso mit einzubinden wie Ho- das Verhältnis von hochkultureller Litera- bermans und Rosenbaums Midnight Movies 12 Einleitung (Hoberman & Rosenbaum 1991) oder Jack Zu Woods Filmwerk hat der Kritiker Rob Stevensons Land of a Thousand Balconies Craig eine umfassende Analyse vorgelegt, (Stevenson 2003b), die auch die kultur- in welcher er mit filmanalytischen Mitteln, pragmatischen Seiten des Trashphänomens die aus Sicht des Akademikers nicht immer einzufangen versuchen. Fotografische Bild- über jeden Zweifel erhaben sind, die Werke bände wie The Big Book of B Movies (Cross Woods mit Konzepten von Jung oder Brecht 1981) präsentieren darüber hinaus die visu- verknüpft (Craig 2009). Ähnlich, wenn- elle Komponente des Trashfilms; Bücher wie gleich methodisch trittfester, betrachtet The Graphic Genius of Xploitation Movie Chris Cooling die Thematik von glen or Posters (Boyreau 2002) widmen sich gar der glenda aus der Warte von Foucaults Se- für den Trashfilm spezifischen Plakatkultur xualitätsbegriff (Cooling 2003). Zum lite- des späten 20. Jahrhunderts. rarischen Werk Woods existiert zudem das Über Edward D. Wood jr. selbst ist bis- für Sammler geschriebene Buch Muddled lang nur wenig Akademisches, dafür umso Mind (Hayes 2006). mehr im Umfeld des Fandoms geschrieben Dass sich die Grenzen einzelner Diskurse worden (vgl. etwa Routt 2001). Rudolph in diesem weiten Feld von wissenschaftlichen, Grey hat 1995 eine fragmentarische Bio- journalistischen und Fantexten nur selten grafie zu Wood vorgelegt (Grey 1995), die eindeutig ziehen lassen, weist auf eine Reihe – zumindest mit Vorsicht – durch die Au- von Deutungsmachtkämpfen hin, in denen tobiografie von Woods zeitweiliger Partne- seit einigen Jahrzehnten Wertungsphänome- rin Dolores Fuller (Fuller 2009) zu ergän- ne im kulturellen Bereich neu ausgehandelt zen ist. Die von Grey gesammelten Zitate, werden (vgl. Weingart 2002: 21). So hat bei- vor allem aber die Ausführungen in Fullers spielsweise Schumacher (2010) am Beispiel Memoiren machen die methodischen Prob- von Deutschland ein Spannungsverhältnis leme deutlich, die entstehen, wenn subjek- zwischen journalistischen und literarischen tive Äußerungen als Quellenmaterial her- Popdiskursen einerseits, akademischen Dis- angezogen werden. Angesichts von Woods kursen andererseits ausgemacht: Während sozialem Abstieg und Alkoholismus prägt die nicht-akademischen Popdiskurse seit den die meisten der Interviews seiner Zeitge- 1980ern vermehrt theoretische Ansätze etwa nossen ein apologetischer Charakter. Hin- der französischen Kulturphilosophie oder zu kommt ohnehin die Frage nach Genau- der britischen Cultural Studies rezipierten, igkeit oder Fehlbarkeit von Erinnerungen, wendeten sich die akademischen Diskurse eine der Oral History oder vergleichbaren ihrerseits unter dem Signet der Kulturwis- Methoden inhärente Problematik, die sich senschaften populärkulturellen Themen zu. jedoch nicht grundsätzlich vom Umgang mit Auch bei Bourdieu tritt dem akademischen anderen Quellen unterscheidet (Grele 1998). Diskurs in Form des »Autodidakten neuen Ein Vergleich mehrerer Quellen ist immer Typs« (Bourdieu 2006: 149) jemand gegen- notwendig; bloß liegt hier angesichts der über, der sich außerhalb der traditionellen spärlichen Forschungslage im Falle Woods universitären Institutionen wissenschaftlicher das eigentliche Problem. Der Filmwissen- oder wissenschaftsähnlicher Methoden be- schaftler Robert Birchard (Birchard 1995) dient, um vormals vernachlässigte Themen- hat daher bereits 1995 ein filmhistorisches bereiche der Populärkultur zu bearbeiten Forschungsdesiderat zur Person Wood arti- (vgl. auch Sconce 1995: 540f). kuliert, das trotz Greys Biografie bis heute Im universitären Bereich ist schließlich mit weitestgehend unerfüllt geblieben ist. dem »Aca-Fan« (so der Titel eines Blogs von 13 Einleitung Henry Jenkins, vgl. Jenkins 2010) ein Typus Beobachtungen für den britischen Kontext von Wissenschaftler entstanden, der die Er- gelten können, bleibt dahingestellt. Auf an- weiterung des Forschungskorpus für die eigene, dere Länder sind sie nicht unbesehen über- akademische Produktdifferenzierung nutzt. tragbar. Ohnehin basiert der Vorwurf auf ei- Die Generationenpolitik der Wissenschaft, nem recht strikten Geschlechterbinarismus die sich in den akzeptablen wie begehrten und bezieht Entwicklungen der Queer und Forschungsgegenständen widerspiegelt, wird Gender Studies nicht mit ein. Gerade die so um eine Runde weitergedreht. Gleichzeitig Instabilitäten, die sich durch Cross-Dressing werden Grundannahmen der Wissenschaft und Homoerotik in Woods Filmen ergeben, infrage gestellt und ihr Möglichkeitsrahmen lassen die Prämisse von einem rein männ- erweitert. Und nicht zuletzt findet mit dieser lich konstruierten Kult-/Trashphänomen Ausweitung des Akademischen immer auch fraglich werden. ein Prozess der Institutionalisierung und Dis- Die Forschung über Trash steht noch vor ziplinierung eines vormals ›wilden‹ Fandoms einem ganz anderen Problem: Im Gegensatz statt (Sconce 1995). zum wissenschaftlichen Fan, der ›nur‹ das Der banale Vorwurf, es sei unangemes- Korpus zu erweitern versucht, geht es beim sen, sich mit Werken der Trivialkultur wis- Trash gar nicht erst darum, bestimmte, vor- senschaftlich zu beschäftigen, da sich die mals in den Müll geworfene Kulturartefak- Trivialität des Gegenstandes quasi per An- te zu rehabilitieren und in den Kanon der steckung auf die Forschungsarbeit überträgt, Klassiker aufzunehmen. Eine Arbeit über wird an manchen Universitäten und aus eini- Trash, zumindest die vorliegende, stellt den gen Fächern sicherlich noch vorgebracht, soll Müllcharakter der Trashfilme nicht infrage. hier jedoch nicht weiter behandelt werden. Im Gegenteil, gerade die Müllhaftigkeit und Eine wesentlich ernstzunehmendere Kritik die daraus entstehenden Absurditäten ma- an der Trashforschung seit den 1990ern ist chen die eigentliche Faszination des Trash der Vorwurf, dass dabei gewisse Genderkon- aus. Dass sich im Zentrum der Konzeptua- zepte naturalisiert werden. Ausgehend von lisierung von Trash eine Reihe von Paradoxa Joan Hollows Beobachtung, dass ein Groß- befinden, die sich nur in einem Begriff von teil der (britischen) subkulturellen Prakti- Ironie theoretisch fassen lassen, macht es ei- ken auf einer bestimmten Form von Mas- ner Wissenschaft noch schwerer, denn: kulinität basiert, die diese Praktiken gegen die vermeintliche Weiblichkeit des Main- »Der ernsthafte Erwachsene ist ein ernsthaf- streams abgrenzt (Hollows 2003), sieht Ja- ter Erwachsener, weil er kindischem Dreck cinda Reid auch die akademische Rezeption aus dem Weg zu gehen versucht, und deshalb von Trashphänomenen oder überhaupt von erscheint es als ein Widerspruch, sich mit subkulturellen Praktiken als eine männli- dem Anspruch eines ernsthaften Erwachse- che Gegenbewegung zur feministisch ge- nen mit kindischem Dreck zu beschäftigen.« prägten Universität (Read 2003). Ob diese (Thompson 2003: 23) q 14 Erste Annäherungen an das Phänomen des Trash Theorie Die Poesie, die Poesie, doch eher das theoretische Umfeld dieser Die Poesie hat immer recht, Arbeit, als dass sie im Mittelpunkt der Auf- Sie ist von höherer Natur merksamkeit stehen. Doch muss man sich Von übermenschlichem Geschlecht. zunächst fragen, wie Trash näher zu umkrei- sen ist, ob es so etwas wie ein Trashkorpus Und kränkt ihr sie, und drückt ihr sie, geben kann oder ob ein solches Projekt von Sie schimpfet nie, sie grollet nie, vornherein zum Scheitern verurteilt ist. Ist Sie legt sich in das grüne Moos, es überhaupt sinnvoll, den Begriff Trash- Beklagend ihr poetisch Loos! film zu verwenden, oder sollte man nicht Friederike Kempner besser von Exploitation sprechen oder, wie (in Kempner 1989: 246) gerade im englischsprachigen Bereich üb- lich, von Kultfilm? Kann man, wenn man Wie kann es sein, dass ein Film so schlecht das Phänomen des Trash über die Ironie an ist, dass er schon wieder gut ist? Was die Rezeption bindet, den Trash auf einen passiert, wenn ein Trashfan sich einen Film individuellen Geschmack reduzieren, oder von der Müllhalde der Filmkultur erbeutet muss man ihn nicht vielmehr in soziale oder und Vergnügen daran findet? Was ist, mit an- diskursive Kontexte einbinden? deren Worten, ein Trashfilm? Baudelaires zu Beginn zitiertes Gedicht aus den Blumen des Bösen (Seite 9) deutet an, in welche Richtung Erste Annäherungen eine Antwort auf diese Fragen gehen wird: an das Phänomen des Die in der frühen Romantik entstandene und sich bis heute weiter entwickelnde Leitidee Trash einer ironischen Geisteshaltung und die seit dem Symbolismus virulente Ästhetik des In einer informellen Kurzumfrage, die ich vor Absurden und Poesie des Mülls lassen eine einigen Jahren in einem Kurs an der Univer- Rezeptionshaltung anklingen, die vor allem sität Zürich durchgeführt hatte, antworte- an Bruchlinien und zentrifugalen Kräften ten die Teilnehmer auf die Frage, was denn eines filmischen Textes ansetzt. ein Trashfilm sei, mit einer ganzen Reihe Bevor jedoch zu klären sein wird, warum von Filmen, die ihrer Meinung nach in diese Trash Müll ist und wie eine ironische Rezep- Kategorie gehörten. Die Menge der Filme, tion eines in den Müll geworfenen Kultur- die sie nannten, waren jedoch so heterogen, objektes funktioniert, sollen im Folgenden dass man sie kaum auf einen gemeinsamen einige Ansätze vorgestellt werden, welche Nenner zurückführen konnte. So zählten sie Vorbedingungen für ein Verständnis von Horror-, Splatter- und Gorefilme auf, wie Trash als ironischem Umwertungsprozess zum Beispiel braindead (1992; R: Peter sind. Die Ansätze bleiben notwendigerweise Jackson), nekromantik (1987; R: Jörg Butt- nicht mehr als Probebohrungen, bilden sie gereit), vampire journals (1997; R: Ted 15 Theorie Nicolaou), dead and breakfast (2004; Norman Jewison), den Schwulenporno him R: Matthew Leutwyler) oder gar blutgeil (1974; R: Ed D. Louie) oder das Capra-Re- (1993; R: Lö Lee) – ein Undergroundfilm make billy jack goes to washington der Zürcher Hausbesetzerszene. (1977; R: Tom Laughlin). Giesens Aufzählung Auf der anderen Seite gab es aber auch der »schlechtesten Filme der Welt« (Giesen Filme, die man in etwa als Softporno-Komö- 1984) bezieht gar den Neuen Deutschen dien einordnen könnte, beispielsweise bad Film explizit mit ein. girls go to heaven/bad girls go to hell (1965; R: Doris Wishman), schul- Die fragile Konstruktion eines mädchenreport: was eltern nicht Trashkorpus für möglich halten (1970; R: Ernst Hof- bauer) oder lass jucken, kumpel! (1972; Derartige gute schlechte Filme als kohärentes R: Franz Marischka). Auch Filme aus einer Korpus zu fassen, ist, so lässt sich schließen, gewissen, eher deutschen Tradition der Blö- mit enormen Schwierigkeiten verbunden. Es delkomödie, wie daniel, der zauberer wundert folglich nicht, dass die meisten Au- (2004; R: Ulli Lommel) oder siegfried toren, die sich aus der Warte der Filmwissen- (2005; R: Sven Unterwaldt jr.) fanden Er- schaft mit dem Thema beschäftigen, einer wähnung. Selbst avantgardistischere Filme exklusiven wie inklusiven Definition dieser fehlten in dieser Umfrage nicht: mutters Kategorie aus dem Weg gehen. Und doch maske (1988; R: Christoph Schlingensief) scheint es Regelmäßigkeiten zu geben, lassen wurde ebenso aufgeführt wie der schwei- sich Filme wie maniac (1934; R: Dwain Es- zerische Kurzfilm camkiller (2002; R: per), tell your children, besser bekannt Curdin Schneider), in welchem technisch unter dem Titel reefer madness (1936; veraltete Kameras durch eine Plattwalze R: Louis J. Gasnier), earth vs. the spider zerquetscht werden. (1958; R: Bert I. Gordon), plan 9 from ou- Die populärwissenschaftliche Literatur ter space (1959; R: Edward D. Wood jr.), über die Filme, die so schlecht sind, dass sie teenagers from outer space (1959; R: schon wieder gut sind, hat mit den Filmlexi- Tom Graeff), faster, pussycat! kill! kill! ka und Sammelrezensionen ein eigenständi- (1965; R: Russ Meyer), hercules in new ges Buchgenre entwickelt, in dem sich diese york (1969; R: Arthur Allan Seidelman), die Vielgestaltigkeit wiederfindet: Hoberman und bettwurst (1971; R: Rosa von Praunheim), Rosenbaum befassen sich in ihrem Buch über pink flamingos (1972; R: John Waters), das Mitternachtskino (Hoberman & Rosen- attack of the killer tomatoes! (1978; baum 1991) nicht nur mit Filmen von Geor- R: John de Bello) oder bad taste (1987; R: ge Romero oder John Waters, sondern auch Peter Jackson), immer von Neuem in wis- mit einem Werk wie eraserhead (1976; R: senschaftlichen, journalistischen oder pub- David Lynch). Harry und Michael Medveds likumsgenerierten Veröffentlichungen zum Liste von Kandidaten für ihre Turkey Awards Thema finden – und sei es nur, damit sich die (Medved & Medved 1980) umfassen Filme Connaisseurs von diesen bereits zu bekannt wie they saved hitler’s brain / the gewordenen Trashfilmen wieder abgrenzen madmen of mandoras (1963; R: David können (vgl. etwa Ryan 2008). Bradley), robot monster (1953; R: Phil Auch diverse Regisseure wie James Tucker) oder plan 9 from outer space Whale, Edgar G. Ulmer, Bert I. Gordon, (1959; R: Ed Wood), aber auch das Rock- Edward D. Wood jr., Roger Corman, Russ musical jesus christ superstar (1973; R: Meyer, Doris Wishman, Dario Argento, Ma- 16 Erste Annäherungen an das Phänomen des Trash Die Vielfalt des Trash. Zeilenweise: maniac (1934; R: Dwain Esper), hercules in new york (1969; R: Arthur Allan Seidelman), teenagers from outer space (1959; R: Tom Graeff), bad taste (1987; R: Peter Jackson), faster, pussycat! kill! kill! (1965; R: Russ Meyer), die bettwurst (1971; R: Rosa von Praunheim) rio Bava oder Peter Jackson finden regelmä- ›King of Trash‹ oder ›King of Bs‹‚verliehen ßig Erwähnung in den Abhandlungen zum wird, lässt gar den Schluss zu, dass es eine guten schlechten Film. Die Häufigkeit, mit regelrechte Tradition eines Autorenkinos der einzelnen Filmemachern der Titel des schlechter Filme gibt. 17 Theorie Nicht zuletzt bearbeitet der Trashfilm Liste der englischsprachigen familienähnli- trotz seiner vermeintlichen Uneinheitlich- chen Ausdrücke ließe sich weiterführen und keit ein verhältnismäßig konstantes Feld an zeigt, wie diffus das Feld auf einer konzep- US-amerikanischen Genres und Subgenres tionellen Ebene ist (vgl. auch das Glossar wie dem Aufklärungsfilm, der Teenploitati- auf Seite 174). All diese Begriffe, seien sie on der 1950er Jahre mit ihren Monsterfil- alltagssprachlich flexibel oder fachwissen- men, Beach Partie Movies und Motorcycle schaftlich konkret, beschreiben Filme, die Flics, dem weiten Feld der Sexploitation so schlecht sind, dass sie schon wieder gut vom Nudie Cutie bis zum Woman-in-Prison sind. Und doch ergeben sich nuancierte Un- Film sowie großen Teilen des Sciencefiction-, terschiede in den Konnotationen oder dem des Horror- und des Splatterfilms. Hinzu Umfang der Wortbedeutungen. kommen – aus der amerikanischen Warte Einige der Termini bezeichnen zunächst exotischere – Genres wie der italienische spezifische Produktions- oder Rezeptions- Sandalenfilm und der Giallo, der deutsche praktiken und wurden metonymisch auf ein oder schwedische Softporno, der mexikani- umfassenderes Konzept von Trash übertra- sche Horrorfilm, der japanische Monsterfilm gen. Midnight Movies etwa verweisen auf oder philippinische Genrefilme. eine dispositive Konstellation des amerika- Trotz aller Regelmäßigkeiten bleibt eine nischen Kinos – die Rezeptionspraxis des konsistente Korpusbildung schwierig. Sinn- mitternächtlichen Kinobesuches – die in den voller ist es daher, Trash als eine diskursive 1970er Jahren ihre Sternstunde erreichte, Konstruktion verschiedener Spannungsfelder gleichzeitig aber auch auf eine gewisse Sorte zu charakterisieren: Trash ist in einem bunten von Filmen, die in diesen verruchten Mit- Feld familienähnlicher Begriffe situiert und ternachtsvorstellungen präsentiert wurden weist gerade zu den Begriffen der Obszönität (vgl. Hoberman & Rosenbaum 1991). Der und des Camp eine durchaus konfliktreiche Begriff der B-Movies ist ebenfalls historisch wie produktive Beziehung auf; Trash steht sehr konkret, bezeichnet er doch im klas- zudem in einem Spannungsverhältnis zwi- sischen Hollywood diejenigen Filme, die in schen individuellem Geschmacksurteil und einer Doppelvorstellung an zweiter Stelle sozialen Konstruktionen; und Trash ist nicht gezeigt und mit entsprechend weniger Auf- zuletzt das Produkt verschiedener Einzeldis- wand produziert wurden. Mit dem Nieder- kurse wie dem Fandom, der Filmkritik oder gang des Double Features in den Sechzigern der akademischen Filmwissenschaft. fand diese Form des Trash ihr Ende. Erst in einer übertragenen Bedeutung wurde der Trash, B-Movies oder B-Film (sowie die Hyperbolisierung als C- Exploitation? Film oder Z-Film) zum Paradebeispiel des Hollywoodfilms von der Stange. Ist die Konstruktion eines etwaigen Kor- Andere Termini betonen bestimmte pus guter schlechter Filme bereits äußerst Merkmale, welche ein guter schlechter Film fragil, so überträgt sich diese Schwierigkeit vorgeblich aufweist, oder Prozesse, die er auf die Wahl einer geeigneten Bezeichnung. beim Zuschauen auslöst: Der Begriff der Denn selbst der in dieser Arbeit gewählte Psychotronics etwa, vom Filmkritiker Mi- Begriff »Trash« oder »Trashfilm« ist nicht chael J. Weldon in Anlehnung an den Film ohne Konkurrenz: Exploitation, Midnight the psychotronic man (1980; R: Jack Movie, B-Movie, Quota Quickie, Psycho- M. Sell) geprägt, bezieht sich auf die mut- tronic Movie, Paracinema, Cult Film – die maßlichen rezeptionspsychologischen Eigen- 18 Erste Annäherungen an das Phänomen des Trash schaften des Trashfilms (Weldon 1996). Pa- wurde etwa gedreht, nachdem zur Jahres- racinema ist dagegen ein Terminus aus der wende 1952/53 ein Presserummel zur Ge- Filmwissenschaft und den Cultural Studies, schlechtsumwandlung von Christine Jorgen- die sich seit den Neunzigern mit dem Thema sen entstanden war. Ein Aufhänger kann aber zu befassen begannen und gerade die subver- auch ein bestimmtes gruppenspezifisches In- siven und widerständigen Qualitäten eines teresse sein, das von herkömmlichen Filmen Trashrezeptionsprozesses ins Auge fassten nur unzureichend abgedeckt wird, das nicht (vgl. Sconce 1995). selten eine geringe gemeingesellschaftliche Besonders der Begriff des Exploitationki- Legitimität besitzt, und das solche Exploi- nos wird häufig synonym mit Trash verwen- tationfilme zu erfüllen versprechen. Dies det, so dass es lohnt, ihn etwas genauer unter wäre beispielsweise der Fall im Race Film die Lupe zu nehmen: In seiner ursprünglichen oder im Ethnic Film des klassischen Holly- Form ist Exploitation zunächst einmal ein woods (Taves 1993: 342–350). Ausdruck des Marketings, wo er die Gesamt- Nicht zuletzt dient der Begriff der Ex- heit einer Marketingstrategie für einen Film ploitation auch als Grundlage von Neologis- bezeichnen kann, eine spezielle Form dersel- men für seltenere Subgenres, indem nämlich ben im Sinne eines Verbund- und Eventmar- bestimmten Motiven und Aufhängern das ketings, das sich unkonventioneller Formen Suffix »-ploitation« angefügt wird, um die und Medien bedient (vgl. Gaines 2005: 78), geringe Qualität der entsprechenden Filme oder aber auch eine besondere Form von Mar- zu signalisieren. So gibt es nicht nur Sex- ketingstrategie, die für einzelne Zielgruppen ploitation und Blaxploitation, sondern auch jeweils eigene Aufhänger ausmacht, um die Nazisploitation (SM-Softpornos mit Nazi- Werbung an diesen Aufhängern auszurichten Figuren), Nunsploitation (Softpornos mit (Doherty 2002: 2–9). Wenn also verschiede- Nonnen), Carsploitation (Filme mit über- ne Filmplakate für verschiedene Zielgruppen wältigendem Anteil an Verfolgungsjagden), gestaltet werden, so ist dies eine Strategie der Latsploitation oder Mexploitation (latein- Exploitation im letzteren Sinne. amerikanischer bzw. mexikanischer Genre- Sind diese Formen des Marketings grund- film). Nicht zuletzt werben Produktionsfir- sätzlich bei allen Filmen zu beobachten, so men und Distributoren längst auch mit der gibt es daneben eine eigenständige Katego- Verruchtheit dieser Begriffe, um bestimmte, rie von Exploitationfilmen, die ganz gezielt dem Exploitationfilm zugeneigte Zuschau- auf einen bestimmten Aufhänger hin pro- erschichten direkt anzusprechen. duziert werden – auf Kosten der Einhaltung Die Herleitung aus einem Marketing- und filmisch-ästhetischer und narrativer Quali- PR-Begriff beschränkt den Umfang der Ex- tätsmaßstäbe. Kurz gefasst: Ein Exploitation- ploitation gegenüber etwa dem Trashbegriff. film ist ein Film, »in which the elements of Exploitation bezieht sich stets auf ein indus- plot and acting are subordinate to elements trielles und marktwirtschaftlich orientiertes that can be promoted« (McCarthy 1995: 38). Filmsystem, in erster Linie natürlich auf das Häufig sind, wenn vom Exploitationfilm die Studiosystem Hollywoods. Demgegenüber Rede ist, auch ganz bestimmte Aufhänger umfasst der gute schlechte Film, der hier als gemeint: So kann ein äußerst schnell und bil- Trash gefasst werden soll, auch Filme wie lig produzierter Film beispielsweise auf ein etwa diejenigen von Morrissey oder Waters, Tagesereignis reagieren, das in der Sensati- die zwar stets auf das ästhetische System onspresse besonders ausführlich behandelt Hollywood bezogen bleiben, jedoch jenseits wurde. Woods glen or glenda (1953) des Studiosystems entstanden sind. 19 Theorie Trash zwischen Obszönität, die Bestandteile der Kunst, die sich einer in- Kult und Camp teresselosen und distanzierten Ästhetik im Sinne Kants beharrlich verweigern und den Neben dem Feld der familienähnlichen Be- Körper des Rezipienten direkt ansprechen. griffe umgeben den Trashfilm mit Obszöni- Der Begriff des Obszönen verweist mit sei- tät, Kultfilm und Camp drei Nachbarkon- ner Etymologie von »caenum« = Schmutz, zepte, die sich eng in das Konzept des guten Kot und Dreck zudem auf den Komplex der schlechten Films mit einweben. Trash sind Reinheit und Unreinheit. Gemeinsam mit Filme, die als Kultfilm rezipiert werden, die diesem Begriffspaar lässt er sich vom Körper oft, aber nicht immer obszön sind und die auf die Bereiche der Moral und Sittlichkeit häufig, aber nicht notwendigerweise Ele- abbilden, eine Übertragung, wie sie sich im mente des Camps aufweisen. Konzept des Mülls wiederfinden wird (sie- Das Obszöne ist für den Film zunächst he Seite 38). als juristisches Fachwort des angloamerika- Trash und Obszönität weisen eine Ge- nischen Raumes von Bedeutung, wo er all die schichte enger Beziehungen auf, sind jedoch Repräsentationen von Sexualität und Kör- nicht identisch. Gerade die obszönen, an- perlichkeit bezeichnet, welche die Grenze rüchigen Elemente der Trashfilme bieten zur Illegalität überschreiten. Das englische der Filmkritik Ansatzpunkte, diese Filme »obscene« ähnelt in seiner sexuellen Kom- als Müll zu verwerfen. Slasherfilme sind in ponente dem deutschen Begriff des Anzüg- erster Linie deswegen Trash, weil sie Gren- lichen. Die notorische Undefinierbarkeit sol- zen der Darstellbarkeit von Körper und Se- cher Obszönität pointiert die Aussage des xualität überschreiten und das Gebiet des Richters Potter Stewart aus einem Zensur- Obszönen betreten. Doch ist nicht jeder urteil von 1964: Trashfilm obszön, wie etwa die Horrorfil- me Ed Woods zeigen. Und schließlich gibt »I shall not today attempt further to define es im Bereich des Experimentalfilms ge- the kinds of material I understand to be em- nügend Beispiele für Obszönität, wie etwa braced within that shorthand description [of window water baby moving (1959; R: obscenity], and perhaps I could never succeed Stan Brakhage) oder un chien andalou in intelligibly doing so. But I know it when I (1929; R: Luis Buñuel), für die das Konzept see it.« (Jacobellis v. Ohio, 22.6.1964) des Trash ungeeignet ist. Die mangelnde Identität von Trash und Stewarts Aussage verdeutlicht nicht nur die Obszönität könnte zu der Annahme verlei- konzeptionelle Hilflosigkeit bei dem Be- ten, es handle sich im filmischen Bereich griff, sondern auch den Rückgriff auf eine um zwei unverknüpfte Phänomene, etwa rezeptionelle, ja, eine affektive Ebene von im Sinne einer im ersten Fall ästhetischen, Obszönität. Sie verweist damit auf einen im zweiten Fall ethischen Kategorie. Dass weiter gefassten Gedanken, welcher das es in einzelnen Filmen zwar große Überlap- Obszöne mit dem Ekel als »Erfahrung einer pungen, aber keine Passgenauigkeit zwischen Nähe, die nicht gewollt ist« (Menninghaus beiden Phänomenen gibt, wäre da letztend- 2002: 7) in Verbindung bringt. Obszön ist lich auch kein Widerspruch. Doch ignoriert somit allgemeiner die Gleichzeitigkeit von diese Argumentation, dass gerade Obszöni- Anzüglichem und von Abstoßendem, von tät eine deutliche ästhetische Komponente Lust und Ekel, die sich im paradoxen Ge- besitzt, die sich in der Sichtbarkeit und Dar- fühl der Ekel-Lust vereinigen. Obszön sind stellbarkeit von tabuisierten Dingen manifes- 20 Erste Annäherungen an das Phänomen des Trash tiert. Der Gegenschluss allerdings, wie ihn Gerade Ansätze aus den Cultural Stu- etwa Murray Pomerance in Bad – Infamy, dies und den Subcultural Studies wenden Darkness, Evil, and Slime on Screen (2004) sich dem Phänomen des Trashfilms vor al- oder Anthony Slide in Incorrect Entertain- lem über dessen performative Seite zu. Für ment (Slide 2007) andeutet, dass nämlich solche Herangehensweisen, die nicht nur ethische und ästhetische Schlechtheit iden- die Aktivität der Zuschauer im Interpre- tisch sind, ist, wie oben erläutert, ebenso tations- und Wertungsprozess analysieren, unzulässig. Sinnvoller ist es daher, beides, sondern auch deren soziale Verortung so- die ethische wie die ästhetische Dimension wie die Bedeutung produzierende Praxis als zwei getrennte, aber miteinander gekop- der Filmrezeption thematisieren, bietet der pelte Seiten desselben Phänomens namens Kultbegriff fruchtbare Ansatzpunkte (vgl. Trash zu betrachten. etwa die Sammelbände Mendik & Harper Die Verbindungen des Trash zum Kult- 2000 und Jancovich 2003a). Trashfilm ist in film sind vergleichbar komplex. Ähnlich diesen Ansätzen allenfalls eine Subkategorie wie das Obszöne ist auch der Kultfilm eine des übergeordneten Kultfilmbegriffes; Trash- Kategorie, die sich vor allem in der Rezep- filme sind also stets Kultfilme, aber umge- tion festmachen lässt: Kultische Zuschauer kehrt ist nicht jeder Kultfilm gleich Trash beginnen zunächst damit, das Schauen von (Grant 2000: 14f). Filmen zu wiederholen, dann zu ritualisieren Große Überschneidungen weist Trash und schließlich mit einer quasi-religiösen auch mit dem in den 1960ern von Chris- Entrückung zu verknüpfen (Telotte 1991, toph Isherwood (Isherwood 2008) und Su- Grant 2000: 13). Gegenüber dem Trashfilm san Sontag (Sontag 2008) entwickelten Be- ist der Kultfilm jedoch eine wesentlich um- griff des Camps auf. Ähnlich wie Trash ist fangreichere Kategorie (Kawin 1991), um- Camp eine recht schwer zu greifende rezep- fasst er doch auch Filme wie casab lanca tionsästhetische Kategorie, »a sensibility (as (1942; R: Michael Cur- tiz), the wizard of oz (1939; R: Victor Fleming) oder selbst das cabinet des dr. caligari (1920; R: Robert Wiene), der von 1920 bis 1927 ununterbro- chen in einem Pariser Kino lief (Illing 2006: 211). Der Begriff der Kultrezepti- on müsste gar Werke wie Goethes Die Leiden des jungen Werthers oder die von James MacPherson 1765 veröffentlichten, eu- ropaweit beliebten Balla- den des angeblichen schot- tischen Barden Ossian mit Obszönität und die Grenzen der Darstellbarkeit von Körper einschließen (Illing 2006: sind nicht identisch mit dem Phänomen des Trash, wie un 211). chien andalou (1929; R: Luis Buñuel) zeigt 21 Theorie die tatsächliche Intention eines Regisseurs, sondern die diskursive Konstruktion einer solchen Intention. Die Frage, ob ein Film absichtlich Camp/Trash ist, spielt also nur insofern eine Rolle, als der Film Rezeptions- anweisungen hinsichtlich einer ironischen Lesart enthält oder als es einen paratextu- ellen Diskurs über den oder die Hersteller des Films gibt, der über die Frage von Inten- tionalität oder Nicht-Intentionalität reflek- tiert. Ob ein Schnittfehler oder eine unge- schickte Kameraeinstellung absichtlich, aus Nicht jeder Kultfilm ist Trash, wie man am Unachtsamkeit oder aus Unfähigkeit in den Beispiel von casablanca (1942; R: Michael Film geriet, ob sie ausgewählt oder ›passiert‹ Curtiz) sieht ist, lässt sich im Nachhinein kaum rekonst- ruieren. Selbst wenn ein ›Fehler‹ wiederholt distinct from an idea)« (Sontag 2008: 53), auftritt, ist dies – zumindest im ökonomi- »far more a question of how you respond to schen Rahmen der Trashfilme – noch lange things rather than qualities actually inher- kein Hinweis auf Intentionalität, sondern ent in those things« (Dyer 2008: 13). Ähn- kann ebenfalls ein rekurrentes Artefakt der lich auch wie Trash ist die Rezeption als Produktionsbedingungen sein. Allenfalls zu- Camp durch Uneigentlichkeit und Ironie sätzliche Rezeptionsanweisungen eines Films, gekennzeichnet: »Camp sees everything in die die Zuschauerin darüber informieren, quotation marks. [...] To perceive Camp in wie diese entsprechenden Artefakte gele- objects and persons is to understand Being- sen werden sollen, oder Informationen ei- as-Playing-a-Role« (Sontag 2008: 56). Und nes diesbezüglichen Paratextes können hier ähnlich wie beim Trash spielen Ästhetizis- Hilfestellung leisten. mus im Sinne der L’art pour l’art, Theatra- Kultfilm und Camp, diese wichtigen lität und Humor eine herausragende Rolle Nachbarn des Trash, stehen sich zunächst (Babuscio 2008). diametral gegenüber. Einen deutlichen Un- Eine weitere Gemeinsamkeit zwischen terschied scheint es – zumindest auf den ers- Camp und Trash findet sich im Übrigen ten Blick – hinsichtlich des Gendering bei- auch in der Frage nach der Intentionalität der Phänomene zu geben. Vom Camp zieht des Camp-/Trash-Charakters. Sontag etwa Sontag eine direkte Linie zur amerikanischen unterscheidet ganz explizit absichtlichen homosexuellen Subkultur (Sontag 2008: 64). von naivem Camp und bewertet, ganz im Für die autorenzentrierte Filmkritik der Film Sinne des zeitgenössischen Situationismus, Buffs, welche auch den Kultfilm prägt, hat letzteren als den ›echteren‹ Camp (Sontag Pauline Kael andererseits eine Art männli- 2008: 58). Eine ähnliche Spaltung durch- chen Chauvinismus konstatiert (Kael 1963): läuft das Feld des Trash und trennt bewusst »By championing directors at the expense of ›trashige‹ Regisseure wie John Waters und producers, screenwriters, and, perhaps most Christoph Schlingensief von ›unfähigen‹ importantly, actors, the auteur critics had oder ›ignoranten‹ Filmemachern wie Edward shunned many women who exercised consi- D. Wood jr. oder Roger Corman. Relevant derable influence over the movies« (Haberski bei dieser Unterscheidung ist jedoch nicht 2001: 130). Überhaupt wird das Kultverhal- 22 Erste Annäherungen an das Phänomen des Trash ten in weiten Teilen als männlich konnotiert Cult criticism places a high value on con- (und konstruiert) wahrgenommen (vgl. etwa noisseurship; it glorifies the critic-spectator’s Burch 1998, Hollows 2003 oder Read 2003). heightened ability to select appropriately, and Mag dieses Urteil angesichts heterosexuell- tastefully. [...] By contrast, the critical camp männlich orientierter oder gar misogyner spectator revels in the interpretation/trans- Trash-/Kultgenres wie dem Women-in-Pri- formation process while often placing little son Film oder vieler Slasherfilme oder ange- stake in the initial selection of mass objects. sichts gewisser Metaphorik in den jeweiligen [...] Instead of celebrating happy exceptions, Diskursen durchaus angemessen erscheinen, it [camp] demonstrates that potentially any ignoriert das Argument jedoch zum einen mass culture object can be re-created aes- weite Bereiche eines weiblich konnotierten thetically.« (Taylor 1999: 15f) Fandoms (vgl. Jenkins 2009: 15), zum ande- ren eine ganze Traditionslinie innerhalb des Während Kult sich also stets mit den Fragen Trashfilms selbst, welche traditionelle Ge- der Kanonisierung befasst (und sei es nur, schlechterkonzepte in Frage stellt: um sich von einem Kanon abzugrenzen), ist das ›Korpus‹ des Camps grundlegend ex- »Androgyny, transvestism, and gender blur pansiv. Viele Camp-Objekte stammen da- have been major motifs in midnight movies her auch aus dem Mainstream der hegemo- from flaming creatures [1963; R: Jack nialen Kulturproduktion und zeichnen sich Smith] through the John Waters œuvre to eher durch ein Zuviel an Ästhetik aus, ganz the rocky horror picture show [1975; im Sinne von Kristin Thompsons Exzess- R: Jim Sharman], also figuring in such main- konzept (Thompson 2008). stream-to-midnight crossovers as perfor- Doch auch diese Gegenüberstellung von mance [1970; R: Donald Cammell, Nicholas Camp und Kult funktioniert in Bezug auf den Roeg], beyond the valley of the dolls Trashfilm nicht: Der Trashfilm weist Verbin- [1970; R: Russ Meyer], and trash [1970; dungen sowohl zu Kult als auch zu Camp auf. R: Paul Morrissey].« (Hoberman & Rosen- Ähnlich wie der Kultfilm ist Trash ein Spiel baum 1991: 263) mit der Exklusivität und dem Eklektizismus. Und vergleichbar mit Camp beruht Trash auf Eine Gegenüberstellung von heterosexu- einer hochgradig ironischen Rezeption, die ell-maskulinem Trash-/Kultfilm und quee- nicht, wie etwa die rhetorische Ironie, auf rem Camp ist somit in dieser Strenge nicht einem Gegensatz zwischen Gesagtem und möglich. Gemeintem basiert, sondern im Sinne der Ein weiterer Versuch, Kult und Camp romantischen Ironie einer selbstreflexiven, voneinander abzugrenzen, setzt an den Prak- skeptischen Geisteshaltung zu verstehen tiken der Rezeption an: Während Kult vor- ist, die sich der Uneigentlichkeit alles Ge- rangig auf subkulturelle Abgrenzung und Ex- sagten bewusst ist (Eine detaillierte Erläu- pertenwissen setze, fordere Camp vor allem terung dieser Vorstellung von Ironie erfolgt die Ironie, die Fähigkeit zur Interpretation auf Seite 46). und Uminterpretation oder gar des Queer Es ist allerdings offensichtlich gewor- Readings heraus. den, dass Kult und Camp zwei Nachbarn sind, die deutlich mit dem Phänomen des »The cultist will not be sold culture; instead, Trash verzahnt sind. Einige Beispiele sollen she displays her power to choose actively die Überschneidungen und Differenzen zwi- among an array of cultural offerings. [...] schen Kult, Camp und Trash verdeutlichen: 23 Theorie Eine ungebrochene, ›naive‹ Verehrung von, egories of objects we use and throw out are sagen wir, Bette Davis oder John Wayne, ist fluid and socially defined, and objects move zunächst einmal Kult. Die ironische Bre- in and out of these classifications.« (Stras- chung der zwei Starfiguren hinsichtlich ihrer ser 1999: 8) Genderkonzeption und ihrer ästhetisierten medialen Darstellung wäre Camp. Beide Für Trash als filmischer Kategorie gilt Ähn- Beispiele würden aber keinesfalls unter den liches: Er ist kein Genre, denn er umfasst so Begriff des Trash fallen. Mit den Slasherfil- unterschiedliche Filmgruppen wie Science- men der 1980er Jahre finden sich dagegen fiction, Sexploitation oder Horror und macht Trashfilme, die zwar Kult sind, jedoch nur gar vor Aufklärungs- und Lehrfilmen nicht in sehr entferntem Sinne der queeren Idee halt. Trash ist eine Eigenschaft, die sich dem von Camp entsprechen. Und in den Aufklä- direkten analytischen Zugriff zu entziehen rungsfilmen der 1930er, in den Sciencefic- scheint, »an ineffable quality, a tone« (Scon- tion- und Monsterfilmen der 1950er oder in ce 2007: 4), »less a distinct group of films den Filmen aus Warhols Factory überschnei- than a particular reading protocol, a coun- den sich alle drei Konzepte. ter-aesthetic turned subcultural sensibility Die bis hierher unternommenen Annähe- devoted to all manner of cultural detritus« rungsversuche an das Trashphänomen bleiben (Sconce 1995: 371). Auch die oben erwähn- notwendigerweise kurze Skizzen. Ein stabiles ten Ausführungen zu einem eklektischen Trashkorpus selbst für den historisch gegen- und auf Distinktion bedachten Cult Criti- wärtigen Zeitraum abzugrenzen, kann nur von cism zeigen, dass das Phänomen des Films, mäßigem Erfolg gekrönt sein. Zwar kann man der so schlecht ist, dass er schon wieder gut einige wiederkehrende Genres, Filme und ist, zunächst einmal auf Seiten des Rezipi- Autoren ausmachen; doch überwiegen die enten verortet werden muss. Disparitäten der Filme und die zentrifugalen Seit es das Kino und damit Wert- und Tendenzen. Darüber hinaus hat die Analyse Geschmacksurteile zu einzelnen Filmen des semantischen Feldes, in welchem sich gibt, gehört es zur handwerklichen Stan- Trash neben Exploitation, Obszönität, Kult dardübung eines jeden Kritikers, einen in- und Camp positioniert, gezeigt, wie sehr der dividuellen Kanon an verpönten Filmen zu Trashfilm von Wertungs- und Rezeptionsmodi veröffentlichen und sich so mittels einer der Zuschauer abhängt. Existiert Trash also eigenen »guilty pleasure list« (Sconce 2007: nur im Auge des Betrachters? 2) als Fan des schlechten Geschmacks zu outen. So gefasst wäre Trash tatsächlich im Trash und Individual-Listen wörtlichen Sinne Abfall: Zieht man vom pri- vaten Kanon eines Individuums diejenigen »One man’s trash is another man’s treasu- Filme ab, die den hegemonialen Anforde- re« – Das englische Sprichwort deutet an, rungen an eine Filmästhetik entsprechen, dass Trash oder zumindest Müll eine äu- über die man sprechen und schreiben darf, ßerst relativistische Kategorie ist. Dies be- deren Kritiken man publizieren kann, um tont auch Strasser in Bezug auf den mate- Geld zu verdienen, so bleiben eben nur sol- riellen Abfall: che Filme übrig, über die man besser nicht sprechen, und zu denen man sich allenfalls »The sorting process that creates trash varies mit ironischer Distanz und in Bewusstsein from person to person, it differs from place des ästhetischen Tabubruchs, den man da- to place, and it changes over time. The cat- mit begeht, bekennen sollte. 24 Erste Annäherungen an das Phänomen des Trash Diese Individualisierung des Trash als Schlechter Geschmack als vermeintlich privates (wenn auch diskur- soziale Distinktion siv verbreitetes) Geschmacksurteil kann in bestimmten subkulturellen Konstellationen Beginnt man mit einer Konstruktion des sogar in den Vordergrund geraten, indem Trashbegriffes bei der Rezeption, so geht mit dieses lasterhafte Vergnügen schlechter dem Geschmacksurteil des Zuschauers auch Filme zum Prinzip erhoben wird. Taylor stets eine soziale Dimension einher, die der beispielsweise sieht, wie oben angedeu- Identitätsstiftung und Abgrenzung von In- tet, im Typus des Cult Critic vor allem dividuen, Formationen und Gruppen dient. die Selbstdarstellung des privilegierten Dabei zielen »Debatten über den ›guten Ge- Connaisseurs, der sich durch eine mög- schmack‹ [...] tendenziell auf einen Konsens lichst esoterische Auswahl von Werken über die ›ewigen Werte‹, die ›Kanons‹ der oder Werkbestandteilen als Experte von Kultur, der Ästhetik und der Künste. Am anderen abgrenzt (Taylor 1999: 15f). Eine ›schlechten Geschmack‹ kommen demge- besonders gute Trashkennerin wäre dann genüber gesellschaftliche Antagonismen, diejenige, die die unbekanntesten, abstru- Dynamiken und Ungleichzeitigkeiten zum sesten und seltsamsten Filme ›entdeckt‹ Vorschein« (Illing 2006: 31). – ein Anspruch, den beispielsweise Blake Pierre Bourdieu hat mit seinen Arbeiten Ryan in seiner Trashfilmliste auch explizit als einer der Ersten die soziale Dimension ausführt (Ryan 2008: 8). als das »›Verdrängte‹ des Geschmacks« (Il- So verstanden wäre Trash eine Wider- ling 2006: 130) in den Vordergrund gerückt. ständigkeit gegenüber der Kanonisierung von Geschmack ist dabei für Bourdieu weit mehr Filmen, die jegliches feste Umreißen eines als nur subjektives Gefallen und reine Ästhe- Korpus zu sprengen beabsichtigt: Wenn Trash tik (Rehbein 2006: 162); vielmehr steht er tatsächlich das ist, was stets außerhalb des in enger Verbindung mit dem Habitus einer Kanons liegt, dann verlöre ein Film bereits Klasse und dient dieser als Abgrenzung nach dann seinen Status als Trash, sobald er in unten (Bourdieu 2006: 104, 283). einem subkulturellen Kontext kanonisiert Bourdieus Untersuchungen abstrahieren würde, ja, schon in dem Moment, in dem empirische Ergebnisse zur französischen Ge- man sich innerhalb dieser Subkultur dar- sellschaft der 1960er Jahre; seine Schluss- über einigte, über diesen Film wiederholt folgerungen sind also nur bedingt auf die sprechen zu können. postindustrielle und postmoderne Gesell- Eine solch radikale Privatisierung des Ge- schaft der heutigen Zeit übertragbar (Reh- schmacksurteils ist durch gesellschaftliche bein 2006: 165, Prinz 2009: 108). Zudem Individualisierungsprozesse der postindus- ist die fundamentale Unterscheidung des triellen Ära sicherlich verstärkt worden, hat Geschmacksurteils bei ihm diejenige zwi- jedoch ihre Grenzen: Zwar ist das Spektrum schen ›distinguiert‹ und ›vulgär‹ (Bourdieu individueller Geschmacksurteile, die sozial 2006: 286); Distinktion findet bei Bourdieu akzeptiert werden, breiter geworden. Doch folglich von oben nach unten statt. das komplexe Wechselspiel zwischen dem, Dass und wie soziale Abgrenzung durch was ›geht‹ und was ›nicht geht‹, zeigt, dass Geschmack auch von unten nach oben statt- soziale Akzeptanz immer noch notwendig finden kann, wurde seit den 1980ern und bis ist und sich ästhetische Individualisierung heute von den Cultural Studies und hier vor nie vollständig von dieser lösen kann (Illing allem von den Analysten jugendlicher Sub- 2006: 23). kulturen und Peer Groups untersucht. Ein 25 Theorie subkultureller Stil, welcher die Distinktion Trash als Abfall der Filmkritik? zu anderen gesellschaftlichen Gruppierungen bezweckt, bedient sich zwar der Produkte Dass nicht nur Trash, sondern selbst der der Kulturindustrie, verändert jedoch ihren Mainstream, auf den sich er bezieht, kons- symbolischen Gehalt durch Aneignungspro- truiert ist, eröffnet eine methodische Mög- zesse wie Bricolage, Textual Poaching oder lichkeit, das Phänomen des Trashfilms über Detournement und entzieht sich so dem he- Diskursanalysen auch inhaltlich zu fassen, gemonialen Wertesystem (vgl. etwa Jenkins ohne soziale oder machttheoretische Frage- 2009, Muggleton 2007: 200, Fiske 2007: 114 stellungen völlig außer Acht zu lassen. Das oder Hepp 1999: 188, aber auch Levi-Strauss postmoderne Durcheinander verschiedener 2009: 29-31). diskursiv verhandelter Trashkorpora und Diese subkulturelle Widerständigkeit, Trashbegriffe, das durch Globalisierung und ja allgemeiner noch die Widerspenstigkeit Beschleunigung der Kommunikation noch des Alltäglichen gegenüber einer abstrakten verstärkt wird, ließe sich, so könnte man symbolischen Ordnung, die Verflüssigung ei- hoffen, zumindest ein wenig lichten. nes strukturierten place durch die Pragma- Für den Trash mit seiner ironischen Um- tik des espace prägt eine Konzeptionierung wertung eines ›schlechten‹ Films in einen von schlechtem Geschmack als Oppositi- ›guten‹ läge es auf den ersten Blick nahe, on, die große Teile der wissenschaftlichen zwei Teildiskurse einander gegenüberzu- Aufarbeitung von Trash beeinflusst. Dieser stellen: Auf der einen Seite stünde ein aus- grundständig oppositionelle Charakter des grenzender Wertungsdiskurs, der Richtli- Trash ist allerdings problematisch: So definiert nien und Normen entwickelt, dem gemäß etwa auch Jancovich den – weiter gefassten Filme als legitim oder illegitim, als distin- – Kultfilm zunächst als subkulturelle Ideo- guiert oder trivial, als anspruchsvoll oder logie in Abgrenzung zu einem ›Mainstream‹, Schund, als unterhaltsam oder langweilig bemängelt jedoch zu Recht die Relativität gewertet würden. Man ist gar geneigt, die- des Oppositionsbegriffes: se Seite des Wertungsdiskurses den stärker institutionalisierten und von Ökonomie »[I]f cult fans usually make claims to oppo- oder staatlicher Unterstützung abhängigen sitionality, they are largely middle-class and Diskursteilnehmern – der professionellen male, and their oppositionality often works journalistischen Filmkritik, der in Univer- to reaffirm rather than challenge bourgeois sitäten verankerten Filmwissenschaft, den taste and masculine dispositions.« (Jancovich staatlichen Archiven – zuzuordnen. Dieser et al. 2003: 2) gegenüber stünde dann ein marginaler, iro- nischer Umwertungsdiskurs, der in einem Sinnvoller ist es daher, den Mainstream, zu nur wenig institutionalisierten Fandom sei- dem ein Diskurs über Trash sich abgrenzt, nen Platz fände und sich eher medialer Prak- als ebenso konstruiert zu begreifen wie den tiken und Taktiken des Umfunktionierens Trash selbst: So entwickelt etwa die film- (de Certeau 1988: 85–92) bediente. kritische Fanpublikation Incredibly Strange Bei dieser Gegenüberstellung würde man Films (1988) ihren Mainstream als »amal- jedoch missachten, dass auch die institutiona li- gam of corporate power, lower-middle-class siertere und vermeintlich hegemonialere Seite conformity and prudishness, academic eli- des Diskurses nicht nur den Ausschluss voll- tism and political conspiracy« (Jancovich et ziehen kann, sondern selbst in stetig erneut al. 2003: 1f). aufgegriffene Aushandlungsprozesse des Ein- 26 Erste Annäherungen an das Phänomen des Trash und Ausschließens und der Normenb il dung zen: eine die Zeichen der Massenkultur auf- verstrickt ist. Die journalistische Filmk ritik – greifende Pop-Avantgarde – mit den Filmen und in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts der Kuchar Brothers (vgl. Stevenson 1996) auch die Filmwissenschaft – besitzt gar eine oder der Warhol Factory (vgl. Warhol & Ha- durchgehende Tradition der Neubewertung, ckett 2006) – und eine radikalere Richtung des ›Rewriting Film History‹ – angefangen von des modernistischen und abstrakten Experi- den Legitimationsdiskursen in der Frühzeit mentalfilms im Umfeld etwa von Jonas Me- des Kinos über die Popfas zin ation der Surre- kas (Suárez 1996: xvi, Taylor 1999: 8). alisten und die französi sche Umschreibung Zweitens war sich die Filmkritik auch des B-Movies im Film noir bis hin zum Queer bezüglich des Studiofilms nicht einig: Auf Reading der 1990er Jahre. der einen Seite stand der aus Frankreich Besonders die 1950er und 60er Jahre übernommene autorenzentrierte Ansatz von scheinen die Blütezeit einer Filmkritik zu Andrew Sarris, welcher die Filmgeschich- sein, welche tief in solche Aushandlungs- te durch Umschreibung auf – männliche – prozesse verstrickt war. Mit der Cinephilie Einzelpersonen neu sortierte und später im eines zunehmend intellektuelleren Segmen- Arthouse seine Fortsetzung fand. Auf der tes der Zuschauer, mit einer neuen Genera- anderen Seite dieses Aushandlungsdiskurses, tion von Filmkritikern, die bereits mit dem was ein guter Film sei, standen eher prag- Film aufgewachsen war, und für die auch matischere Zugänge (Haberski 2001: 128f) die Schmutz- und Schunddebatten und die – von Parker Tylers Lob des New Yorker Un- Legitimationsdiskurse der 10er Jahre längst derground (Tyler 1995), über Susan Sontags Vergangenheit waren, und mit den neuen, Camp-Begriff (Sontag 2008) oder Manny sich an ein gebildetes Publikum wendenden Farbers Termitenkunst (Farber 2007) bis Filmzeitschriften wie das britische Sight and hin zu Pauline Kaels Plädoyer für das Un- Sound (ab 1932), das amerikanische Holly- terhaltungskino (Kael 1971). wood Quarterly (ab 1945) und die französischen Ca- hiers du Cinéma (ab 1951) betrat eine bestimmte Ten- denz der Filmkritik die Büh- ne der Öffentlichkeit, die Film als seriöses kulturel- les Phänomen wahrnahm und das Verhältnis zwischen Massenkultur und Kunst neu zu definieren versuchte (Ha- berski 2001: 102). In dieser neuen Land- schaft spaltete sich die US- amerikanische Filmwelt auf zweierlei Weise. Erstens teilte sich der New Yorker Underground im engen Aus- Die Filme der Kuchar-Brothers, wie etwa sins of the flesh­ tausch mit der Filmkritik in a poids (1965; R: Mike Kuchar) sind beispielhaft für einen zwei verschwisterte Tenden- Camp-Stil der amerikanischen Avantgarde der 1960er Jahre 27 Theorie eine Gleichsetzung, mit der sogar die ersten Arthouseki- nos, die sich explizit an ein intellektuelles Publikum wandten, kämpften. Und die wechselvolle Rezepti- onsgeschichte von Filmen wie lisa e il diavolo (1974; R: Mario Bava), les lèvres rouges (1971; R: Harry Kümel) oder selbst der Werke von Douglas Sirk zeigt, dass die Gren- ze zwischen Arthouse und Trash dünn ist und wech- selnden Grenzziehungen unterworfen (vgl. Klinger 1994, Mathijs 2005, Hef- fernan 2007). Trash als subver- sives Produkt des Fandom? Ebenso wie die professio- nelle Filmkritik keinen rein aussondernden, Müll pro- duzierenden Diskurs bil- det, sondern vielmehr die Grenze zwischen gutem und schlechtem, zwischen walden. diaries notes and sketches (1969; R: Jonas Mekas) verdeutlicht die modernistische Linie der US-Avantgarde der legitimem und illegitimem 1960er Jahre Film stets neu aushandelt, genauso wenig lässt sich Die Abgrenzung zwischen Arthouse und Fandom als ausschließlich anti-hegemonia- Trash, zwischen anspruchsvollem Kino und les, den Müll rehabilitierendes Gegenstück Schundkino, ist ohnehin eine, die im ame- dazu sehen. Dabei läge dieser Schluss durch- rikanischen Kontext seit den 1950er Jah- aus nahe, galt Fandom doch von Beginn an ren immer wieder neu ausgehandelt wur- als dubioses kulturelles Konsumverhalten. de (Betz 2003). Die sexuelle Freizügigkeit Ein Fan zu sein, heißt mehr, als ein Ge- der europäischen Nachkriegsfilme führte schmacksurteil über einen Film, ein Buch in konservativen, nationalistischen Diskur- oder einen Musiker abzugeben. Fan zu sein sen der Vereinigten Staaten wiederholt zu meint auch, bestimmte, eher affektive Re- einer Gleichsetzung von Arthouse und als zeptionspraktiken zu vollziehen, welche der unamerikanisch empfundenem Schund – interesselosen Kunstrezeption einer kanti- 28 Erste Annäherungen an das Phänomen des Trash schen Ästhetik diametral entgegenstehen. und strukturiert werden. Zum anderen kam Fan zu sein bedeutet, sich gegenüber einem auch die Idee auf, nach welcher das Fandom Autor, einem Werk oder einer Gruppe von der Konsumentin die Handlungsmacht über kulturellen Artefakten zu positionieren und die kulturellen Produkte der industrialisier- diese Positionierung zur Identitätsbildung ten Welt zurückgab, ihre Entfremdung ge- und zur Bildung sozialer Strukturen zu nut- genüber diesen Produkten zumindest teil- zen (Pearson 2007). weise aufhob und sie selbst zur kulturellen Das Fandom, das sich als die Kehrseite Produzentin machte, wie Duncombe in Be- des Starkults im Bereich der Literatur, der zug auf die Fanzines erläutert: Oper, des Theaters und des Sports entwi- ckelte, brachte bereits im 19. Jahrhundert »While consumer culture sucks you in, at seine bis heute markanten Praktiken hervor the same time it pushes you away – for you – von der wiederholten Rezeption, der Re- can only enter on its terms, as a consumer. produktion und Aneignung, etwa in Gestalt The big budgets and professional training von Amateurdarstellungen, bis hin zum Sam- necessary to emulate the commercial aes- meln von Trivia und der religionsähnlichen thetic insure that consumers will stay on Verehrung von Starikonen (Cavicchi 1998: their side of the line. Zines, on the other 4–6, Cavicchi 2007: 236). Die Kulturindus- hand, while pushing readers away, also wel- trie reagierte auf das Phänomen mit der ent- come them back in – but as equals who make sprechenden Produktion von Zeitschriften, the switch from spectator to collaborator.« die wiederum die Schreibtätigkeit der Fans (Duncombe 2008: 135) über selbst erzeugte Werke oder Leserbriefe förderte. Diesen Formen der Textproduktion Dass sich das Fandom bisweilen im Gegen- gesellten sich ab den 1930er Jahren die Fan- satz zu den wirtschaftlichen Interessen der zines als in Eigenregie produziertem Ama- Kulturindustrie befindet, zeigt auch die in teurmedium der Fans zur Seite (Duncom- den 1990ern aufgeflammte Diskussion um be 2008: 11) – unterstützt durch kulturelle die Rechte an kulturellen Gütern (vgl. Tush- Bewegungen wie dem Sciencefiction-Boom net 2007) oder die Versuche der Industrie, der 1930er Jahre oder dem Punk der 1970er durch Customer Relations Management die Jahre, schließlich auch beschleunigt durch Diskurse des Fandoms zu beeinflussen (Mc- technische Innovationen wie Fotokopierer, Court & Burkart 2001: 261). DTP und Internet. Eine solche Gegenüberstellung ignoriert Bereits im 19. Jahrhundert wurden die jedoch die Diversität auch innerhalb von Konsumpraktiken der Fankultur auf Grund Fangemeinden. Sinnvoller wäre es daher, ihrer Exzessivität als pathologisch charakte- Fandom in einem diskursiven Komplex mit risiert und marginalisiert (Jensen 2001). Im der Kulturindustrie und den Deutungspro- 20. Jahrhundert entwickelten sich jedoch duzenten der professionellen journalistischen auch entgegengesetzte Auffassungen vom Filmkritik oder der akademischen Filmwis- Fandom, die dem Fan als Element in einem senschaft zu sehen, ein Komplex, in dem die komplexen Geflecht von architektonischen, Protagonisten sich in einem steten Ringen ökonomischen, semiotischen und dispositiven um die Interpretations- und Wertungsmacht Beziehungen eine zentralere Rolle zusprachen befinden (Johnson 2001: 286). Eine einfache (vgl. Hills 2007): Zum einen konnte eine Gegenüberstellung von Fandom und Film- Fanbasis durchaus als Konsumentengruppe kritik, welche die bereits in der Einleitung direkt von der Kulturindustrie angesprochen dieser Arbeit erwähnte Opposition von ana- 29 Theorie so befassen sich weite Teile des Fandoms mit Filmanaly- se und -interpretation, mit der Auteurtheorie oder mit filmhistorischen Zusam- menhängen – genauso wie die Filmkritik. Im Falle des Trash ent- stehen aus dem Fandom heraus sogar neue Industri- en: Da Trashfilme nicht sel- ten von ephemeren Firmen produziert worden sind, die längst verschwunden sind, lassen sich ihre Rech- te häufig nicht mehr eru- ieren. Eine Neuauflage der Filme lohnt sich für größere Firmen aufgrund des gerin- gen potenziellen Umsatzes nur wenig, zumal der Ver- trieb bei nicht abgeklärter Rechtslage ein hohes Risi- ko darstellen würde. Aus diesen Gründen drängen kleinere, aus dem Fandom entstandene Firmen wie So- mething Weird Video (Se- attle, WA), Sinister Cinema (Medford, OR) oder Trash Das Fanzine Them! des Glasgowers Andrew S. Rogers stellte Palace (Frederick, MD) auf bereits nach seiner ersten Ausgabe 1991 das Erscheinen ein den Nischenmarkt, um mit der Wiederentdeckung, der lytischer Wissenschaft und empfindsamem, Digitalisierung und dem Veröffentlichen von lebensnahem Fandom reproduzierte (vgl. Trashfilmen Umsatz zu machen. Mit Kim’s Seite 13), verschleiert zudem die struk- Video entstand gar ein Filmarchiv aus dem turellen und methodischen Ähnlichkeiten Umfeld des Fandoms: 1986 als Videothek im beider kultureller Praktiken (Jenkins 2009: New Yorker East End gegründet, erlangte die 86). Zwar gilt das Sammeln von nicht abstra- Firma Kim’s Video and Music in den 1990er hiertem Trivial- und Aufzählungswissen zur Jahren Kultstatus auf Grund ihrer eklekti- Distinktion innerhalb der Fangemeinde wie schen Sammlung. Als die Gewinne im neuen nach außen als charakteristische Eigenschaft Jahrtausend zusammenbrachen, stiftete der des Fandoms (vgl. Hunt 2003); doch sieht Besitzer Yongman Kim die Sammlung an ein man von den methodischen Differenzen und dafür neu zu gründendes Archiv in Sizilien den Unterschieden im Abstraktionsgrad ab, (Johnston 2008, Hollander 2009). 30 Trash und die Entwertung als Müll Die Wechselwirkungen zwischen Fan- Trash und die dom, Filmkritik und Industrie gestalten sich folglich komplizierter, als eine einfache Entwertung als Müll Gegenüberstellung von nach hegemonialen Maßstäben wertender Filmkritik und op- Um den Wertungsprozess zu begreifen, der positionellem Fandom erwarten ließe. Das einen Film zu einem schlechten und schließ- Ringen um Diskursmacht und Hegemonie, lich zu einem Trashfilm werden lässt, lohnt um Deutungs- und Definitionshoheit ästhe- es sich, den Begriff des Trash, englisch für tischer Normen lässt sich nicht einem spe- Müll, einmal wörtlich zu nehmen. Wenn ziellen Teil des Dispositivs zuordnen. Aus- ein Trashfilm tatsächlich Trash sein soll, grenzende, ästhetisch legitimierte von ille- was hat er mit anderen Formen des Mülls gitimen Filmen trennende Diskurse lassen gemeinsam? sich ebenso wenig dauerhaft isolieren, wie Weit vor der Etablierung industrieller antithetische, marginalere Diskurse, welche Materialkreisläufe hat sich bereits zu Be- die auf dem Müll gelandeten Filme umdeu- ginn der Neuzeit in der englischen Sprache ten und für sich vereinnahmen. die Unterscheidung zwischen Rohstoffen, Es lohnt sich daher, beide Wertungsrich- Gütern und Abfall und damit ein Konzept tungen nicht als zwei diskursive Strömungen, von Müll als Wertzuweisung materieller Ob- sondern als zwei paradoxe Aspekte desselben jekte durchgesetzt. »Trash«, vermutlich ein Wertungsprozesses aufzufassen: Der eine ver- aus dem Norwegischen stammendes Wort wirft ein Werk als Müll, der andere kehrt diese für Späne und sonstige Holz- und Laubab- Wertung ironisch um. Ein Film, der als Trash fälle, ist seit dem 16. Jahrhundert belegt rezipiert wird, ist zwar auch unabhängig von (Oxford English Dictionary Online 2003). dieser Rezeption in aller Regel ein marginaler Bereits zu dieser Zeit wird »trash« nicht nur Film. Doch erst in der Trashrezeption wird für die Abfälle der Holzproduktion, sondern diese Marginalität, Unsichtbarkeit oder öko- auch im übertragenen Sinne von wertlosen nomische Wertlosigkeit mit einem Konzept Objekten, unsinnigem Gerede und anrü- von Müll verknüpft und so gleichzeitig ein chigen Personen verwendet – so etwa 1604 Mainstream wie ein Trashfilm konstruiert. Und die positive Wertung des Trash, der Spaß am schlechten Film, kehrt die Müllwertung des ersten Schrittes nicht um, sondern baut auf ironische Weise auf ihr auf. Die folgenden Abschnitte sollen daher diese beiden Aspekte näher untersuchen. Die Verwerfung des Films als Trash lässt sich dabei über eine Mülltheorie fassen, die ausgehend vom Alltagsverständnis des Mülls als materi- ellem Abfall ein kulturtheoretisches Instru- mentarium für diesen Entwertungsprozess zur Verfügung stellt. Die Umwertung zu einem guten schlechten Film schließlich deutet auf Trash bedeutet in seiner ursprünglichen eine Konzeption von Ironie, welche die Ab- Wortbedeutung Holzabfall und zeigt damit, surditäten und Widersprüchlichkeiten dieses wie wichtig der Prozess der Abtrennung und Entwertungsprozesses aufgreift. Unterscheidung für ein Müllkonzept ist 31 Theorie Müll ist eine Folgeerscheinung jeglicher menschlichen Zivilisation, hat jedoch in der industriellen und postindustriellen Gesellschaft eine neue Dimension erlangt in Shakespeares Othello: »Who steales my Anderen, das sich nicht nur aus technischen, purse, steales trash« oder »I do suspect this ökonomischen, ökologischen und sozialhis- Trash To be a party in this Iniurie« (Shake- torischen Diskursen zum Müll nährt, son- speare 1992: III.iii.156 und V.i.85). dern auch einen ästhetischen Mülldiskurs Die industrielle Moderne mit ihrem er- umfasst (Moser 2002: 88). Auf diese Wei- höhten und zunehmend linear verlaufenden se hat sich in den vergangenen Jahrzehn- Materialumsatz, mit ihrer Explosion des ten eine umfangreiche kulturtheoretische Haushalts- wie des industriellen Mülls auf Mülltheorie entwickelt, etwa von Wissen- der einen Seite (vgl. Strasser 1999: 13–19), schaftlern wie John Scanlan (2005), Micha- sowie auf der anderen Seite die kulturel- el Thompson (2003), Susan Strasser (1999) le Moderne mit ihrem immer währenden oder den Autoren des Sammelbandes von Streit zwischen Hoch- und Populärkultur Neville und Villneuve (2002), die Erkennt- (vgl. Maase 2007: 23f) verändern dieses Bild. nisse der Ökonomie, Ökologie, Handlungs- Der Begriff des »trash« sowie seine benach- theorie, Psychologie und Anthropologie in barten Begriffe »garbage«, »junk«, »waste«, einen umfangreichen – und durchaus hete- »litter«, »rubbish«, »debris«, »scraps«, »smut«, rogenen – Müllbegriff überträgt. »residue« oder »refuse« wandeln sich zu ei- Ein eng gefasster Müllbegriff, der dem nem umfassenden theoretischen Konzept Alltagsverständnis des Wortes am ehesten eines kulturellen und/oder ökonomischen entspricht, würde die ökonomische Seite 32 Trash und die Entwertung als Müll von materiellen Objekten betrachten: Müll, So sehr sich diese Bezugspunkte des das sind Objekte, die keinen Wert besitzen. Müllbegriffs auch unterscheiden, und so groß Müll, das sind leere Jogurtbecher, zerfetzte die Differenzen zwischen einem materiellen Plastiktüten, benutzte Kondome oder Ap- und den auf Analogien basierenden weiter felkitschen. Ein weiter gefasster Müllbegriff gefassten Müllbegriffen sind, gibt es doch jedoch würde sich durch das Ziehen von einige Dimensionen dieses Konzeptes, die Analogieschlüssen auf andere Ebenen aus- allen Auffassungen von Müll gemein sind: dehnen: Der Begriff des »white trash« etwa Das Phänomen der Unterscheidung und Di- deutet auf die Möglichkeit eines soziologi- stinktion, die (negative) Wertzuweisung, das schen Müllbegriffes hin, der die inhumane Problem der Materialität und der Objekt- Abwertung spezifischer gesellschaftlicher haftigkeit, die Gegenüberstellung von Rein- Gruppen oder Klassen mit sich führt. Der heit und Unreinheit sowie die Temporalität Müllbegriff kann sich auch auf das Gebiet der materiellen wie immateriellen Welt und des Körpers erstrecken, etwa im biologischen ihre Konnotationen von Verfall, Vanitas und Exkretionsbegriff, im psychoanalytischen Ab- Tod (vgl. Moser 2007). jektkonzept oder in den verschiedenen Hy- gienediskursen. Und mit Schlagworten wie Müll als Nutzlosigkeit Kitsch, Schund oder eben auch Trash betritt der Müllbegriff die Bühne der Ästhetik. Grundlegendes Merkmal von Müll ist die Dabei ist der Müll – sei er nun materiell Tatsache, dass jedem Müllobjekt eine Un- verstanden oder auch im übertragenen Sinne terscheidung vorausgeht: »Trash is created – stets von Verdrängung und Unsichtbarkeit by sorting. [...] Keep it or toss it.« (Strasser bedroht. So stark ist die Notwendigkeit, ihn 1999: 5). In erster Linie kann man diese Un- aus unseren Augen verschwinden zu lassen, terscheidung als Wertzuweisung zu einem dass er nicht nur wertlos wird, sondern gar bereits bestehenden Objekt verstehen, das einen negativen Wert bekommen kann: in- Aussortieren, Aussondern, Wegwerfen von dem wir nämlich andere bezahlen, den Müll Dingen, die ihren ursprünglichen Nutzen ver- zu entsorgen (und uns damit der Sorge um loren haben: »Die Guten ins Töpfchen, die ihn zu entledigen): schlechten ins Kröpfchen«. Zum anderen ist sie aber auch das elementare Korrelat jeder »In contemporary society the increase in the Produktion eines Objektes, ihr Resultat das volume of consumer products may force a notwendige Überbleibsel eines materiellen strict reorganization of time, in so far as the Herstellungsprozesses. Diese Form der Un- situation can be met by adherence to a regime terscheidung spiegelt sich auch in der Ety- that ensures the removal of these objects be- mologie der Müllbegriffe in der englischen fore they decay.« (Scanlan 2005: 34) Sprache wider: »Trash« bezeichnet, wie oben erwähnt, die Abfallprodukte der Holzverwer- Diese Verdrängungsprozesse gestalten sich tung; »garbage« steht ursprünglich für nicht im Zeitalter von Digitalisierung und Imma- weiter nutzbare Produkte der Tierverwertung; terialisierung von Information und Arbeit im englischen »residue«, dem deutschen »Ab- nur umso heftiger, wenn man den erhöhten fall« oder dem französischen »déchets« findet technologischen Turnover und die Verwen- sich der Vorgang des Trennens, Abfallens und dung seltener und meist giftiger chemischer Übrigbleibens gar direkt wieder. Elemente in der elektronischen Industrie Als Müll kommen daher zwei verschiede- betrachtet (Gabrys 2007). ne Dinge in Betracht: sowohl das ehemalige, 33 Theorie nun außer Gebrauch geratene Objekt, wie of something (time, resources, opportunities, auch das Nicht-Objekt, derjenige Bestandteil and so on) [...]« (Scanlan 2005: 22). Überträgt der materiellen Welt, der es nicht geschafft man einen solchen Müllbegriff auf das Feld hat, zu einem Objekt geformt zu werden. der Filmwissenschaft, etwa auf den ›sinnvol- Ein gebrauchtes Papiertaschentuch ist Müll len‹ oder ›überflüssigen‹ Gebrauch narrativer der ersten Sorte, Holzspäne entsprechen der oder stilistischer Mittel, gelangt man bei- zweiten. Auf den Film bezogen heißt dies, spielsweise zum neoformalistischen Exzess- dass es auf der einen Seite konkrete Abfall- konzept von Thompson (2008). Exzessiv ist produkte gibt, wie die Filmstreifen, die im demnach all das, was im semantischen Sinne Schneideraum auf dem Boden landen; auf überflüssig ist, was die effiziente Bedeutungs- der anderen aber auch solche Filme, die au- produktion eines Filmes übersteigt. Legte ßer Gebrauch geraten, ökonomisch nicht man nun eine Werteskala des angemessenen mehr verwertbar sind oder von den Archi- Gebrauchs stilistischer Mittel an (eine mit ven als nicht wert angesehen werden, auf- Sicherheit normative Entscheidung), so se- bewahrt zu werden. pariert man den Exzess als das Überflüssige, Beide Arten gehen mit einer Wertzu- als Müll von den ›wertvollen‹, bedeutungstra- weisung einher, welche den abgetrennten genden Elementen, und den exzessiven Film Müllteil deutlich abwertet. Versteht man von solchem, der sich in seinen Mitteln zu den Müllbegriff zunächst materiell, so ist beschränken weiß. diese Wertzuweisung geknüpft an einen Nutzbarkeitsdiskurs des entsprechenden Müll als Eigenschaftslosigkeit Objektes: Müll ist wertlos, weil es inner- und als Zeitlichkeit halb der ökonomischen bzw. utilitaristischen Skala nicht oder nicht mehr verwertbar ist, Den Prozess der Unterscheidung als elemen- weil es unnütz ist. tare Eigenschaft des Müllbegriffes einzufüh- Eine Variante des Müllkonzeptes geht im ren, beschränkt sich nicht nur auf die Analyse Übrigen nicht vom Mangel an Nutzbarkeit von wertgesteuerten Produktionsprozessen aus, sondern von einer Idee des »improper oder Aussonderungsentscheidungen wäh- use« (Scanlan 2005: 22). Damit wird die Ver- rend der Konsumption. Er kann schließlich antwortlichkeit für den Müllcharakter vom noch weiter abstrahiert werden, indem die Objekt auf den Nutzer übertragen. Das bi- Produktion eines materiellen Objektes und blische Gebot der Nutzbarmachung, stärker die korrelierende Entstehung von Abfall noch das puritanische Nützlichkeitsethos, systemtheoretisch als objektgenerierende gehen von einem den Dingen innewohnen- Unterscheidung gefasst werden: den ›richtigen Gebrauch‹ aus, dem man als Mensch entsprechen muss. In einer solchen »In an unproblematic sense garbage is leftover Denktradition ist all dasjenige Handeln ›müll- matter. [...] In another guise this is seen as a haft‹, das den richtigen Gebrauch, der diesen human propensity for differentiation [...] that Objekten innewohnt, ignoriert, das sie also inaugurates a lifetime of cutting-off, discon- verschwendet, vernachlässigt oder falsch nection and removal. [...] We only acquire or nutzt. Im englischen Wort »waste« verknüpft understand the valuable [...] as the result of sich genau diese Bedeutung mit den anderen, a galloping retreat from an undifferentiated oben genannten Komponenten des Müllbe- mass of things (which may also be called griffes: »›to waste‹ is equally to squander in ›nature‹) that could otherwise swamp us.« the distinct sense of not making the best use (Scanlan 2005: 13) 34 Trash und die Entwertung als Müll Das durch die Unterscheidung abgeson- losigkeit und die Abwesenheit von Struktur derte Andere wird nicht nur vom heraus- auszeichnet. Diese amorphe Masse muss gestellten Objekt getrennt, sondern bleibt per definitionem nutzlos bleiben, da jede diesem wiederum eingeschrieben (Simon Zuweisung von Wert oder Nutzen des Vor- 2009: 63). Ein so verstandener Müllbegriff handenseins eines Objektes bedarf, sie aber wäre dann zu verstehen als das Andere ei- genau dieses nicht ist. Paradoxerweise ist sie ner materiellen, ökonomisch strukturierten jedoch, neben jeglichem Mangel an Quali- Objektwelt, das Andere all das, was kein täten, durch zwei Aspekte gekennzeichnet: Objekt sein kann. durch die Teleologie, dass alles Materielle, Damit wäre man dann bereits bei einer dass jede Objektunterscheidung schließlich weiteren Eigenschaft des Müllbegriffes, der wieder in dieser amorphen Masse mündet, Müll in die Nähe von undifferenzierter Mate- dass Asche stets zu Asche wird; zum anderen rialität, Unordnung und Chaos rückt. Müll ist aber durch das Potenzial, proteisches Aus- demnach all das, was dem Ordnungssystem gangsmaterial für neue Systemunterschei- der Kultur entfliehen kann oder ausgesondert dungen und Objektbildungen zu werden wurde: »Symbols of waste all point to things und die Rolle von Protomasse oder Humus that have eluded the guiding hand of human zu übernehmen. social organization, or indeed have simply got Dieser Gedankengang führt die Di- out of control« (Scanlan 2005: 32). mension der Zeitlichkeit als elementaren Doch scheint sich hier eine ähnliche Bestandteil eines Müllbegriffes ein: Zeit- Differenzierung des Müllbegriffes aufzu- lichkeit zum einen als Teleologie des En- tun, wie oben in der Gegenüberstellung von tropischen, als Konzept der Vanitas, dass ehemaligem Objekt und Nicht-Objekt: So alles Streben doch im Tod und im Verfall unterscheidet Moser etwa zwei verschie- wieder zu seinem Ausgangspunkt zurück- dene Zustandsformen des Mülls: »either kehrt; zum anderen aber auch als ethischen an aggregate of particles or heteroclite ob- Anspruch, diesen letztendlich unausweich- jects, whose origin in a disintegrated whole lichen Verfall doch für einen kurzen Mo- remains recognizable, or an amorphous mass, ment aufzuhalten: a magma in which the constitutent particles have undergone a process of homogenizati- »[I]t is principally time that structures the on« (Moser 2002: 87). Es überrascht daher human orientation to waste [...]. Time is the auch nicht, dass die Wörter für Müll in den proof that we do not escape these universal meisten Sprachen entweder Pluraliatantum processes of generation and decay, and so wie »déchets«, »ordures« oder »rifiuti«, oder lazyness (by inviting time to corrode life) Singulariatantum wie »basura«, »lixo«, »Müll« has to be resisted lest it reveal the futil- oder »trash« sind (Moser 2002). ity of our attempts to master it.« (Scanlan Vor allem die letztere Form des amor- 2005: 33) phen, nicht weiter unterscheidbaren Mülls, des Staubs, Drecks und Matsches, knüpft Ein solcher Vanitasdiskurs über die Natur an das oben genannte Konzept des Anderen des Verfalls ist selbstverständlich eine spe- einer materiellen Objektwelt an. Wenn das zifisch historische Sichtweise auf die Mate- Andere das Überbleibsel der objektbilden- rialkreisläufe unserer anthropozentrischen den Unterscheidung ist, dann ist dieser Rest Lebenswelten. Der Verweis auf barocke wie genau diese undifferenzierte, eigenschafts- romantische Konzepte der Vanitas wie auch lose Masse, die sich allein durch ihre Form- auf existenzialistische Konzepte der Absur- 35 Theorie dität ist jedoch ein Anknüpfungspunkt, der Müll und Recycling für die Trashrezeption noch von Bedeutung sein wird. Von diesem Nebeneinander von Teleologie, Ein so verstandener Müllbegriff stellt die Potenzial und Gedächtnis innerhalb des Müll- Eigenschaftslosigkeit und das Amorphe von begriffes ist es nur ein kurzer Schritt hin zu Müll in den Vordergrund, eine Charakterisie- einer zyklischen Komponente, die seit eini- rung die von mehreren Autoren als elementar gen Jahren unter dem Schlagwort des Recy- für den Müll angesehen wird (vgl. Scanlan clings die ökonomischen wie kulturellen De- 2005: 14, Engell 2000: 11). Ein anderes, be- batten beherrscht. Materialkreisläufe waren reits in den 1960er Jahren von Mary Douglas bis zum 19. Jahrhundert fester Bestandteil entwickeltes anthropologisches Konzept der kleinräumiger, vorindustrieller Ökonomien. Reinheit/Unreinheit (Douglas 2010) verweist Erst in der Konsumgesellschaft des 20. Jahr- jedoch auf ein Müllkonzept, dass das Am- hunderts trat die zyklische Komponente, zu- bivalente, Liminale eines Müllobjektes, das mindest für gewisse Zeit, wie es scheint, in einst der Objektwelt angehörte, nun zum den Hintergrund: Ein höherer Produktum- Müll gehört, aber noch nicht gänzlich in die satz, Obsoleszenz nicht aufgrund materiellen amorphe Welt der Protomaterie übergegan- Alterns, sondern durch technologisches oder gen ist, in den Vordergrund rückt: modisches ›Veralten‹, die gesteigerte Rolle der Verpackung und Diskurse über Hygiene und »Rubbish, for Douglas, is an ›in-between‹ Zeitrationalität, die zur Erfindung von Dingen state, both spatially and temporally: it de- wie dem Papiertaschentuch oder dem Einweg- scribes an object bereft of its systemic func- kaffeebecher führten, ließen im vergangenen tionality, though as yet not removed, a de- Jahrhundert die Müllberge wachsen und un- cayed object that finds itself ›out of place‹, sere Gesellschaften zu Wegwerfgesellschaften an object, then, that endangers order.« (Mo- werden (Strasser 1999: 112, 191, 201). Wenn ser 2002: 97) auch der Recyclinggedanke in Krisenzeiten wie dem Zweiten Weltkrieg mit seinem er- Nicht das Amorphe, die Ununterscheid- höhten Energie- und Materialverbrauch und barkeit ist das Beunruhigende an solcher der daraus resultierenden Knappheit immer Art Müll. Vielmehr ist es die bedrohlich wieder aufflackerte, so scheint er erst seit ambivalente Nicht-mehr-Objekthaftigkeit, der Ölkrise der 1970er, spätestens aber seit die nicht nur die systemische Ordnung ge- der Ökologiebewegung der 1980er und 90er fährdet, sondern dem Müll darüber hinaus Jahre fester in den Diskursen westlicher In- ein Gedächtnis verleiht: Müll hat eine Ge- dustrienationen verankert. schichte, einen vergangenen Nutzen (Allen Ein geisteswissenschaftlicher Begriff des 2007: 202), und Müll – so ließe sich ergän- Recyclings ist erst in den letzten Jahren im zen – erzählt auch davon: Zuge der Diskussion um die Postmoderne und später im Zuge von Diskursen über kul- »Declared garbage, dealt with as garbage, an turelle Eigentumsbegriffe deutlicher hervor- object always represents the intrusion of the getreten (vgl. Lang 2007): past of a system into its present. It reminds us of a past state of things, pleasantly or un- »The [...] term ›cultural recycling‹ appears to pleasantly. [...] Garbage therefore often sup- have become something of a switch-point in ports the dialectic and drama of remember- scholarly discourse, purporting to tell us some- ing and forgetting.« (Moser 2007) thing new about everything from postmod- 36 Trash und die Entwertung als Müll ern pastiche culture and its either ›terminal‹ pears completely into new products which (Jameson) or ›redemptive‹ mode of nostalgia in turn are entirely consumed by the twin (Benjamin, Bloch), to debates about intellectual processes of consumption and recycling. In property, sound sampling as piracy, and digital cultural recycling, however, while nothing is download as theft – all of which highlight the lost, something is always added to the stock struggle to differentiate between culture and of cultural products.« (Randall 2007) capital as these ideas circulate with increased speed and ease in today’s technocultural econ- Wenngleich die Metapher des Recyclings also omy.« (Kendall & Koster 2007) mit Vorsicht zu genießen ist, sind zwei zykli- sche, den Müll aus seiner Versenkung holende Ja, es scheint, dass eine ganze Reihe von Phänomene aus der Kultur- und Kunstwissen- scheinbar unterschiedlichen kulturellen Er- schaft bereits hinreichend bekannt. Auf der scheinungen wie Übersetzung, Imitation, Pla- einen Seite haben sich seit den Anfängen der giat, Intertextualität, Palimpsest, Aneignung, Collagestrategien im Kubismus und Dadais- Anspielung, Einfluss, Bricolage, Sampling mus so unterschiedliche Künstler wie Marcel oder eben Recycling nur jeweils akzentuell Duchamp, Joseph Cornell, Robert Rauschen- verschobene Sichtweisen auf dasselbe his- berg, Arman und viele andere mehr mit Ma- torisch alte Phänomen sind (Randall 2007). All diese Formen in Bezug zu einem wie auch immer gearteten Müllbegriff zu setzen, wür- de diesen sprengen. Zudem würde jeder Form von kul- tureller Zyklizität mit der Müllmetapher eine negati- ve Konnotation beigefügt, von der fraglich ist, ob sie so funktioniert. Wenn in die- ser Arbeit Zitate eingefügt sind, so ist dies eine Form kultureller Zyklizität und ›Wiederverwertung‹, ohne dass dadurch auch nur ange- deutet werden soll, dass es sich bei den zitierten Wer- ken um wertlosen Müll han- delt. Ein weiteres Problem der Recyclingmetapher ist zudem ihre Utopie einer to- talen Zyklizität: »The ideal form of mate- rial recycling is a zero-sum Fountain (Marcel Duchamp, 1917), Ready-made, hochkant game in which waste disap- gestelltes Pissoirbecken, 61 cm hoch, Original verschollen 37 Theorie Hygienediskurs verbunden: Müll gefährdet die Ge- sundheit und bedroht uns mit seinem durchdringen- den Geruch. Selbst wenn bei Weitem nicht jedes Müllobjekt mit solchen Gefahren einhergeht, so ist der Ekel unausweichliches Korrelat jeden Müllbegrif- fes. Darüberhinaus ist die ›Eigenschaft‹ des Müllhafti- gen hochgradig ansteckend: »The concept of trash is the Midas touch inverted, and its malleability allows it to convert any thing or any one into garbage« (Knech- Number 33A, Skulptur aus rostigem Altmetall und Schuhen, tel 2007: 8). 251 x 244 x 43 cm (Leonardo Drew, 1999) Zum anderen ist es aber gerade die Nicht- bzw. terialität, Wert, Zufälligkeit und Vergänglich- Nicht-mehr-Objekthaftigkeit, die Nicht- keit gefundener oder weggeworfener Objekte mehr-Ganzheit des Müllobjektes, die uns auseinandergesetzt, mit Assemblages, Ready- an die Vergänglichkeit unseres Körpers er- mades und Objets trouvés neue Verfahren und innert: »Uncanny garbage then becomes Formen entwickelt und auf diese Weise die capable of inducing horror because of the künstlerische Version eines Diskurses über presumed harmful effect it has on the bo- Müll entworfen (Scanlan 2005: 89–119, Ver- dies of personal and social order, indicating gine 2007). Auf der anderen Seite deutet das their fragile and transient nature« (Scanlan kulturanthropologische Bild des Bastlers und 2005: 36). Zusammen mit der Liminalität, Bricoleurs, der aus einem Sammelsurium an die Douglas für diese Art von Nicht-mehr- zunächst ungeeignet erscheinenden Dingen, Objekten in den Vordergrund rückt, werden aus ›Krams‹ etwas Neues schafft (Lévi-Strauss so die Hybridität und das Transitorische des 2009: 29–31), auch auf nicht-künstlerischer Müllobjektes zum eigentlich Bedrohlichen Ebene ein Konzept von Medien- und Mate- gegenüber dem Purismus einer geordneten rialnutzung an, das als Beschreibung für die Objektwelt. postmoderne Konsumgesellschaft nutzbar Es wundert daher auch nicht, dass die gemacht werden kann. Gegenüberstellung Müll vs. Objektwelt und Hybridität vs. Reinheit der mittelalterli- Hybridität als Bedrohung chen Ikonografie von Himmel und Hölle entspricht, wie ein Blick auf eine beliebige Douglas Reinheitskonzept verweist in- Höllendarstellung jederzeit bestätigt. Inte- des noch auf eine andere Eigenschaft des ressanterweise lässt sich jedoch gerade hier Mülls. Zum einen ist materieller Müll eng ein Umschlagen der negativen Bewertung mit einem körperlichen und medizinischen des Müllbegriffes festmachen: 38 Trash und die Entwertung als Müll »The cleansed present and its uncanny other, heterogen: Müll kann einerseits Nicht-Ob- garbage, seem also to reflect a duality that jekt, Abfallprodukt eines Produktionspro- is strangely reminiscent of the Eden-Hell zesses sein; aber auch Nicht-mehr-Objekt, counterpoint that is found especially dur- materieller Rest eines vergangenen Objektes. ing the Middle Ages as part of the literature Müll kann als amorphe proteische Materi- of Christianity. [...] Yet if this recognizable alität auftreten, aber auch in Gestalt eines garbage comes to signify the kingdom of Schattens seiner selbst, ein Schatten, wel- hell, then how curious that contemporary cher die Liminalität von Nicht-mehr-Objek- writers see another kind of hell in the sani- ten mit ihrer notwendigen wie bedrohlichen tized, anonymous spaces of modern society Gedächtnisfunktion ausdrückt. [...], where the uniformity and lack of dis- Auf den Film lässt sich dieser enge Müll- tinguishing characteristics mark these out begriff ohne Probleme anwenden: Filmschnip- as well as domains of nothingness.« (Scan- sel vom Boden des Schnittraums, ausgedien- lan 2005: 18f) te Verleihkopien, ins Labor gebrachte und nie abgeholte Filmbüchsen – all dies sind Dieses Umschlagen deutet auf eine Umwer- Beispiele für filmischen Müll im materiel- tung des Müllbegriffes, der dessen dialekti- len Verständnis, mit all den oben genann- sches Potenzial in den Vordergrund rückt, ten Charakteristika von Differenzierung, eine Umwertung wie sie etwa im Konzept der Unterstrukturiertheit und Vergangenheits- romantischen Ironie und ihrem Begriff von verweis. In diesem Sinne ist der experimen- Werden und Kreativität anklingt (s. u.). telle Found-Footage-Film sowohl Recycling von Müll, Wiedereinführung von verloren Jogurtbecher und Trashfilm gegangenem Material in den kulturellen Verwertungsprozess, wie auch eine reflexi- Fasst man die genannten Beobachtungen zu- ve Form, welche über diese Wertungs- und sammen, so ergibt sich folgendes Bild eines Verwertungsprozesse nachdenkt. Auch die abstrakten Müllbegriffes: Müll ist charak- von Something Weird Video herausgegebene terisiert durch einen Unterscheidungspro- DVD zu take it out in trade (1970; R: zess und eine (negative) Wertzuweisung; Edward D. Wood jr.) ordnet sich in diesen Müll ist gleichzeitig gekennzeichnet durch Müllbegriff ein, indem sie beim Schnitt ent- eine gewisse Un- oder Unterstrukturiert- standene Filmreste hintereinandermontiert, heit und Formlosigkeit; im Gegenzug deutet um auf diese Weise einen Eindruck des ver- Müll jedoch auf eine zeitliche Komponente, schollenen Films zu ermöglichen. sei es allgemein durch den Verweis auf die Für die Frage nach dem Trashfilm führt Eitelkeit und Vergänglichkeit aller materi- der eng gefasste, materielle Müllbegriff je- ellen Objekte, sei es spezieller, dass es als doch nicht weit genug. Zwar sind Elemente Nicht-mehr-Objekt auf die Vergangenheit der Wiederverwertung von filmischem Ma- seiner selbst hinweist und so Gedächtnis- terial im Low-Budget-Bereich des Stumm- funktionen übernimmt; schließlich ist Müll films, aber gerade auch des klassischen Hol- gekennzeichnet durch eine als bedrohlich lywood an der Tagesordnung (vgl. Schaefer empfundene Verbindung zur Unreinheit, 2001: 56–68, Taves 1993: 326 oder auch von mehr noch: Müll besitzt die Fähigkeit zu Keitz 2005: 150). Und auch Wood nutzt die- Kontamination. se Strategie der Kostenreduktion, in dem er Bereits ein materieller und auf die Ob- Archivmaterial in seinen Filmen verwendet, jektwelt gerichteter Müllbegriff ist in sich oder alte Sequenzen eines Filmes, der un- 39 Theorie vollständig blieb, in einen neuen Film ein- Metaphern, die Gesellschaft als »Volkskör- baute (vgl. Seite 149). Doch diese Strategien per« begriffen und das Kino als Problem der verlieren sich mit dem Ende des klassischen «Volksgesundheit», als »moral malaria« oder Hollywoods. als »Kientopp-Fusel« (Noack 1992: 71). Für den Trashfilm ist daher ein weiter Doch lässt sich diese Schmutz- und gefasster Müllbegriff notwendig. Das terti- Schunddebatte von Film als Müll auch noch um comparationis der Analogiebildung, die in einen weiteren kultur- und medienapo- einem solchen Müllbegriff zu Grunde liegt, kalyptischen Diskurs über die Unterhaltung kann dabei zweierlei Formen annehmen: Be- einordnen, der sich Anfang des 20. Jahrhun- langlose, beliebige, triviale, banale, gleichför- derts im Übergang von einer produktions- zu mige, mit anderen Worten unterstrukturier- einer konsumorientierten Gesellschaft ent- te Objekte und Phänomene knüpfen an die wickelte. Die Trennung von (Lohn-)Arbeit Qualitäts- und Formlosigkeit des Mülls an; und Freizeit im 19. Jahrhundert führte zu obszöne, dumme, eklige, widerwärtige Dinge der Frage, wie sich Freizeit ›sinnvoll‹ nutzen verweisen auf die bedrohliche Unreinheit des ließe – sei es, indem man sie als Rekreation Mülls. Diese beiden Formen spiegeln auch der Arbeitskraft interpretierte, sei es, in- die zwei Seiten des Trashbegriffs wider, den dem man sie mit Belehrung und Fortbildung der Ästhetik und den der Obszönität. füllte (Maase 2007: 156f). Gleichzeitig un- Umsetzen lässt sich ein solches normativ terschieden sich die neuen kulturellen An- gefasstes Konzept von Trashfilm auf meh- gebote in ihrem Warencharakter und ihrer reren Ebenen. Eine mögliche Anwendung industriellen Fertigung so deutlich von einer eines solchen metaphorischen Müllbegrif- kantianischen Ästhetik der Interesselosigkeit fes findet sich etwa in der bis heute fort- und einer goethezeitlichen Vorstellung von dauernden Diskussion, dass Film per se als Originalität, dass sich eine ganze Reihe von kulturelle Aktivität weniger anspruchsvoll, Debatten um das Verhältnis zwischen Po- trivialer, unnütz oder mit anderen Worten pulär- und ›Hoch‹-Kultur entzündete. Von Müll sei. Die Schmutz- und Schunddebatte Greenbergs Kitschbegriff (Greenberg 2003) der 1910er und 20er Jahre in Deutschland über Horkheimers und Adornos Konzept (vgl. Schweinitz 1992) verweist allein durch der Kulturindustrie (Horkheimer & Adorno ihre Metaphorik bereits auf einen Müll- und 2004) bis hin zum (ursprünglich satirisch ge- Reinlichkeitsdiskurs. Die Diskussion um den meinten) Konzept des Unterschichtenfern- Film integrierte sexualwissenschaftliche, hy- sehens, das 2005 den Topos der Klassenge- gienische, medizinische, soziologische und sellschaft zurück in die Mediendiskussion eugenische Diskurse der Zeit mit den tra- brachte (Schulze 2005: XVI), übernehmen ditionellen Moralvorstellungen von Familie diese Debatten Elemente des Müllkonzep- und Körper sowie soziologischen Vorstellun- tes und verknüpfen sie mit soziologischen gen der Schutzbedürftigkeit weiter Bevöl- Fragestellungen. kerungsgruppen. Argumentativ verknüpft wurden diese Elemente durch die rhetori- Die Paradoxa des Trashfilms sche Verkettung von Scham (als individuel- lem, physiologischen Affekt), Anstand (als Mit Hilfe dieses auf den vorangegangenen Sei- kollektiver Moralvorstellung) und öffentli- ten entwickelten Müllbegriffes lässt sich das cher Ordnung (als Funktionieren der Ge- Phänomen des Trash als guter schlechter Film sellschaft im Ganzen). Nicht selten waren nun etwas genauer fassen: In einem Prozess dabei auch biologistische oder medizinische der Wiederentdeckung holt die Trashrezep- 40 Trash und die ironische Aufwertung tion ein Müllobjekt aus der Liminalität des Trash ist Trash, gerade weil er eigentlich im- Vergessens und Entsorgens. Es findet dabei mer noch Müll ist. Dies unterscheidet Trash jedoch kein einfaches Recycling statt, das beispielsweise von einfachen oppositionellen jegliche Erinnerung an das Gewesene verlo- Lesarten. Ein Trashfilm bleibt auch in den ren hätte; vielmehr bleibt der Müllcharakter Augen eines Trashconnaisseurs durchaus des Ausgangsobjektes erhalten. ›schlecht‹, die ›ursprüngliche‹, quasi hegemo- Zwei inhärente Widersprüche kenn- niale Wertung wird in jedem Fall beibehal- zeichnen bei diesem Vorgang den Trash, ten. Positive Aufwertungen, die ein solcher zwei Widersprüche, die jedoch Programm Film aufgrund etwa nostalgischer, subver- sind. Egal ob man unter Müll das amorphe siver oder reflexiver Eigenschaften erfährt, Nicht-Objekt oder das vergangenheitsbelas- stehen unverbunden neben der immer noch tete und transitorische Nicht-mehr-Objekt präsenten negativen Abwertung. Gerade in versteht: Ein aus dem Liminalen zurückge- der Widersprüchlichkeit beider Wertungen, holtes Trashobjekt ist automatisch selbstre- in der Ambivalenz des Trashobjektes, in sei- flexiv, da es die Verbindung zum Liminalen ner Absurdität, liegt das Grundelement je- auch als Trash nicht verliert. Im Falle des der Trashrezeption. Nicht-mehr-Objektes besitzt Trash gar ein doppeltes Gedächtnis: Zum einen verweist das Trashobjekt auf die Müllwerdung inner- Trash und die ironische halb eines Wertungs- und Separationspro- Aufwertung zesses, den Moment also, in welchem es als Objekt der Objektwelt ›im Kröpfchen‹ ge- Die Abwertung eines Films als Müll ist folg- landet ist; zum anderen verweist das neue lich nur die eine Seite der Rezeption von Objekt auf seine unaussprechliche Vergan- Trash, geschieht doch eine solche Abwer- genheit als Müll, auf den Moment, bevor es tung hier niemals ohne eine gleichzeitige, aus dem Kröpfchen herausgenommen und widersprüchliche Aufwertung. Trashfilme als Trash wiederhergestellt wurde. sind nicht einfach schlecht, sondern es macht Auf den Trashfilm heruntergebrochen gerade Spaß, dass sie so schlecht sind. Dieses heißt dies, dass ein als Trash behandelter Film Paradox der doppelten Wertung weist dar- stets auch den Prozess des Aussortierens und auf hin, dass die Rezeption eines Films als des Vergessens von Filmen reflektiert, ein Trash eine deutlich ironische, uneigentliche Prozess, der im gleichen Moment auch den Komponente beinhaltet. Dabei ist die Iro- normativen Kanon des ›Mainstreams‹ kon- nie des Trash zunächst einmal nicht eine Ei- struiert; auf der anderen Seite verweist ein genschaft des filmischen Textes oder gar ein Trashfilm als ein einzelner, aus der Masse an von einem Autor intendierter Effekt. Ironie vergessenen Filmen herausgehobener Müll- muss vielmehr als Praxis, als aktives Ironi- film auf die Unmenge an Filmen, die weiter sieren betrachtet werden (Hutcheon 2005: dem Vergessen anheimgefallen bleiben. 118), welche die Frage nach der Intentiona- Neben dieser widersprüchlichen Objekt- lität von Trash allenfalls sekundär wieder haftigkeit ist Trash durch das Paradox der in den Text hineinschreibt: »Sleaziness is a doppelten Wertung charakterisiert: Trash presence that must be inscribed into a text bedeutet eben nicht eine simple Rehabili- by some manner of evaluation and critical tierung des Müllobjektes: Der Akt des Zu- labor [...]« (Sconce 2007: 4). Müll-Werdens, des Aussortierens, die Wert- Das heißt jedoch nicht, dass filmische Ele- zuweisung als Müll wird nicht widerrufen; mente keine Rolle in diesem Prozess spielen 41 Theorie oder dass sich gar jeder Film für eine solche erneut auflebte, nachdem sie 1933 verboten ironische Lesart eignet. Eine formalistische worden waren, konnte sich so bis weit ins Analyse der Filme ist durchaus möglich, so- 20. Jahrhundert erhalten. lange man nicht versucht, im Text nach in- Auch – und vielleicht gerade – das Kino tentionalen Markern von Ironie zu suchen, rief von Beginn an ablehnende wie ironisch- sondern nach denjenigen Stilmerkmalen distanzierte Reaktionen hervor. Als sich der Ausschau hält, an denen eine ironische Re- Kinematograph in den 1910er Jahren aus dem zeption ansetzen kann. abgrenzbaren und gesetzlich kontrollierten Die ironische Begeisterung für etwas Sonderraum des Jahrmarkts herauswagte und Schlechtes ist dabei eigentlich nichts gar sich in die Städte vortastete, reagierten die so Neues. Denn das Phänomen des Trash bürgerlichen Diskurse mit einer vehement hat durchaus eine Geschichte, die sich den negativen, filmkritischen »Kinodebatte« (vgl. regulären Literatur-, Kunst- und Kulturge- etwa Kaes 1978, Schweinitz 1992). Gerade schichten allerdings in den meisten Fällen die Literaten jedoch standen dem neuen Me- zu entziehen weiß: Die deutsch-jüdische dium durchaus ambivalent gegenüber, nicht Dichterin Friederike Kempner (1828–1904) selten auch ironisch. So beschreibt Kurt Tu- zum Beispiel hat mit ihrem lyrischen Werk cholsky 1913 mit deutlichem Schmunzeln ein – wohl in dieser Form unbeabsichtigtes den Besuch eines Herrenabends mit eroti- – Fandom um sich entstehen lassen, das bis schen Filmen, dessen sensationelle, lüster- ins 20. Jahrhundert Bestand hatte. Ihre Ge- ne Anpreisung – wie so häufig im Exploita- dichte, die sie im Eigenverlag veröffentlich- tionfilm – wesentlich mehr versprach, als te, stießen zunächst auf breite Ablehnung die Vorstellung zu halten in der Lage war – eine Ablehnung, die sicherlich auf frauen- (Tucholsky 1992). feindliche Missbilligung des »Dilettantismus Dass Trash nicht nur eine ironische Re- der Weiber« (Schiller & Goethe 2008) wie zeptionshaltung ist, sondern häufig auch mit auf antisemitische Stimmungen der Litera- Elementen des Kults oder des Karnevals ein- turkritik zurückgreifen, die sich aber nicht hergeht, beschreibt Staiger (1997: 77f) in ei- zuletzt auch auf eine gewisse ›Qualität‹ ih- nem weiteren Beispiel: Der Film la con- rer Lyrik berufen konnte (vgl. Hacks 1989; ga nights (1940, R: Lew Landers) wurde Barkow 1989). Eine Ablehnung dieser Art von den Kinos in Corsicana (Texas) als »the war jedoch noch nichts Ungewöhnliches. corniest pic ever« beworben, Werbung und Ungewöhnlicher war vielmehr, dass die Fa- Filmtheater mit Maismotiven ausgestattet milie Kempner, peinlich berührt vom Miss- und ein Preisausschreiben mit Maisproduk- erfolg ihrer Angehörigen, ihre Bücher aufzu- ten als Gewinnen veranstaltet. Dieses Spiel kaufen begann, damit aber eine künstliche der Theaterbesitzer mit der Doppeldeutig- Nachfrage schuf, die Verleger zu weiteren keit von ›corny‹ zeugt nicht nur von einer ge- Drucken anregte. Bereits Ende des 19. Jahr- wissen Selbstironie einer landwirtschaftlich hunderts entstand so eine Begeisterung für geprägten Gemeinde, sondern fordert auch den ›schlesischen Schwan‹, der sich in iro- eine ironische Haltung gegenüber dem Film nischer Doppeldeutigkeit, die sich nicht a und seiner illusionistischen Anspruchshal- priori auf eine affirmativ-reaktionäre oder tung, an der dieser offensichtlich scheitert. auf eine kritische Dimension festlegen lässt, Gleichzeitig wird um den Film herum ein dem Fandom postmoderner Zeiten annähert. Event aufgebaut, der den Werkcharakter des Der Kult um Kempner, der 1953 mit der einzelnen Films sprengt und das eigentliche Wiederauflage ihrer Werke (Mostar 1966) Vergnügen in der Kinopraxis findet. 42 Trash und die ironische Aufwertung Vier Arten des Umgangs mit ›cultural barbarians‹, ›people with no taste‹ schlechten Filmen or ›people who let themselves be led astray by the tricks of the commercial culture in- Wie also gehen Zuschauer mit schlechten dustry‹ (thus implying that they themselves Filmen um? In Weiterführung von Angs Zu- are not), the fans do not have such a favour- schauermodell (Ang 1985) und in (äußerst able representation on hand. They are not freier) Anlehnung an die Begrifflichkeiten in a position to hit back by forming in their von Stuart Halls Interpretationsschemata turn an equally negative image of those who (Hall 1999) kann man vier verschiedene dislike Dallas; they can only offer resistance Arten eines solchen Umgangs mit schlech- to the negative identities that others ascribe ten Filmen unterscheiden: to them.« (Ang 1985: 110) Ein erster Umgang übernimmt die he- gemoniale Wertung des Films als schlecht, Diesen drei Wertungsarten ließe sich eine bewertet den Film also ebenfalls als unange- vierte hinzuordnen, die die defensive Hal- messen, langweilig oder obszön. Ein derarti- tung der ausgehandelten Lesart in ihr offen- ger Zuschauer dürfte sich in aller Regel einer sives Gegenteil umkehrt. Eine solche ironi- Rezeption von vornherein verweigern. sche oder absurde Wertung würde die Wi- Ein zweiter Umgang, den man als op- dersprüche zwischen einzelnen Werturteilen positionelle Wertung bezeichnen könnte, und den Konflikt zwischen einem identifika- lehnt die hegemoniale Beurteilung ab und torischen und einem ironisch-distanzierten ersetzt sie durch eine entgegengesetzte eige- Zugang nicht auflösen oder verdrängen, son- ne – private oder subkulturelle – Wertung. dern als Ausdruck einer als konstitutiv ver- Gerade diese Form ist vermutlich eher eine standenen Absurdität in den Vordergrund Extremform darstellen, die in ihrer Reinheit rücken. Diese absurde Zugangsweise stünde so nicht auftritt. in einer Tradition der romantischen Ironie Weitaus häufiger dürfte die dritte Art und des Absurdismus, die im Folgenden zu des Umgangs mit schlechten Filmen sein: beschreiben ist. Zunächst jedoch sollen mit Bei einer solchen ausgehandelten Wertung drei Beispielen die Unterschiede der verschie- werden ästhetische und ethische Urteile auf verschiedenen Ebenen des Films miteinander kombiniert und gegeneinander ausgespielt. Distanzierte, ›ironische‹ Rezeptionsmecha- nismen wechseln sich mit stärker eingebun- denen, identifikatorischen Zugangsweisen ab. Widersprüche zwischen einzelnen Wertun- gen und zwischen eher identifikatorischen und eher distanzierteren Zugängen werden jedoch aufgelöst, heruntergespielt oder ver- drängt. Ang beschreibt in ihrer Untersuchung zur Rezeption der Fernsehserie Dallas (USA 1978–1991) die potenziell defensive Haltung dieser Lesart: In revenge of the virgins (1960; R: Peter Perry jr.), einem Nudie Cutie, überwältigen »Whereas those who hate the program can halbnackte Amazonen eine Gruppe von present their ›opponents‹ as, for example, Schatzsuchern 43 Theorie denen Zugänge zu schlechten Filmen näher genen Wertung verdrängen, und dafür die erläutert werden. Aktivität der Frauen als harte, brutale und In revenge of the virgins (1960; zum Schluss auch siegreiche Kämpferinnen, R: Peter Perry jr.) stößt eine Gruppe von als männermordende Amazonen in den Vor- Goldgräbern auf einen Stamm barbusiger dergrund rücken. Ein absurder, ironischer Indianerinnen, die die Männer der Goldgrä- Zugang würde die Widersprüche innerhalb des Films, diese zentrifugalen Kräfte, die den Filmtext zu sprengen drohen, nicht auf- zulösen versuchen, sondern gerade in ihrer Widersprüchlichkeit feiern. Die seltsame Ikonografie, welche durch die Genrehybri- dität von Western und Softporno entsteht, der Kontrast zwischen männlicher Erzähler- stimme und weiblichen Antagonisten, die wechselseitig die Handlungsmacht über das filmische Geschehen beanspruchen, aber vor allem auch die Widersprüchlichkeiten des Frauenbildes sprengen jede Kohärenz, die dem Film in anderen Zugangsweisen zuge- tell your children (1936; R: Louis J. schrieben würde. Der Film gewinnt dadurch Gasnier) postuliert eine enge Beziehung eine selbstreflexive Komponente, die weni- zwischen jugendlichem Freizeitverhalten, Cannabiskonsum und Jugendgewalt ger auf den Produktionsprozess oder den Artefaktcharakter des Filmes verweist, als auf den Wertungsprozess selbst. bergruppe einen nach dem anderen ermor- revenge of the virgins deutet je- den. Ein Zuschauer, welcher der (heutzuta- doch auch auf den problematischen Gegen- ge) hegemonialen Wertung des Films folgt, satz zwischen Interpretation und Wertung würde sich wegen der veralteten Ästhetik, in diesem Modell (und hier liegt auch der der banalen Dramaturgie, vor allem aber Unterschied zu Halls Begrifflichkeiten der auf Grund des Rassismus und der Misogy- oppositionellen und ausgehandelten Lesart): nie des Filmes einer Rezeption verweigern. Ein Publikum, das sich der zeitgenössischen Der Film steht ganz in der Tradition der Moralcodes für Nacktheit nicht bewusst ist Nudie Cuties der späten 1950er und frühen und das selbst in andere Körpernormen ver- 60er Jahre und präsentiert seine Handlung strickt ist, würde, so könnte man spekulie- als Vorwand, die nackten Oberkörper der ren, die Barbusigkeit der Frauen in reven- Schauspielerinnen zu zeigen. Eine opposi- ge of the virgins nicht einmal als be- tionelle Wertung könnte nun die misogyne deutungstragendes Merkmal auffassen. Ein Interpretation des Films übernehmen, sie solches Publikum würde dem Film folglich aber positiv bewerten, die objektivieren- keine Objektivierung der Frauenkörper zu- de Darstellung der Frauen also gutheißen. schreiben und ausgehend davon den Film Eine ausgehandelte Wertung würde Wider- auch völlig anders bewerten. Der elementare sprüche innerhalb des Films gegeneinander Unterschied im Umgang mit schlechten Fil- ausspielen, um zu einem Kompromiss zu men, so könnte man dieses Problem lösen, kommen. So könnte man etwa die objekti- ist also weniger der zwischen einer hegemo- vierende Darstellung der Frauen in der ei- nialen und einer oppositionellen Wertung, 44 Trash und die ironische Aufwertung sondern der zwischen einer zentripetalen, Film somit auch in den 1970ern zu einem die Widersprüche auflösenden oder verdrän- Kultfilm der ironischen Rezeption werden genden Wertungsweise, und einer solchen, lassen (Schaefer 2001: 2). die die zentrifugalen, absurden Merkmale Als drittes Beispiel sei die Schlussszene des Filmtextes in den Vordergrund rückt von pink flamingos (1972; R: John Wa- und daraus ihren Genuss zieht. ters) genannt, welche die Schauspielerin Ein zweites Beispiel: tell your children (1936; R: Louis J. Gasnier), der auch unter dem Titel the bur- ning question oder ree- fer madness in den Kinos lief, steht in einer Tradition von Drogenaufklärungsfil- men der 1930er Jahre, wel- che Cannabis eine Gewalt induzierende und aphrodi- sische Wirkung zuschreibt und den Drogenkonsum in den zeitgenössischen Diskurs pink flamingos (1972; R: John Waters) schockt durch eine um Jugendkriminalität ein- koprophage Sequenz zum Ende des Films bindet (Schaefer 2001: 234). In diesem Film sind faktische Widersprüche, und Hauptfigur Divine, im Film als »filthiest ästhetische Stilbrüche und dramatische In- person alive« etabliert, beim Verspeisen von konsistenzen so groß, dass eine Kohärenz stif- Kot eines kleinen Hundes zeigt. Die bildli- tende, zentripetale Zugangsweise zum Film che Repräsentation dieses Vorgangs, die bei nur mit großer Mühe stattfinden kann. Der den meisten Rezipienten vermutlich heftige Film setzt sich den Anspruch von Tagesak- Abwehrreaktionen hervorruft, unterbricht tualität, hebt jedoch mit diesem Anspruch somit auch jegliche körperliche wie kogni- eher noch das stilistische und dramaturgi- tive Einbindung des Zuschauers in den Film sche Alter des Films hervor und entlarvt so auf radikale Art und Weise. Eine zentripe- die historische Kontingenz von Drogen- und tale, Kohärenz stiftende Wertung des Films Jugendlichkeitsdiskursen wie von ästheti- ist nur in einer koprophilen Umdeutung des schen Normen: Nichts altert schneller, als Ekelgefühls möglich – ein Zugang, der, so lie- etwas, das auf der Höhe der Zeit, das ›in‹ ße sich spekulieren, nur wenigen Zuschauern sein will. Ohnehin bilden Ästhetik und pro- offensteht. Die rabiate Obszönität, den kör- pagandistische Aussage des Films keine Ein- perlichen Widerspruch zwischen viszeralem heit: Das exzessive Schauspiel steht in Kon- Ekel und Schaulust teilt diese Sequenz mit trast zu zeitgenössischen Schauspielnormen dem Schnitt durchs Auge in un chien an- und der Ernsthaftigkeit des Themas; und die dalou (1929; R: Luis Buñuel) oder der ganz filmische Konstruktion von Cannabis als Ge- ähnlichen koprophagen Sequenz in salò o walt induzierender und antriebssteigernder le 120 giornate di sodoma (1975; R: Pier Droge widerspricht heutigen Konnotationen Paolo Pasolini). pink flamingos schafft in von THC völlig. Diese textsprengenden In- seiner geradezu schmerzhaften Absurdität kohärenzen und Widersprüche haben den den Übergang zu einem avantgardistische- 45 Theorie ren Kino, der das hier entwickelte Modell endete zum Ideal des Kunstwerks erhebt, lässt einer ironischen, sich am Absurden erfreu- sich schließlich auch auf die Schaffung eines enden Rezeptionshaltung auch für andere ebenso fragmentarischen Selbst übertragen filmische Phänomene attraktiv werden las- – weit entfernt von der Meisterschaft der sen könnte. Weimarer Literaten und ähnlicher den Di- lettanten der französischen Debatte (Hibbitt Absurdismus und romantische 2006: 77–83, vgl. auch Seite 163). Ironisch Ironie ist hier die unabdingbare Unvollständigkeit dieses künstlerischen wie subjektiven Schaf- Wenn bisher von einer ironischen oder ab- fensprozesses, »a concept of a self always be- surden Zugangsweise die Rede war, so muss- coming and always free, hovering exultantly ten beide Begriffe alltagssprachlich ungenau over a chaotically abundant Fülle« (Mellor bleiben. Im Folgenden sollen sie jedoch in 1980: 183). einem kurzen Exkurs in ihren philosophie- Diese Konzeption von performativer und ästhetikgeschichtlichen Zusammenhang Subjektivität, die sich vom Meisterschafts- gestellt werden. Eine ironische Rezeptions- begriff der Klassik genauso deutlich wie von weise ordnet sich in eine lange philosophische den irrationalen Geniuskonzepten des frü- Tradition ein, die Ironie nicht als rhetorische heren Sturm und Drang und des späteren Figur, sondern als Geisteshaltung begreift, Biedermeier unterscheidet (Strohschneider- eine Tradition, die sich von Friedrich Schle- Kohrs 2002: 225, Schmidt 2004a, Schmidt gels romantischer Vorstellung von Ironie bis 2004b), mutet vielmehr erstaunlich modern hin zu postmodernen Konzepten von Selbst- an und deutet auf konstruktivistische Sub- reflexivität und Performanz erstreckt. jektivitätskonzepte des 20. Jahrhunderts. »Romantische Ironie« als Korrelat von Gegenüber dem existenzialistischen Subjek- Schlegels Universalpoesie ist dabei zunächst tivitätsbegriff wirkt die romantische Ironie einmal eine Theorie der Produktionsästhe- sogar (post)moderner: tik, ja mehr noch, eine Konzeption von Sub- jektivität als Performativität (vgl. Kremer »Existentialism and romantic irony share an 2007: 92–95). Ironie bei Schlegel, das ist ein ontological vision of the universe as chaotic genereller Ausdruck eines Paradoxes, eines and incomprehensible. But whereas the ro- Widerspruches zwischen dem Anspruch an mantic ironist embraces this becoming as a Universalität und Transzendenz auf der einen merrily multiplying life-process, the existen- Seite, der als produktiv verstandenen Un- tialist sees it as absurd or benignly indiffer- abschließbarkeit, diesem Anspruch Genüge ent, without inherent meaning for man. [...] zu tun, auf der anderen (Kremer 2007: 92). Thus, romantic irony and existentialism con- Ironie ist daher eine Geisteshaltung, wel- front the same incomprehensible universe, che in der Kunst die Selbsterschaffung des but with very different emotional responses: Künstlers sieht und so die Prozesshaftigkeit the romantic ironist delights in its creative von Kreativität in den Vordergrund rückt. Im possibilities, while the existentialist anxiously Blickpunkt des Interesses des Romantikers seeks to establish at least one still point in steht folglich auch nicht das Ergebnis seines the turning world, namely his own identity Schaffens, das erstarrte Kunstobjekt, sondern or essence.« (Mellor 1980: 183f) vielmehr der kreative Vorgang selbst. Diese romantische Auffassung vom Schaf- Die postmoderne Spielart der romantischen fensprozess, die das Fragmentarische, Unvoll- Ironie ließe sich viel eher in Richard Rortys 46 Trash und die ironische Aufwertung Konzeption der Ironikerin finden, »nie ganz Geschehen, zum Programm (Schlegel 1956: dazu in der Lage, sich selbst ernst zu nehmen, 159–161). Die Selbstreflexivität ist dabei in- weil immer dessen gewahr, daß die Begriffe, sofern eine grundsätzlich ironische, als dass in denen sie sich selbst beschreibt, Verände- sie den Schaffensprozess des Kunstwerkes rungen unterliegen; immer im Bewußtsein der in den Vordergrund rückt und gleichzeitig Kontingenz und Hinfälligkeit ihrer abschlie- das bereits erstarrte, den Schaffensprozess ßenden Vokabulare, also auch ihres eigenen nur andeutende Kunstobjekt in den Hinter- Selbst« (Rorty 1992: 128). Hegels Vorwurf grund treten lässt. an den Solipsismus der romantischen Ironie So betrachtet ist das in diesem Kapitel (vgl. Hegel 1995: 118–125), der auch Ende beschriebene Müllkonzept gar die Kehrsei- des 19. Jahrhunderts bei Paul Bourget wie- te des romantischen Kunstbegriffes: Wie das derholt wird (Hibbitt 2006: 94–99) und bis Kunstobjekt nur noch lebloser Schatten seines heute die Diskussion prägt, ist also nur be- Schaffensprozesses ist, so ist Müll umgekehrt dingt berechtigt, ignoriert er doch das kon- im liminalen, prozesshaften Übergang zwi- struktive und dialektische Potenzial einer schen Objekt und undifferenzierter Materia- solchen ironischen Subjektivität. lität anzusiedeln. Ein Trashobjekt schließlich, Ein für die vorliegende Arbeit geeigneter das selbstreflexiv auf seine Vergangenheit als Subjektivitätsbegriff müsste die produktions- liminaler Müll hinweist, funktioniert ähnlich ästhetische Konzeption von Schlegels ironi- wie ein Kunstobjekt der romantischen Ironie, schem Künstler-Subjekt auf einen Rezipienten welches auf seine Vergangenheit als Werden- umschreiben, ein Rezipient, der sicherlich des, In-Erschaffung-Begriffenes verweist. aktiv am Prozess der Bedeutungsproduktion Das zweite Konzept, das für die Re- teilnimmt, dennoch zunächst einmal indus- zeption als Trash relevant ist, ist die in der triell gefertigte und massenmedial verbrei- romantischen Ironie unauflösbare Gleich- tete Kulturartefakte konsumiert. Die Frage zeitigkeit des Gegensätzlichen (Colebrook nach einem solchen Subjektbegriff sprengt 2004:58). Ironie ist eben nicht einfach nur jedoch den Rahmen dieser Arbeit und muss das Gegenteil des Gesagten, wie es der hier nur angerissen bleiben. Für das Problem Begriff der rhetorischen Ironie nahelegen der Trashrezeption relevant sind allerdings würde. Es ist auch nicht etwas anderes als zwei mit diesem Subjektbegriff verbundene die wörtliche Bedeutung; es ist vielmehr ästhetische Konzepte, welche die romanti- tatsächliche Uneigentlichkeit, die logisch sche Ironie in den Vordergrund rückt. unmögliche Gleichzeitigkeit von Gesagtem Das erste dieser Konzepte ist die For- und Nicht-Gesagtem, welches die eigentli- derung nach einer dauerhaften Selbstrefle- che Ironie ausmacht (Hutcheon 2005: 60). xivität des Kunstwerkes. Zwar ist bereits Dieses Konzept gemahnt zunächst an etwa Cervantes Don Quijote durch seine Fiktio- eine neuplatonische oder mystische coin- nalitätsbrüche geprägt (Müller 1995: 53f); cidentia oppositorum cusanischer Prägung und auch Velázquez’ Las Meninas schreibt (Prang 1972: 13). Doch sollte man diese Iro- Foucault eine ironische Selbstreflexivität niekonzeption im Sinne der Romantik eher zu, welche den Prozess des Betrachtens zum als ziel- und endlose Dialektik contra Hegel, Thema des Bildes macht (Foucault 1974: als Dialektik ohne Teleologie, ohne Absolu- 35). Doch erst in Schlegels romantischer tes lesen (Müller 1995: 75, Strohschneider- Ironie wird die Selbstreflexivität oder die Kohrs 2002: 235), als eine dem Existenzialis- Parekbase, wie er sich ausdrückt, das Her- mus ähnliche, wenngleich in ihrer Wertung austreten des Chores aus dem dramatischen umgekehrte Form der Absurdität. 47 Theorie Eine der romantischen Ironie verpflich- Ironie, so lässt sich dieses Phänomen wie folgt tete Rezeptionshaltung würde einen Film umformulieren: Trash entsteht innerhalb ei- also zunächst als inkonsistentes Fragment nes komplexen diskursiven Zusammenhangs, wahrnehmen wollen, als Text, dessen ko- welcher einerseits das entsprechende Kul- härenzstiftende Kräfte nur unvollständig turobjekt als Müll aussortiert und ihm den wirken und der stets von zentrifugalen, den Status von Müll zuschreibt, welcher ihn an- Text sprengenden Kräften in Frage gestellt dererseits aber als Trash wieder aufnimmt. wird. Eine solche Rezeptionshaltung würde Die Müllcharakteristika von Marginalität, diese Widersprüche nicht nur suchen, son- Wertlosigkeit, Unreinheit, Vanitas, Limina- dern sich genau an ihnen erfreuen, da sie je- lität oder Hybridität werden dem Film durch nes »Gefühl der Absurdität« hervorruft und die Unterscheidung als Müll eingeschrieben so die ironische Geisteshaltung des Rezipi- und dienen der Rezeption als Grundlage für enten bestätigt. einen selbstreflexiven und auf die Absurdität, Eine parallele Traditionslinie der Absurdi- Kontingenz und Performativität alles Kultu- tät lässt sich auf Seiten der Kunstproduktion rellen bedachten ironischen Zugangs. von einigen Symbolisten des 19. Jahrhunderts Aus dieser Perspektive betrachtet er- wie etwa Charles Baudelaire, Arthur Rimbaud scheint Ecos These zum Kultcharakter von oder Lautréamont, aber auch Edgar Allan Poe casablanca (1942; R: Michael Curtiz) in bis hin zum Dada und Surrealismus und – auf einem neuen Licht und eröffnet die grundle- die Gefahr der Vereinfachung – dem absur- genden Analysemöglichkeiten für den Trash- den Theater ziehen. Der Trashfilm öffnet film: So sieht Eco als Voraussetzungen dafür, sich daher auch einer Reihe von existenzia- dass ein Film ein Kultfilm werden kann, nicht listischen wie surrealistischen Interpretati- nur die Dichte der erzählten Welt (vgl. Eco onen, welche die Absurdität des jeweiligen 2007: 209), sondern auch die Möglichkeit, Subjektivitäts- wie Weltbegriffes aufgreifen sich einzelne Elemente aus dieser Fülle he- und mit dem Film verknüpfen: rauszubrechen: »[Exploitation movies] simply don’t play by »In order to transform a work of art into a cult the same rules as other films. Anything can object one must be able to break, dislocate, happen, and usually does. Exploitation cin- unhinge it so that one can remember only ema embraces the darker side of our psyche. parts of it, irrespective of their original rela- These twisted cinematic experiences take tionship with the whole.« (Eco 1985: 3) our unspoken instincts, fears, social ills, and fantasies, and deliver them back to as a so- Dieser »collage effect« (Grant 1991: 125), der cially confronting form of entertainment.« sich bei Ecos Konzept des Kultfilm in der (Ryan 2008: 7) Rezeption ergibt, lässt sich für den Trash film ebenso erkennen, nur dass hier die Dichte Trashrezeption als Suche nach und Kohärenz des filmischen Textes von Widersprüchlichkeiten vornherein gar nicht gegeben ist. Die Bruch- stellen des Trashfilms liegen offen zu Tage, Ausgangspunkt der Überlegungen dieses Ka- müssen nicht erst lange gesucht werden und pitels war die Frage, wie Filme so schlecht rücken jede Möglichkeit, den Film als etwas sein können, dass sie schon wieder gut sind. anderes denn als inkohärenten Müll zu se- Betrachtet man die Ausführungen zur Dis- hen, in weite Ferne. Die ironische Rezepti- kursivität von Trash, zum Müllbegriff und zur on, die am Trash Gefallen findet, nährt sich 48 Trash und die ironische Aufwertung dagegen an diesen Bruchstellen, an den zen- aus. Bei Wood ergeben sich solche Effekte trifugalen Kräften und Inkohärenzen eines von Zeitlichkeit ebenfalls in den Genrebe- filmischen Textes und freut sich am Müll- ziehungen der Filme, die immer ein wenig haften der Filme. altmodisch wirken, aber auch in der Verwen- Für den vorliegenden Fall des Film- dung von Special Effects, dem Aufbau der werks von Edward D. Wood jr. lassen sich Mise en scène und überhaupt den Spuren, die Bruchlinien vor allem an drei Stellen die in den Filmen auf ihre Produktionsbe- verorten: Erstens finden sie sich innerhalb dingungen hinweisen. des Spannungsverhältnisses von Marginalität Drittens finden sich Verwerfungen in und Konventionalität, zwischen Stereotypie Form ästhetischer oder dramaturgischer und Variation. Sie finden sich bei Wood bei- Inkohärenzen, logischer Widersprüche oder spielsweise in der Art und Weise, wie sich Stilbrüche, mit anderen Worten, all jener die Filme als Genrefilme geben, aber auch textuellen Effekte, die Schlegels Parek- in gewissen Formen des Schauspiels und der base weiterführen und somit am klarsten Figurentypage. Das Spannungsverhältnis zwi- den selbstreflexiven Charakter dieser Brü- schen Stereotypie und Variation durchzieht che verdeutlichen. Sie finden sich dort, zwar grundsätzlich jede kulturelle Äußerung, wo Schauspieler aus ihrer Rolle fallen und wird im Spielfilm jedoch meist dialektisch Tricks nicht funktionieren. Sie finden sich aufgelöst. In Trashfilmen bleibt diese Dialek- dort, wo Pathos und Banalität in eine selt- tik häufig aus – exzessive Marginalität und same Wechselbeziehung treten. Und sie fin- banale Konventionalität stehen unverändert den sich dort, wo Raum, Zeit und Diegese und auf sich selbst deutend nebeneinander, durch ungewöhnliche Erzähltechniken zu wie etwa Eco erläutert: zersplittern beginnen. Am Beispiel von Edward D. Wood jr. lässt »Wenn man aus dem Repertoire des bereits sich gar noch eine weitere, vierte Bruchlinie Erprobten eine beschränkte Auswahl trifft, ausmachen, die über die einzelnen Werke gelangt man zum Genrefilm, zum Serienfilm hinausgeht und die paratextuelle Starkons- oder gar zum Kitsch. Wenn man jedoch mit truktion von Ed Wood als Filmemacher be- vollen Händen hineingreift und wirklich al- trifft: Aus den oben genannten Brüchen er- les nimmt, gelangt man zu einer Architektur gibt sich eine Ästhetik des Scheiterns, welche wie der von Gaudis Sagrada Familia. Man die Künstlichkeit und Konventionalität der gerät ins Taumeln, man streift die Geniali- Filme mit der Authentizität eines tragiko- tät.« (Eco 2007: 209) mischen Auteurs in Verbindung bringt. Ed Wood – als Konstruktion eines fanbasierten Zweitens erbt der Trashfilm von seiner Müll- Hypertextes – wird so zum stolzen Bricoleur, metapher das Konzept der Zeitlichkeit und der mit dem, was ihm die Kulturindustrie Vanitas. Trashfilme sind niemals zeitlose Fil- zur Verfügung stellt, operieren muss; er wird me. Im Gegenteil: Gerade ihr Alterungspro- zum ästhetischen Widerstandskämpfer gegen zess, der die historische Kontingenz ästhe- industrielle Zwänge, zum tapferen Dilettan- tischer und narrativer Normen offenbart, ten unter langweilig braven Profis, gar zum macht einen großen Anteil ihrer Faszination existenzialistischen Sisyphos. q 49 Geschichte Geschichte »Ed Wood was not unique.« von einer Baptistengemeinde (Grey 1995: Robert S. Birchard 63,75). Es wundert daher nicht, dass das (in Birchard 1995: 450) Fandom um den Filmemacher eine Reihe von Anekdoten und Kurzerzählungen posi- Trash, das haben die Ausführungen des tioniert und mithilfe dieser Miniaturen die vorangegangenen Kapitels gezeigt, hat Legende von Wood als Guerillafilmemacher ein doppeltes Gedächtnis: Er deutet nos- am untersten Rande Hollywoods, als finan- talgisch auf eine Vergangenheit, in der er ziellem Scharlatan und als Sisyphos gegen noch nicht zum Müll gehörte, noch Wert den Mainstream konstruiert. Gerade die besaß. Er verweist aber als Trashobjekt, das Entstehung eines Starkults um die Person aus dem Vergessen gezogen wurde, auch auf Ed Wood macht eine historische Kontex- den Part seiner Geschichte, in der er noch tualisierung schwierig, aber unumgänglich. Teil des indifferenten, liminalen Mülls war. Es ist daher notwendig, das Legendenbild Der bereits dem Trashkonzept inhärente Wood zu dekonstruieren und Person wie Vergangenheitsverweis wird in Woods Werk Filme in einen geschichtlichen Zusammen- mehrfach verstärkt: Die sichtbare Billigkeit hang zu stellen. lässt auf ästhetischer Ebene längst verblass- Zeitgenössische Zeugnisse und Doku- te Produktionsbedingungen wieder aufleben. mente zu Wood sind rar, die Quellenlage Begleitet werden die Filme zudem von ei- häufig dünn. Ein erster, methodischer Schritt nem Fandiskurs, der sie in einen mal mehr, liegt daher im Rückgriff auf die in der For- mal weniger mythologisierten historischen schung bereits gut bearbeitete Industriege- Zusammenhang einordnet. Es ist daher not- schichte Hollywoods (für einen Überblick wendig und soll im folgenden Kapitel versucht über die hier relevanten Jahrzehnte siehe werden, die geschichtliche Ausgangslage, in Schatz 1997, Lev 2003 und Monaco 2001). der Woods Werk entstanden ist und auf die Die dispositiven Veränderungen, die das Filme wie Fandiskurse verweisen, aufzuzeich- amerikanische Kino in den 1950er Jahren nen und näher zu charakterisieren. durchläuft, verflüssigten das starre Oligopol Wenn die Filme Edward D. Woods tat- des Klassischen Hollywoods, bewegten das sächlich zu den schlechtesten der Filmge- Feld der Billigproduktionen und öffneten schichte gehören, warum wurden sie über- den Markt für unbekannte Seiteneinsteiger. haupt produziert? In welchem institutionellen In diesem industriellen Umfeld wird der wi- Zusammenhang entstanden sie? Unter wel- dersprüchliche und hybride Charakterzug chen ökonomischen Rahmenbedingungen? von Woods Werk offenbar, steht er doch Wer zahlte für sie, wer verdiente damit? In mit seinen Produktionsbedingungen zwi- der Tat wirkt die Finanzierung seiner Filme schen den Modellen des alten Hollywoods häufig abenteuerlich: bride of the mons- und der klassischen Exploitation einerseits, ter wurde von einem Schlachtereibesitzer und den neueren Strategien des Teenploita- ermöglicht, plan 9 from outer space tionmarkts andererseits. 50 Die Hollywoodindustrie in den 1950ern Die Hollywoodindustrie die zunehmende Suburbanisierung Gewinn- einbußen verzeichnen und befanden sich in den 1950ern Anfang der 1950er in schlechter finanzieller Position (Schatz 1997: 331). Zudem verlang- Die 1950er Jahre standen für die USA wie te 1948 das Paramount-Urteil von den Ma- für die meisten Länder im Zeichen des Kal- jors, ihre rentablen Kinoketten abzustoßen. ten Krieges. Der Koreakrieg (1950–53), das Die Trennung von Produktion und Exhibiti- Zünden der ersten Wasserstoffbombe (1952), on öffnete den Kinomarkt für neue Firmen der Wettlauf um die Satellitentechnologie, und verwischte die Grenzen zwischen Ma- den die Sowjetunion 1957 mit dem Start jor und Independent. Und nicht zuletzt er- von Sputnik gewann, sowie die Kubanische wuchs dem Kino in den 1950er Jahren mit Revolution (1959) und die daraus entstehen- dem Fernsehen ein neuer Medienkonkurrent den Migrationsbewegungen prägten die au- und -partner. Das stabile Oligopol des Stu- ßenpolitischen Rahmenbedingungen dieses diosystems, das die industrielle Grundlage Jahrzehnts. Innenpolitisch waren die ameri- des Klassischen Hollywoods gebildet hatte, kanischen 1950er die Phase der Red Scare, war damit Vergangenheit. der an Massenhysterie grenzenden Verfol- gung vermeintlicher Kommunisten durch Das Paramount-Urteil öffnet staatliche Institutionen. Und sie waren in den Kinomarkt der zweiten Hälfte der Beginn der Bürger- rechtsbewegung, ausgehend vom Montgomery Am 3. Mai 1948 beendete der Oberste Ge- Busboykott (1955/56) und den Unruhen in richtshof der Vereinigten Staaten im soge- Little Rock, Arkansas (1957). Auch auf so- nannten Paramount-Urteil einen langjähri- zialer Ebene veränderte sich in den 1950er gen Kartellrechtsstreit zwischen Behörden Jahren einiges: Das Bevölkerungswachstum und Filmindustrie. Der Prozess, der in ei- im Zuge des Baby Booms, Binnenmigration ner lebhaften amerikanischen Tradition von und Suburbanisierung prägten die Sozial- antimonopolistischen Bestrebungen, dem struktur des Landes auf mehrere Jahrzehnte. ›Trust Busting‹, stand (vgl. Gould 2001: 25f, Und nicht zuletzt wurden mit dem Rock ’n’ MacCraw 1984: 143–152), erklärte mit ei- Roll erstmals rassistische Grenzziehungen in nem Schlag die industrielle Praxis des Stu- der Musikbranche verworfen und die Popu- diosystems für nichtig. Bis dahin waren die lärkultur als Pop endgültig in eine kapitalis- großen Studios vertikal integriert, besaßen tische Unterhaltungsindustrie eingegliedert. stattliche Theaterketten und kontrollierten (Einen Überblick über die Kulturgeschichte damit ihren eigenen Absatzmarkt: der Vereinigten Staaten in den 1950ern bie- ten unter anderem etwa Young 2004 oder »Distribution and exhibition were structured Halliwell 2007). so that films from the established Hollywood Die Hollywoodindustrie, die 1946 die studios could count on a profitable release höchsten Einnahmen ihrer Geschichte er- pattern, and well-connected theaters (usually wirtschaften konnte (Schatz 1997: 331), war first-run houses owned by the majors or by im darauffolgenden Jahrzehnt im Umbruch. local chains) could count on a steady supply Das Oligopol des Klassischen Hollywoods of good-quality films.« (Lev 2003: 9) begann, sich aufzulösen. Bereits Ende der 1940er Jahre mussten die Studios durch In- Die Dominanz der fünf großen Studios – flation, das Ende des Kriegsaufschwungs und Paramount, MGM, 20th Century Fox, War- 51 Geschichte Filme im Paket vertrieben, statt sie einzeln anzubie- ten. Billigere Produktionen konnten so an einen presti- geträchtigen, teuren Film ge- koppelt werden. Clearances verzerrten den Wettbewerb, indem sie Lichtspielhäuser in Erst- und Zweitauswer- tungskinos trennten und vertraglich eine Mindest- zeit festlegten, die zwischen beiden Verwertungsphasen verstreichen musste. Beim Formula Deal wurden die Das Paramount Theater in St. Paul, Minneapolis, ca. 1965; Preise der Lizenzierung an nach dem Paramount-Urteil von 1948 wurde der K onzern den bundesweiten Nettoge- geteilt, Kinokette und Filmproduktion gingen getrennte Wege winn gebunden, was Kinos in Nischenmärkten oder ner Bros. und RKO – wurde als Marktver- solche mit geringerer Marktposition natür- zerrung gegenüber den unabhängigen Kinos lich benachteiligte. und Kinoketten gesehen und war einer der Den unabhängigen Kinobetreibern wa- Hauptkritikpunkte im Prozess. So heißt es ren solche Geschäftspraktiken von Beginn im Urteil: an ein Dorn im Auge. Ihre Beschwerden führten 1938 zur ersten Klage (Schatz 1997: »The five majors, in 1945, had [direct] in- 18). Nach längerem Weg durch die Instan- terests in somewhat over 17 percent of the zen waren schließlich alle fünf Majors so- theaters in the United States – 3,137 out of wie die drei Minors, Columbia Pictures, 18,076. Those theaters paid 45 percent of Universal und United Artists, angeklagt. the total domestic film rental received by all Das abschließende Urteil des Obersten eight defendants. [...] In the 92 cities of the Gerichtshofes vom 3. Mai 1948 bestätigte country with populations over 100,000, at die Kritikpunkte der unabhängigen Thea- least 70 percent of all the first-run theaters terbetreiber, verbot die genannten wettbe- are affiliated with one or more of the five werbsverzerrenden Praktiken zu weiten Tei- majors.« (United States v. Paramount Pic- len und verpflichtete die Studios zum Ab- tures, Inc., 3.5.1948) stoßen ihrer Theaterketten (United States v. Paramount Pictures, Inc., 3.5.1948). Das Die Kontrolle über den Absatzmarkt hatten Blockbuchen war bereits zwei Jahre zuvor in die Filmstudios jedoch nicht nur durch den einem Urteil untersagt worden (Lev 2003: Besitz eigener Kinoketten erlangt, sondern 10). Der Kinotheatermarkt wurde geöffnet: auch durch eine Reihe von monopolistischen Unabhängige Kinos hatten nun die Chance, Vertragsstrategien wie dem Blockbuchen, den große Studioproduktionen zu zeigen, wäh- Clearances oder den Formula Deals (United rend unabhängige Filmproduktionen die States v. Paramount Pictures, Inc., 3.5.1948). Möglichkeit bekamen, in den ehemaligen Beim Blockbuchen beispielsweise wurden Studiokinos unterzukommen. 52 Die Hollywoodindustrie in den 1950ern Billigfilme werden zur Mangelware Hollywoods aufwühlte und die Grenzen zwi- schen Majors und Independents verwischte. Die Auflage des Obersten Gerichtshofes an Im Unit-Producer-Modell nämlich schnür- die Studios, sich von ihren Theaterketten zu ten unabhängige Produzenten ein Paket zu- trennen, bedeutete für diese nicht nur den sammen, während das Studio im Extrem- Verlust eines profitablen Geschäftsbereiches. fall nur noch Infrastruktur, Knowhow und Sie mussten sich auch von einem sicheren Ab- Finanzierung bereitstellte (Staiger 1985a: satzmarkt verabschieden. Filmproduktionen 330). Das Modell war bei United Artists waren von da an einem wesentlich höheren von Beginn an üblich gewesen, wurde nun finanziellen Risiko ausgesetzt als zuvor. Das aber mehr und mehr auch von den ande- Paramount-Urteil beschleunigte aus diesen ren Studios angewendet. Die Übernahme Gründen den Ausstieg der Majors aus der des Unit-Producer-Modells bedeutete das Produktion von B-Filmen. Diese hatten noch Ende des Angestelltensystems, welches das Ende der 1930er die Hälfte aller von den gro- klassische Hollywood geprägt hatte. Studios ßen Studios produzierten Filme ausgemacht stellten technisches Personal wie Stars nun (Schatz 1997: 43). nicht mehr dauerhaft an, sondern kauften Bereits in den 1940ern hatten die Ma- sie individuell für einzelne Produktionen ein jors damit begonnen, den Markt für B-Filme (Lev 2003: 26). mehr und mehr der Poverty Row zu überlas- Der Arbeitsmarkt wurde nicht nur durch sen (Schatz 1997: 72) – Studios wie Republic, das Unit-Producer-Modell flexibilisiert. Die Monogram oder Mascot also, die im Schat- größeren Studios begannen auch mehr und ten der Majors und Minors operierten, oder mehr, ihre Produktionen ins – meist euro- gar denjenigen Studios, die ephemer für ein, päische – Ausland zu verlagern. Niedrigere zwei Filmproduktionen gegründet wurden Lohnkosten in Europa und Subventionen und danach vom Markt verschwanden. Nach durch die dortigen Regierungen versprachen dem Paramount-Urteil konzentrierten sich den Produktionsfirmen Möglichkeiten, ihrer die Majors ausschließlich auf die teuren A- klammen Finanzsituation daheim zu entkom- Produktionen mit hohem Staraufgebot und men (Doherty 2002: 17, Lev 2003: 10). Diese großem Production Value (Staiger 1997: 72) ›Runaway Production‹ und die Flexibilisierung und überließen das Segment der Billigfilme des Arbeitsmarkts, mit anderen Worten das fast vollständig den unabhängigen Firmen. Outsourcen auf Binnen- wie auf internatio- Für die Theaterbetreiber hatte das Para- naler Ebene, führten nicht zuletzt zu einer mount-Urteil daher durchaus ungewünschte größeren Verfügbarkeit von Arbeitskräften, Folgen: Der Ausstieg der Majors aus der B- die sich für billige, unabhängige Produktio- Produktion führte zumindest kurzfristig zu nen zur Verfügung stellen konnten. einer Unterversorgung an billiger Ware, die Das Auslagern betraf nicht nur den Ar- von der Poverty Row und den neugegründe- beitsmarkt: Die Auflösung der klassischen ten Firmen nur bedingt aufgefangen werden Studiostruktur durch das Unit-Producer-Sys- konnte (Heffernan 2004: 71). tem ließ eine ganze Reihe von unterstützen- den Firmen entstehen, die etwa technisches Unit-Producer-Modell flexibili- Material oder Studiofläche bereitstellten siert den Arbeitsmarkt (Staiger 1985b: 330). Indem Teilbereiche der Produktion in eigenständige Unternehmen Zusätzlich dazu entstand Anfang der 1950er verlagert wurden, standen diese natürlich ein Geschäftsmodell, das den Arbeitsmarkt auch unabhängigen Produzenten zur Ver- 53 Geschichte fügung. Independent-Produktionen konn- (das bereits in den 1950ern wieder von der ten so wesentlich einfacher Studioflächen, Bildfläche verschwand). Technik oder technisches Personal anmieten Das Verhältnis der Filmindustrie zum (Staiger 1985b: 332). neuen Medium war ambivalent und spiegel- te die Unsicherheit Hollywoods gegenüber Hollywood und das Fernsehen dieser bis dahin unbekannten Form von Un- terhaltungsindustrie wieder, von der noch Als die Zuschauerzahlen nach ihrem histori- nicht klar war, wohin sie sich bewegen würde schen Höhepunkt von 1946 einbrachen, hatte (Wasko 2003a). Das Fernsehen begann sich die irritierte Hollywoodindustrie im neuen in den 1950er Jahren erst zu finden, hin und und boomenden Medium Fernsehen einen hergerissen zwischen den Dispositiven des Schuldigen schnell gefunden. Während die Rundfunks und des Theaterkinos, zwischen Kinobesuche nämlich stetig weniger wur- Liveperformance und gespeichertem Mate- den, wuchs die Anzahl der Haushalte mit rial, zwischen der in New York ansässigen Fernsehapparaten (Lev 2003: 9, Steinberg Radioindustrie (und dann auch der Fernseh- 1985). Doch der Schluss entsprach nur auf networks) und der in Kalifornien verorteten den ersten Blick den tatsächlichen Entwick- Filmindustrie (vgl. Boddy 1993: 73). lungen (Wasko 2003a: 127): Die Besucher- Die Hollywood-Majors versuchten durch- zahlen in den Kinos nahmen bereits ab, als aus, sich direkt am Fernsehmarkt zu beteiligen sich das Fernsehen noch gar nicht flächende- (vgl. etwa Boddy 1993: 67, Anderson 1997: ckend etabliert hatte. Zudem waren für den 432). Doch wenngleich ihnen das Paramount- Einbruch der Zuschauerzahlen eine ganze Urteil dies nicht explizit verbot, sprach der Reihe von soziokulturellen Veränderungen Geist des Urteils gegen Verflechtungen der der Nachkriegszeit verantwortlich: von der Studios mit dem Fernsehmarkt; die FCC Suburbanisierung und der damit verbunde- zeigte sich dementsprechend äußerst ableh- nen, auf die neue Privatheit zugeschnittenen nend gegenüber Lizenzanträgen der Studios Freizeitkultur bis hin zur Etablierung einer (Wasko 2003a: 129). Selbst alternative Ex- Jugendkultur mit dazugehöriger kaufkräfti- hibitionsverfahren wie das theater television ger Jugend, auf die das etablierte Hollywood oder erste Formen eines Abonnementfern- allenfalls verspätet reagierte (Lev 2003: 7–9, sehens, mit welchen die Hollywoodstudios Doherty 2002: 1f). experimentierten, blieben in ihren Ansätzen Obwohl die Technik für einen regulären stecken (Wasko 2003a: 129–134, Hilmes Fernsehbetrieb schon Anfang der 1940er Jah- 1990: 118–128). re zur Verfügung stand (Edgerton 2007: 65), Die direkte industrielle Beteiligung der konnte sich das amerikanische Fernsehsystem Hollywoodmajors am Fernsehmarkt war also erst in der zweiten Hälfte der 1940er und – zumindest Anfang der 1950er – zunächst vor allem dann in den 1950er Jahren etab- einmal gescheitert. Engere Verbindungen zwi- lieren. Mit zunehmender Geschwindigkeit schen dem Dispositiv Hollywood und dem des eroberte das neue Medium nun die Haus- Fernsehens zeigten sich allerdings auf einer halte. Und von Beginn an strukturierte sich ganz anderen Ebene: der des Programminhalts. das US-amerikanische Fernsehen als privat- Der Bedarf der Stationen nach sendefähigem wirtschaftlich dominiertes System mit sei- Material war groß. Neben Formaten wie der ner Aufteilung in einen Network- und einen Soap Opera oder der Variety Show, die aus Syndicate-Markt und mit seinen vier großen dem Radio oder vom Theater übernommen Networks – CBS, NBC, ABC und DuMont wurden, fanden – trotz heftiger Kritik seitens 54 Die Hollywoodindustrie in den 1950ern Das Fernsehen prägte in den 1950ern mehr und mehr das Freizeitverhalten; Hollywood sah im Fernsehen zum einen eine Konkurrenz für ihre Kinos, zum anderen aber auch die Möglichkeit zur Kooperation der Networks und Filmkritiker – mehr und Doch der Boom war kurzlebig. Erhöhte Pro- mehr auch aus dem Kino stammende Forma- duktionskosten, heftige Konkurrenz und die te wie Serien und Fernsehspiele einen Platz hohen Spekulationsrisiken reduzierten die im Programm (Boddy 1993: 75f). Anzahl der Unternehmen schnell. Mitte der Der Hunger nach sendefähigem Mate- 1950er waren nur noch einige wenige Fir- rial führte um die Jahrzehntwende 1950 zu men auf dem Markt: »Time in 1954 wrote einem Goldrausch auf dem Fernsehproduk- that of five hundred telefilm firms recently tionsmarkt, zeitweise mit über 800 Produ- established in Hollywood, only forty-six sur- zenten (Wasko 2003a: 136). vived and only six made substantial profits« (Boddy 1993: 70). Im Laufe des Jahrzehnts »Neglected studios, empty warehouses, su- gewannen die Networks außerdem mehr und permarkets, and family garages were trans- mehr die Kontrolle über den Programmin- formed into temporary soundstages; 16mm halt ihrer Sender, während der Markt der cameras disappeared from stores; personal Syndication schrumpfte. Unabhängige Fern- savings accounts were drained – all in the sehproduzenten mussten ihre Produkte nun frantic gold rush years of the early telefilm direkt an die Networks verkaufen, vor allem, industry.« (Anderson 1997: 438) wenn sie sie in der begehrten Prime Time 55 Geschichte unterbringen wollten (Boddy 1993: 171). terialhungers der Sender ein völlig neuer Zudem verstärkte sich das Engagement der Markt eröffnete: dem der Zweitverwertung größeren Hollywoodstudios im Fernsehpro- ihrer Kinoprodukte. In den 1950er Jahren duktionsmarkt. Anfang der 1950er hatten war der Verkauf oder die Lizenzierung von nur einige Minors wie Columbia und Uni- Kinofilmen ans Fernsehen zwar noch stark versal Abteilungen für die Fernsehproduk- eingeschränkt: Streitigkeiten mit den Ge- tion gegründet – und dies auch meist nur werkschaften über die Beteiligung des Pro- für die Produktion von Werbefilmen (An- duktionsteams an den zusätzlichen Ein- derson 1997: 441). 1965 stammten dagegen nahmen verhinderten die Verwertung von fast 70 % der Prime-Time-Programme aus Filmen, die nach 1948 produziert wurden. den neu entstandenen Fernsehabteilungen Erst 1960 kam es hier mit der Screen Ac- der großen und kleinen Hollywoodstudios tors Guild unter Ronald Reagan zu einer Ei- (Hilmes 1990: 426). nigung (Monaco 2001: 18). Die ambivalente Haltung der Majors, die Nichtsdestotrotz begann das Archiv ei- Anfang der 1950er noch nicht alle ihre Kino- nes Studios nun, einen eigenständigen Wert ketten abgestoßen hatten und somit biswei- zu erlangen, während das Starsystem durch len in direkter Konkurrenz zum Fernsehen das neue Unit-Producer-Modell als Vermö- standen, wie auch die Position der kleineren genswert an Bedeutung verlor. Bereits 1948 Studios zeigt sich in den jeweiligen Strate- wurde eine Reihe von britischen Filmen auf gien der Produktdifferenzierung. Die eine dem Fernsehmarkt lanciert, gefolgt von Pro- Strategie sah vor, sich durch aufwändige duktionen kleinerer Firmen wie Republic und ausstattungsreiche Monumentalfilme und Monogram (Wasko 2003a: 138). Und oder durch technische Innovationen wie 1957 verkaufte Universal Pictures ihr ge- dem Breitwandkino, dem Farbfilm oder dem samtes Korpus von Horrorfilmen über den kurzlebigen Ausflug ins 3D- und Geruchski- Syndicate-Markt an das Fernsehen, wo die- no weitmöglichst von der ›kleinen Leinwand‹ ses unter dem Label »Shock Theater« gezeigt abzugrenzen (vgl. Lev 2003: 107–126). In der wurde (Grey 1995: 8). anderen Strategie dagegen, am unteren öko- nomischen Rand des Filmproduktionsmark- Der Anfang vom Ende des tes, verflüssigten sich die Grenzen zwischen Production Codes Film und Fernsehen. Formate und Genres wie die Kinoserie oder der B-Film-Western Das Paramount-Urteil, das Unit-Producer- wanderten ins Fernsehen ab. Die Produktion System und die neue Konkurrenz durch das des klassischen B-Movies kam zum Erliegen Fernsehen veränderten die industrielle Land- und wurde durch den auf das Teenager-Pu- schaft Hollywoods bereits in den 1950ern blikum gerichteten Exploitationfilm ersetzt radikal. Im Bereich der Zensur und Selbst- (s. u.), beeinflusste jedoch auch die Herstel- zensur von Filmen kündigte sich ebenfalls lung von Fernsehfilmen. Die Art und Weise, ein Wechsel an, der sein volles Ausmaß al- in der diese gegenseitige Beeinflussung von lerdings erst im darauffolgenden Jahrzehnt Film und Fernsehen auf der ›unteren‹ Qua- erreichen sollte. litätsskala vonstatten ging, bildet nach wie Zensur war von Beginn an Bestandteil vor ein Desiderat der Forschung. jeglicher massenmedialer Populärkultur, so Das Verhältnis zwischen Kino und Fern- auch des Kinos (Maltby 1993: 41). Mit dem sehen verkomplizierte sich noch weiter, als Production Code hatte sich die Filmindus- sich den Filmstudios auf Grund des Ma- trie Anfang der 1930er Jahre ein Regelwerk 56 Die Hollywoodindustrie in den 1950ern auferlegt, das eine ganze Reihe von The- 1950er Jahre führte zum Verlust des wich- men und Motiven regulierte und auf diese tigsten Druckmittels, das die moralistischen Art den Zorn der moralischen Vereine wie Nichtregierungsorganisationen besaßen: dem etwa der katholischen Legion of Decency Boykott. Ohne vertikale Integration konn- abwenden und eine bundesweite Zensur ten nicht mehr ganze Produktions-Exhibi- verhindern sollte (vgl. Vasey 1997: 133, Leff tions-Ketten boykottiert werden, sondern & Simmons 2001). Das Regelwerk blieb bis nur einzelne Kinos oder Filme. Ohnehin auf wenige Ausnahmen unhinterfragt (vgl. entwickelte sich im Zuge des Aufblühens aber Koppers 1997: 263 oder Bryant 1997: der Jugendkultur im Rock ’n’ Roll ein neues 31): Wer seinen Film in den Kinoketten der Zielobjekt der verbleibenden Sittenwächter Majors platzieren wollte, musste sich für ein (Doherty 2002: 63). Siegel der Production Code Administration Der Production Code begann in den 1950er (PCA) qualifizieren oder auf den margina- und 60er Jahren mehr und mehr an Bedeutung len Markt der klassischen Exploitation (vgl. zu verlieren (Lev 2003: 87–105). Die Libera- Seite 63) ausweichen. lisierung des Exhibitionsmarktes erleichterte Die Nachkriegszeit hatte die Situation es Filmen, ohne PCA-Siegel in einem Kino deutlich verändert: Der Kalte Krieg und eine unterzukommen. Der im Mainstream etab- an Massenhysterie grenzende Angst vor linken lierte Produzent Otto Preminger brachte bei- Ideologien prägten nun das politische Klima spielsweise zwei Filme – the moon is blue in den USA. Der öffentliche Diskurs über das (1953) und the man with the golden Kino wandelte sich von einem Moral- und Se- arm (1955) – ohne Zustimmung der PCA xualdiskurs zu einem über den vermeintlichen heraus (Lev 2003: 89), ein Wagnis, das sich Einfluss von ebenso vermeintlichen Kommu- zuvor nur Filmemacher auf dem marginalen nisten auf das Hollywoodsystem (vgl. Brinson Exploitationmarkt leisten konnten. Das frei- 2001, Neve 2003 oder Eckstein 2004). Das zügigere europäische Kino der Nachkriegszeit House of Unamerican Activities Committee stellte außerdem die amerikanischen Moral- (HUAC) führte 1947 Verhöre mit den Ange- codizes infrage und war mit ein Grund dafür, stellten Hollywoods durch. Die ›Hollywood dass der Code auch in der dortigen Produk- Ten‹, die zehn Personen, die sich der Aussage unter Berufung auf das Recht auf Meinungs- freiheit verweigerten, wurden verurteilt. An- dere wurden auf eine schwarze Liste gesetzt. Die Berufsverbote der McCarthy-Ära und Verurteilungen in dubio contra reum hatten enorme Auswirkungen auf das Betriebskli- ma in Hollywood und nicht zuletzt natürlich auf das Leben der verfolgten Filmemacher. Gleichzeitig schwächten sie den Zensurdiskurs ums Kino ab und verlagerten ihn – zumindest kurzfristig – in die politische Arena. Zensur fand nun nicht primär auf der Ebene von Fil- men, sondern von Personen statt. Otto Premingers the man with the golden Auch andere Faktoren schwächten den arm (1955) war einer der ersten Hollywood- moralischen Zensurdiskurs. Die Auflösung Filme, die ohne Zustimmung der PCA der vertikalen Integration im Laufe der herausgegeben wurden 57 Geschichte tion zunehmend freier interpretiert wurde die über das ganze Land verteilten Kinos, (Lev 2003: 94). Und nachdem der Oberste die nach dem Paramount-Urteil auf sich al- Gerichtshof 1915 noch auf dem Standpunkt lein gestellt waren, sahen sich von den Um- beharrt hatte, dass der Film durch das in der wälzungen des Kinodispositivs betroffen Verfassung verankerte Recht auf freie Mei- (Heffernan 2004: 7). Die Suburbanisierung nungsäußerung nicht geschützt sei (Mutual entzog zudem städtischen Theatern das zah- Film Corp. v. Industrial Comm’n of Ohio, lungskräftige Publikum. Die bis dahin gülti- 23.2.1915), revidierte er 1952 dieses Urteil ge Einteilung der Kinos in prestigeträchtige und schränkte somit die Möglichkeiten loka- First-runs und billigere Second-runs verän- ler Zensur stark ein (Jowett 2006). 1956 trat derte sich durch das Paramount-Urteil. Der eine Neustrukturierung des Codes in Kraft. Typus des Grindhouse, benannt nach den Doch selbst die konnte den Bedeutungsver- heruntergekommenen Burlesketheatern in lust nicht aufhalten, der 1968 schließlich New Yorks 42nd Street und ihren ›bump-and- zur Abschaffung des Production Codes und grind‹-Tanznummern, begann sich als Kino der Einführung eines Rating Systems führte im unteren Preissegment zu etablieren. Die (Monaco 2001: 63–65). ökonomische Diversifizierung der Kinothea- Trotz alledem darf man die Bedeutung des ter wurde verstärkt von einer geografischen Codes in den 1950er Jahren nicht unterschät- Segmentierung überlagert: Während die in- zen. Die meisten Filme und Firmen auf dem nerstädtischen Theaterkinos für die folgen- neu entstehenden Markt der Teenploitation den Jahrzehnte mit der Abwanderung des nutzten die Lockerung allenfalls in Hinblick Publikums in die Suburbs und dem Verfall auf die Darstellung von Drogenkonsum oder ihrer Viertel zu kämpfen hatten, entstan- Kriminalität, stellten die Selbstzensur des den neue Kinos in den Einkaufskomplexen Production Codes an sich aber nicht infrage der Vorstädte (Monaco 2001: 48–50). Zu- (Doherty 2002: 129f). Ähnliches gilt für die dem ändert sich die Politik der Verleiher: Filme Edward D. Woods: glen or glen- Massenstarts, bis dahin eine eher unübli- da (1953) thematisiert Transsexualität und che Strategie (Hediger 2005), wurden zu Crossdressing, sinister urge (1960) die einem Schachzug der Exploitationfirmen, Verbindungen von pornografischer Indus- allen voran American International Pictures trie und organisiertem Verbrechen. Beide (Cook 2000: 324), und verringerten so den erlangten auf Grund ihrer Thematik kein Unterschied zwischen Erst- und Zweitaus- Siegel der PCA. Doch alle anderen Filme wertungskinos. – vom Krimi jail bait (1954) bis hin zum Die Kinos reagierten auf die andauernde Sciencefiction-/Horrorfilm plan 9 from Krise mit verschiedenen Strategien: Mit der outer space (1959) bekamen die Zustim- Double Bill boten sie zwei Filme zum Preis mung der Production Code Administration, von einem – eine Verfahrensweise, die be- wie das Siegel im Abspann zeigt. reits seit den 1930ern etabliert war (Balio 1993: 28f). Durch technische, oft mit ho- Die Strategien der Verleiher hem Investitionsaufwand verbundene Neu- und Kinobetreiber erungen wie dem Breitwandkino oder dem 3D-Kino, das 1953 einen äußerst kurzlebi- Die betriebliche Trennung von Produktion gen, dafür umso intensiveren Boom erlebte und Exhibition und die Konkurrenz durch (Mitchell 2004), versuchten die Kinobetrei- das Fernsehen betraf nicht nur die in Holly- ber, sich stärker vom Rezeptionserlebnis des wood ansässige Produktionsindustrie. Auch Fernsehens abzuheben. 58 Die Hollywoodindustrie in den 1950ern Nicht zuletzt aber fand die Strategie des (1961) konnten die Zuschauer den Verlauf Verbund- und vor allem des Ereignismarke- der Handlung mit Pappkarten beeinflussen tings einen Aufschwung. Diesen Versuch, das (Waters 2005). Filmerlebnis selbst mit Hilfe einer Reihe von Diese pragmatische Erweiterung der Re- Gadgets und Gimmicks zu einem Ereignis zeption findet ihre – gemäßigtere – Parallele über das herkömmliche Filmschauen hinaus in einer Sonderform des Kinos, das in den zu machen und den eigentlichen Filmtext 1950er Jahren zur Blüte gelangte: dem Au- durch nichtfilmische Elemente zu erwei- tokino. Ein erstes Autokino wurde bereits tern, verdeutlicht am besten die – zugege- 1933 in Camden, New Jersey, eingerichtet benermaßen außergewöhnliche – Exhibition (Monaco 2001: 16). Doch erst Suburbani- der Filme William Castles: Bei house on sierung, erschwingliche Automobile, Wirt- haunted hill (1959) etwa ließ Castle an schaftsaufschwung und der damit verbundene einer bestimmten Stelle des Films ein knapp Wohlstand breiterer Bevölkerungsschichten vier Meter großes Skelett vor der Leinwand ermöglichten den Erfolg dieser Kinoform in herunterrasseln, für the tingler (1959) den 1950er Jahren. 1956 wurden in den USA ließ er Vibrationsgeräte in den Sitzen eines 4.500 Autokinos gezählt (Monaco 2001: 46), Kinos einbauen, und in mr. sardonicus 1961 gar 6.000 (Schatz 1997: 293). Und sie Autokinos fanden in den 1950er Jahren immer mehr Zuspruch 59 Geschichte waren lukrativ: Ende der 1950er konnten sie hervorrufen. Die an das bürgerliche Theater etwa ein Drittel aller Kinoeintritte für sich angelegte Kinokonzeption, deren Entwick- verbuchen (Monaco 2001: 46). lung in den 1910er und 20er Jahren begann, Autokinos passten mit ihrer häufig sub- hatte im Autokino ausgedient. Für das ›nor- urbanen oder ländlichen Lage in die Gesamt- male‹ Kino, das sich weiterhin am Modell tendenz der geografischen Verlagerung der des bürgerlichen Theaters ausrichtete, blieb Exhibitionsindustrie. Doch ein anderer Fak- dies zwar ohne Konsequenzen; Filme wer- tor erweist sich im Rückblick als wesentlich den in Kinos auch heute noch meist in dis- bedeutsamer. Sie veränderten zumindest für ziplinierter Stille rezipiert. Doch für eine einen Teil des Publikums die Rezeptions- bestimmte Form des Trashkinos und der gewohnheiten des Klassischen Hollywoods Mitternachtsvorstellungen und selbst für und knüpften an die Sehgewohnheiten des Formen des heimischen Video- und DVD- frühen Kinos an: Erlebnisses war das Autokino Vorreiter in seiner Vermischung von Semiprivatheit, »Many critics have observed that classical Event und Karnevaleske. cinema imposes middle-class standards of Nur scheinbar auf dem anderen Ende consumption, preventing audiences from der Legitimitätsskala entwickelte sich in interacting with each other and reacting col- den 1950er Jahren das Arthousekino. Be- lectively to the film. It imposes a ›discipline reits in den 1920ern waren in der ›Little- of silence‹ whereby audience members are Cinema‹-Bewegung eine Reihe von Kinos asked to sit politely in the darkened theatre entstanden, die sich der Vorführung selte- and are discouraged from talking or comment- nerer, ›anspruchsvollerer‹ Filme widmeten ing aloud on the film. Far from demanding (Guzman 2005). Doch erst in den 1950ern this type of genteel spectator, drive-in the- begannen diese Theater, sich fester zu eta- atres encouraged their audience to do all the blieren (Wilinsky 1996: 143). Im Anschluss things proscribed in conventional theatres. an den französischen Film et dieu ... creà At the drive-in, spectators could smoke, la femme (1956; R: Roger Vadim), der 1958 eat, talk, and make out, and many ads and einen überragenden Erfolg an den amerika- programmes encouraged them to do so.« nischen Kinokassen verbuchen konnte, ent- (Cohen 1994: 471) wickelte sich in den USA ein Nischenmarkt für europäische Filme, den dieser neue Ki- Es wundert daher nicht, dass Autokinos von notypus in Metropolen und Universitäts- Studios wie Kritik oft als qualitativ minder- städten bediente (Monaco 2001: 54). Nach wertig eingestuft und entsprechend beachtet Schätzung des Filmimporteurs und Kino- wurden (Cohen 1994: 470). Nicht allein die betreibers Arthur L. Mayer gab es so 1958 sicherlich schlechte Qualität der Bild- und etwa 800 Arthousekinos in den USA (zit. Tonprojektion führte zu diesem Urteil. Au- nach Doherty 2002: 26). tokinos waren häufig Teil eines größeren Un- Die Selbstzuschreibung und Konzepti- terhaltungskomplexes; Konzessionsstände on als qualitativ höherwertiges Kino fand nicht selten die eigentliche Einnahmequelle in den zeitgenössischen Diskursen jedoch der Betreiber (Cohen 1994: 472). Karneva- nicht immer Zustimmung. Denn gerade lisierung und Trivialisierung der Rezeption die europäischen Filme, die in diesen Kinos und die enge Verknüpfung mit adoleszenten gespielt wurden, zeichneten sich durch lo- Balzritualen mussten bei den Befürwortern ckerere moralische Standards und v. a. eine des herkömmlichen Kinoerlebnisses Skepsis gewisse sexuelle Freizügigkeit aus, die man 60 Das Phänomen der billigen Filme von amerikanischen Produkten nicht kann- bot des Blockbuchens im Paramount-Urteil te. Die Arthousekinos gerieten so in eine hinfällig geworden. Der Billigmodus der B- ambivalente Situation zwischen gehobener, Filme mutierte und mündete schließlich in kultivierter Ästhetik und sensationellem Vo- den Exploitationfilm der 1950er und 60er yeurismus und fanden sich im Kreuzfeuer Jahre. Das Aufkommen der Jugendkultur von anti-intellektuellen und moralistischen und die damit verbundene Konstruktion des Diskursen wieder: Teenagers als einem bestimmten Konzept von Adoleszenz führte zu einer ganzen Reihe »The conflicting views of art houses as sites von Teenploitationgenres, wie dem Rock ’n’ of prestigious culture and as camouflages for Roll Film, dem Beach Party Movie oder dem purely economic interests resulted in two Motorcycle Flic, die direkt auf dieses neue radically different conceptions of these the- Marktsegment zugeschnitten waren. atres: the art theatre as a source of cultural Auch an den Grenzen von Hollywood enlightenment, offering spectators films of zeichneten sich Veränderungen ab: Das a quality supposedly higher than Hollywod marginale Parallelsystem der klassischen studio films and the art cinema as a place to Exploitation, das die Filme auffing, die dem go in order to see more off-colour films that Production Code nicht im Entferntesten could not be produced by mainstream Holly- entsprachen, begann sich aufzulösen und in wood cinema still restricted by the Produc- das System Hollywood zu integrieren. Das tion Code. This association of the art theatre pornografische Kino, das sich langsam als with ›sexy‹ and perhaps even ›perverse‹ films eigenständige Industrie etablierte und eine (most often foreign films) gave the theatres a bis anhin unbekannte Sichtbarkeit erlangte, risqué quality.« (Wilinsky 1996: 144) stellte ein neues Dispositiv dar, gegenüber dem Hollywood sich erst noch positionie- Diese Konzeption von Kino als Hochkultur ren musste. und Sexploitation verweist in ihrer Ambi- valenz bereits auf die Kinokultur der 1970er Die B-Movies des Klassischen Jahre, die sich an Phänomene des Camps und Hollywoods der ironischen Rezeption anlehnte. In den Trashkinos und Mitternachtsvorstellungen Das System der Double Bills hatte in der Stu- der rocky horror picture show (1975; dioära der 1930er und 40er zu einer mehr R: Jim Sharman) fand schließlich sogar das oder weniger strikten Differenzierung der Element des Karnevalesken und Performa- Filmproduktion geführt. (Die Quellen in die- tiven einen Platz im Arthousekino. sem und dem folgenden Unterkapitel stam- men, sofern nicht anders angegeben, aus Ta- ves 1993).Filme wurden als A- oder B-Filme Das Phänomen der produziert und vermarktet, je nachdem, für billigen Filme welchen Slot sie vorgesehen waren. Die A- Filme reichten von den prestigeträchtigen, Nicht nur auf wirtschaftlicher Ebene sind höchst budgetierten und über zwei Stunden im Hollywood der 1950er Jahre enorme langen Blockbustern avant la lettre bis hin zu Umwälzungen zu erkennen. Die strategi- den besseren Low-Budget-Produktionen der sche Binnendifferenzierung des klassischen Studios, die als Programmers je nach Situation Hollywoods in qualitativ hochwertige, teure auch in B-Position platziert werden konnten A- und billige B-Filme war durch das Ver- (vgl. Jacobs 1992). Sie wurden von den Ma- 61 Geschichte jors hergestellt und kosteten üblicherweise wurden unter geringen Änderungen recycelt. über 350.000$. Allein Warner Bros., die fast Die Produktion von Zyklen und Serien, die alle ihre Filme für unter 200.000$ drehten, zudem bei Erfolg ein stabiles Fanpublikum machten hier eine Ausnahme. entwickelten, vereinfachte noch einmal die Auf der anderen Seite standen die B-Fil- Entwicklung einer Story. Viele dieser Se- me, welche den zweiten Platz einer Double rien wie Roy Rogers (Columbia), Charlie Bill einnehmen konnten. Produziert wur- Chan (Fox, später Monogram) oder Flash den diese Filme sowohl von den Majors als Gordon (Universal) fanden Eingang in das auch von einer Reihe von Firmen der Poverty kulturelle Gedächtnis und sind auch heute Row wie zum Beispiel Republic, Monogram, noch bekannt. Mascot oder Grand National. Die Produk- Gerade diese Formelhaftigkeit ist ein tionskosten lagen bei den Majors zwischen wichtiges Element des B-Films, das von der 50.000$ und 200.000$, bei den Indepen- Kritik häufig angegriffen, vom Publikum aber dents meist unter 100.000$. Die Produkti- durchaus gewünscht wurde. So spricht Tra- onszeit war mit ein bis fünf Wochen extrem ves von »plots that were often simple, stan- knapp gehalten. Die Länge erreichte mit 55 dardized, and repetitive, almost obsessively bis 70 min nicht die der A-Produktionen. so, giving the audience the same situations Verliehen wurden die Filme im Gegensatz over and over, deliberately remaining unori- zu den A-Filmen häufig zu einem Festpreis, ginal« und führt weiter: »[The] familiarity so dass Gewinne zwar klein, aber stetig und of the most undemanding and rigid formu- kalkulierbar blieben, während A-Filme mit las was both expected and desired« (Taves ihrer prozentualen Gewinnbeteiligung und 1993: 333). Diese narrative Repetition, die dem größeren Investitionsvolumen stets ein auch in anderen Trashfilmen zu finden ist, hohes Risiko darstellten. zeigt bereits ein selbstreflexives Moment Für die Majors ergaben sich weitere Vortei- der B-Movies auf, die von den Zuschauern le: Da die Studios ihre Crews nicht für jeden durchaus wahrgenommen wurde. Film neu engagierten, sondern einen festen Die B-Filme unterschieden sich darüber Stab an Mitarbeitern anstellten, waren ihre hinaus deutlich in der Personalstruktur der Fixkosten hoch; Leerlaufzeiten zwischen den beteiligten Crew. Das intermediale Starsys- großen Produktionen konnten so mit billigeren tem – in den A-Filmen mit bis zu 50 % für die B-Filmen ausgefüllt werden. Und durch das Kosten above the line verantwortlich (Wasko System des Blockbuchens war ihren B-Filmen 2003b: 33) – wurde aus Gründen der Erspar- ein Absatzmarkt stets garantiert, indem sie nis nicht übernommen. Viele der Nebendar- nämlich im Paket mit einer prestigeträchti- steller reizten zudem die gewerkschaftlichen gen A-Produktion verliehen wurden. Grenzen aus und traten zu extrem geringen Die Strategien, die Kosten der B-Filme Preisen auf, stets in der Hoffnung, von Hol- minimal zu halten, waren vielfältig: So wurde lywood entdeckt zu werden. auf den Einkauf von Themen aus Literatur Der B-Film als Aufstiegschance, wie etwa und Theater verzichtet; stattdessen wurden im Falle von John Wayne, Douglas Sirk oder Stoffe selbst entwickelt oder gar ohne Ab- Michael Curtiz, blieb allerdings die Ausnah- klärung von Rechten übernommen. Oft griff me. Häufiger war der Abstieg aus der A-Liga man dabei auf formelhafte Erzählstrukturen wie zum Beispiel bei Bela Lugosi, Vincent zurück, die in den Genrefilmen und beson- Price oder Karen Black. Letztendlich fand ders in der Schundliteratur, der Pulp Fiction, jedoch eine recht undurchlässige Trennung bereits etabliert waren. Alte A-Produktionen zwischen der A- und B-Produktion statt: 62 Das Phänomen der billigen Filme Selbst talentierten B-Regisseuren war ein kohärenten Film herausgab, dem sie allen- Aufstieg selten vergönnt. Ihr kreatives Ta- falls einige Archivaufnahmen hinzugefügt lent, innerhalb kurzer Zeit gute Filme zu hatte. Schauspieler bezahlte sie gering oder drehen, ihr visuelles Vorstellungsvermögen, gar nicht, zumindest bis 1937 die Screen eine Szenenauflösung im Kopf zu entwickeln, Actors Guild gegründet wurde, die Min- wurde gerade im B-Film benötigt. deststandards für die Beschäftigung von Schauspielern festsetzte und so die durch- Die Quickies am untersten schnittlichen Produktionskosten eines Qui- Rande Hollywoods ckies auf einen Schlag um 1.100$ erhöhte (Taves 1993: 326). Der am niedrigsten budgetierte Bereich der B-Filme unterschied sich von den Low-Bud- Classical Exploitation get-Produktionen der Majors wie der etab- lierten Firmen der Poverty Row so sehr, dass Die Zensurdiskussionen in den 1920er und die zeitgenössische Kritik ihm ein eigenes frühen 30er Jahren, die schließlich in die Label, das des Quickie, des C- oder gar des Einführung des Production Codes münde- Z-Films zuwies. Seine Produktionsfirmen ten, separierten ein legitimiertes von einem waren meist ephemere Konstrukte ohne illegitimen Kino. Aufklärungs- und Hygie- Zugang zu herkömmlichen Finanzquellen nefilme, Nudisten- oder ethnografische Fil- und ohne Ausstattung an Studiofläche oder me waren aus dem legitimen Hollywood- Technik. Um die Finanzierung zu sichern, kino verbannt. Doch der Production Code verkauften die Firmen ihre Filme üblicher- war nur eine Selbstzensur, gedeckt von weise vorab auf dem States-Rights-Markt, der geballten ökonomischen Macht Holly- bevor sie überhaupt produziert wurden. woods und seinen Distributions- und Ex- Das Budget der Filme lag zwischen 5.000$ hibitionskanälen, doch niemals lückenlos. und 20.000$, so dass jede denkbare Form Eine bundesweite Zensur war durch den von Kostenreduktion genutzt werden muss- Production Code ja gerade verhindert wor- te: Szenen wurden in möglichst wenige Ein- den. Und die Unübersichtlichkeit der loka- stellungen aufgelöst, der Schnitt gar in der len Zensursysteme bot genügend Schlupf- Kamera gemacht, die Lichtsetzung auf ein löcher für einen extrem marginalisierten Minimum reduziert. Häufig waren einfach selbstständigen Markt. zu drehende, actionbetonte Sequenzen, die Auf diese Weise konnte eine Reihe von den Quickie in die Nähe des Attraktionskinos billig produzierten Filmen der sogenannten rückten. Auf Grund fehlender Studiofläche, Classical Exploitation ihren eigene, kleine die extra hätte angemietet werden müssen, Nische finden. (Die Quellen in diesem Un- wurden Innenaufnahmen vermieden und terkapitel stammen, sofern nicht anders an- Außenaufnahmen bevorzugt. Es wundert gegeben, aus Schaefer 2001). In der Tradi- folglich nicht, dass der Western das belieb- tion der Aufklärungsfilme verhandelten sie teste Genre dieser Quickies war. Themen von Sexualität, Körper und Gewalt, Die Drehzeit lag meist bei einer Wo- die vom Mainstream-Hollywood tabuisiert che; bereits die Krankheit eines Hauptdar- wurden: vom Drogenmissbrauch in nar- stellers oder ein verregneter Tag konnte das cotic (1934; R: Dwain Esper), Geburt in Budget sprengen. Die strikte Einhaltung des the birth of a baby (1938; R: Al Chris- Zeitplans führte nicht selten dazu, dass die tie), ungewollter Schwangerschaft in mom Produktionsfirma einen unvollendeten, in- and dad (1945; R: William Beaudine), Re- 63 Geschichte oder mau mau (1955; R: El- wood Price), die den Fokus von Sexualität auf grafische Gewalt oder Rassismus ver- lagerten, oder Vice Films wie the wages of sin (1938; R: Willis Kent), die in der Tradition der White Slavery Films der 1910er und 20er den Komplex Prostitution und Verbrechen/Unterwelt behandelten. Produktions- und Dis- tributionsweise ähneln in weiten Teilen denen der oben beschriebenen Qui- ckies. Eine klare Abgren- zung dieser Filme zum un- teren Segment des B-Mo- vies ist schwierig und im Zweifelsfalle nur am feh- lenden Siegel der PCA fest- zumachen. Doch ist es ge- rade die Thematisierung von verbotenen Themen, ihre unerlaubte Sichtbarkeit und Obszönität, welche die klassische Exploitation vom Quickie der Poverty Row unterscheidet (vgl. Scha- efer 2001: 2). Das Kino des klassischen Das grafisch einfach gehaltene Plakat zu glen or glenda, Exploitationfilms ist bislang dessen Grundgestaltung bereits vor der Produktion des Films nur wenig untersucht. Das fertig gestellt war, verzichtet auf Angaben zur Besetzung und Thema stellt Forscherin- skizziert mit einer Strichzeichnung den Aufhänger des Films, ohne gleichzeitig zu viel festzulegen. Das Plakat ist sogar so nen und Forscher auch vor gestaltet, dass es auch für andere Titel wie i changed my sex enorme filmhistoriografi- verwendet werden konnte sche Herausforderungen: Zum einen sind die Filme produktionsmedizin in test tube babies nur selten überliefert – ein Problem, das sich (1948; R: W. Merle Conell) bis hin zu Cross- bei vergleichbaren Formen der Low-Budget- dressing und Transsexualität in Ed Woods Produktion ebenso ergibt. Zum anderen hat glen or glenda (1953). Zu diesen gesell- das Werkkonzept, welches das übrige Kino ten sich weiter pseudoethnografische Filme prägt, in der klassischen Exploitation keine wie ingagi (1930; R: William Campbell) Gültigkeit: Filme werden je nach Bedarf 64 Das Phänomen der billigen Filme und den Zensurbedingungen vor Ort um- Das Marketing war an die marginale Situation geschnitten, in mehreren Fassungen (zah- dieses Filmsegmentes angepasst: Filme, die men oder gewagteren) vertrieben oder unter per Roadshow vertrieben wurden, konnten neuem Titel herausgebracht. Recycling von in einen ganzen Event von ›wissenschaftli- Filmen, Kürzungen, Neuauflagen und Kom- chen‹ Vorträgen oder Diashows eingebettet pilationen waren an der Tagesordnung. Nicht und durch den Verkauf von Broschüren, Bü- selten konnten Filme so unter verschiede- chern und Infoblättern zum Thema ergänzt nen Titeln und in leicht veränderten Fassun- werden. Gezeigt wurden die Filme außerhalb gen bis zu 10, 20 Jahre im Umlauf bleiben des Kinos in Gemeindehäusern oder öffent- (Schaefer 2001: 6). lichen Einrichtungen, aber auch in unabhän- Der Vertrieb der Exploitationfilme lehnte gigen Filmtheatern, die nach Abwechslung sich an die Strategien des frühen Kinos an: im Programm suchten und ihr erwachsenes Filme wurden auf dem States-Rights-Markt Zielpublikum in ersten Mitternachtsvorstel- für einzelne Gliedstaaten und Territorien lungen ansprechen wollten. Versuchte man separat verliehen, da auf lokale Zensurge- einerseits häufig, den Film in einen Rahmen gebenheiten Rücksicht genommen werden der Legitimität einzubetten, zeigten die Film- musste und ein übergreifender Distributi- plakate ein ganz anderes Bild: Hier wurde onsarm nicht vorhanden war. In einigen Fäl- len basierte die Distribution sogar noch auf dem Modell der Roadshow, bei der der Pro- duzent von Ort zu Ort fuhr. Der Produzent vereinigte so die Rollen des Filmemachers, Investors, Marketingdirektors, Kinobetrei- bers und des Showman. Bereits beim Start eines Films wurde Rücksicht auf die Bedürfnisse des jeweiligen Marktes genommen. So existiert beispiels- weise auch Ed Woods erster Langfilm glen or glenda, der sich noch ganz in die Tra- dition der klassischen Exploitation einreiht, nicht nur unter diesem Titel, sondern unter test tube babies (1948; R: W. Merle Conell) einer Reihe anderer: »When you sell state’s rights, each territory has the right, not only to change the title, but to exploit it in a title that’s befitting: glen or glenda won’t mean a dime in Texas. But when they put out he or she?, then they had a chance to survive. i changed my sex, that was the second title that came out, and that was because, if you didn’t like glen or glenda, you could have this one. Everybody that was in exploitation did that.« (George Weiss, Produzent von glen or glenda, zit. nach Grey 1995: 46) ingagi (1930; R: William Campbell) 65 Geschichte in grafischer und typografischer Deutlich- zustellen: Mit dem Nudie Cutie und dem keit auf das Sensationselement der Filme Softporno etablierten sich Genres, die ihre verwiesen, auf die sexuelle Thematik, die voyeuristische Absicht nicht hinter entspre- Aktualität des Themas, die Gefahren und chenden Legitimationsstrategien verstecken negativen Folgen von Sex. Es war durchaus mussten. Die Darstellung von Gewalt fand üblich (und den Zuschauern wohl meist be- im Splatterfilm eine neue Heimat. Und der wusst), dass die Filmplakate weit mehr ver- Aufklärungsfilm integrierte sich schließlich, sprachen, als die Filme selbst halten konnten von jeglicher Sensation befreit, in die Gat- (Schaefer 2001: 103-119). tung des Schul- und Lehrfilms. Finanziert wurden die Filme üblicherwei- se vom Produzenten selbst oder durch den Teenploitation Vorverkauf auf dem States-Rights-Markt. Unternehmen wie Jay Dee Kay Produc- Die billigen Filme der 1950er Jahre entfern- tions, Dwain Esper Productions, Willis Kent ten sich ökonomisch wie ästhetisch deutlich Productions oder Samuel Cummings Jewel vom vorherigen Modell des B-Movies oder Productions hatten eine Größe von 1 bis 10 des Quickies (Taves 1993: 350). Die Praxis Mitarbeitern, die ihre Filme mit ihren bishe- des Blockbuchens war durch das Paramount- rigen Erlösen produzierten (Schaefer 2001: Urteil verboten worden. Den B-Filmen der 44, 48). Gab das Finanzvolumen der Firma größeren Studios war somit eine wichtige eine neue Produktion nicht her, so zögerten wirtschaftliche Grundlage entzogen. Die die Filmemacher nicht, im familiären oder Double Bill blieb in diesem Jahrzehnt zwar freundschaftlichen Umfeld nach Kleinkredi- verbreitete Exhibitions- und Distributi- ten zu suchen (Schaefer 2001: 48). Die Filme onspraxis, doch nahm sie mehr und mehr waren aufgrund ihrer marginalen Stellung an Bedeutung ab, bis sie sich in den 1960ern äußerst billig produziert: »Compared with gänzlich verlor. Dort, wo man sie weiterhin both A and B films in any given period, their anbot, wurden auch immer seltener A- und product had the lowest budgets, the shortest B-Produktionen in einer Vorstellung ge- shooting schedules, and the fewest stars of zeigt. Die Kombination von zwei qualitativ any films appearing on American screens« gleichwertigen Billigfilmen wurde nun zum (Schaefer 2001: 49). Standard. Die Independents übernahmen Die Ambivalenz zwischen erotischer sogar – von den Kartellbehörden unbeein- Sensation und Aufklärung teilen die Filme druckt – eine eigene Form des Blockbu- der klassischen Exploitation mit den Auf- chens, in dem sie zwei Low-Budget-Filme klärungsfilmen anderer Länder wie etwa gemeinsam als Double Feature vertrieben Deutschland in den 1920er Jahren (vgl. (Lev 2003: 206f). Hagener & Hans 2000). Dieselbe Ambiva- Die Aufweichung des Production Codes lenz und Doppeldeutigkeit führte ab den verhieß das Ende vom Parallelkino der klassi- 1970er Jahren auch zu einer ironischen schen Exploitation, die sich nun zunehmend Neurezeption zumindest der amerikani- in die Low-Budget-Filme Hollywoods inte- schen Aufklärungsfilme als Trash. Doch grierte (Schaefer 2001: 325f). Auch verla- die klassische Exploitation als eigenstän- gerten sich die Genreschwerpunkte: Do- diges System kam in den 1950ern zum minierten im B-Movie Western und Krimi, Erliegen. Die Aufweichung des Production so wanderten die Billigproduktionen dieser Codes ermöglichte es, Sexualität innerhalb Genres in den 1950er Jahren ins Fernse- des Hollywood-Systems freizügiger dar- hen ab (Lev 2003: 204). Rock-’n’-Roll-, Sci- 66 Das Phänomen der billigen Filme encefiction- und Horrorfilme prägten nun AIP das Teenploitationkino der 1950er und das Segment (Doherty 2002, Shary 2005). 60er Jahre. In ihrer Herstellung ähnelten Sexuelle Freizügigkeit führte zudem Ende die neuen Low-Budget-Produktionen ihren des Jahrzehnts zu einer Reihe von erotisch Vorgängern: aufgeladenen Sexploitationgenres. Mit zu- nehmender Bedeutungslosigkeit des klas- »As a production strategy, the 1950s exploita- sischen B-Films wandelte sich der Begriff tion formula typically had three elements: von einer ökonomischen in eine reine Wer- (1) controversial, bizarre, or timely subject tungskategorie. B-Movies waren nun und matter amenable to wild promotion (›exploi- sind bis heute nicht weiter charakterisierte tation‹ potential in its original sense); ›schlechte‹ Filme. (2) a substandard budget; and Die industriellen Umwälzungen im Hol- (3) a teenage audience.« (Doherty 2002: 7) lywood der 1950er Jahre eröffneten neuen Firmen eine Marktlücke. Paradigmatisch und Insbesondere der dritte Punkt, die Entde- durch ihre weitere filmhistorische Entwick- ckung eines eigenständigen Teenagermarktes, lung von Bedeutung ist die Firma American ist es jedoch, welche den Low-Budget- oder International Pictures (vgl. Doherty 2002: Exploitationfilm dieser Epoche charakteri- 125–131). 1954 gründeten James H. Nicholson, sierte und von seinen Vorläufern trennte. vormals Vertriebsleiter von Realart Pictures, Teenager und der von heftigen Diskursen und Anwalt Samuel Z. Arkoff die Vertriebs- begleitete Aufschwung der Jugendkultur in firma American Release Corporation (ARC), Mode, Musik und Sozialverhalten wurden die 1956 als American International Pictures vom Mainstream-Hollywood nur zögerlich (AIP) auch in das Produkti- onsgeschäft einstieg. AIP und vor allem ihr Hausregisseur und -produzent Roger Cor- man erhöhten die Produk- tion bald über das Maß ei- nes typischen Poverty Row Studios hinaus: »[B]y 1964 AIP was annually producing twenty-five feature films, a quantity that substantially muscle beach party (1964; R: William Asher) aus der Reihe outnumbered features being der Beach Party Movies financed by any of the major Hollywood studios« (Mona- co 2001: 27). Mit Filmen wie the undead (1957; R: Ro- ger Corman), earth vs. the spider (1958; R: Bert I. Gor- don), bikini beach (1964; R: William Asher) oder dem für AIP erfolgreichsten Film the wild angels (1966; R: Roger Corman) prägten the wild angels (1966; R: Roger Corman) 67 Geschichte angesprochen. Die Majors produzierten zwar mit verbundenen Jugendkultur, aber auch ebenfalls Filme über die neuen Themen der die Dominanz des heterosexuell-männli- Jugend, richteten ihre Werbekampagne aber chen Blicks, welche die Filme von AIP wie normalerweise auf eine Blockbusterstrate- überhaupt die gesamte Teenploitation der gie aus und nicht auf ein enger eingegrenztes 1950er und 60er Jahre prägt. Marktsegment. Selbst wenn Filme wie rebel without a cause (1955; R: Nicholas Ray) Sexploitation von Warner Bros. oder blackboard jun- gle (1955; R: Richard Brooks) von MGM Nicht nur die Jugend, auch erwachsene adoleszente Probleme thematisierten, ziel- Zuschauer wurden in den 1950er Jahren ten sie dennoch auf ein generationenüber- als spezielles Publikumssegment entdeckt. greifendes Publikum ab und standen eher Die Nachkriegszeit und das darauffolgende in der Tradition des sozialen Melodramas Jahrzehnt wiesen eine Tendenz zur Erotisie- oder Social Problem Film (Doherty 2002: 58). rung und Sexualisierung auf, die sich durch Die Teenploitation sprach ihre jugendlichen alle Medien zog: von Fotografie bis Litera- Zuschauer dagegen direkt an, ohne auf die tur und mit leichter Verspätung selbst dem Bedürfnisse von Erwachsenen eingehen zu Kino. Die Pulp Fiction widmete sich (wie- müssen: »[T]he early rock ’n’ roll cycle, like der) verstärkt Sex and Crime, das Medi- teenpics in general, willfully banished adults um des Pinup-Kalenders erreichte seinen from their ceremonies on and off screen« Höhepunkt, der 1953 gegründete Playboy (Doherty 2002: 79). sprach als neue pornografische Zeitschrift Die Konzentration auf ein männliches, auch intellektuelle Leserschaften an und die adoleszentes Publikum wird in einem – gen- 1951 erstmals publizierte Physique Pictorial derpolitisch aussagekräftigen – Syllogismus rückte den halbnackten männlichen Körper deutlich, der in den 1960ern unter dem Ti- ins erotische Licht (Slade 2000: 94–97). tel »Peter-Pan-Syndrom« als Eigenwerbung Sexuell explizitere Darstellungen im Kino von AIP verwendet wurde und die Produk- waren während der Wirkungsphase des Pro- tions- und Marketingstrategie der Firma auf duction Codes auf die marginalen Filme der einen Punkt bringt: klassischen Exploitation beschränkt, die mit ihren Nudistenfilmen ein erstes, noch sehr »a) a younger child will watch anything an verschämtes Genre des Sexploitation bilde- older child will watch; ten (Schaefer 2001: 291–302). Im Marketing b) an older child will not watch anything a ihrer Stars wussten die Hollywoodstudios younger child will watch; jedoch auch schon zu Zeiten des züchtigen c) a girl will watch anything a boy will Codes gewisse intermediale Strategien des watch; Pornografischen für sich zu nutzen: d) a boy will not watch anything a girl will watch; therefore, »The chief purveyors [of seminude photos] e) to catch your greatest audience, you zero were the Hollywood studios, who used pinups in on the 19-year-old male.« to advertise movies and balloon the careers (zit. nach Doherty 2002: 128) of major stars; the practice circumvented the restrictions of the Motion Picture Pro- So fragwürdig die Prämissen dieses Syllo- duction Code by making both films and per- gismus seien mögen, zeigt er doch deutlich formers seem sexier than they really were.« das Übergewicht von Jugend und der da- (Haralovich 1985) 68 Edward D. Wood jr. im historischen Kontext Verschiedene liberale Gerichtsurteile zur Geschichte eines illegalen Pornorings und Obszönität (vgl. Slade 2000) und die zuneh- eines Sexualserienmörders ähnelt in seiner mende Bedeutungslosigkeit des Production zaghaften Darstellung von Nacktheit eher Codes ließen Ende der 1950er Jahre die ers- den Vice Films der klassischen Exploitation ten eigentlichen Sexploitationgenres entste- als den aufreizenden Sexploitationfilmen hen. Die Nudie Cuties wie the immoral derselben Epoche. Allenfalls Woods Dreh- mr. teas (1959; R: Russ Meyer), nude on buch zu revenge of the virgins (1959; the moon (1963; R: Doris Wishman) oder R: Peter Perry jr.) – dem im ersten Kapitel auch orgy of the dead (1965; R: Stephen bereits erwähnten Film von Schatzsuchern, C. Apostolof), zu dem Wood die Drehbuch- die auf einen Indianerstamm von barbusigen vorlage lieferte, bauten ihre Geschichte um Frauen treffen – stößt in das Genre der Nu- die nackten Oberkörper ihrer weiblichen die Cuties vor. Figuren auf. Die Roughies schließlich wie In den 1960ern sollte sich dies für Wood faster pussycat, kill! kill! (1966; R: ändern. Er schrieb nun Drehbücher für Sex- Russ Meyer) oder blood feast (1963; R: ploitationfilme wie orgy of the dead David Friedman) verbanden Sexualität mit (1965; R: Stephen C. Apostolof) oder one ästhetisierter Gewalt und nicht selten einer million ac/dc (1969; R: Ed de Priest) und deutlichen Portion an Misogynie. drehte mit take it out in trade (1970) Die Jahrzehnte von 1950 bis 1980 und oder necromania (1971) auch eigene Por- die Emanzipierung sowohl des Hardcore- wie nos. Von den Filmen der 1950er Jahre sind des Softpornos zwangen das Mains tream- diese Werke jedoch meilenweit entfernt. kino, auf das Dispositiv der Pornografie zu reagieren. Grenzen zum pornografischen Kino mussten neu abgesteckt und erotische Edward D. Wood jr. im Genres und Gattungen innerhalb des Main- historischen Kontext streamkinos neu erfunden werden. Im Laufe der 1960er und 70er Jahre sollte sich eine Die vorangegangenen Ausführungen zeigen ganze Bandbreite von Sexploitationgenres deutlich den Umbruch, der sich im US-ame- entwickeln. Nacktheit des weiblichen Kör- rikanischen Kino der 1950er Jahre vollzieht: pers, aber auch Misogynie und Verbindung vom rigiden Industriesystem des klassischen von Gewalt und Sexualität waren für die Hollywoods hin zu einem flexibleren System, nächsten beiden Jahrzehnte aus dem Ex- vom B-Movie und Classical Exploitation hin ploitationfilm nicht wegzudenken. zur neuen Teen- und Sexploitation. Doch wo Für Ed Woods Hauptwerk aus den 1950er ordnet sich Ed Wood mit seinem Werk in Jahren spielte der neue Sexploitationfilm je- diesen Wechsel ein? Wo widersetzt er sich doch keine herausragende Rolle. glen or einer Einordnung? glenda (1953) ordnete sich mit seiner se- Die Wiederentdeckung seiner Filme, die xualpolitischen Thematik von Crossdres- in den 1980ern einsetzte, hat einen Starkult sing und Transsexualität noch ganz in das entstehen lassen, den es von der historischen Schema der klassischen Exploitation ein. Gestalt Edward D. Wood jr. zu trennen gilt. Die Sciencefictionfilme von bride of the Gleichwohl ist die Quellenlage zur realen Per- monster (1956) bis plan 9 from ou- son mager. Woods erratische Arbeitsweise ter space (1959) transponierten Sexuali- hat kaum schriftliche Dokumente hinterlas- tät bestenfalls auf eine symbolische Ebene. sen. Ein Nachlass ist ebenfalls nicht vorhan- Und auch the sinister urge (1960), die den: Nur wenige Tage vor seinem Tod wurde 69 Geschichte Woods Wohnung auf Grund von Mietrück- Vermutlich während dieser Phase zeugte ständen zwangsgeräumt, so dass er nur eine Wood eine Tochter, die er jedoch erst 1967 Handvoll Habseligkeiten mitnehmen konnte kennen lernte (Grey 1995: 115). Als er 1946 (Grey 1995: 158f). Viele seiner Briefe, Dreh- aus der Armee entlassen wurde, besuch- bücher und Romanentwürfe müssen daher te er für kurze Zeit eine Schauspielschule als verloren angesehen werden. und reiste mit einer Schaustellertruppe in Die vorliegende Arbeit sieht sich nicht als der Rolle des ›Geek‹ und ›Half-Man/Half- filmhistorische Studie. Hierfür wäre weiter- Woman‹ durchs Land. gehende Forschung nötig, die den Rahmen Seine Filmkarriere begann Ende der dieses Forschungsprojektes gesprengt hätte 1940er Jahre: 1947 traf Wood in Hollywood und auch nicht im Fokus der Forschungsfrage ein, wo er zunächst kleinere Theaterrollen stand. Aufgrund der begrenzten Quellenlage übernahm. Mit dem Schauspielkollegen John und hinsichtlich des Ziels, die Starfigur Ed Crawford Thomas drehte er crossroads Wood von der historischen Person Edward of laredo (1948), einen ersten Serienpilo- D. Wood jr. zu trennen, ist es somit unum- ten, der allerdings unvollendet bleiben muss- gänglich, dass die historische Gestalt bis zu te. Wood führte Regie in dem Theaterstück einem gewissen Grad im Dunkeln bleibt. The Casual Company und arbeitete für kur- ze Zeit sogar in der Nachtschicht des Story Ed Wood als Regisseur und Department von Universal (Grey 1995: 31). Drehbuchautor Für die 1949 von ihm mitgegründete Firma Story-Ad Films produzierte er etwa 125 Wer- Edward Davis Wood jr. wurde am 10. Ok- befilme, für die Firma Play Ad Films um die tober 1924 als Sohn eines Postangestellten 30 weitere (Grey 1995: 215). und einer Warenhausverkäuferin in Pough- Selbst nach dem Scheitern von cross- keepsie (NY) geboren. (Die Quellen dieses roads of laredo versuchte Wood einen Unterkapitels stammen, sofern nicht nä- Fuß im Genre der Westernserie zu fassen her angegeben, aus Grey 1995). 1942 trat – mit 20 bis 30minütigen Serienpiloten wie er dem U. S. Marine Corps bei und wurde the sun was setting (1951), boots im Pazifik stationiert, wo er an Kriegshand- (1953) und die im Doppelpack angebotenen lungen bei Tawara und Nanumea teilnahm. crossroad avenger: the adventures Edward D. Wood jr. in der Rolle des Glen in glen or glenda (1953) und im Drag in take it out in trade (1970) 70 Edward D. Wood jr. im historischen Kontext of the tucson kid (1953) und crossroad avenger returns (1953). Doch die Versuche blieben erfolg- los. Weder Fernsehen noch Filmverleih zeigten sich in- teressiert. Sein eigentliches Haupt- werk als Regisseur begann mit dem Aufklärungsfilm glen or glenda (1953), den er für die Exploitation- Firma Screen Classics dreh- te. Es folgten in den 1950er Jahren der Krimi jail bait (1954) und die drei Filme der ›Kelton-Trilogie‹: die finan- ziell ›erfolgreichste‹ Wood- Produktion bride of the monster (1956), der un- veröffentlichte night of the ghouls, der erst in den 1980ern in die Kinos kam, ebenso wie der Film, der Woods posthumen Ruhm als schlechtesten Regisseur be- gründen sollte: plan 9 from outer space (1959). Gleichzeitig fuhr er fort, Ed Wood in glen or glenda (1953) Serienpiloten und Kurzfilme wie final curtain (1957) und the night Transvestitismus (Grey 1995: 57). Am 11. März the banshee cried (1957) sowie verschie- 1956 heiratete er Kathy O’Hara Everett, mit dene Werbefilme zu drehen. Bereits in den der er bis zu seinem Tod zusammenlebte. 1950er Jahren begann er auch damit, Dreh- Der 1960 gedrehte Film the sinister bücher nicht nur für seine eigenen Filme zu urge stellte das Ende von Woods filmischem schreiben: the lawless rider (1952/54; R: Hauptwerk dar. Die Alkoholkrankheit, wel- Yakima Canutt), the violent years (1956; che die Dreharbeiten bereits während der R: William M. Morgan) und the bride and 1950er Jahre eingeschränkt zu haben schien the beast (1958; R: Adrian Weiss) stamm- (Grey 1995: 68, 92), und sein Ruf in den ten aus der Feder Woods, wurden aber von sozialen Netzwerken Hollywoods mach- anderen Regisseuren gedreht. te ihm weitere Filmprojekte unmöglich. Am 7. Oktober 1955 ließen sich Edward 1960/61 drehte er noch einige Industrie-/ D. Wood jr. und Norma McCarty trauen; die Werbefilme für den Flugzeughersteller Au- Ehe wurde jedoch schon kurze Zeit später tonetics. 1970/71 versuchte er mit den ex- annulliert – angeblich auf Grund von Woods trem billig produzierten Softpornos take 71 Geschichte Überblick über das Filmwerk Edward D. Woods glen or glenda / i changed my sex / i led two lives / he or she? Drehzeit: 1953 – Veröffentlichung: April 1953 – Produktion: Screen Classics – Pro - duzent: George Weiss – Distribution: Screen Classics. jail bait Drehzeit: 1954 – Veröffentlichung: 12.5.1954 – Produktion: Howco Productions – Produzent: Edward D. Wood jr. – Distribution: Howco Productions. bride of the monster Drehzeit: 1954-1955 – Veröffentlichung: 11.5.1955 (Preview), Juli 1956 (Release) – Produktion: Rolling M. Productions – Produzent: Edward D. Wood jr. – Distribution: Banner Productions. plan 9 from outer space Drehzeit: 1955-1956 – Veröffentlichung: 15.3.1957 (Preview), 2.7.1959 (Release) – Produktion: Reynold Pictures – Produzent: Edward D. Wood jr. – Distribution: Distributors Cooperation of America. night of the ghouls Drehzeit: 1958 – Veröffentlichung: 1959 (Preview), erst in den 1980ern veröffentlicht – Produktion: Atomic Productions – Produzent: Edward D. Wood jr. – Distribution: – the sinister urge Drehzeit: 1960 – Veröffentlichung: 8.12.1960 – Produktion: Headliner Productions – Produzent: Roy Reid – Distribution: Headliner Productions. take it out in trade Drehzeit: 1970 – Veröffentlichung: ? – Produktion: Ashdown-Gonzales Productions – Produzent: Edward Ashdown, Richard Gonzales – Distribution: ? ›necromania‹ – a tale of weird love Drehzeit: 1971 – Veröffentlichung: 29.12.1971 – Produktion: Cinema Classics Produc- tion – Produzent: Edward D. Wood jr. – Distribution: Stacey Distributors. the only house Drehzeit: 1971 – Veröffentlichung: ? – Produktion: Cinema Classics Production – Produzent: Edward D. Wood jr. – Distribution: Stacey Distributors – evtl. identisch mit necromania oder the young marrieds. Eine detaillierte Aufstellung, die auch die unvollendeten Projekte umfasst, findet sich in Grey (1995). 72 Edward D. Wood jr. im historischen Kontext it out in trade (1970), ›necromania‹ – a tale of weird love (1971) oder den in seiner Quellenlage umstrittenen the only house (1971) ein Come- back, das gleichwohl nicht von Erfolg gekrönt war. In den 1970ern drehte er auch eine nicht weiter bekann- te Anzahl an 12minütigen Hardcorefilmen für Swe- dish Erotica (Grey 1995: 215) sowie 1975 für die Sex Education Correspondence School zwölf Super-8-Filme (Grey 1995: 214). In den 1960er und 70er Jahren arbeitet Wood vor allem im Wenngleich Wood in Bereich der Pulpliteratur, hier vertreten mit den Covers zu den 1960ern und 70ern Black Lace Drag (1963), Death of a Transvestite (1967) kaum noch selbst Regie führte, so schrieb er doch weiterhin eine ganze a Transvestite (1967), pornografische ›Auf- Reihe von Drehbüchern, ab 1965 vor allem klärungsliteratur‹ wie Sexual Practices in für und in enger Zusammenarbeit mit dem Witchcraft and Black Magic (1971) oder A Sexploitationregisseur Stephen C. Apostolof. Study of Fetishes and Fantasies (1973) und Zu den Drehbucharbeiten dieser Zeit gehö- sogar ein ›filmwissenschaftliches‹ Buch, das ren Filme wie orgy of the dead (1965; zweibändige A Study in the Motivation of R: Stephen C. Apostolof), the photogra- Censorship, Sex & The Movies (1973) (Hayes pher (1969; R: Joseph F. Robertson), drop- 2006: 17, 116–121). out wife (1972; R: Stephen C. Apostolof) Das Filmwerk Woods steht an der Gren- oder fugitive girls / 5 loose women ze zwischen den industriellen Formen der (1974; R: Stephen C. Apostolof). klassischen und der neuen Exploitationgen- Am produktivsten arbeitete Wood ab res. Filme wie glen or glenda lassen 1963 jedoch im Bereich der Literatur: Er sich eindeutig im Modus der klassischen schrieb Hunderte von erotischen Kurzge- Exploitation verorten (s. o.). Die Weirdies schichten, die in Zeitschriften oder Sam- der Kelton-Trilogie dagegen versuchen – melbänden herausgegeben wurden. Eine mit mehr oder weniger Erfolg – vom neu- genaue Angabe der Anzahl ist kaum mög- en Markt der Teenploitation zu profitieren, lich, da er – wie in diesem Geschäft üblich verweisen gleichzeitig aber, wie das Gen- – häufig unter verschiedenen Pseudonymen rekapitel zeigen wird, auf ältere Model- veröffentlichte. Die Identifikation seiner Ar- le des klassischen Horrorfilms (vgl. Seite beiten ist sogar zu einem eigenen Teilbereich 89). Mit dem Spätwerk nach 1960 betritt des Fandoms und der Sammlerkultur gewor- Wood das Gebiet der Sexploitation oder den (vgl. Hayes 2006: 136). Wood schrieb gar der Hardcorepornografie und entfernt außerdem über 80 erotische Romane, dar- sich damit weitestgehend von seinen Fil- unter Black Lace Drag (1963) und Death of men der 1950er Jahre. 73 Geschichte Von Alkoholabhängigkeit und sozialem lywood. Viele seiner Crewmitglieder hatten Abstieg gezeichnet, starb Wood am 10. De- bereits in den 1930er Jahren Erfahrung im zember 1978 in North Hollywood an Herz- Low-Budget-Bereich der Traumfabrik ge- versagen. sammelt, sahen sich nun aber gegen Ende ihrer Karriere gezwungen, Jobs in Woods Das Team Wood zwischen altem Filmen anzunehmen. Kameramann Wil- und neuem Hollywood liam C. Thompson (1889–1963) beispiels- weise war seit 1914 in Hollywood tätig, vor Der Kult um die Gestalt Edward D. Woods allem in B-Movies und Aufklärungsfilmen. jr. lenkt die Aufmerksamkeit auf die Figur So führte Thompson in maniac (1934; R: des Regisseurs, wie in der Tradition des Au- Dwain Esper) die Kamera – ebenfalls ein torenfilms üblich. Doch ist Filmproduktion Exploitationfilm, der zum Kultfilm werden stets die Arbeit eines ganzen Teams, ein Team, sollte. Thompson war farbenblind und ver- das trotz wechselnder Produktionsfirmen lor mit zunehmendem Alter seine gesamte und Produzenten eine hohe Stetigkeit auf- Sehkraft (Grey 1995: 99). wies und das, besonders in der Riege der in Bela Lugosi (1882–1956) war der einzige ihrem Look auffälligen Schauspieler Lugo- Star, auf den die Filme Woods zurückgreifen si, Nurmi, Johnson oder Criswell, zu Woods konnten (und dies im Marketing auch taten). Entourage, zu einer »monstrously queer but Der aus Ungarn stammende Schauspieler mit loving family of Hollywood misfits« (Bens- dem markanten Akzent und dem histrioni- hoff 1997: 162) hochstilisiert wurde. schen Darstellungsstil war neben Boris Kar- Die Zusammensetzung seiner Teams loff die Ikone des Universal-Horrorfilms der verdeutlicht die ambivalente Position sei- 1930er Jahre und hatte mit Filmen wie dra- ner Filme zwischen altem und neuem Hol- cula (1931; R: Tod Browning), the black cat (1934; R: Edgar G. Ul- mer) oder son of franken- stein (1939; R: Rowland V. Lee) Weltruhm erlangt. In den 1940ern konnte er je- doch nicht mehr an seine vorherigen Erfolge anknüp- fen und stieg immer weiter in die Tiefen des B-Movies ab. Mit zunehmendem Alter litt Lugosi zudem stark unter Medikamenten- und Morphi- umabhängigkeit und starb 1956 während der Dreh- arbeiten zu plan 9 from outer space (vgl. Bojarski 1980, Lennig 2003). Lyle Talbot (1902–1996) Die Wood-Crew mit William C. Thompson, Harry Thomas, war ebenfalls ein etablier- Tor Johnson und Edward D. Wood jr. beim Dreh von night ter Schauspieler unzähliger of the ghouls B-Movies der Warner Bros. 74 Edward D. Wood jr. im historischen Kontext und Mitbegründer der Screen Actors Guild war eines der seltenen Beispiele, in denen ein in Hollywood. In der Kinoserie Atom Man solcher Neueinstieg von Erfolg gekrönt war. vs. Superman (USA 1950) spielte er den Bö- Kantor hatte für Wood den Schnitt über- sewicht Luthor. Vor allem aber verkörperte nommen und machte in den 1960er Jahren er den Mann des Gesetzes: Commissioner in Filmen wie vixen! (1968; R: Russ Meyer) Gordon in der Serie Batman and Robin (USA oder the projectionist (1971; R: Harry 1949), den Krimi-Kommis- sar oder den Frontier-She- riff. Mit dem Abwandern der Low-Budget-Western und Kinoserien ins Fernse- hen verlagerte auch Talbot seine Aktivitäten mehr und mehr in das neue Medium. Der Wechsel war durchaus von Erfolg gekrönt. Doch seine Filmkarriere war da- mit Mitte der 1950er Jahre weitestgehend beendet. Von den Veteranen des Filmgeschäftes konnte allein der Maskenbildner Harry Thomas (1909–1996) einen zumindest mäßigen Erfolg im Kino der 1950er Jahre verbuchen. Thomas hat- te bereits in den 1930ern Erfahrungen bei MGM ge- sammelt und sollte in den 1950ern die Maske für eine ganze Reihe von Sciencefic- tion- und Horrorfilmen ma- chen, darunter cat-women on the moon (1953; R: Beim Dreh von bride of the monster im Griffith-Park bei Arthur Hilton), project Hollywood moonbase (1953; R: Ri- chard Talmadge) oder the little shop of Hurwitz) eine internationale Karriere als horrors (1960; R: Roger Corman). Filmmusiker und Produzent. Dale Knight, Den bewährten Filmemachern, die sich der bei den Produktionen Woods für den in den 1950er Jahren am Ende ihrer Kino- Ton verantwortlich war, konnten sich da- karriere befanden, standen die Neueinstei- gegen nicht im Filmgeschäft etablieren und ger gegenüber, die mit meist weniger denn war ab den 1960ern von der filmhistorischen mehr Glück versuchten, im Showbiz Fuß zu Bildfläche verschwunden. fassen. Igo Kantor (geb. 1930), ein in Öster- Deutlicher wird dieser Topos, in der reich geborener junger Politikwissenschaftler, Traumfabrik einen festen Stand zu finden, 75 Geschichte vor allem in der Riege der Schauspieler: Ne- benheit bleiben sollte. Tony McCoy bekam ben Talbot und Lugosi stammten auch an- die Hauptrolle in bride of the monster dere Darsteller aus der älteren Generation, nur, weil sein Vater, Donald McCoy, dies als konnten jedoch wesentlich weniger Erfah- Bedingung für die Finanzierung des Films rung im Spielfilm aufweisen. Jeron Criswell formuliert hatte. Tom Mason, der eine klei- King (1907–1982) etwa war als Wahrsager ne Nebenrolle in night of the ghouls in Zeitung, Radio und Fernsehen zu loka- spielte und in plan 9 from outer space lem Ruhm in Hollywood gelangt und be- den während der Dreharbeiten verstorbenen trieb dieses Geschäft nach seinem Ausflug Lugosi ersetzte, war Woods Chiropraktiker. in die Filmwelt Woods auch erfolgreich wei- Und Clancy Malone, der die Rolle des in die ter. Der schwedischstämmige Tor Johnson Kriminalität abrutschenden Sohnes Don in (1903–1971) dagegen war hauptberuflich jail bait übernahm, war eigentlich der Le- Wrestler, hatte aber seit den 1930er Jahren bensmittellieferant für Wood. wiederholt Statistenrollen in verschiedenen Die Zusammensetzung der Teammitglie- Hollywoodproduktionen übernommen. Eine der spiegelt somit die hybride Positionierung Halloweenmaske mit seinen Gesichtszügen, von Woods Filmen zwischen altem und neu- die von den Don-Post-Studios gestaltet wur- em Hollywood wider und verdeutlicht die de, ist bis heute ein bekanntes und beliebtes Dynamiken und Spannungen, die sich im Kinderspielzeug. Systemwechsel weg vom klassischen Stu- Den älteren Schauspielern standen jünge- diosystem ergaben. Sie zeichnen indes auch re Darsteller wie Maila Nurmi (1922–2008), zwei Motive vor, die sich in der Gestaltung Dolores Fuller (1923–2011), Timothy Farell der Heldenfigur Wood im Fandom wieder- (1922–1989) und Paul Marco (1927–2006) finden lassen: der Topos des Abstiegs auf der gegenüber, die allesamt keinen Fuß im Film- einen Seite, verknüpft mit dem Vanitasmo- business fassen konnten. Die gebürtige Finnin tiv, der Wertlosigkeit der Arbeitskraft wie Nurmi hatte mit ihrer Kunstfigur Vampira des Images am Ende einer Karriere; und auf in der Saison 1954/55 eine kurze, aber spek- der anderen Seite das Motiv des Fußfassens takuläre Karriere als Horrorfilmhostess im in Hollywood, die Hoffnung und der En- Fernsehen hingelegt, verließ jedoch in den thusiasmus der zum Scheitern verurteilten 1960ern das Film- und Fernsehgeschäft und Neueinsteiger. Beide Motive hat Wood in eröffnete eine Boutique für Kunsthandwerk. seinen Filmwerken, vor allem aber in seinen Fuller beendete Ende der 1950er Jahre ihre literarischen Werken wiederholt und meist erfolglose Filmkarriere und stieg in die Mu- in kritischer, wenn nicht gar zynischer Wei- sikproduktion der boomenden Country-In- se aufgegriffen (vgl. Seite 161). dustrie ein. Farell, hauptberuflich Gerichts- vollzieher, hatte die Schauspielerei ohnehin Erratische und fragmentarische nur nebenberuflich betrieben und widmete Arbeitsweise sich ab den 1960ern wieder seiner eigent- lichen Karriere bei der Polizei von Los An- Die Zusammenarbeit der Teammitglieder geles. Marco konnte seine Schauspielkarri- gestaltete sich auf Grund der finanziellen ere ebenfalls nicht weiterverfolgen, tauchte Mangelsituation häufig nicht einfach. Mehrere jedoch hier und da noch als Ausstatter in Kommentare von Zeitzeugen berichten auch Hollywood auf. von Konflikten mit der SAG über Bezahlung Wood engagierte auch einige Darstel- und Arbeitszeiten (Grey 1995: 48, 63, 69). ler, für die der Film eine einmalige Bege- Nichtsdestotrotz haben alle Produktionen 76 Edward D. Wood jr. im historischen Kontext der 1950er Jahre das Gewerkschaftssiegel unter dem Titel racket queen schrieb, der American Federation of Labour (AFL). wurde im März 1960 für Headliner Pro- Dies steht deutlich im Gegensatz zu Cor- ductions noch einmal überarbeitet. Darüber mans Anfängen, der laut Aussage von Sam hinaus wurde dem Film eine ganze Sequenz Arkoff mit the beast with a million eyes hinzugefügt: die ›Pizza-Joint Sequence‹ aus (1955; R: David Kramarsky/Roger Corman) der 1956 für Screen Classics begonnenen mindestens einen Film an der Gewerkschaft Produktion rock and roll hell / hell- vorbei gedreht hatte (diFranco 1979: 5). born, die selbst nie vollendet wurde. Der Die Arbeit an Woods Filmen entsprach neu produzierte Film wurde mehrfach um- den oben erwähnten, auf Kostenersparnis benannt und kam schließlich im Dezember zielenden Modi des B-Movies oder des Qui- 1960 als the sinister urge in die Kinos. ckies, erwies sich aber auch darüber hinaus als 1961 drehte Wood nach dem Release noch höchst erratisch: Gedreht wurde nur, wenn eine zusätzliche Szene, die in spätere Fas- wieder ein wenig Geld zur Verfügung stand. sungen des Films eingebaut wurde. Drehgenehmigungen wurden nicht immer Ähnlich kompliziert ist die Fassungsge- eingeholt, Special Effects wurden mit hand- schichte von glen or glenda: Ohnehin werklichen Mitteln aus dem Haushalt oder schon angereichert mit einer auffälligen Men- dem Spielzeugladen improvisiert, Takes wur- ge an Archivmaterial, fügte der Produzent den nur wenige Male wiederholt, die Filme George Weiss (angeblich ohne das Wissen mit Found-Footage aus dem Archiv auf die von Wood) eine Reihe von Filmclips aus äl- benötigte Kinolänge gebracht. Die Arbeits- teren Produktionen hinzu. Der Film wurde weise des Regisseurs und seiner Crew bilden darüber hinaus in mehreren Schnittfassun- einen umfassenden Fundus an Anekdoten, gen auf States-Rights-Basis vertrieben und die die Konstruktion der Starfigur beeinflus- existiert heute unter verschiedenen Titeln sen und ihn als ›Guerillaproduzenten‹ und in Fassungen von 61 bis 74 Minuten (Grey Scharlatan erscheinen lassen. Für bride of 1995: 46). the monster etwa stahl Woods Team ein Krakenmodell aus einem Lager der Republic Die Produktionsfirmen von Pictures (Grey 1995: 66). Für plan 9 from Woods Filmen outer space modellierten sie ohne Erlaubnis einen ganzen Friedhof um (Grey 1995: 78). Zu den Firmen, die Woods Filme produ- Und für denselben Film ließ sich – auf Bitte zierten und finanzierten, gehörten zum ei- der Baptistengemeinde, welche die Gelder nen etablierte Firmen des Classical Exploi- zur Verfügung stellte – sogar ein Großteil tation, zum anderen aber (meist erfolglose) der Filmcrew taufen (Grey 1995: 76). Neugründungen und rein ephemere Kons- Die erratische Arbeitsweise, das wieder- truktionen, die nur um einen Film herum holte Abbrechen und Wiederaufnehmen von aufgebaut wurden. Filmdrehs verkomplizieren den Werkcharak- Screen Classics etwa war eine typische ter der Filme Woods: Mehrere Produktio- Kleinstfirma des klassischen Exploitati- nen kamen über das Drehbuchstadium nicht onmarkts unter dem Produzenten George hinaus. Bei anderen wurden der Dreh zwar Weiss, die zuvor bereits reißerische Auf- begonnen, jedoch nicht weiterverfolgt. Das klärungsfilme wie test tube babies (1948; gedrehte Material konnte aber in zusätzliche R: W. Merle Cornell) produziert hatte. Als Produktionen einfließen. sinister urge, sich um die Jahreswende 1952/53 ein großer für den Wood ein erstes Skript bereits 1959 Presserummel um die Geschlechtsoperati- 77 Geschichte on von George William/Christine Jorgensen im States-Rights-Markt war Reids Firmen- entwickelte, reagierte Weiss als paradigma- gründung nicht von Erfolg gekrönt. Nach tischer Exploitationproduzent: ›Be the first, den beiden Produktionen the violent not the best.‹ Er ließ ein Plakat entwerfen, y ears und the sinister urge verschwand mit dessen Hilfe er den Film, der noch gar Headliner von der Bildfläche. nicht existierte, an lokale Distributoren ver- Die zunehmende Bedeutung, die unab- kaufte. Nachdem Jorgensen, die Weiss zu- hängige Exhibitoren nach dem Paramount- nächst für das Unternehmen zu gewinnen Urteil erlangten, wird in der Firma Howco versuchte, eine Beteiligung abgelehnt hatte, Productions deutlich, die den Film jail bait engagierte er Edward D. Wood jr. für Regie produzierte. J. Francis White, Besitzer der und Hauptrolle. Wood, auch aus persönlichen Consolidated Theaters Kinokette mit 31 Gründen von dem Thema begeistert, holte Häusern in North Carolina, South Carolina den Horrorfilmstar Lugosi ins Projekt, den sowie Virginia, und Joy Houck, Besitzer von er durch seinen Mitbewohner Alex Gordon Joy’s Theaters mit 29 Häusern in Arkansas, kennen gelernt hatte (Lennig 2003: 388), Louisiana und Mississippi, gründeten 1951 und verlagerte den Inhalt des Films von Howco, um den Mangel an preiswertem einem Exploitation-Dokumentarfilm über Filmmaterial, der bei den Kinobetreibern Geschlechtsumwandlungen hin zu einer auf Grund des Einbruchs an B-Produktionen gattungsmäßig kaum fassbaren, fiktionali- entstanden war, durch Eigenproduktionen sierten Abhandlung über Transgender wie auszugleichen (Heffernan 2004: 72). Das Crossdressing. Der Film wurde als glen Unternehmen war mit Filmen wie mesa of or glenda, i led 2 lives, i changed my lost women (1953; R: Ron Ormond, Her- sex, he or she? und vermutlich noch ande- bert Tevos) oder kentucky rifle (1956; ren Titeln landesweit und sogar international R: Carl K. Hittleman) sogar verhältnismä- nach Frankreich, Belgien und Argentinien ßig aktiv und konnte sich bis mindestens in verkauft (Grey 1995: 40-42, 46, 198). die 1970er Jahre als Produzent und Distri- Einen ähnlichen industriellen Hinter- butor halten. grund in der klassischen Exploitation hatte Sind die genannten Firmen sicherlich Woods letzter Film, the sinister urge, am unteren Rand der Poverty Row einzu- der von Roy Reids Firma Headliner pro- sortieren, so hatten sie doch zumindest für duziert wurde. Reid hatte langjährige Er- eine gewisse Zeit Bestand. Auf der anderen fahrung als Roadshow-Distributor von Ex- Seite standen dagegen ephemere Unterneh- ploitationfilmen wie tell your children men und Eigengründungen, die kaum eine (1936; R: Louis J. Gasnier), narcotic einzelne Filmproduktion überlebten. Bereits (1933; R: Dwain Esper) oder mad youth Ende der 1940er Jahre hatte Wood mit John (1939; R: Melville Shyer). (Die Geschichte Crawford Thomas die Firma Wood-Thomas- dieser Firma ist filmhistorisch nicht aufge- Productions gegründet und den Serienpilo- arbeitet. Die hier zitierten Daten stammen ten crossroads of laredo produziert, aus einer Fanrezension von the violent jedoch niemals fertig gestellt (Grey 1995: years, Plambeck 2000). Headliner sollte 25f). Eine weitere, in ihrem Bereich etwas Reids Einstieg in die Filmproduktion bilden. erfolgreichere Firma, Story-Ad Films, kre- Bereits 1956 hatte das Unternehmen the ierte Wood mit Rene Lenoir, Robert Ganon violent years (1956; R: William Mor- und Jack Ganon 1949 zur Produktion von gan) produziert, zu dem Wood das Dreh- Werbefilmen. Zusammen mit Major J. C. buch lieferte. Doch trotz seiner Kontakte Foxworthy schuf er 1957/58 Atomic Pro- 78 Edward D. Wood jr. im historischen Kontext ductions, die seine Einakter final curtain »Ed never started with a budget; he raised (1957) und the night the banshee cried a certain amount of money, and then went (1957) produzierte, sich mit dem Dreh von into production. He’d get this far, and then night of the ghouls (1958) allerdings he’d buy six more cans of film, and pay off finanziell übernahm. Und Reynolds Pictu- Lugosi a little bit, so he could go down to see res, die Gründung des Baptisten J. Edward his chiropodist and pick up his drugs, and Reynolds, konnte ihr Vorhaben, mit plan then they’d work for a while, and then he’d 9 from outer space (1959) so viel Geld run around and get some more money to just zu verdienen, dass sie danach ohne Rück- keep everybody happy, while he kept trying sicht auf den Erfolg an der Kinokasse reli- to finish the film. So, by the time he got fin- giöse Filme produzieren konnte, nicht in die ished with the film, he couldn’t remember Tat umsetzen. Die Dreharbeiten an plan how many bits and pieces of money he got, 9 wurden teurer als gedacht, der Film, der to pay off who, to buy how much film when, schon 1956 begonnen wurde, fand drei Jah- and it was sort of deficit financing.« (Robert re lang keinen Verleih und wurde nicht zu Cremer, Biograph von Bela Lugosi, zit. nach dem Verkaufsschlager, den sich die Baptis- Grey 1995: 70) ten erhofft hatten. Andere Aussagen unterstützen diese Charak- Die Finanzierung von Woods terisierung von Wood als budgetärem Cha- Filmen oten. Kollegen und Freunde erzählen von Aussagen zur Finanzierung der Filme zu ma- chen, ist angesichts der Datenlage äußerst Budgetierung schwierig. Bei solchen, die von Screen Clas- Mimeographing $ 87 sics, Howco oder Headliner Productions pro- Direction $ 2.600 duziert wurden, war das Budget in gewis- Cast $ 3.020 sem Rahmen vom Unternehmen vorgegeben, Studio Rental (3 days) $ 750 aber eben auch abgesichert. Bei denjenigen Sets (6 sets) - fully constructed $ 750 Produktionen, für die eine eigene Firma ge- Set Dressing & Props $ 550 gründet wurde, waren dagegen Investoren Camera Crew & Equipment $ 2.835 nötig, die Wood durchaus mit Kreativität Sound Crew & Equipment $ 660 und Chuzpe zu finden und zu überzeugen Laboratory: verstand. Den Schlachtereibesitzer Donald Raw Stock $ 1.000 McCoy überzeugte er von der Finanzierung Developing & Print $ 2.750 des Films bride of the monster; als Ge- Dubbing $ 750 genleistung verlangte McCoy nur, dass sein Title & Ending, Inserts & Dissolves $ 600 Sohn Tony die Hauptrolle übernehmen wür- Music Score $ 750 de. Und die bereits erwähnte Baptistenge- Editing $ 900 meinde von J. Edward Reynolds finanzierte Audit $ 250 plan 9 from outer space. Doch deutet Insurance, Taxes, Legal $ 400 vieles darauf hin, dass das Budget dieser Fil- Production Supervision Expenses $ 1.500 me häufig aus dem Ruder gelaufen ist. Oh- TOTAL $ 20.152 nehin scheint Wood in seiner Filmarbeit die Überlieferter Budgetentwurf für the Frage der Finanzen äußerst ungeplant ange- sinister urge (1960) von Headliner gangen zu haben: Productions (Grey 1995: 99) 79 Geschichte einzelnen Kosten (Tabelle S. 79). Am höchsten waren die Personalkosten, die auf Grund gewerkschaftlicher Bestimmungen auch kaum weiter gesenkt werden konn- ten. Gerade bei den ersten Filmen sorgte allerdings das Star image Lugosis für zu- sätzliche Belastungen: Für glen or glenda bekam Lugosi für einen Tag Dreh- zeit 1.000$, in bride of the monster zwischen 2.000$ und 5.000$ (Grey 1995: 39f, Lennig 2003). In sinister urge, der ohne Stars auskam, fielen die Personalkosten ent- sprechend niedriger aus. Zweiter großer Betrag des Budgets waren in der Regel die Laborkosten, die auch durch eine Reduktion des Drehverhältnisses nur bis zu einem gewissen Grad verringert werden konnten. Es wundert daher nicht, dass bei mehreren Filmen Woods die Laborkosten die Produktion fast zum Kippen brachten und in einem Fall – night of the ghouls – Poster zu the sinister urge die zeitgenössische Veröf- fentlichung sogar ganz ver- wiederholten Pitchingversuchen bei Klein- hinderten. Reduziert werden konnten die und Kleinstinvestoren oder von Streitigkei- Kosten dagegen im Bereich der Studiomiete ten mit Schauspielern und der Screen Actors und der Ausstattung, indem die Drehzeit auf Guild um die Bezahlung. Bei bride of the wenige Tage beschränkt wurde. monster (dem einzigen Film, der Gewinn Eine Übersicht über die Gesamtkosten abgeworfen zu haben scheint) gab es sogar aller Filme zu gewinnen, ist von noch größe- Zerwürfnisse unter den Investoren, weil ren Ungenauigkeiten behaftet. Wood selbst Wood über 100 % des Gewinns verteilt hat- schreibt in Censorship, Sex and the Movies te (Grey 1995: 53). (1973) im Rückblick: »[I] produced pictures at Ein überlieferter Budgetentwurf für a budget of between forty and sixty thousand the sinister urge zeigt die Verteilung der dollards each« (zit. nach Grey 1995: 136f). 80 Edward D. Wood jr. im historischen Kontext Für glen or glenda und jail bait erwähnt die von den externen Firmen Screen Classics, Grey Gesamtkosten von 26.000$ bzw. 22.000$ Howco und Headliner Productions produziert (Grey 1995: 198, 201), der Budgetentwurf wurden. Die Produktionskosten von plan 9 von the sinister urge setzte die Kosten from outer space dagegen schätzt IMDb auf 20.152$ fest. Dies sind auch die Filme, auf 60.000$, und laut Eigenaussage Woods Produktionskosten creature of the black lagoon (Jack Arnold, Universal International Pictures, USA 1954) 1.300.000 $ (1) it came from outer space (Jack Arnold, Universal International Pictures, USA 1953) 800.000 $ (1) the incredible shrinking man (Jack Arnold, Universal International Pictures, USA 1957) 750.000 $ (1) the house on the haunted hill (William Castle, William Castle Productions, USA 1959) 200.000 $ (1) macabre (William Castle, Susina Productions, USA 1958) 90.000 $ (1) bride of the monster (Edward D. Wood jr., Rolling M. Productions, USA 1955) > 89.000 $ (2) it conquered the world (Roger Corman, Sunset Productions, USA 1956) 80.000 $ (3) attack of the crab monster (Roger Corman, Los Altos Productions, USA 1957) 70.000 $ (3) the undead (Roger Corman, American International Pictures, USA 1957) 60.000 $ (3) plan 9 from outer space (Edward D. Wood jr., Reynolds Pictures, USA 1959) 60.000 $ (1) the beast with a million eyes (David Kramarsky/Roger Corman, San Mateo Prod., USA 1955) < 30.000 $ (4) glen or glenda (Edward D. Wood jr., Screen Classics, USA 1953) 26.000 $ (2) jail bait (Edward D. Wood jr., Howco Productions, USA 1954) 22.000 $ (2) the monster from the ocean floor (Wyott Ordung, Palo Alto Productions, USA 1954) 12.000 $ (3,5) Produktionskosten einiger Sciencefiction- und Horrorfilme der 1950er Jahre (Quellen: [1]: IMDb, [2]: Grey 1995, [3]: Bourgoin 1983: 9, 11, [4]: Dixon 2006, [5]: diFranco 1979: 5f) 81 Geschichte überstiegen sie für bride of the monster from the ocean floor (1954; R: Wyott Or- sogar 89.000$ (Grey 1995: 63). Die Zahlen, dung) kostete gerade einmal 12.000$, konnte so vorsichtig man sie behandeln sollte, deu- an den Kinokassen aber 110.000$ einspielen ten zumindest darauf hin, dass Wood in den (Bourgoin 1983: 9). Und teenagers from Fällen, in denen eine Neugründung oder gar outer space (1959; R: Tom Graeff) wurde eine eigene Firma die Produktion übernahm, laut der bislang nur auf ihrer Webseite pub- das Budget für seine Filme tendenziell höher lizierten Nachforschung der Dokumentarfil- ansetzte und den Bereich der B-Movies und mer Elle Schneider und Will Campos für ca. Teenploitation betrat, während er in den an- 14.000$ abgedreht und für 28.000$ an War- deren Fällen im minimalen Finanzrahmen der ner Bros. verkauft, die mit dem Vertrieb des klassischen Exploitation oder der Quickies des Filmes wiederum etwa 1,8 Mio. $ verdienten klassischen Hollywoods verblieb. (Attention Soldier! Productions 2010). Zwar Vergleicht man die Produktionskosten waren derartige Überraschungserfolge sicher- von Woods Werk mit anderen Low-Budget- lich die Ausnahme, doch machte die geringe Filmen der 1950er, so ergibt sich ein ähn- Höhe der Investitionen solche Spekulationen liches Bild. Das sicherlich unvollständige durchaus attraktiv und erklärt die Tatsache, Feld der Weirdies und Horrorfilme in der dass Wood die finanzielle Unterstützung ei- Tabelle (S. 81) weist zum einen Big-Budget- nes Schlachters oder einer Baptistengemein- Produktionen mit einem Finanzrahmen weit de für sich gewinnen konnte. über 200.000$ auf. Eine zweite Gruppe von Eine These, die hier allerdings nur als Ver- Filmen belegt ein Mittelfeld, das in etwa mutung geäußert werden kann, könnte das den Produktionsrahmen des klassischen B- Interesse von Mittelstand und Kleininvestoren Movies abbildet, mit Budgets von 50.000$ für das Filmgeschäft noch weiter erklären: Im bis 100.000$. Ein drittes Feld schließlich Geschäftsmodell des frühen amerikanischen entspricht den Quickies und Produktionen Fernsehens wurden Sendungen von einem der Classical Exploitation, mit Budgets von einzigen Werbesponsor finanziert, statt dass 10.000$ bis 30.000$. Es fällt jedoch auf, dass der Werbeblock auf mehrere Sponsoren bzw. Filme, die im weiteren Verlauf der Rezep- Werbeträger aufgeteilt wurde (Boddy 1993). tionsgeschichte als Trashkult eine größere Damit war ein Kooperationsmodell zwischen Verbreitung erfahren durften, tendenziell Privatwirtschaft und Unterhaltungsindust rie den ersten beiden Gruppen zugehören. Ro- entstanden, das auch auf den Kinomarkt aus- ger Corman produzierte nach seinen frühen gestrahlt und zumindest als Vorbild für die Anfängen meist mit einem Budget um die genannten Finanzierungsmodelle gedient ha- 100.000$ (Dixon 2006). Jack Arnold war als ben könnte. Eine ökonomisch und filmhisto- Filmemacher von Universal gar mit dem Fi- risch abgesicherte Begründung dieser Vermu- nanzrahmen eines etablierten Studios geseg- tung ist gleichwohl das Thema einer noch zu net. Filme aus der untersten Kategorie schei- schreibenden Arbeit. nen dagegen eher selten eine Neurezeption im Trash gefunden zu haben – mit glen or Ed Wood im Kontext der 1950er glenda als einer großen Ausnahme. Der Staffelung der Budgets entspricht Die Traumfabrik der 1950er Jahre befand eine des Investitionsrisikos. Zeitgenössische sich in einer Zeit des Übergangs und damit Beispiele zeigen, dass sich hochriskante Inves- auch der Ungleichzeitigkeiten. Strukturen titionen durchaus lohnen konnten. Der von des klassischen Hollywoods und der Clas- Roger Corman produzierte Film monster sical Exploitation existierten neben solchen 82 Verleih und Vertrieb in Kino und Fernsehen des neuen postklassischen Kinosystems. Die bevor sie in Woods Kinoproduktionen mit- Zusammenarbeit Woods mit Screen Clas- arbeiteten. Das Fernsehen tritt im Zusam- sics oder Headliner Productions in glen or menhang mit Woods Filmen aber vor allem glenda oder the sinister urge fand noch als möglicher oder tatsächlicher Absatzmarkt weitestgehend nach dem Schema der klassi- auf. Woods Serienpiloten waren genauso wie schen Exploitation oder des Quickies statt, der Direktverkauf seiner Filme ans Fernse- mit minimalem Budget um die 20.000$, hen in den 1950er Jahren noch gescheitert. Distribution auf States-Rights-Basis, Mar- In den 1960ern sollte das Fernsehen jedoch keting mit einem einzelnen, klar definier- die Filme übernehmen, bewahren und für ten Aufhänger und einer flexiblen Auffas- eine neue Generation von Rezipienten auf- sung des Werkbegriffs. Die eigenständigen bereiten. Produktionen von bride of the monster Doch wie kam es dazu, dass Wood Filme, bis plan 9 from outer space lehnten sich die später als schlechteste Filme der Kino- demgegenüber an das Independent-Schema geschichte ein Fanpublikum finden sollten, des neuen Low-Budget-Films an. Ihr Bud- produzieren konnte? Die Auflösung der ver- get lag zwischen 60.000$ und 80.000$, der tikalen Integration nach dem Paramount-Ur- Verleih erfolgte über bundesweite Distribu- teil, das Verbot des Blockbuchens und der toren, führte aber zu der Notwendigkeit, ei- Ausstieg der Majors aus der Produktion von nen solchen Distributor überhaupt erst zu B-Filmen führte für eine gewisse Zeit zu ei- finden und dann entsprechend an etwaigen nem Mangel an billigem Spielfilmmaterial. Gewinnen zu beteiligen. Die Double Bill war auch in den 1950ern wei- Der Production Code und die damit ver- terhin ein beliebtes Mittel der Kinobetreiber bundenen Diskurse spielte für Woods Werk gerade schwächerer Kinos, das schwinden- allerdings nur eine geringe Rolle. Seine klas- de Publikum anzulocken. Der Goldrausch sischen Exploitation-Filme kümmerte das auf dem Fernsehproduktionsmarkt verlief Siegel der PCA ohnehin kaum, da sie über zwar unabhängig zu den Entwicklungen im eigene Distributionskanäle verfügten, für die Kino, deutete jedoch auf Verschiebungen eine Zustimmung der industrieinternen Zen- und Umwälzungen im Entertainmentbusi- sur nicht notwendig war. Und die Weirdies ness hin, die auch kleineren Unternehmen der neuen Teenploitation sublimierten Sex eine Chance bot. Dass nicht alle Firmen allenfalls auf eine symbolische Ebene und diese Chance so weit nutzen konnten, sich waren durch den Code nicht eingeschränkt. dauerhaft auf dem Markt zu etablieren, ist Allein das Spätwerk Woods in den 1960er die Kehrseite dieses Wandels. und 70er Jahren, die erotische Literatur und die Soft- und Hardcorepornos, machten sich die Lockerung und schließlich Abschaffung Verleih und Vertrieb in des Production Codes und den gleichzeiti- Kino und Fernsehen gen Aufstieg eines pornografischen Dispo- sitivs zu Nutze. Der zeitgenössische Verleih von Woods Fil- Zum Fernsehen bestanden reichliche men hing stark von den Möglichkeiten und Verbindungen auf persönlicher Ebene. Die dem Status der jeweiligen Produktionsfirma Abwanderung des B-Westerns zog alte Ve- ab. Die Exploitationfirmen Screen Classics teranen wie Lyle Talbot mit ins neue Medi- und Headliner Productions konnten ihre um. Andere Neueinsteiger wie Maila Nurmi personellen Kontakte in der States-Rights- machten ihre ersten Schritte im Fernsehen, Distribution nutzen. Im Falle von Screen 83 Geschichte Classics glen or glenda waren die Rechte 102f). Und im Falle von plan 9 from ou- sogar bereits verkauft, bevor der Film über- ter space dauerte es drei Jahre, bis mit Hal haupt produziert wurde. Roachs Distributors Corporation of America Howco hatte vermutlich ebenfalls kei- ein Verleih gefunden war. ne Schwierigkeiten, ihren Film jail bait Inwieweit die Filme durch die jeweilige zu vertreiben. Die Firma war schließlich lokale und staatliche Zensur gekommen sind, eine Gründung von Exhibitoren, eine Plat- lässt sich am Beispiel der Zensurbehörde zierung in den Südstaaten der USA damit des Staates New York erläutern. Die Moti- zumindest abgesichert. Dass ein gesicher- on Picture Commission des Bundesstaates, ter Absatz nicht unbedingt Edward Wood die 1921 gegründet wurde, war seit 1926 zugutekam, verdeutlicht eine – wenngleich dem State Education Department in Albany voreingenommene – Aussage von Howcos untergeordnet (Andress n. d.). Allein glen Konkurrenten George Weiss: or glenda hatte Probleme mit der Zensur. Der Film wurde in der ersten Fassung 1953 »They really took him on jailbait. Howco. nicht zugelassen (Flick 27.4.1953, State of They were down in Texas. They were sup- New York 28.5.1953), mit dem Hinweis, posed to share the film in distribution prof- dass der Film »indecent« und »immoral« sei its, and he never got a quarter. I should think (Flick 2.6.1953). Nachdem der Verleiher it was kind of his fault for not collecting. Nathan C. Braunstein jedoch eine Szene Because Joy Houck [Teilhaber von Howco, hatte herausschneiden lassen, in der Glen- Anm. DK] had about 80, 90 theatres through- da von einem Homosexuellen angesprochen out Texas and Louisiana, and I didn’t think wurde, sowie eine Voice-over geändert hat- that they were kind of rooby-dooby, to use te, die direkt auf die Unterscheidung von a N.Y. expression.« (George Weiss, zit. nach Homosexualität und Cross-Dressing ein- Grey 1995: 50f) ging (Braunstein 14.11.1956), wurde der Film 1956 für New York zugelassen (State Andere Filme hatten bei der Distribution of New York 29.11.1956). Noch 1964 plan- wesentlich größere Probleme. Die Atomic te die American Film Distributing Corp., Production night of the ghouls blieb im die nach Braunsteins Tod die Filmrechte Labor, da die Firma die Entwicklungskosten für New York übernommen hatte, den Film nicht mehr bezahlen konnte. Obwohl im Ap- unter dem Titel i changed my sex in die ril 1959 eine vierseitige Vorankündigung in Kinos zu bringen (Joe Stern 6.2.1964). der Horrorzeitschrift Famous Monsters ab- jail bait, bride of the monster und gedruckt wurde (Grey 1995: 8) und 1960 plan 9 from outer space dagegen wur- auch in Monsters of Filmland # 7 noch ein den von der Staatsbehörde ohne weitere von Wood geschriebener Artikel erschien, Verzögerung zugelassen (State of New York kam der Film in den 1950ern niemals in die 2.9.1954, State of New York 23.12.1955, Kinos. Erst 1982 bezahlte der Sammler und State of New York 30.7.1957). Selbst the Exhibitor Wade Williams die Laborrechnung sinister urge fand sofort eine Zulassung und präsentierte den Film der Öffentlichkeit. (State of New York 18.4.1961), wenngleich bride of the monster blieb ebenfalls im der Vorsitzende des Boards die Verleiher Labor stecken, bis Wood die Rechte an den warnte, die Werbung nicht allzu suggestiv Anwalt Sam Arkoff, den späteren Mitgrün- zu gestalten (Pesce 18.4.1961). der von American International Pictures, Neben der Kinodistribution stand Spiel- verkaufte (Fuller 2009: 114, Craig 2009: filmen in den 1950er Jahren zunehmend 84 Verleih und Vertrieb in Kino und Fernsehen auch das Fernsehen als Absatzmarkt offen. auswertung bedeuten: AIP hatte sich in ih- In mindestens einem Fall scheint Wood ver- rem Vertrag mit dem Fernsehen die weite- sucht zu haben, seine Spielfilme direkt ans re Nutzung der Kinorechte abgesichert und Fernsehen zu verkaufen: konnte noch im Mai 1966 bride of the monster im Doppelpack mit der Komö- »Am seeing Corridine at KTTV again to- die who’s minding the store (1963; R: morrow about the picture [night of the Frank Tashlin) in einem Kino in Philadelphia ghouls, Anm. DK]. He has been talking präsentieren (Heffernan 2004: 212). Doch for over a week – but nothing definite as yet. wie Greys Zitat zeigt, scheint der Erstkon- He’s got the cash if he decides to go ahead – takt einer ganzen Generation von Ed-Wood- he also has a picture which this one would Fans primär über das Fernsehen gelaufen zu go with for a double bill.« (Brief von Edward sein (vgl. auch Grey 1995: 121). D. Wood jr. an Anthony Cardoza, 2.8.1959, Inwieweit der Regisseur von diesen Ver- zit. nach Grey 1995: 94) öffentlichungen wirtschaftlich profitiert hat, ist ungeklärt. Woods mangelndes Fi- Das Zitat lässt offen, ob bei diesem Deal, nanzgeschick, das sich aus den erwähnten der nicht zu Stande kam, eine Kinoverwer- Beispielen herausschält, und seine finan- tung, eine Fernsehverwertung oder beides zielle Situation in den 1960er Jahren lässt intendiert war. Eine direkte Verwertung sei- die Vermutung entstehen, dass er sich ge- ner Filme im Fernsehen blieb Wood in den genüber den Produktionsfirmen und/oder 1950ern verschlossen. Distributoren keine gute Position sichern Doch bereits im darauffolgenden Jahr- konnte. Wood schrieb andererseits in den zehnt konnten eine ganze Reihe seiner Fil- 1960ern diverse Artikel in Horrorfanzi- me im Fernsehen gezeigt werden und so nes und -zeitschriften, um seine Filme eine breitere Öffentlichkeit erreichen. 1960 zu bewerben – so etwa in Monster World etwa kaufte die Firma Flamingo die Rechte #5 (1965) über bride of the monster an einer Gruppe von DCA-Titeln, darun- (Hayes 2006: 90) – was darauf hindeutet, ter plan 9 from outer space, um sie ans dass er noch ein gewisses ästhetisch oder Fernsehen weiter zu verkaufen (Heffernan finanziell motiviertes Interesse an ihrem 2004:161). Dasselbe Paket meint vermut- Vertrieb hatte. lich auch Grey, wenn er aus eigener Erfah- Die Fernsehausstrahlungen im Mitter- rung beschreibt: nachtsprogramm der 1960er und 70er Jahre bereiteten den Boden für das Revival der »In 1961, WPIX-11, an independent New Wood-Filme in den Kinos. Im Dezember York television station bought a package of 1978 begann das Thalia-Theater in New then recent horror and science fiction mov- York mit Freitag-Mitternachts-Screenings ies. Included in this group were two by Ed- von glen or glenda (Grey 1995: 9; Ste- ward D. Wood, Jr.: bride of the monster venson 2003a: 50), der zuvor weitestgehend (1955) and plan 9 from outer space von der Bildfläche verschwunden war. Die (released 1959). For over five years these Veröffentlichung der Turkey Awards von two films played about every seven weeks.« Harry und Michael Medved 1980 bildete (Grey 1995:8) schließlich die Initialzündung für die Wie- derentdeckung Woods in Universitätski- Der Verkauf ans Fernsehen musste nicht nos und Mitternachtsvorstellungen (Ste- notwendigerweise ein Ende für die Kino- venson 2003a). 85 Geschichte Recht bald wurde das Revival auch groß- Im Zuge der Digitalisierung der Kom- formatig aufgezogen. Wade Williams bezahl- munikationswege ist zunehmend das Co- te 1982 die Laborrechnung, welche in den pyright in den Blickpunkt des Interesses 1950ern die Veröffentlichung von night of geraten. Die Rechtelage der Filme war und the ghouls verhindert hatte, und brach- ist bis heute weitestgehend ungeklärt. Das te die drei Filme der Kelton-Trilogie, bride amerikanische Urheberrecht sah lange Zeit of the monster, night of the ghouls vor, dass der Rechtsanspruch auf einen Film und plan 9 from outer space mit neu- nach 28 Jahren verlängert werden musste. en Kopien in die Kinos. Paramount Pictures Filme, die zwischen 1923 und 1963 ver- versuchte sich 1982 mit einer Wiederauflage öffentlicht wurden, bei denen der Antrag von glen or glenda, blieb damit aber wei- auf Verlängerung des Copyrights jedoch testgehend erfolglos (Craig 2009: 68). nicht gestellt wurde, gingen daher nach Zu Edward D. Wood entstanden bereits Ablauf der 28 Jahre in die Public Domain in den 1980ern einige Film- und Fernseh- über (Fishman 2010: 175). Dies gilt für dokumentationen: In dem von Paramount eine ganze Reihe von B-Movies – vor allem produzierten it came from hollywood dann, wenn die Produktionsfirmen, welche (1982; R: Malcolm Leo, Andrew Solt), der die Rechte hielten, längst vom Markt ver- sich dem schlechten Film im Allgemeinen schwunden waren – aber selbst für einige verschreibt, ist Edward D. Wood ein gan- Großproduktionen, deren Verlängerung zer Abschnitt gewidmet. Die Folge 2.4 der versäumt wurde. Dokumentationsserie The Incredibly Stran- Ein solcher Fall liegt vermutlich bei ge Film Show (USA 1989) vom 13. Oktober jail bait vor, der 1954 angemeldet, jedoch 1989 beschäftigt sich ebenfalls mit dem Fil- niemals verlängert wurde. Komplizierter memacher. scheint es bei plan 9 from outer space Die Veröffentlichung des Biopics ed zu sein, den das Internet Archive (www. wood (1994; R: Tim Burton) gab dem archive.org) zum Beispiel als Teil der Pub- Fandom um den Filmemacher einen neu- lic Domain behandelt und auch zum kos- en Schub und ermöglichte es so weiteren tenlosen Download zur Verfügung stellt. Publikumsschichten, einen Einblick in sein In einem Blogeintrag auf der Seite des In- Werk zu bekommen. 1995 zeigte das Film- ternet Archive begründet dies der Fan und fest München die Filme Edward D. Woods Sammler Shane Sullivan zum einen durch als Werkschau in Verbindung mit Burtons Formfehler beim Antrag, den Wade Wil- Biopic (Fuller 2009: 225) und propagierte liams 1986 zur Verlängerung des Copyrights so das Schaffen des Trashfilmers in Europa. eingereicht hatte. Zum anderen hatte Wil- Im selben Zeitraum erschienen zwei Do- liams dem Antrag Verzichtserklärungen von kumentationen: ed wood: look back in Parteien beigelegt, die keinerlei Rechte an angora (1994; R: Ted Newsom) und the dem Film besaßen, wie etwa Kathy Wood haunted world of edward d. wood, oder Woods erste Ehefrau, Norma McCar- jr. (1995; R: Brett Thompson). 1996 ver- ty. Die eigentlichen Erben wären aber, laut öffentlichte Dolores Fuller eine mit neuer Sullivan, die Firmen James Flocker Enter- Musik unterlegte Version des unveröffent- prises, Gold Key Video, Vidtronics oder licht gebliebenen Erstlings, crossroads Medallion Pictures gewesen (Sullivan 2010). of laredo (Fuller 2009: 231–324). Und Inwieweit diese Schlussfolgerung rechtens 2006 brachte Legend Films gar eine kolo- ist, kann im Rahmen dieser Arbeit nicht rierte Fassung von plan 9 heraus. geklärt werden. 86 Verleih und Vertrieb in Kino und Fernsehen Die unsichere Rechtslage der Filme ist ohne Abklärung von Nutzungsrechten von erst im Zeitalter des Internets und seinen kleineren Firmen wie Rhino, Something Urheberrechtsdiskursen zum öffentlichen Weird Video oder Sinister Cinema von al- Diskussionspunkt geworden. Sie hat nicht ten 16mm-Kopien der Fernsehfassungen auf verhindert, dass alle Filme Woods aus den Video übertragen und so auf den Markt ge- 1950er Jahren auf VHS und später auf DVD bracht werden (Heffernan 2004: 225). Die erschienen sind. Für ein bestimmtes Seg- komplizierte juristische Lage hat die Mög- ment dürfte die Rechtslage eine Veröffent- lichkeit von Neuauflagen, Adaptionen und lichung gar begünstigt haben: Im Gegensatz Verfilmungen vermutlich sogar eher geför- zu bekannteren Filmen, bei denen Mitte der dert: So wurde plan 9 1995 als Musical pro- 1980er noch das Recht bei größeren Verlei- duziert (Everett 1995); und Woods Novelle hern lag, konnten die seltensten, obskursten Devil Girls (1967) ist unter demselben Titel und verloren geglaubten Produktionen, wie als Independent-Produktion verfilmt worden zum Beispiel Woods the sinister urge, (1999; R: Andre Perkowski). q 87 Genre Genre Während das vorangehende Kapitel das tende Urteile als Exploitation, Kitsch oder Werk Ed Woods mit den Möglichkei- Müll nie weit. Der exzessive Rückgriff auf ten und Entwicklungen des industriellen Dis- Stereotype verweise solchen Urteilen zufolge positivs in Verbindung gebracht hat, soll das auf eine vermeintliche Unterstrukturiertheit folgende seine Filme in einen stilistischen des Filmtextes, auf die Ununterscheidbar- Kontext stellen. Vom Horror der Kelton- keit und fehlende Produktdifferenzierung zu Trilogie bis hin zu den sexuell aufgeladenen Konkurrenzprodukten, mit anderen Worten, Krimis sind es allesamt Genrefilme. Sie be- auf die Müllhaftigkeit des billigen Genre- dienen sich konventionalisierter Muster und films. Wood ist also bereits dadurch in die Bilder, greifen, mit anderen Worten, auf ein Nähe von Müll zu rücken, weil er exzessiv semantisches wie syntaktisches Archiv an mit Stereotypen und Mustern des jeweili- Stereotypen zurück. gen Genres arbeitet. Unabhängig davon, ob man den Begriff des Was Woods Filme noch markanter als Genres als Fabrikationsanleitung, als formale Müll erscheinen lässt, ist ihre Nähe zu ei- Struktur, als Label oder als Interpretationsan- ner bestimmten Sorte von Genres, die auf weisung und Zuschauervertrag begreift, un- Grund ihres deutlichen Bezugs auf den Kör- geachtet dessen also, ob man den Ursprung per – sowohl den dargestellten wie den der auf der Ebene der Produktion, der Formal- Zuschauer – in einer rationalistischen und/ ästhetik, des Marketings oder der Rezeption oder körperfeindlichen Werteskala als kul- sucht, ist es stets die Repetitivität, die als cha- turell minderwertig gewertet werden. Linda rakteristische Eigenschaft von Genres gese- Williams hat gerade in Pornografie, Horror- hen wird (Altman 1999: 14, 25, Grant 2003: film und Schmachtfetzen die Hauptvertre- xv). Das Formelhafte und der Rückgriff auf ter solcher Body Genres gefunden (Williams Stereotype oder Schemata machen zwar die 1999). Mit der Kelton-Trilogie fallen bereits Dialektik von Wiederholung und Innovation, drei von Woods Filmen in die Kategorie des von Wiedererkennen und Überraschung erst Horrors und damit in eines von Williams Kör- möglich, welche die Grundlage von Genre- pergenres. Doch auch andere seiner Filme konventionen bildet (vgl. Schweinitz 2006: weisen in ihrer erotischen Aufladung einen 84, 98). Doch sind Stereotype im Verlaufe deutlichen Körperbezug auf und lassen sich der Geschichte der Film- und Kulturkritik durchaus in einer erweiterten Auffassung immer auch beliebte Ansatzpunkte gewesen, von Körpergenres ansiedeln. um dem populären Kino vermeintliche kultu- Ein dritter Faktor, der für den Müllcha- relle und ästhetische Fehlentwicklungen zu rakter von Woods Werk verantwortlich ist, attestieren (Schweinitz 2006: 98). findet sich in der Tatsache, dass seine Filme Gerade bei denjenigen Genrefilmen, bei zwar ihrem Exploitationcharakter gemäß denen die Dynamik zwischen Innovation und stets tief in die Historie des Genres und ih- Wiederholung sich in Richtung des Stereo- ren Zyklen verstrickt sind, dass gleichzeitig typs und Klischees verschiebt, sind abwer- aber häufig der Eindruck entsteht, dass sie 88 Vom klassischen Horror zum Weirdie ein wenig zu spät kommen. Woods Filme, Der klassische Horrorfilm und so wird dieses Kapitel zeigen, orientieren seine Wurzeln sich meist mehr an den Zyklen der 1930er und 40er Jahre, als an den Entwicklungen bride of the monster greift auf stereo- der 1950er, und beinhalten damit stets ein type Handlungsmuster und Bilder zurück, Element des Vergänglichen und Nicht-Zeit- die im Hollywood der 1950er Jahre bereits gemäßen. Von vornherein wohnt ihnen ein fester Bestandteil des Horrorgenres waren nostalgisches Moment inne, das sich vom und auf eine zwanzigjährige Tradition zurück- postmodernen »nostalgia for the present« blicken konnten. Der klassische Horrorfilm, (Jameson 2003) aber deutlich unterscheidet. der sich in den 1930er und 40er Jahren vor Während der Nostalgiefilm der 1970er und allem im Umfeld von Universal entwickel- 80er Jahre, wie etwa american grafitti te, hatte eine Entwicklung fortgesetzt, die (1973; R: George Lucas), die Kindheit der schon Anfang des 19. Jahrhunderts in der Babyboomer stilisiert und sie – zumindest englischen Gothic Novel, im französischen vordergründig – als authentische Realität Roman noir und in der deutschen Schau- heraufbeschwört, artikulieren Woods Filme erromantik begonnen hatte und Teil einer gar nicht erst irgendeinen Authentizitätsan- größeren literarischen Erzähltradition der spruch, sondern erinnern sich nur an eine Fantastik war (vgl. Lovecraft 1973, Todorov explizit mediale Vergangenheit von Mons- 1975, Durst 2010: 29). tergeschichten und Horrorfilmen. Die literarische Tradition des 19. Jahr- hunderts schuf einen bis heute maßgeblichen ikonografischen Katalog des Horrors – von Vom klassischen Horror Friedhof und Krypta über das Landhaus auf zum Weirdie dem Hügel bis hin zu verwesenden Leichen und ätherischen Dämonen – und entwickelte Doktor Eric Vornoff, der Bösewicht in Woods mit Mary Shelleys Frankenstein, or, The Mo- bride of the monster (1956), lebt abge- dern Prometheus (1818), Robert Louis Ste- schieden in einem Sumpf in der amerikani- vensons The Strange Case of Dr. Jekyll and schen Provinz und widmet sich erfolglos der Mr. Hyde (1886) und Bram Stokers Dracula Züchtung »atomarer Supermenschen«. Bei (1897) das inzwischen mythologische Figu- der Suche nach Opfern für seine tödlichen renarsenal des Horrors, aus dem das Kino Versuche wird er von seinem voluminösen, sich bedienen konnte (Worland 2007: 30). stummen Assistenten Lobo wie von einem Dass die Diskussion einer etwaigen Unter- gigantischen Monsterkraken unterstützt. Da scheidbarkeit von Horror und Sciencefiction, die Polizei der benachbarten Kleinstadt den welche die heutigen Debatten prägt, damals Geschichten über das Monster im Sumpf kei- noch keine Rolle gespielt hat, zeigt der flie- nen Glauben schenken will, macht sich die ßende Übergang zwischen beiden Modi, Reporterin Janet Lawton allein auf den Weg der um die Jahrhundertwende gar noch ein zu Vornoff, um die Geschehnisse zu klären, eigenes literarisches Genre der Weird Tale wird von diesem jedoch überwältigt. Lawtons (Lovecraft 1973: 60–75) ausgebildet hat- Verlobter, der Polizist Dick Craig, versucht te. Ja, selbst das gleichnamige Pulpmagazin sie zu retten, scheitert aber kläglich. Erst Weird Tales (1923–1954) versammelte in mit Hilfe von Lobo, der sich gegen seinen seinen Heften noch bis in die 1950er Jahre Meister auflehnt, gelingt es den Polizisten hinein Geister- und Gruselgeschichten wie um Craig, Vornoff zu bezwingen. Sciencefiction im gleichen Heft. 89 Genre Eine zweite Wurzel des klassischen Hor- aus dem Umfeld der Universal-Studios eta- rorfilms in Hollywood findet sich im po- blierten auch Bela Lugosi und Boris Karloff pulären Theater und Karneval: Zum einen als die beiden paradigmatischen Darsteller besaß der Broadway bereits eine langjähri- des Genres. Produziert in der technischen ge Tradition von Horror Plays, die so weit Übergangsphase der frühen 1930er und da- gediehen war, dass sie als Hintergrundfo- mit offen für Experimente mit dem neuen lie für Anspielungen und Parodien dienen Medium Tonfilm, kennzeichnet diese Hor- konnte (Hardy 1995: ix). Es wundert daher rorfilme zudem eine eigene, schaurige Qua- auch nicht, dass es die Theaterversionen von lität. Die Filme spielen die Körperlichkeit Dracula und Frankenstein waren, die als der Figuren des Stummfilmes und die des Vorlage für die Filme dienten, und nicht die Tonfilmes gegeneinander aus und konstru- literarischen Werke von Shelley und Stoker ieren den Figuren durch dieses Oszillieren (Hardy 1995: ix). Zum anderen hatten Zir- einen unheimlichen, an- wie abwesenden kus und Karneval mit der Freakshow ein Körper (Spadoni 2007: 6f). Unterhaltungsformat kreiert, welches mit Bereits in diesem Zyklus knüpften Se- der tabuisierten Darstellungsmöglichkei- quels wie bride of frankenstein (1935; R: ten grotesker Körperlichkeit spielte (Skal James Whale) oder dracula’s daughter 1993). In Paris war mit dem Grand Guignol (1936; R: Lambert Hillyer) an die Erfolge der gar eine Theaterform entstanden, die neue, ersten Filme an. Ein zweiter Zyklus begann blutige Formen des Makabren entwickelte, 1938 mit der Wiederaufführung von dra- deren viszerale Sichtbarkeiten aber erst mit cula und frankenstein als Double Bill dem Gorefilm der 1960er Jahre einen fes- (Balio 1993: 309). Doch mit Ausnahme von ten Platz im Horror-Kino fanden (Gordon the wolf man (1941; R: George Waggner), 1997: 40–43, Worland 2007: 36). der nicht nur eine neue Figur, sondern mit Der klassische Horrorfilm der 1930er Lon Chaney jr. auch einen neuen Star ein- und 40er Jahre griff nicht nur diese lite- führte, beschränkte sich dieser Zyklus auf rarischen wie dramatischen Vorläufer auf. die Wiederverwertung des Figurenkatalogs in Vielmehr konnte auch an eine amerikanische Anschlussfilmen oder in Rekombinationsfil- Horrortradition des Stummfilms anschlie- men wie frankenstein meets the wolf ßen (Conrich 2004) und war zudem direkt man (1940; R: Roy William Neill), house oder indirekt vom Weimarer Expressionis- of frankenstein (1944; R: Erle C. Kenton) mus der 1920er Jahre und den europäischen oder house of dracula (1945; R: Erle C. Horrorfilmtraditionen beeinflusst (Tybjerg Kenton), welche die verschiedenen Figuren 2004, Tudor 1989: 27,162). aufeinandertreffen ließen (Neale 2000: 95). Der erste Zyklus an Filmen der Ton- Allenfalls als Abstecher aus dem Kanon ent- filmzeit brachte mit dracula (1931; R: wickelte das Team um den Produzenten Val Tod Browning), frankenstein (1931; R: Lewton bei RKO mit Filmen wie cat peop- James Whale), dr. jekyll and mr. hyde le (1942; R: Jacques Tourneur) oder isle of (1931; R: Rouben Mamoulian), the mum- the dead (1945; R: Mark Robson) einen er- my (1933; R: Karl Freund), the invisible wachseneren, psychologischeren Horrorfilm, man (1933; R: James Whale) und king der jedoch für die weitere Entwicklung des kong (1933; R: Merian C. Cooper, Ernest Genres weitestgehend bedeutungslos blieb B. Schoedsack) innerhalb weniger Jahre das (Neale 2000: 95). Grundarsenal an Figuren ins Spiel, das später Woods bride of the monster hat we- nur noch variiert werden musste. Die Filme sentlich mehr mit der Tradition des klassi- 90 Vom klassischen Horror zum Weirdie schen Horrors der 1930er und 40er gemein, als mit den Trends, die das Genre in den 1950er Jahre erfassten. Das Figurenreper- toire mitsamt dem obsessiven, isolierten Wis- senschaftler, dem krüppeligen Assistenten, dem jungen, heterosexuellen Pärchen und den aus dem kleinbürgerlichen Umfeld er- wachsenden Autoritätsfiguren war spätestens seit frankenstein steter Bestandteil jedes Mad-Scientist-Films (Tudor 1989: 29). Das verwunschene Landhaus mit seinen Geheim- türen und versteckten Gängen war schon in der Literatur des 19. Jahrhunderts fest frankenstein (1910), eine der ersten etabliert (Humphries 2002: 9). Auch der Verfilmungen des Stoffes, verankert den Topos der Hypnose war seit das cabinet verrückten Wissenschaftler noch ganz in der des dr. caligari (1920; R: Robert Wiene) ikonografischen Welt des Alchemischen regelmäßig wiederkehrender Bestandteil des Genres. Ja, selbst die Figur der Reporterin, die sich als Detektivin um Aufklärung des Mysteriums bemüht, war seit der Warner- Produktion mystery at the wax muse- um (1933; R: Michael Curtiz) im Horrorfilm nicht unbekannt. bride of the monster und der verrückte Wissenschaftler Paradigmatisch für den klassischen ameri- kanischen Horrorfilm der 1930er und 40er Der verrückte Wissenschaftler in the Jahre ist die Figur des verrückten Wissen- corpse vanishes (1942) ist, ähnlich wie die schaftlers. Der transgressive Gelehrte, der Figur des Dracula, auf die er anspielt, einer auf seiner Suche nach Wissen eine verbotene Blutsymbolik verpflichtet Grenze überschreitet, das Monster entfesselt und so Unglück über die Welt bringt (Hark Wissenschaftler geprägt. Frankenstein kreiert 2004: 303), steht im Zentrum einiger der seinen Homunculus hier nicht aus Leichen- ältesten Mythen der Menschheit und mani- teilen, sondern genuin aus Feuer und Pulver festiert sich im Prometheus-Mythos, dem mitsamt den pyrotechnischen und kinema- Sündenfall, der Legende vom Golem bis tografischen Special Effects der Zeit. hin zu den jüngeren Rezeptionen bei Goe- Im klassischen Horrorfilm der 1930er the, Hoffmann oder Shelley. Die Hauptfigur Jahre verbindet sich dieser Typus mit mo- in der Edison-Produktion frankenstein dernen naturwissenschaftlichen Diskursen (1910; R: J. Searle Dawley), einer älteren der Physik und Medizin sowie mit der neu Verfilmung von Shelleys Werk, ist noch ganz entstandenen Psychoanalyse. Der grenz- durch die in der frühen Neuzeit entwickelte überschreitende, suchende Gelehrte wird alchemistische Symbolik dieses Typus von nun zum verrückten Wissenschaftler, des- 91 Genre sen narzisstische Egomanie ihn selbst zum das er ihnen entnimmt, seine Ehefrau am Le- eigentlichen Monster werden lässt. Damit ben zu erhalten. Dr. Lorenz aus the corpse einher geht auch eine Übersteigerung des vanishes und Dr. Vorloff aus bride of the Typus, weg vom existenzialistischen Im- monster, beide gespielt von Bela Lugosi, sind petus eines Faust, hin zu den machthung- Paradebeispiele des wahnsinnigen, bösen Wis- rigen, wahnsinnigen und abgrundtief bösen senschaftlers, der jegliches Maß an Rationa- Möchtegern-Weltbeherrschern, »characte- lität und Ethik verloren hat. In the corpse rized by a campy excess of villainy« (Hark vanishes wie in bride of the monster 2004: 303). ist es eine Reporterin, die sich über die Igno- Ein Vergleich von bride of the mons- ranz und Frauenfeindlichkeit ihrer Umgebung ter mit dem mehr als ein Jahrzehnt vorher hinwegsetzt und sich um die Aufklärung des von Monogram produzierten the corpse Mysteriums bemüht. In beiden Filmen wird vanishes (1942; R: Wallace Fox) zeigt, wie der verrückte Wissenschaftler von ungestal- sehr bride of the monster die Muster ten, hässlichen Helferfiguren unterstützt, älterer Filme aufgreift oder gar direkt wie- die von ihm gleichwohl brutal misshandelt derholt. In the corpse vanishes entführt werden. Eine Sequenz in bride (33:07) wie- der Mediziner und Mad Scientist Dr. Lorenz derholt sogar bis in die Bildkomposition eine Bräute von ihrer Hochzeit, um mit dem Blut, Stelle aus the corpse vanishes (18:29), Auch in bride of the monster wird der größenwahnsinnige Wissenschaftler von seinem misshandelten Assistenten gestürzt 92 Vom klassischen Horror zum Weirdie in welcher der Wissenschaftler seinen Hel- fer auspeitscht. In beiden Fällen ist es daher auch eine Assistentenfigur, die den Größen- wahnsinnigen zu Fall bringt. Die beiden Filme unterscheiden sich je- doch deutlich hinsichtlich ihrer Genderkon- stellation: In the corpse vanishes ist die Reporterin Patricia Hunter die eigentliche Hauptfigur. Zwar wird sie zum Schluss von Dr. Lorenz entführt und erst durch die Po- lizei gerettet, doch steht ihre Aufklärung des Mysteriums und ihr Kampf gegen die Ignoranz ihrer männlichen Mitmenschen Dracula-Verweis und Blutsymbolik stehen in im Fokus der Handlung. Spannung entsteht bride of the monster in Konflikt mit der über die Dauer des Spielfilms vor allem da- elektronischen, funkensprühenden Bildwelt durch, dass unklar ist, ob, wann und wie Dr. der 1950er Jahre Lorenz sie entführen wird. In bride of the monster wird die Reporterin Janet Law- und Handlungsmotiven auf die Figur des Dra- ton dagegen schon in der ersten Hälfte von cula zurück, und verstärkt so den ohnehin Dr. Vorloff entführt. Der Rest der Hand- schon vorhandenen Verweis durch Stimme lung widmet sich den Versuchen der Poli- und Körper des Schauspielers Bela Lugosi. zei, sie zu retten. Der Fokus der Erzählung So schläft Dr. Lorenz, ansonsten als völlig verlagert sich allerdings weniger auf den diesseitiger Mediziner gezeichnet, in einem impotenten Verlobten und Polizisten, der Sarg. Seine Frau kann er nur dadurch retten, vergeblich versucht, sie zu befreien, als auf dass er sie mit Blut versorgt, die er mit einer den Mad Scientist Vorloff selbst. Relevant Spritze seinen Opfern entnimmt. Und wäh- ist daher auch, dass der Wissenschaftler hier rend Laura bei Lorenz zu Gast ist, beugt er nicht, wie noch in the corpse vanishes, sich über die schlafende Reporterin, zögert Teil einer heterosexuellen Paarbeziehung jedoch im letzten Moment vor dem Kuss/Biss ist. Dr. Lorenz in the corpse vanishes zurück. bride of the monster versucht benötigt explizit Frauen, besser noch Jung- ebenfalls in Gestik, Mimik und Sprache Lu- frauen, für seine Bluttransfusion. Dr. Vorloff gosis auf dessen Starimage zurückzugreifen. dagegen akzeptiert auch männliche Opfer. Doch in bride ist die Blut- und Vampirsym- Und während Dr. Lorenz wenigstens noch bolik durch eine der Elektrizität und Nukle- ein lauteres Motiv hat – seine sterbende Ehe- artechnologie ersetzt. Das Geheimlabor mit frau am Leben zu erhalten – ist es in bride seinen blubbernden Erlenmeyerkolben, fun- of the monster der infantile Wunsch, die kensprühenden Jakobsleitern, gewundenen Welt zu beherrschen, um eine alte Demüti- Neonröhren und Oszillografen ist eine iko- gung wiedergutzumachen. nografische Konstellation, welche den Ver- Die Filme unterscheiden sich auch hin- weis auf die Draculafigur widersprüchlich sichtlich ihres Umgangs mit der Starpersona werden und letztendlich in sich zusammen Lugosis, die auf Grund seiner erfolgreichen brechen lässt. Darbietung des Grafen in dracula fest Die Unterschiede zwischen den beiden mit dieser Rolle verknüpft war. the corpse Horrorfilmen deuten bereits auf die zentrifu- vanishes greift in mehreren Einstellungen galen Tendenzen in Woods Filmen hin, die in 93 Genre maren Superrasse widmet. Eine solche Politisierung ist keine Neuerung der 1950er Jahre. Bereits der noch vor Kriegsbeginn entstandene the phantom creeps (1939; R: Ford Beebe, Saul A. Goodkind) verbindet den Plot des verrückten Wissenschaftlers mit dem Motiv feindlicher, auslän- discher Spione. Die plum- pe Verknüpfung von antifa- schistischer bzw. antikom- munistischer Metaphorik mit dem paradigmatischen Symbol der Atombombe jedoch entspricht ganz der Zeichenwelt der amerika- nischen 1950er. Dass der Film eine un- bestimmte Position zwi- schen klassischem Horror und den neuen Genres der 1950er Jahre besetzt, dass er sich, simpel gesagt, nicht entscheiden kann, ob er ein klassischer Horrorfilm oder doch lieber ein moderner Sciencefictionfilm sein will, zeigt auch die Titelung des Films. Ursprünglich geplant Filmposter zu bride of the monster als the monster of the marshes, ging der Film als den späteren Kapiteln im Mittelpunkt stehen bride of the atom in Produktion, bevor (vgl. Seite 116). Sie lassen sich auch als ge- er als bride of the monster in die Kinos wisse Anpassung an Trends der 1950er Jahre kam (Grey 1995: 201). erfassen. So versucht bride etwa auch, den verrückten Wissenschaftler zu politisieren, Der Sciencefictionfilm der in dem er, auf Lugosis ungarischem Akzent 1950er aufbauend, ihn als ein geografisches wie po- litisches Anderes konstruiert. Vorloff ist ein bride of the monster unterscheidet sich narzisstisch gedemütigter Exilant aus einem auch dadurch von seinen traditionellen Vor- totalitären wie imaginären Ost- oder Mit- bildern, dass der Film seinem verrückten teleuropa, der sich der Züchtung einer ato- Wissenschaftler einen monströsen Kraken 94 Vom klassischen Horror zum Weirdie zur Seite stellt, ein Zugeständnis an das in ferierte (Doherty 2002: 119). Hormonell den 1950ern neu entstandene Subgenre des herausgeforderte Riesen und Zwerge, von Creature Film. Der klassische Horrorfilm und verrückten Wissenschaftlern gezüchtete seine der Gothic-Literatur entstammenden und ausgenutzte Bestien oder Werwölfe mit Monster wurden bereits in den 1940ern im- einer doppelten, stets sexuell konnotierten mer weiter in randständige Positionen ver- Identität boten Projektionsflächen für ado- drängt, die selbst durch das Horror-Revival leszente Fantasien. der späten 1950er Jahre (s. u.) nur wenig Die Sciencefictionfilme der 1950er Jah- abgemildert wurde. Der Schwerpunkt des re wurden in der filmwissenschaftlichen Genres hatte sich längst verlagert, weg von Forschung darüber hinaus vielfach mit der den Filmen des klassischen Horrors, hin zu Paranoia des Kalten Krieges, mit Angst vor solchen, welche sich offen für aktuelle Ent- atomarer Apokalypse oder kommunistischer wicklungen der Sciencefictionliteratur zeigte Unterwanderung in einen symbolischen Be- (Worland 2007: 77, Pinedo 2004: 89). Die zug gesetzt (Hendershot 1999: 1, O’Donnell Sciencefiction, in den 1930ern und 40ern 2003: 169, Cornea 2007: 34). Was dabei noch eine Domäne der Kinoserien, Pulps häufig aus dem Auge verloren wird, ist in- und Comics, drängte auf den Langfilm- des die Tatsache, dass der Sciencefictionfilm markt und konnte dabei auf bereits existie- der 1950er Jahre auch Teil eines kulturellen rende Fangemeinden aufbauen (O’Donnell Aushandlungsprozess über den Status der 2003: 169f, Cornea 2007: 31) oder sich im naturwissenschaftlichen Forschung ist. Pa- turbulenten Markt der 1950er neue Publi- rallel zu den zwei wichtigsten Subgenres der ka generieren. Sciencefiction dieses Jahrzehnts, dem Alien Besonders auf dem Teenagermarkt konnte Invasion Film und dem Creature Film, verlau- die Sciencefiction, vor allem in der Varian- fen zwei populärwissenschaftliche Diskurse, te des Weirdies, Gewinne verzeichnen. Die die das häufig instabile Verhältnis zwischen Weirdies, »[o]ffbeat science fiction, fantasy, Leichtgläubigkeit und Skeptizismus gegen- monster, zombie, or shlock film[s], usually über Wissenschaft und staatlichen Institu- of marginal financing, fantastic content, and tionen widerspiegeln, gleichzeitig aber auch ridiculous title« (Doherty 2002: 119), um- zeigen, wie sehr das Interesse an naturwis- fassten Filme wie the amazing colos- senschaftlichen Themen in den 1950er Jah- sal man (1957; R: Bert I. Gordon), attack ren gewachsen war. of the 50 ft. woman (1958; R: Nathan Am 24. Juni 1947 beobachtete ein Ag- Juran), teenage zombies (1959; R: Jer- rarpilot aus Idaho ein unbekanntes Flugob- ry Warren), creature from the black jekt und löste damit den ersten Medien- lagoon (1954; R: Jack Arnold), i was a rummel um die UFOs aus, welche die flie- teenage werewolf (1957; R: Gene Fowler gende Untertasse zum Symbol der 1950er jr.) oder i was a teenage frankenstein werden ließ (Gardner 1957: 55). Eine zwei- (1957; R: Herbert L. Strock). Sie griffen te Welle der Medienhysterie wurde durch zum Teil auf ältere Figuren des klassischen einen Life-Artikel vom 7. April 1952 aus- Horrors zurück, banden sie aber an einen gelöst und zwang die amerikanischen Be- adoleszenten Erfahrungsrahmen. Hier war hörden sogar zu einer Reihe von Untersu- es das Monster, biologisch labil und von der chungen. Zwar konnten weder Regierung Gesellschaft ausgestoßen, das in seiner Hy- noch Wissenschaft die Vorkommnisse be- bridität und Andersartigkeit den Jugendli- stätigen. Doch sahen die Medien, die mit chen eine geeignete Identifikationsfigur of- der uneindeutigen, vorsichtigen Sprache der 95 Genre offiziellen Stellen nichts anzufangen wuss- wie etwa creature from the black ten, im Fehlen eines Gegenbeweises gera- lagoon (1954; R: Jack Arnold) noch auf de den Beweis für die Existenz von UFOs. den anthropomorphen Tiermonstern des Es entstanden so eine Reihe von paranoi- älteren Jungle Picture auf (s. u.), so traten den Theorien (Gardner 1957: 55–68), die andere vielmehr in einen Wettbewerb um auch auf das Kino zurückwirkten. Motive Größe und Anzahl der Beine: seien es die wie die Verschwörung der Regierung ge- von überdimensionalen Ameisen in them! gen den Mann in der Kleinstadt, das am- (1954; R: Gordon Douglas), gigantischen bivalente Verhältnis des Kleinbürgertums Spinnen in tarantula (1955; R: Jack Ar- gegenüber jeder Form von Wissenschaft nold), Riesengrashüpfern in beginning of und die Einschätzung, dass außerirdische the end (1957; R: Bert I. Gordon), Mons- Invasoren ohnehin nichts Gutes im Schil- terkraken in it came from beneath the de führen konnten, waren nicht nur in den sea (1955; R: Robert Gordon) oder Krebsen UFO-Diskursen der 1950er Jahre, sondern in attack of the crab monsters (1957; auch im Subgenre der Alien Invasion Films R: Roger Corman). durchgängig präsent. Wenngleich klassische Horrortiere wie Wachsende Erkenntnisse der Biologie und Katzen, Wölfe oder Fledermäuse im Mad- ein äußerst zwiespältiges Verhältnis der US- Scientist-Film nicht unbekannt waren – the Bevölkerung gegenüber der Evolutionstheorie devil bat (1940; R: Jean Yarbrough) etwa im Speziellen und der naturwissenschaftli- erzählt von einem Riesenfledermäuse züch- chen Lehre im Allgemeinen führten zu einem tenden Wissenschaftler – so sollte man den zweiten, weniger auffälligen Diskurs (Gard- Kraken, der in bride of the monster Dr. ner 1957). Im August 1933 füllte der schot- Vorloff zur Seite steht, eher als Anpassung tische Inverness Courier sein Sommerloch, an die kryptozoologisch begeisterten 1950er indem er eine Legende über ein Ungeheuer Jahre fassen. im Loch Ness aufgriff. 1951 belebte ein Foto Das Zugeständnis änderte jedoch nichts von Eric Skipton die Mär vom Yeti, und 1958 daran, dass die Blütezeit des verrückten For- wurden im Del Norte County in Kalifornien schers, wie er die 1930er und 40er geprägt vermeintliche Fußabdrücke gefunden, die hatte, vorbei war. Mad Scientists fanden sich man mit der lokalen Erzählung von Bigfoot in den 1950ern nur noch in einigen wenigen in Verbindung brachte (Eberhart 2002: 52, Filmen wie donovan’s brain (1953; R: Fe- 375, 608). Hinzu kamen neue Formen der lix E. Feist), creature with the atom populärwissenschaftlichen Fotografie – wie brain (1955; R: Edward L. Kahn), the etwa die Unterwasserfotografie Jacques-Yves unearthly (1957; R: Boris Petroff) oder Cousteaus – oder neue Strategien der An- womaneater (1958; R: Charles Saunders). thropomorphisierung – wie die der Tierfilme Der Sciencefictionfilm dieser Dekade ver- des Disney-Konzerns – die Zuschauerinnen lagerte dagegen den Fokus vom einzelgän- mit bislang unbekannten Lebensformen die- gerischen, grenzüberschreitenden Wissen- ser Erde konfrontierte (Chris 2006: 28–44, schaftler auf ein außer Kontrolle geratenes Mitman 2009: 109–131, 164f). Dispositiv der Wissenschaft, demgegenüber Kryptozoologische Legenden, evoluti- die Einzelwissenschaftler – und zunehmend onstheoretisches Halbwissen und eine nie auch Wissenschaftlerinnen – positiv konno- dagewesene Sichtbarkeit der Tierwelt fan- tiert waren (Tudor 1989: 136, Noonan 2005: den ihr filmisches Gegenstück im Creature 44,48). Gleichzeitig verschob sich die fun- Film. Baute die eine Hälfte dieser Filme, damentale Frage nach Leben und Tod, der 96 Vom klassischen Horror zum Weirdie sich die medizinisch orientierten Gelehrten relate the latest in juvenile delinquency. At des klassischen Horrorfilms stellen mussten, times, it seems, juvenile delinquency is a hin zu einer Frage der physisch normalen major problem of our law enforcing officers. oder abnormalen Körperlichkeit und einer But is this the major horror of our times? Is Ursachenforschung in einer zumindest dem this violence and terror the small few per- Namen nach nuklearen Wissenschaft (Tu- petrate the most horrible, terrifying of all dor 1989: 88). Mit bride of the mons- crimes our civil servants must investigate? ter hat dieser neue Sciencefiction jedoch The National Safety Council keeps accu- nichts mehr zu tun. rate records on highway fatalities. They can even predict how many deaths will come on night of the ghouls und a drunken holiday weekend. But what re- die Anb iederung an das cords are kept, what information is there, Teenagerkino how many of you know the horror, the ter- ror, I will now reveal to you?« (night of Wie Woods night of the ghouls in the ghouls, 4:31–5:55) dieser Atmosphäre beim Publikum ange- kommen wäre, ist müßig zu spekulieren, Die Montagesequenz endet in einer Einstel- da der 1958 gedrehte Film in den 1950ern lung zweier sich küssender Teenager in ei- niemals in die Kinos kam. Ähnlich wie nem Auto und leitet so zu der eigentlichen bride of the monster, zu dem er als Handlung des Films über, die nicht im Ge- lose Fortsetzung geplant war, ist night ringsten etwas mit dieser Eingangssequenz of the ghouls in Traditionen des klas- zu tun hat. Der Anfang verweist auf den in sischen Horrors verankert, versucht jedoch den 1950ern virulenten Diskurs um Jugend- gleichzeitig, sich an zeitgenössische Trends kriminalität und die in diesem Umfeld ent- anzupassen. Im Gegensatz zu bride of the standenen Filmzyklen (s. u.), der Rest ist eine monster, bei dem diese Anpassungen mehr oder weniger in das Gesamt- konzept der Handlung ein- gebaut sind, finden sie sich in night of the ghouls aber konzentriert am An- fang. Eine Montagesequenz fasst eine lose Abfolge von Polizeiautos, feiernden Ju- gendlichen, einer Schläge- rei und einem Autounfall zusammen. Die Tonspur begleitet die Bilder mit Sirenen, einem schnellen Jazzrhythmus sowie einer Voice-over, die erklärt: In einer Montagesequenz am Anfang von night of the »Your daily newspapers, ra- ghouls (1959) biedert sich der Film an die Modewelle dio and television dares to der Teenagerfilme an 97 Genre passiv und dient allenfalls als Fokalisationspunkt der Geschichte. Geistergeschichten bil- deten selbst im klassischen Horrorfilm eine Ausnahme. Mitte der 1940er Jahre las- sen sich zwar einige verein- zelte Geisterfilme wie the uninvited (1944; R: Le- wis Allan), the curse of the cat people (1944; R: Gunther von Fritsch, Ro- bert Wise), strangler of the swamp (1946; R: Frank Wisbar) oder the Die Montagesequenz ist jedoch weitestgehend unverbunden unknown (1946; R: Hen- mit dem Rest des Films. Nur dieses Teenagerpaar, welches ry Levin) finden. Doch diese das erste Opfer wird, bildet eine Brücke zur Geschichte Filme haben, abgesehen vom danach Motiv des Geistes oder des Geisterhauses, nur wenig ge- Geistergeschichte. Zwar sind beide Motive meinsam und bilden daher auch kein eigen- über einige Einstellungen hinweg durch das ständiges Subgenre aus (Tudor 1989:37). Teenagerpaar verbunden, welches das ers- Nichtsdestotrotz ist night of the te Opfer des Geistes wird. Doch der Film ghouls, ähnlich wie sein Vorgängerfilm, verlässt daraufhin das Motivfeld Jugend, um eher dem klassischen Horrorfilm verbun- im weiteren Verlauf nicht wieder dorthin den als neuen Entwicklungen der 1950er zurückzukehren. Jahre. Architektur, Low-Key-Beleuchtung, night of the ghouls verläuft im An- nebelverhangene Mise en scène und das Fi- schluss an diese Sequenz vielmehr in den gureninventar bedienen sich im etablierten Bahnen des klassischen Horrorfilms. Der Stereotypenarchiv des Fantastischen. Die Film beschreibt die Machenschaften eines Montagesequenz zu Beginn wirkt in ihrer Scharlatans, der unbeholfenen Leuten ihre jugendlichen Ikonografie dagegen allenfalls verstorbenen Anverwandten zu kontaktie- als Anbiederung an zeitgenössische Moden. ren verspricht. Das betrügerische Medium In ihrer mangelhaften narrativen Motiva- übernimmt dabei die Position eines bösen tion, in ihrer fehlenden Verknüpfung mit Mad Scientist, wenn auch in der übersinn- dem Rest des Films und in ihrer an Lau- lichen Variante des Magiers. Und wie der tréamont erinnernden rhetorisch freien verrückte Wissenschaftler stürzt er an sei- Assoziation von adoleszenter Aggressivi- ner eigenen Hybris. Denn neben der von tät, Verkehrsunfällen und Geistern ist die ihm produzierten Geistershow wird das Sequenz gleichzeitig auch ein Beispiel für Haus tatsächlich von Geistern bewohnt, gewisse absurde Effekte, wie sie sich in die den Scharlatan schließlich zu sich ho- Woods Werk finden. Doch dies soll in ei- len. Der Polizist, der die Machenschaften nem späteren Kapitel genauer behandelt des Betrügers aufdecken soll, bleibt dabei werden (Seite 146). 98 Vom klassischen Horror zum Weirdie the bride and the beast und das und Zuschauerinnen die Position des weib- Jungle Picture lichen Blicks einnehmen können. Die Vielfalt des Jungle Pictures zeigte the bride and the beast (1958; R: Adri- sich bereits zu Anfang mit Filmen wie dem an Weiss), zu dem Edward D. Wood jr. das pseudodokumentarischen ingagi (1930; Drehbuch schrieb, ist insofern ein Sonderfall, R: William Campbell), dem nach einem als dass er einem Subgenre angehört, das in klassischen Belle-et-la-Bête-Schema auf- seiner Hybridität schon von vornherein als gebauten king kong (1933; R: Merian C. Fremdkörper innerhalb des Horrorgenres Cooper, Ernest B. Schoedsack) oder dem wirkt: Das Jungle Picture entwickelte sich Untotenfilm white zombie (1932; R: Vic- zu Beginn der Tonfilmära aus dokumentari- tor Halperin), blieb jedoch weitestgehend schen Formaten der Reiseberichterstattung auf die Depressionszeit beschränkt. Wäh- und den exotischen Varianten des Abenteu- rend king kong in seiner Erstauswertung erfilms, reicherte diese Mischung jedoch mit relativ erfolglos war, konnte er durch Neu- Elementen des Horrorfilms an (Berenstein auflagen 1938, 1942 und vor allem 1952 1994: 314, Erb 2009: 59f). Das äußerst viel- wesentlich mehr Zuschauer für sich ein- gestaltige Subgenre knüpfte an die bereits nehmen und so seinen populärkulturellen in den 1920ern verbreitete Begeisterung für Status gewinnen, den er bis heute beibehal- einen kulturell indifferenten Primitivismus ten sollte (Erb 2009: 123, 125). Mit dem an, welcher afrikanische, ozeanische, arabi- steigenden Erfolg von king kong im Kino sche und andere Bausteine dekontextualisier- der 1950er Jahre ging allerdings eine Ver- te und als Pastiche miteinander vermischte schiebung in der Genrezuordnung des Films (Erb 2009: 60). Gleichzeitig orientierte es einher, weg vom exotischen Jungle Picture, sich aber auch an den in der Depressions- hin zum Horror- und Sciencefictionfilm zeit verschärften rassistischen Diskursen der (Erb 2009: 127). king kong vermittelt USA (Robinson 1998: 3). somit auch zwischen dem Genre des Jun- Im Jungle Picture steht die weiße Frau gle Picture, den amerikanischen Creature im Mittelpunkt, die von einem schwar- Films und den japanischen Kaiju eiga, die zen, tierischen und urwaldhaften Anderen wie etwa gojira (1954; R: Ishirô Honda) körperlich bedroht wird (Berenstein 1994: deutlich vom älteren Affenfilm und seinen 315). Allerdings repräsentiert sie nicht nur Wiederholungen im Kino beeinflusst wur- das Opfer. Vielmehr wird an ihr eine ge- den (Erb 2009: 127). wisse sexuelle Faszination für das Andere Die mit einer Neuinterpretation ver- manifest, die sie in eine seltsam hybride Po- bundene Rezeptionsgeschichte von king sition zwischen männlicher Ordnung und kong in den 1950ern lassen, zusätzlich zu dem erotischen Fremden manövriert. Zwar den gesellschaftlichen Veränderungen dieses ändert das wenig am durchgehend rassisti- Jahrzehnts im Zuge der Bürgerrechts- und schen Charakter dieses Genres, vermischen Antiapartheidbewegung, das Jungle Picture sich doch eher Rassismus und Misogynie, als äußerst veraltet erscheinen. Es wundert indem das Weibliche mit diesem bedroh- daher nicht, dass Filme, die sich trotz allem lichen, tierhaften Anderen zusammenfällt in der Tradition der Subgenres einordneten, (Berenstein 1994: 315, Robinson 1998: 3). dies mit einer deutlichen Verschiebung ta- Es eröffnet allerdings, in seiner potenziellen ten. So kehrt der an ein Familienpublikum Widersprüchlichkeit, die Möglichkeit für al- gerichtete mighty joe young (1949; R: ternative Lesarten, bei welchem Zuschauer Ernest B. Schoedsack), der von der gleichen 99 Genre Crew produziert wurde wie zuvor king wahrender Gatte. Doch widerspricht the kong, das Schema des Jungle Picture um bride and the beast dieser ideologischen und stellt die Domestikation des Anderen Struktur, indem die Ehefrau sich im Fina- und nicht seine Bedrohlichkeit in den Mit- le für den Verbleib beim Affen entscheidet telpunkt (Erb 2009: 129). bride of the und ihren Mann machtlos und gedemütigt gorilla (1951; R: Curt Siodmak) dagegen zurücklässt. Der Film ist durch eine zeitgenössische Aktualität gekennzeichnet, die für die heu- tige Rezeption allerdings kaum noch erkenn- bar ist. Dass Laura sich nämlich an ein frü- heres Leben erinnert und so erst die Moti- vation für ihre Lust am Wilden entdeckt, knüpft direkt an einen medialen Hype um Wiedergeburt und Geisterbeschwörung an: 1952 hatte die in Colorado beheimatete Vir- ginia Tighe unter Hypnose behauptet, sich an ein vorheriges Leben als die Irin Bridey Murphy aus dem 19. Jahrhundert erinnern zu können. Die Geschichte wirbelte die Woods Drehbuch zu the bride and the beast (1958; R: Adrian Weiss) geht insofern amerikanische Medienlandschaft von 1954 einen ungewöhnlichen Weg, als dass es die bis 1956 auf und führte zu einer Reihe von in der Regel sublimierte erotische Spannung Publikationen zu Reinkarnation, Hypnose zwischen Mensch und Tier kaum noch und Okkultismus, bis sie schließlich als ein- verhehlt facher Fall von Kryptomnesie entlarvt wur- de (Gardner 1957: 315). psychologisiert die Plotstruktur und lässt Selbst wenn der Film auf solch einer Wel- den Gorilla zum Symbol eines schuldbe- le der Berichterstattung zu reiten versuchte ladenen Es werden. und auch wenn die Auflösung der Geschichte Woods Drehbuch geht allerdings ei- die ideologische Grundstruktur des Jungle nen diametral entgegengesetzten Weg und Picture zu Fall bringt, wirkt the bride and übersteigert das subversive Potenzial, wel- the beast im zeitgenössischen Kontext den- ches der Dreieckskonstellation des Jungle noch fehl am Platze. Nicht zuletzt war die Picture zu Grunde liegt: the bride and auf Recycling beruhende Machart von the the beast präsentiert die frisch verheira- bride and the beast eher eine Strategie tete Laura, die jedoch von Tieren faszinier- der Classical Exploitation und damit Ende ter ist als von ihrem Angetrauten. Sie wird der 1950er nicht mehr zeitgemäß. Ähnlich von Albträumen geplagt und entdeckt mit den billiger produzierten Jungle Pictures Hilfe von Hypnose, dass ihre Träume Erin- der 1930er Jahre, die sich wie etwa ingagi nerungen an ein früheres Leben als Gorilla ohne Scham bei älterem dokumentarischen darstellen. Auf einer Safari nähert sie sich Material bedienten (Berenstein 1994: 314), dieser gefährlichen Tierwelt an, während besteht auch the bride and the beast zu ihr Ehemann jagen geht. Damit ist der Film einem Großteil aus archivarischem Found- zwar nach einem klassischen Figurendreieck Footage von Tier- und Jagdaufnahmen diver- aufgebaut: wilde Bestie, erotisch berausch- ser Safaris, die mit Einstellungen der Drei- te Frau und eifersüchtiger, die Ordnung be- eckshandlung verknüpft werden. 100 Vom klassischen Horror zum Weirdie plan 9 zwischen Horror und die Werbung; die von der Serie als »Zom- Sciencefiction bies« bezeichneten Figuren sind klassische, anthropomorphe Außerirdische. Anders ist Hybrider noch als die Jungle Pictures, die An- dies in creature with the atom brain fang der 1930er Jahre zumindest die Stabili- (1955; R: Edward L. Cahn), in welchem ein tät eines Zyklus erlangen konnten, gebärdet verrückter Wissenschaftler ein Heer funkge- sich plan 9 from outer space (1959), der steuerter, atomgetriebener »Zombies« kont- in seiner Widersprüchlichkeit und Inkohä- rolliert. Und in invisible invaders (1959; renz weitestgehend allein steht. In diesem R: Edward L. Cahn) finden wir eine plan berühmtesten Film von Wood wollen Außer- 9 recht ähnliche Konstellation von Aliens, irdische die Menschheit vor den Folgen ihrer die menschliche Leichen als Wiedergänger Aufrüstungspolitik warnen, stoßen dabei aber auferstehen lassen. auf taube Ohren. Irritiert von der militaris- Die Kombination ungewöhnlich und in- tischen und nationalistischen Arroganz der kompatibel erscheinender Figuren war im Menschen, greifen die Aliens daher auf ih- Rekombinationsfilm des klassischen Horrors ren ›Plan 9‹ zurück, in welchem sie Leichen bereits üblich gewesen. So hatte man keine zum Leben erwecken, um mit ihrer Hilfe Scheu, Dracula und Frankenstein aufein- die Erde gewaltsam umstimmen zu können. andertreffen zu lassen (s. o.). Die Strategie Eine Ausbreitung der Zombies kann durch scheint jedoch im Zuge der Verlagerung des Einsatz der Polizei, des Militärs und eines Horrorfilms hin zur Sciencefiction schwie- kleinbürgerlichen jungen Paares verhindert riger geworden zu sein, kollidierten doch werden. Trotz ihres eigentlich hehren Zie- schnell die Realitätskonstruktionen der les, die Menschheit davon abzuhalten, mit beiden Modi miteinander. Das offensicht- ihren Waffen das Universum zu zerstören, lich Wunderbare oder das absichtlich in der unterliegen die Außerirdischen und müssen Schwebe gehaltene Fantastische, welches das von der Erde fliehen. Horrorgenre häufig prägte, stand diametral plan 9 verbindet Elemente des klassi- dem Erklärungsanspruch der Sciencefiction schen Horrorfilms mit solchen des zeitgenös- gegenüber, der eine Kontinuität der fiktio- sischen Sciencefictionfilms. Die Wiedergän- nalen zur empirischen Welt zumindest pos- gerfigur des Zombies, die ursprünglich einem tulierte (vgl. Spiegel 2007: 46f). Yoruba-Mythos entstammte und während Dass plan 9 from outer space auch der Besatzung Haitis durch amerikanische anderweitig als inkohärent und widersprüch- Truppen (1915–1934) auch zunehmend in lich erscheint, wird an anderer Stelle aus- den USA adaptiert wurde, war mit Filmen führlich behandelt werden (Seite 142). wie white zombie (1932; R: Victor Hal- Deutlich wird jedoch bereits hier, dass der perin), revolt of the zombies (1936; R: Film an der Kreuzung zwischen zwei ver- Victor Halperin) oder king of the zombies schiedenen Formationen lag, die sich in den (1941; R: Jean Yarbrough) bereits Bestandteil 1950ern zunächst voneinander getrennt hat- des Horrorfilmarsenals geworden. ten. Während der Horrorfilm sich auf die Die Kombination von Untoten mit Aliens, Sciencefiction zu bewegt und mit ihr ein einer typischen Horrorfilmfigur mit einer gemeinsames Genre des Weirdies bildet, paradigmatischen Sciencefictionfigur, kam verschwindet der klassische Horror wei- jedoch nur selten vor. In der Republic-Se- testgehend von der Leinwand. plan 9 fühlt rie Zombies of the Stratosphere (USA 1952) sich aber beiden Formationen zugehörig. Die etwa ist der Figurentyp reiner Aufhänger für Anpassungen an zeitgenössische Moden, die 101 Genre bei bride of the monster oder night of Entwicklung hin zum Gore der 1960er Jah- the ghouls bereits kleinere Risse in die re öffneten (Worland 2007:82). Filme wie dem klassischen Horrorfilm verpflichteten psycho (1960; R: Alfred Hitchcock) und Filme eingefügt hatten, lassen hier tektoni- peeping tom (1960; R: Michael Powell) sche Klüfte entstehen, die eine dialektische läuteten schließlich eine neue Generation Auflösung der Widersprüche und Hybridi- des Horrorfilms ein, welche die Tradition täten verunmöglichen. des klassischen amerikanischen Horrors endgültig abschloss. Woods Horrorfilme und ihre Nichtsdestotrotz konnten die Produk- Zeitlichkeit tionen der Kelton-Trilogie ihren bescheide- nen Platz in der Filmgeschichte der 1950er Mit den Teenie-Horrorfilmen i was a teen- finden: Die nostalgische Erinnerung an den age frankenstein (1957; R: Herbert L. klassischen Horrorfilm blieb durch Wie- Strock) oder i was a teenage were wolf deraufführungen erhalten. Der erhöhte (1957; R: Gene Fowler jr.) war Ende der Bedarf an billigem Material ermöglichte es 1950er ein erfolgreicher Zyklus entstan- auch weniger erfolgsversprechenden Spiel- den, der sich auf die alten Filme bezog. filmen, auf den Markt zu kommen. Und Hier hätte sich, so könnte man spekulie- der neu entstandene Fernsehmarkt führte ren, die Kelton-Trilogie einreihen können, zudem zu einem weiteren Absatzmarkt, in wäre sie denn bereit gewesen, sich mehr dem gerade der klassische Horror eine Ni- auf die Erfahrungswelt der Teenager ein- sche finden konnte. zulassen. Doch die Filme belassen es bei einigen unzusammenhängenden Anbiede- rungen. Jugendliche Figuren finden sich Sex and Crime kaum. Adoleszente Probleme werden al- lenfalls am Rande thematisiert und niemals Während die Filme der Kelton-Trilogie recht aus Sicht der Heranwachsenden. Im vom einfach in den Genrekomplex des Horrors klassischen Horrorfilm so weit entfernten und der Sciencefiction einzugliedern sind, ist Kontext der 1950er Jahre muten night eine solche Zuordnung für die andere Hälf- of the ghouls, the bride and the te von Woods Werk in den 1950er Jahren beast, plan 9 from outer space und schwieriger. glen or glenda (1953) steht selbst der nicht völlig erfolglose bride of in der Tradition der Aufklärungsfilme, die the monster daher seltsam fehl am Plat- jenseits des Production Codes ihre Nische ze an. Die Kinogenres hatten sich längst in in der klassischen Exploitation gefunden andere Richtungen weiterentwickelt. hatten. jail bait (1954) ist ein Krimi, der Zum Ende des Jahrzehnts machten sich sich von den zeitgenössischen Strömungen gar Bewegungen bemerkbar, die schließlich des Film noir unbeeinflusst zeigt. the vio- zum postmodernen Horrorfilm überleiten lent years (1956; R: William Morgan), zu sollten. Die britische Firma Hammer Films dem Wood das Drehbuch schrieb, ist ein ty- produzierte mit the curse of franken- pisches soziales Melodrama um das Thema stein (1957; R: Terence Fisher) den ersten der Jugendkriminalität. Und the sinister einer Reihe von Horrorfilmen, die sich in ih- urge (1960) greift auf die bereits in der rer farbigen Blutrünstigkeit und grafischen klassischen Exploitation beliebte Form des Darstellung von Gewalt radikal von denen Vice Films zurück. Die These des Unzeitge- der 1930er und 40er unterschieden und die mäßen, die oben für die Horrorfilme Woods 102 Sex and Crime entwickelt wurde, ist bei diesen Produktionen che im Film als Geschlechtsumwandlung weniger eindeutig nachzuweisen. Während beschrieben wird (58:55–60:32), lösen eher glen or glenda und the sinister urge Kastrationsängste aus, als dass sie der In- durch ihre Verankerung in der klassischen formation dienen. Exploitation deutlich in die Vergangenheit Die Widersprüchlichkeit zwischen At- weisen, gehört the violent years einem traktion und Aufklärung sowie die ständige höchst aktuellen Genre an und unterscheidet Bedrohung durch die lokale Zensur zwan- sich allenfalls in seiner auf weibliche Delin- gen Filme und Filmemacher üblicherweise quenten gerichtete Genderkonstellation von zu einer Reihe von Legitimationsstrategi- anderen Filmen seiner Art. en, Strategien, die Woods Film ebenfalls anwendet. glen or glenda befasst sich glen or glenda und der mit Cross-Dressing und Transsexualität Aufklärungsfilm und handelt diese Themen an zwei Fall- beispielen, dem Transvestiten Glen/Glen- Nach mehreren Werbefilmen und kurzen da und der Transsexuellen Allan/Ann ab. Western war glen or glenda (1953) Eingebunden werden die Geschichten in Woods erster Langfilm. glen or glenda, eine Rahmenhandlung, in welcher ein un- der auch unter Titeln wie i led 2 lives, he wissender Polizist bei einem Arzt um Rat or she? oder i changed my sex in die sucht, wie er mit Cross-Dressing und Trans- Kinos kam (Grey 1995: 198), ist ein cha- sexualität umzugehen hat. Die beiden Fälle rakteristischer Aufklärungsfilm im Modus sind somit von vornherein an Autoritätsfi- der Classical Exploitation, jenseits der in- guren angebunden, die das obszöne Thema dustrieinternen Zensur und marginalisiert legitimieren. Vor allem der Arzt dient als in Marktnischen (vgl. Seite 63). Aufhänger der Erzählung, als Repräsen- Woods Erstling ist, wie Aufklärungs- tant eines medizinischen Dispositivs, als filme generell, gefangen in einer seltsamen Ratgeber und Mentor für die Figuren des Dialektik zwischen Attrak- tion und Voyeurismus auf der einen und sexualpo- litischer Aufklärung auf der anderen Seite. Meh- rere Sequenzen in glen or glenda sprengen die ohnehin fragmentarische Handlung und lassen die skopische Faszination in den Vordergrund rücken: In einer Traumsequenz et- wa verlässt der Film den Handlungsverlauf und fügt über 6 min Archivmateri- al pornografischer Szenen ein (38:47–44:51). Und die dokumentarischen Aufnah- glen or glenda (1953) erzählt zunächst die Geschichte men einer Operation, wel- des Cross-Dressers Glen, gespielt von Edward D. Wood jr. 103 Genre Films, aber auch als Aufklärer des Publi- Wie beim Aufklärungsfilm üblich steht der kums (Schaefer 2001: 69–73). Verweis auf Authentizität und Realismus Eine weitere typische Legitimationsstra- des Dargestellten im Mittelpunkt der Legi- tegie des Hygienefilms waren Texttafeln im timationsstrategie. Auffällig ist jedoch, dass Vorspann, die den Zuschauern versicher- diese Texttafel das Deviante zunächst nicht ten, dass es sich um eine Produktion mit abwertet, sondern allenfalls als selten und exotisch darstellt. Einen pä- dagogischen Anspruch for- muliert sie (und der Film) nicht darin, die Zuschauer vor sexuellen Verhaltens- weisen zu warnen. Stattdes- sen fordert sie zu Toleranz gegenüber der Abweichung auf. Bemerkenswert ist in diesem Zuge auch das bi- blische Toleranzgebot des »Judge ye not«, das sogar durch die Typografie noch hervorgehoben wird. Hier macht sich ein Unterschied zu den anderen Filmen des Genres bemerkbar. Denn In einer zweiten, wesentlich kürzeren Geschichte wird die eine weitere Legitimations- operative Geschlechtsumwandlung der Mann-zu-Frau- strategie des Hygienefilms Transsexuellen Ann beschrieben war ihre inhärente konserva- tive Grundhaltung, die den der dokumentarischen und pädagogischen sexualpolitischen Entwicklungen der Nach- Zielsetzung handelte, über Devianzen auf- kriegszeit kritisch gegenüberstand: zuklären und auf sexualpolitische Gefah- ren aufmerksam zu machen (Schaefer 2001: »[T]he conservatism of the films served as a 69–73). Auch glen or glenda verwendet buffer between the titillating spectacle and eine solche Texttafel: the threat of censorship. Because they cri- tiqued the emerging status quo [of postin- »In the making of this film, which deals dustrial sexual politics], sex hygiene films with a strange and curious subject, no and other exploitation movies operated out punches have been pulled--no easy way out of a nostalgia trope in which the present was has been taken. Many of the smaller parts unfavorably compared to an ill-defined but are portrayed by persons who actually are, idealized past.« (Schaefer 2001: 44, 168) in real life, the character they portray on the screen. This is a picture of stark real- Gegenüber den Hygienefilmen der klassi- ism---taking no sides---but giving you the schen Exploitation, welche den weiblichen facts---All the facts---as they are today.... Körper als pathologischen konstruierten You are society---JUDGE YE NOT.....« (glen (Feaster 1994: 341), verweigert sich glen or glenda, 1:06–1:33) or glenda in seiner Argumentation und 104 Sex and Crime Rhetorik einer eindeutigen, kohärenten 1952/53 mit der Geschlechtsoperation des und logischen Position. glen or glen- amerikanischen Soldaten George William da ist, wie alle Aufklärungsfilme, eng mit Jorgensen jr. zu Christine Jorgensen: den zeitgenössischen Diskursen über Sex, Gender und Körper verbunden. Die in den »In the 1950s, Jorgensen made sex change a 1940ern aufblühende amerikanische Sexu- household term. She served as a focal point alwissenschaft übernahm die Einflüsse aus for hundreds of news stories that broached Europa und brachte mit Alfred Kinseys Se- the topic of changing sex and as a publicity xual Behavior in the Human Male (1948) agent for the hormones and surgery that en- und Sexual Behavior in the Human Fe male abled bodily transformation. Reporters de- (1953) eine bis dahin verborgen geblie- bated whether Jorgensen qualified as a wom- bene Welt an sexueller Vielfalt ans Licht an, whether science could create a woman, (D’Emilio & Freedman 2004). Gleichzeitig and how a ›normal‹ woman should behave. bewegte sich die Diskussion um das Ge- And Jorgensen allowed the reporters and schlechtliche, ähnlich wie zuvor in Europa, the public to satisfy the idle and not-so-idle weg von moralischen hin zu medizinisch- curiosities that prompted them to observe naturwissenschaftlichen Diskursen und ge- her.« (Meyerowitz 2004: 51f) rade in Amerika auch zur neu aufblühenden Psychoanalyse. Das ›moralische Dilemma‹ glen or glenda, der als Exploitationfilm sexueller Devianz im realen Leben wie in natürlich genau auf dieser medialen Welle rei- den fiktionalen Welten schien nun nicht ten wollte, reiht sich auch sonst in die sexual- mehr notwendigerweise im Suizid enden wissenschaftlichen Diskurse seiner Zeit ein, zu müssen, sondern konnte auf Grund der wenngleich nicht immer auf dem aktuellsten Formbarkeit des menschlichen Körpers in Stand. Cross-Dressing und Transsexualität der plastischen Chirurgie oder der Form- werden als unterschiedliche Ausprägungen barkeit der menschlichen Psyche in der desselben Phänomens gegenüber der negativ Psychotherapie gelöst werden. konnotierten Homosexualität abgegrenzt. Die sexualwissenschaftliche Thematisie- Erklärungs- wie Legitimationsversuche des rung von Transgender-Phänomenen hat bereits Phänomens weisen jedoch in verschiedene um die Jahrhundertwende in Deutschland, Richtungen und widersprechen sich gar des aber auch in den USA, Cross-Dressing und Öfteren: Glen/Glendas Faible für Frauen- Transsexualität von anderen sexuellen De- kleider etwa wird zunächst einmal mit dem vianzen, insbesondere von der Homosexua- psychoanalytischen Konzept des Fetischis- lität unterschieden (Herrn 2005: 31–34). In mus erklärt. Cross-Dressing ist hier die ver- den späten 1940ern und frühen 50er Jahren suchte Emanzipation des Mannes vor dem fand in den Arbeiten der Mediziner David Kastrationskomplex. Glen projiziert seine O. Cauldwell und Harry Benjamin zudem Kastrationsangst auf die weibliche Kleidung eine Trennung der Kategorien von Transse- (und besonders auf den bei Wood ohnehin xualität und Cross-Dressing statt. häufig verwendeten Fetisch des Angora). Die Transgender-Phänomene waren in den Kastrationsangst wird in der Traumsequenz USA bereits in den 1930er Jahren stetes, (35:17–49:28) gar explizit gemacht, indem wenn auch randständiges Dauerthema der die von Lugosi gespielte Erzählerfigur den Sensationspresse (Meyerowitz 2001: 377). Kinderreim »Snips and snails, and puppy Ein neues Ausmaß erreichte die Bericht- dogs tails / That’s what little boys are made erstattung allerdings ab der Jahreswende of!« mehrfach wiederholt (Der Kinderreim, 105 Genre dem englischen Dichter Robert Southey Alton: »Once, not so very long ago, the peo- (1774-1843) zugeschrieben, lautet vollstän- ple of the world were saying:« dig: »What are little boys made of? / Snips Woman’s voice: »Airplanes, ha. Why, it’s and [of?] snails, and puppy dogs tails / That’s against the creator’s will. If the creator want- what little boys are made of! / What are lit- ed us to fly, he’d ’a given us wings.« tle girls made of? / Sugar and spice and all Alton: »But we fly. Maybe some of you may things nice / That’s what little girls are made still remember an even sillier remark:« of!«, Halliwell 1970: 119). Eine Lösung von Man’s voice: »Audey-mo-beels? Bah. They Glens ›Problem‹ sieht der betreuende Psy- scare the hosses. If the creator had ’a meant choanalytiker darin, dass Glen lernen soll, for us to roll around the country side, we’d seine in Glenda inkorporierten Ängste und ’a been born with wheels. « Wünsche auf seine Freundin Barbara zu pro- Alton: »Silly? Certainly! We were not born jizieren (65:43). with wings; we were not born with wheels. Eine ganz andere Erklärung für Cross- But in the modern world of today, it is an Dressing bietet der Film in der (bei Stöckel- accepted fact, that we must have them. So schuhen weniger als bei Angora überzeugen- we have corrected that, which nature has not den) Argumentation, dass feminine Kleidung given us. Strangely enough, nature has given angenehmer zu tragen seien. So scheut er us all these things. We just had to learn how auch nicht davor zurück, legitimatorische to put nature’s elements together for our Argumentationsmuster von Populär- und use. That’s all. Yet, the world is shocked by Freizeitkultur als Ausgleich zur produkti- a sex change.« ven Arbeitswelt zu verwenden: glen or Woman’s voice: »If the creator had wanted glenda zeigt hart arbeitende Männer, die us to fly, he’d ’a given us wings.« nach ihrer körperlichen Tätigkeit in ›gemüt- Man’s voice: »If the creator had meant for lichen‹ Frauenkleidern ihre Produktivität us to run around the country side, we’d ’a wiederherstellen (15:56–17:16). Und in ei- been born with wheels. « ner anderen Sequenz (27:59–29:11) unter- Another Woman’s voice: »If the creator had halten sich zwei männliche Stimmen über meant us to be boys, we certainly would have die Toleranz gegenüber Cross-Dressing und been born boys.« Sexualität, während die Bildspur industrielle Another Man’s voice: »If the creator had Bilder der Stahlherstellung zeigt. meant us to be born girls, we certainly would Die chirurgische ›Korrektur‹ des Kör- have been born girls.« pers in der Geschlechtsoperation von Ann/ Alton: »Are we sure? Nature makes mistakes. Allan unterstützt glen or glenda durch It’s proven every day.« eine durchgängig positive Bewertung von (glen or glenda, 12:16–13:52) Technologie. In einer rhetorischen Monta- gesequenz etwa (12:16–13:52) vergleicht Die Erklärungsansätze wie die Legitimations- der Film, bekräftigt von der Voice-over, die versuche des Films bleiben jedoch in Ansät- technologischen Entwicklungen des Autos zen stecken und verstricken sich in Wider- und Flugzeuges mit denen der plastischen sprüche: Cross-Dressing als Kompensation Chirurgie, setzt die Widerstände, die sich des Kastrationskomplexes, als matriarchal gegen die verkehrstechnischen Fortschrit- geprägtem Aneignungsprozess des eigentlich te richteten, mit denen gegen die neuen stärkeren Geschlechtes seitens des Mannes, Körpertechnologien gleich und macht sie als falsche Erziehung oder als performatives so lächerlich: Doing Gender ... Transsexualität und Ge- 106 Sex and Crime schlechtsoperationen als konstruktivistische Alton: »Would it matter to you very Körperlichkeit oder als Wiederherstellung much?« von Geschlechterbinarität ... Beides als un- Barbara: »I love Glen. I’ll do everything I can terschiedlich markante Ausprägung dessel- to make him happy.« ben Phänomens ... glen or glenda bie- (glen or glenda, 1:04:40–1:06:00) tet verschiedene Erklärungen an, entschei- det sich aber für keine. Die Ambivalenz des Garber betont hier die Reetablierung von Filmes ermöglicht so zum einen mehrfache Geschlechterbinarität sowohl im Falle des Zuschauerpositionen. Zum anderen lässt ›geheilten‹ Cross-Dressers Glen wie im sie sich auch als die eigentliche Position des Falle der geschlechtsoperierten Ann (Gar- Textes selbst lesen, als von Grund auf wider- ber 1997: 113). Der Dialog am Schluss von sprüchliche Konstruktion, deren Inkohärenz Glens Geschichte beraubt Barbara jeglicher Programm ist und die nur durch Ironie zu eigenständiger Subjektivität und konstru- fassen ist. Gerade das Ende von Glens Fall- iert das Weibliche als Projektionsfläche für studie ist hier von Bedeutung: Glens Fetischismus. Garbers Einschätzung des Endes als konservativ ist daher auf den Alton: »Thus the ruse of Glen’s ficticious ersten Blick richtig. Gerade Altons letzter character [=Glenda]. He invented it when Satz jedoch, »Would it matter to you very he could find no love from his mother and no much?«, relativiert alle medizinischen und love from his father. His mother had hated psychologischen Versuche der ›Heilung‹ her own father. Glen reminded her of her Glens und lässt das Cross-Dressing in sei- father. Therefore, she gave all her affection, ner Performativität bestehen. love and attention to her daughter. Glen then Das Genre der Aufklärungsfilme hatte decided also to become a daughter. Glen, you in den 1950ern bereits seinen Zenit über- can kill this fictitious character of yours any schritten. mom and dad (1945; R: William time you wish. For your happy ending, it’s Beaudine) war der erfolgreichste Hygiene- the only way.« film der amerikanischen Filmgeschichte ge- Glen: »Then you think I can kill this sec- wesen, so erfolgreich, dass er ohne Weiteres ond character by transferring her qualities mit den großen Hollywoodproduktionen der to Barbara?« Nachkriegszeit gleichziehen konnte (Schaefer Alton: »Exactly. But as the author and his 2001: 197). Doch die Faszination des Genres character, the elements must be right. It’s nahm während des Jahrzehnts kontinuier- up to you, Barbara. You must take the place, lich ab. Der neue Striptease-Film, das Re- give the love, and accept the facts that Glenda vival des Nudistenfilms, freizügige Streifen has always accepted. If you love each other, aus Europa und die Entstehung des Nudie as you now believe you do, it’ll be a hard job, Cuties zogen die Aufmerksamkeit der Zu- but you’ll enjoy doing the job.« schauer mehr und mehr vom Aufklärungs- Barbara: »Should I let him continue to film ab (Schaefer 2001: 208f). wear girl’s clothing? Or should I put my glen or glenda durchzieht somit, ähn- foot down?« lich wie Woods Horrorfilme, eine komplexe Alton: »If you put your foot down, it’ll only go Zeitlichkeit: In seinem Status als Hygiene- behind closed doors. Love is the only answer. film der klassischen Exploitation verweist er Glenda must be transferred to you.« auf die Vergangenheit des Dispositivs Holly- Barbara: »Supposing Glen never gets over wood, wie auch auf die Geschichte gewisser wearing girl’s clothing...?« damit verbundener Sexualdiskurse. In seiner 107 Genre progressiven Einstellung zu Cross-Dressing, Voice-over, seinem Chiaroscuro und seiner die aber mit einer abwertenden Haltung ge- dynamischer Bildkomposition bis heute prä- genüber Homosexualität einhergeht, und sent ist (vgl. Durgnat 1970, Röwekamp 2003, durch die Tatsache, dass der Film Anfang Schrader 2003). des 21. Jahrhunderts gleichzeitig modern Die Fokussierung der Filmkritik wie der wie rückständig erscheint, erinnert er heu- Filmwissenschaft auf den Film noir hatte zur tige Zuschauer an die Genese des Sexual- Folge, dass parallel verlaufende Strömungen, diskurses vergangener Jahrzehnte. die sich nicht unter dieses stilistische Ensem- ble subsummieren lassen, bislang weitestge- jail bait als Krimi hend unbearbeitet geblieben sind (vgl. Lang- man & Finn 1995, Neale 2000: 72, Leitch jail bait (1954) in einen historischen Ab- 2002: 1f). Nicht zuletzt im Bereich der Serie, lauf von Genres und Zyklen einzuordnen, in den 1940ern noch vorrangig im Kino, ab erweist sich als schwierig. Der Kriminalfilm, den 1950ern dann vor allem im Fernsehen, der sich auf so unterschiedliche Genres wie konnte der Kriminalfilm Muster entwickeln, den Detektivfilm, den Gangsterfilm oder den die mit dem Film noir nur wenig zu tun hat- Suspense Film verteilt, je nachdem ob er aus ten (vgl. etwa Leitch 2002:37f). der Warte der aufklärenden Institutionen, jail bait verbindet auf äußerst inko- der Verbrecher oder der Opfer erzählt ist, härente und konstruierte Weise Elemente ist so alt wie das Kino selbst (Neale 2000: verschiedener Strömungen des Krimis jen- 71f, Leitch 2002: 16). Der Krimi der 1940er seits des Film noir, ohne dass man ihn auf und 50er Jahre ist in der Filmgeschichts- einen bestimmten Zweig des Genres fest- schreibung zudem eng mit dem Phänomen legen wollte. In seiner ersten Hälfte erzählt des Film noir verbunden, eine Korrelation, der Film die Geschichte von Don Gregor, die nicht immer gerechtfertigt ist. einem jungen Mann, der trotz aller Versu- Der Film noir hatte literarische Einflüsse che seiner Schwester und seines Vaters, ihn aus den kriminalistischen Groschenromanen auf den rechten Pfad zu bringen, ins Ver- und ihren Privatdetektiven aufgenommen, brechen abrutscht. Nachdem ein Überfall vor allem aus der Hard-boiled Tradition in im Mord endet, bereut Don seine Taten, den Werken von Dashiell Hammett, Ray- wird jedoch von seinem Komplizen Vic mond Chandler und vielen anderen (Schra- Brady umgebracht, bevor er sich der Poli- der 2003: 233). Neben der Literatur wurden zei stellen kann. Während dieser erste Teil auch kinematographische Traditionen – die ganz in den Bahnen eines gesellschaftskri- amerikanische Rezeption des deutschen tischen Dramas verläuft, das nach sozialen Expressionismus oder die Fortschreibung wie individuellen Ursachen für Kriminali- bereits existierender Filmgenres wie dem tät sucht, wechselt der Film nach dem Tod Gansterfilm – und gesellschaftliche Diskur- von Don sein Genre und wird zum Thriller. se – wie die in den 1940er und 50er Jahren Dons Vater, von Beruf plastischer Chirurg, virulente Psychoanalyse – stilbildend für wird nun von Brady erpresst, diesem ein diese bis dahin unbekannte Form der Film- neues Gesicht zu verpassen, damit er der ästhetik. Die Einflüsse bündelten sich in ei- Verfolgung durch die Polizei entkommen nem stilistischen Modus des Film noir, der kann. Dons Vater geht auf die Erpressung mit seinem Figureninventar von Privatde- ein, verpasst Brady jedoch das Gesicht sei- tektiv und Femme fatale, seiner narrativen nes verstorbenen Sohnes, der noch immer Komplexität mit Rückblendenstruktur und von der Polizei gesucht wird. Als Brady 108 Sex and Crime der Verband abgenommen wird, steht die Polizei be- reit, um Brady, den sie für den Mörder Don hält, zu verhaften. Die Gesichtschirurgie als Identitätswandel ist ein nicht unbekannter Topos des Kriminalfilms – etwa in the menace (1932; R: Roy Wil- liam Neill), another face (1935; R: Christy Caban- ne), dark passage (1947; R: Delmer Daves) oder g- men never forget (1948; R: Fred C. Brannon, Yakima Canutt). Häufig dient das Motiv allerdings dazu, dem Publikum einen Wissensvor- sprung über die Identität ei- ner Figur zu geben: Da die Prozedur meist am Anfang der Erzählung steht, weiß der Zuschauer bereits von der Maskenhaftigkeit eines Protagonisten, während die Umgebung diese erst ent- larven muss. In jail bait ist das Resultat der Ge- sichtschirurgie jedoch Span- nungs- und schließlich auch Überraschungsmoment. Bis kurz vor Schluss wissen wir Das im Original in kräftigen Farben gehaltene Filmplakat nicht, wie der Vater die an- für jail bait (1954) führt die Zuschauer bewusst in die Irre, gespannte Situation lösen indem es ihnen eine Geschichte mit attraktiven, minderjäh- rigen Frauen (engl. ›jail bait‹) vorgaukelt, die im Film aber wird. Das Motiv gerät da- nicht erzählt wird durch allerdings zu einem deus ex machina, einem irr- witzigen narrativen Winkelzug, der zu den ihren Grundzügen nicht ändern. Bereits zentrifugalen Kräften des Films beiträgt. der Titel verspricht mehr, als er zu halten Allein das Plakat zum Film bliebe noch in der Lage ist. »Jail bait« ist im Englischen zu erwähnen. Die grafische Vermarktung ein umgangssprachlicher Ausdruck für eine von jail bait verläuft ganz in den Bahnen sexuell reife Frau unterhalb des Schutzalters, der reißerischen Exploitation, deren Wer- mit der ein Mann keinen Sexualkontakt ha- bestrategien in den 1950er Jahren sich in ben kann, ohne strafrechtlich verfolgt zu 109 Genre werden. Dass eine solche Figur im Film gar im Kino wie im Marketing eine intermediale nicht vorkommt, geschweige denn im Mittel- Brücke zur Rockmusik, die werbetechnisch punkt der Handlung steht, ist für die Wer- ausgeschlachtet werden konnte. Filme über bung irrelevant. Die weibliche Erotik wird Jugendkriminalität wie teen-age crime auf dem Filmplakat sogar noch betont, indem wave (1955; R: Fred F. Sears) oder juve- die abgebildeten Protagonisten hier von zwei nile jungle (1958; R: William Witney) Frauen gerahmt werden, der Freundin Vics knüpften an die Gangsterfilme der 1930er sowie einer Zeugin des Mords, ohne dass die- Jahre an und schufen mit ihren (Anti-)Hel- se beiden für die Erzählung von Bedeutung den ungewohnte Typen von sexuell attrak- sind. Darüber hinaus verspricht das Plakat tiven, nun aber adoleszenten Bösewichten. in der Kopfzeile reißerisch: »Danger! These Motorcycle Flics wie the wild one (1953; girls are hot!« Dass die Handlung des Films R: Laslo Benedek) begründeten eine Tra- auf zwei Männer, Don und Vic, zentriert ist, dition des medialen Rebellentums, die in ja, dass es nicht einmal einen romantischen the wild angels (1966; R: Roger Cor- Subplot gibt, spart es dagegen aus. man) ihren Höhepunkt finden sollte und in Form von easy rider (1969; R: Dennis the violent years und die Hopper) sogar das neue Hollywood in die weiblichen Halbstarken Wege leitete. Die Geschichte des Jugendlichen, der Im Rahmen der Teenploitation differenzier- wie Don in jail bait trotz der Bemühungen te sich eine ganze Reihe von eigenständigen seiner Familie immer stärker in den Sog der Genres aus (vgl. Doherty 2002). Rock-’n’- Kriminalität gerät, ist ein Topos, der bereits Roll-Filme wie rock around the clock vor den 1950er Jahren nicht unbekannt war: (1956; R: Fred F. Sears) oder jailhouse angel of the crooked street (1922; R: rock (1957; R: Richard Thorpe) verbanden David Smith) oder the godless girl (1928; rebellische Grundstimmung mit einer neu- R: Cecil B. DeMille) führen beispielsweise en Konsum- und Genusskultur und schlugen die Figur des delinquenten Reform School Girl ein. Drogenaufklärungsfilme wie mari- huana (1936; R: Dwain Esper) oder tell your children (1936; R: Louis J. Gasnier) diskutierten die vermeintlichen Verbindun- gen zwischen Cannabiskonsum, Gewalt und Verbrechen und betonten die individuelle Verantwortung im Falle von Jugendkrimi- nalität. Eine Reihe von Filmen, die während der Kriegszeit entstand, befasste sich mit den Folgen der kriegsbedingt unbeaufsichtigten Jugend, darunter etwa where are your children (1943; R: William Nigh), i ac- cuse my parents (1944; R: Sam Newfi eld) jail bait (1954), der in dieser Einstellung oder teen age (1944; R: Richard L’Estrange), deutlich auf dark passage (1947) verweist, löst seine Geschichte auf äußerst konstru- und beschuldigte die Eltern als Ursache für ierte Weise, indem dem Verbrecher Vic in Jugendgewalt, verlagerten die den Diskurs einer Gesichtsoperation das Aussehen eines also von einem sozialen auf einen pädagogi- gesuchten Mörders verpasst wird schen (Schaefer 2001: 202f). 110 Sex and Crime Doch erst in den 1950er Jahren entzün- dete sich ein landesweiter Diskurs über Ur- sachen und Therapie jugendlicher Kriminali- tät, dem sich der Juvenile Delinquency Film, ins Deutsche genderpolitisch etwas proble- matisch als Halbstarkenfilm übersetzt, an- schließt (Doherty 2002: 93). Jugendkrimi- nalität wurde nun nicht mehr als Problem der städtischen Unterschicht, sondern auch als solches der kleinbürgerlichen Familie der Suburbs und Kleinstädte gesehen (Morton 1988b: 143, Doherty 2002: 100). Filme wie blackboard jungle (1955; the violent years (1956) erzählt von R: Richard Brooks), rebel without a den Missetaten einer nur aus weiblichen cause (1955; R: Nicholas Ray) oder teen- Mitgliedern bestehenden Jugendgang age crime wave (1955; R: Fred F. Sears) griffen Formeln des Gangsterfilms wie des Gangmitglieder, während Paula gefasst sozialen Melodramas der 1930er Jahre auf wird. Im Gefängnis bringt sie schließlich und wandten sie auf jugendliche, in eine eine Tochter zur Welt, verstirbt jedoch bei Kleinfamilie eingebettete Protagonisten der Geburt. an (Doherty 2002: 96). Dem attraktiven, Ähnlich wie die Filme der Kriegszeit von Identitätskonflikten geplagten jungen (und im Gegensatz etwa zum typischen so- Mann stehen die Vertreter der gesellschaft- zialen Melodrama à la Warner) verzichtet lichen Institutionen, die Sozialarbeiter und the violent years auf eine soziologische Psychologen gegenüber, welche den Eltern Erklärung der Jugendkriminalität und gibt einen gewissen Teil der Erziehungskompe- stattdessen den Eltern die volle Schuld. Die tenz absprechen. Auch wenn in den meisten aus einer kleinbürgerlichen Familie stam- dieser Filme der männliche Jugendliche im mende Paula wird nur deswegen kriminell, Mittelpunkt steht, ist die weibliche Banden- weil sie von ihnen zu wenig Aufmerksam- führerin und Delinquentin in Werken wie keit erhält. Die Mutter engagiert sich auf girl gang (1954; R: Robert C. Dertano) Wohltätigkeitsveranstaltungen, zeigt sich oder girls on the loose (1958; R: Paul jedoch uninteressiert, ein intimeres Ge- Henreid) nicht unbekannt. spräch mit ihrer Tochter zu führen (3:38). the violent years (1956; R: Wil- Und der Vater ist so sehr mit seiner Arbeit liam Morgan), zu dem Edward D. Wood beschäftigt, dass er gar Paulas Geburtstag jr. das Drehbuch schrieb, ist insofern sei- vergisst (18:46). Im Finale des Films wird ne im zeitgenössischen Kontext aktuellste die Schuld der Erziehungsberechtigten sogar Produktion, als dass sie passgenau diesem noch einmal explizit dargelegt: Nach dem boomenden Genre entspricht. Der Film Tod ihrer Tochter im Gefängnis beantragen beschreibt die Geschichte des Teenagers die Eltern die Adoption ihrer Enkelin. Das Paula Parkins. Gemeinsam mit ihren Freun- Gericht lehnt die Adoption jedoch ab, und dinnen überfällt Paula eine Tankstelle, ver- der Film endet mit einem pathetischen wie gewaltigt einen Mann und demoliert, von proklamatischen Monolog des Richters, der ihrer Hehlerin angestiftet, eine Schule. In den Eltern ihre mangelhaften Erziehungsfä- einer Verfolgungsjagd sterben die anderen higkeiten vorwirft (52:22 bis 56:29). 111 Genre the sinister urge und der des männlichen Gewalttäters, wie sie etwa Pornoring in blackboard jungle, no time to be young (1957; R: David Lowell Rich) oder Ähnlich wie in the violent years stellt the young captives (1959; R: Irvin Kersh- auch the sinister urge (1960) eine weib- ner) auftritt. Der Film nutzt zudem die Ju- liche Täterin in den Mittelpunkt. Doch Glo- gendlichen, um an ihnen die gesellschaftliche ria Henderson, die Hauptfigur des Films Gefahr von Pornografie zu demonstrieren: ist kein Teenager, sondern eine etablierte Pornografie, so argumentiert der Film inner- Geschäftsfrau, welche als Produzentin von halb eines vulgären Behaviourismus, ist für (illegaler) Pornografie die ökonomische Ge- Teenager über ihre Dealer frei zugänglich walt über ihre Welt besitzt, eingeschränkt und führt direkt zu Gewalt. allenfalls durch die männlich konnotierte Trotz dieser Verbindungen zum Thema Mafia, der sie Rede und Antwort zu stehen der Jugendkriminalität, die sich auch visu- hat. Zusammen mit ihrem Ehemann und ell in der Darstellung von Jugendtreffs und Regisseur Johnny sowie dem jugendlichen Straßenschlägereien niederschlagen, ist the Gewalttäter Dirk bildet Gloria die Parodie sinister urge wesentlich augenfälliger den der amerikanischen Kleinfamilie aus der Vor- älteren Traditionen der klassischen Exploi- stadt. Die Delinquenz und moralische Ver- tation verbunden, hier vor allem dem Vice werflichkeit dieser drei Protagonisten und Film. Der Vice Film, der sich aus den White- der Verrat, der diese dysfunktionale Familie Slavery Films der 1910er Jahre entwickelte, zu Fall bringen wird, machen den Großteil zentrierte sich um Zwangsprostitution und der Handlung des Films aus. deren Organisation in mafiösen Vereinigun- the sinister urge übernimmt Elemen- gen und verband Elemente des Gangsterfilms te des Halbstarkenfilms: Die Figur des Dirk mit der sexuellen Freizügigkeit der Classi- ist angelehnt an die pathologische Variante cal Exploitation (Schaefer 2001: 254–265). Im Zuge der Verhaftung des Mafioso Charles ›Lucky‹ Lu- ciano 1936 konnte der Vice Film gar mit Produktionen wie slaves in bondage (1936; R: Elmer Clifton), smashing the vice trust (1937; R: Melville Shyer) oder the wages of sin (1938; R: Herman E. Web- ber) einen eigenständigen Zyklus ausbilden. Die Wurzeln von the si- nister urge im Vice Film lassen sich nicht nur an der Thematik der Erzählung festmachen. Die Figur von the sinister urge (1960) parodiert mit der Pornoproduzentin, Dirk etwa ist mehr als der ihrem Ehemann und Regisseur sowie dem jugendlichen pathologische, jugendliche Triebmörder Dirk die amerikanische Kleinfamilie Gewalttäter des Halbstar- 112 Sex and Crime kenfilms. Vielmehr gleicht sie dem Mafioso des Vice Film, in welchem der männ- liche, ost- oder südeuropäi- sche Immigrant als das allem Amerikanischen entgegen- gesetzte Andere konstru- iert wird (Schaefer 2001: 259f). Zudem verwendet the sinister urge, ähn- lich dem Aufklärungsfilm des Classical Exploitation, einige Legitimationsstrate- gien, um sein anzügliches Thema zu rechtfertigen. So ist der dysfunktionalen Pornofamilie nicht nur der Um pornografische Bilder zeigen zu können, verwendet the Polizist Carson als positiv sinister urge eine Reihe von Distanzierungsstrategien, wie konnotierter Vertreter der hier das Bild im Film Ordnung gegenübergestellt. Als Carson von einem braven Bürger besucht Legitimationsstrategie auf die Ambivalenz wird, der sich darüber beklagt, dass die Po- dieser wie überhaupt aller Filme der klassi- lizei ihre Ressourcen mit der Suche nach schen Exploitation: Zwar wertet the sinis- harmlosen Bildern vergeudet, übernimmt ter urge das pornografische Dispositiv als er die Rolle des moralischen Sprechers des gesellschaftlich gefährlich ab, zieht seinen Films und antwortet ihm und damit allen Attraktionswert jedoch gerade aus dieser potenziellen Kritikern in einem patheti- Sichtbarkeit des Pornografischen. Die mora- schen Monolog: lische Doppelbödigkeit findet sogar ihr visu- elles Pendant, werden doch die anzüglichen Carson: »Let these pictures get in the hands Szenen grundsätzlich medial distanziert. the of certain characters, and they just have to sinister urge präsentiert die erotischen go out and try it themselves! You know what Fetischbilder des Pornorings als Fotos oder pictures like this can cause? Sex maniac head- Filme im Film und behält den Bildrand als lines! Murder! Some characters wi ll steal Erinnerung an diese mediale Distanzierung or kill, just to get this stuff! It’s worse than stets im Blickfeld. dope for them! Mr. Taxpayer, the smut pic- the sinister urge greift also in seiner ture racket is worse than kidnapping or dope, Doppelmoral und seinen Legitimationsstra- and can lead to the same place for somebody tegien auf Modelle der klassischen Exploita- – the morgue! Show me a crime, and I’ll show tion zurück. Die züchtige Körperdarstellung you a picture that could have caused it!« (the und die fadenscheinige Sublimierung von Se- sinister urge, 13:51–14:27) xualität, wie sie diese Filme prägt, wirken jedoch angesichts der neuen Sexploitation, Ungeachtet der aus heutiger Sicht mangeln- welche die Nacktheit ihrer weiblichen Figu- den Überzeugungskraft dieser Stimulus- ren ohne Scheu und ohne Legitimation zur Response-Argumentation verweist diese Schau stellen, nicht mehr zeitgemäß. 113 Genre Das Spätwerk: Sexploitation trade (1970; R: Edward D. Wood jr.), dass und Porno er in einer Sequenz auch ein schwules Paar zeigt, wobei nach heutigem Kenntnisstand Mit the sinister urge endet das in die- offen bleiben muss, wie dieses Paar in die ser Arbeit behandelte Hauptwerk Edward sexuelle oder narrative Handlung des Films D. Woods. Die Produktionen, für die er in eingebaut ist. den 1960er und 70er Jahren die Drehbücher Aus der Reihe dieser Filme fällt allen- schrieb, und die wenigen Filme, in denen er falls orgy of the dead (1965; R: Ste- selbst Regie führte, stammen alle aus dem phen C. Apostolof), der eine Anzahl von Bereich des Softpornos – mit Ausnahme von Tanzszenen mit halb nackten bis nackten ›necromana‹ – a tale of weird love! Tänzerinnen aneinanderreiht. Verbinden- (1971), der neben der Softcoreversion auch des Element zwischen diesen erotischen in einer drei Minuten längeren Hardcore- Szenen, die mehr an die Striptease-Tänze fassung existiert. des Burleskefilms der 1950er Jahre erin- Die meisten dieser Softsex-Streifen nern denn an zeitgenössische Softpornos, reihen verschiedene Sexualkontakte an- ist eine Rahmenhandlung, welche das Fi- einander und verbinden sie mit einer ru- gureninventar des klassischen Horrorfilms dimentären Handlung – dem Leben eines mitsamt Vampir, Werwolf und Mumie als prähistorischen Clans in one million ac/ Beobachter der Tänzerinnen auftreten lässt. dc (1969; R: Ed de Priest), den Eskapaden Die Harmlosigkeit der erotischen Szenen einer sexuell frustrierten Ehefrau in drop- und ihre weitestgehend variationslose Re- out wife (1972; R: Stephen C. Apostolof) petitivität, aber auch der nostalgische wie oder den Abenteuern einer aus dem Gefäng- ironische Verweis auf den klassischen Hor- nis entflohenen, unschuldig beschuldigten rorfilm gibt dem Film einen spielerischen, Frau in fugitive girls (1974; R: Stephen fast infantilen Charakter, der dem Erek- C. Apostolof). Auffällig ist bei dem nur als tionsanspruch des Softpornos diametral Fragment überlieferten take it out in entgegensteht. orgy of the dead (1965; R: Stephen C. Der Pornofilm take it out in trade (1970) Apostolof) reiht verschiedene erotische Tanz- ist nur als Fragment überliefert. Anhand szenen hintereinander und bettet sie in eine des Materials ist jedoch erkennbar, dass der Ikonografie des Horrorfilms verpflichtete zwei Schwule in diesem Film eine (nicht Friedhofsszenerie vollständig geklärte) Rolle spielen 114 Wood, Trash und Genre Wood, Trash und Genre eben nicht in einer neuen Ganzheit aufge- löst wird und in der die einzelnen Elemente Woods Filme, so lässt sich zusammenfassen, auch nicht in einen sinnhaften dialektischen sind stereotype Genrefilme, die sich nicht vor Austausch zueinander treten, sondern gera- Klischees, Wiederholungen und eklatantem dezu surrealistisch miteinander kollidieren Abkupfern scheuen und sich schon von daher (vgl. S. 146). als billig und müllhaft charakterisieren lassen. Diese Formen der Inkonsistenz sind es Sie sind Müll aber auch dadurch, dass sie als schließlich, die Woods Werk von Parodien Body Genres Körper und die leiblichen Re- und vergleichbaren intertextuellen Strate- aktionen der Zuschauer in den Mittelpunkt gien unterscheiden: Nicht nur fehlen hier rücken – eine Strategie, die gegenüber einem typische Topoi der Parodie wie etwa Rei- der bürgerlichen Ästhetik verpflichteten teration, Inversion oder die wörtliche In- »Kopfkino« deutlich negativ bewertet ist. terpretation toter Metaphern (vgl. Harries Und sie sind Müll, weil sie selbst in ihrem 2000); es mangelt auch grundlegend am zeitgenössischen Kontext bereits veralteten, kommentierenden Charakter der Parodie. nicht mehr aktuellen Genres angehören und Woods Trashfilme reihen sich zunächst sich nur unzulänglich mit Hilfe kurzatmi- unschuldig in ihr Genre ein, um es durch ger Modernisierungsversuche an Trends der Versagen von innen zu sprengen. Distanzie- 1950er anzupassen versuchen. rende und nicht-distanzierende Elemente Gerade in ihrer Zeitlichkeit, die sich eben stehen unverbunden nebeneinander; eine nicht nur durch ein »zu spät«, sondern durch kohärente, vom Text zur Verfügung gestell- ein unverbundenes Pastiche verschiedener te Metaebene, von der aus eine Interpre- Genre- und Stilepochen auszeichnet, bie- tation starten kann, gibt es hier nicht. Die ten die Filmbeispiele Ansatzpunkte für eine Filme sind ein Pastiche ohne vereinheitli- ironische Lesart, welche die zentrifugalen chendes Firnis. Die Ironie von Trashfilmen Kräfte des Filmtexts stärker gewichtet und ist gerade keine rhetorische, die ausgehend goutiert als die kohärenzstiftenden. Ebenso von einer übergeordneten Sinnebene ohne eine Quelle ironischer Rezeptionsmöglich- größere Irritationen aufgelöst werden könn- keiten ist die ins Auge springende Hybridi- te. Sie ist vielmehr eine romantische Iro- tät von Genres, mit der Woods Filme immer nie, die von der Gleichzeitigkeit des Un- wieder operieren. Es ist eine Hybridität, die vereinbaren ausgeht. q 115 Ästhetik Ästhetik »You see? You see? klassische Ausprägung erfährt (vgl. Bordwell Your stupid minds! 1985a: 157–164, Bordwell 1985b: 3). Erst in- Stupid! Stupid!« nerhalb dieses Normsystems erhalten even- Eros (in plan 9 from outer space) tuelle Irritationen die Kraft, zu stören und den Film zu einem minderwertigen Müllfilm Was macht Woods Filme so schlecht? werden zu lassen.Gibt es spezifische, textinterne Qua- Die Gegenüberstellung von illusionisti- litäten, die dafür sorgen, dass sie als Müll schem Hollywoodkino und Alternativen, die bezeichnet und in ironischer Umkehrung die Illusion zu brechen gewohnt sind, ist al- gefeiert werden? Dass Trash in erster Linie lerdings nicht so klar, wie sie auf den ersten ein Rezeptionsmodus ist, scheint zunächst in Blick scheint. Deutlich wird dies am Begriff eine andere Richtung zu deuten. Trash, das der Selbstreflexivität, die ähnlich wie die Irri- liegt im Auge des Betrachters. Doch nicht tationen, wenngleich wesentlich kontrollierter jeder Film ist ein möglicher Trashfilm, der und bedeutungshafter, den Illusionscharak- Rezeptionsmodus nicht auf jeden beliebigen ter des Kinos unterbricht (vgl. Stam 1992: Film anwendbar. xiii-xv). Bereits in der historischen Epoche In den theoretischen Ausführungen des des klassischen Hollywood zeichnet sich ersten Kapitels wurde postuliert, dass sich der in der amerikanischen Filmproduktion ein potenzieller Trashfilm zunächst durch etablierte Stil durch einen gewissen Grad Merkmale auszeichnet, die in einem be- an Selbstreflexivität aus (Bordwell 1985a: stimmten hegemonialen Wertesystem als 160), der aristotelische Forderungen nach minderwertig charakterisiert werden, dass Textgeschlossenheit wieder relativiert. Dass sich an diesen Merkmalen jedoch Brüche, sich das ökonomische und technische Dispo- Inkohärenzen und zentrifugale Kräfte for- sitiv, das diesem Stil zu Grunde liegt, in den mieren, an welchen sich eine ironische Trash- 1950er Jahren radikal zu wandeln beginnt, rezeption entzünden kann. Diese Brüche und dass sich mit der jegliche narrative Not- sind zunächst einmal Irritationen, die einem wendigkeit überschreitenden Effekthasche- ›normalen‹ Filmgenuss im Wege stehen, die rei des 3D- und des Breitwandkinos deutlich Zuschauerin aus der Immersion reißen und selbstreflexive Elemente behaupten können, einen Großteil des Publikums davon abhal- schränkt eine Gegenüberstellung von erzäh- ten, den entsprechenden Film überhaupt zu lerischem Classical Hollywood und margi- konsumieren. Sie sind insofern irritierend, naleren Formen weiter ein. als dass sie gewissen Grundprinzipien eines Woods Filme sind zunächst einmal Hol- erzählerischen Kinos widersprechen, einer lywoodfilme, stammen sie doch vom Rande kinematographischen Ästhetik, die sich in dieses Dispositivs und beziehen sich ästhe- die aristotelische oder französisch-akademi- tisch, ikonografisch und durch ihre Genrezu- sche Tradition der Dramaturgie einordnet ordnungen darauf zurück. Die Trashrezeption und im Hollywoodkino der Studiozeit ihre basiert jedoch, wie das erste Kapitel dieser 116 Spuren des Billigen Arbeit zeigen konnte, auf einer Opposition Das sind zum einen diejenigen filmischen von Mainstream und Trash, die von einem Störungen, die als Spuren des Produktions- entsprechenden Fandiskurs konstruiert wer- prozesses hinter den Illusionismus des Fil- den muss. Die Lage verkompliziert sich also mes schauen lassen. Sie sind insofern wider- noch weiter dadurch, dass die Rezipientin sprüchlich, als dass der Film sich, indem er eines Wood-Films in der Regel nicht den his- sich vordergründig in das System Hollywood torischen Entstehungskontext des Werkes einordnet, durchaus einem illusionistischen zu Grunde legt, sondern ein Konstrukt von Anspruch stellt. Die Störungen, die man als Mainstream, das den Diskursen ihrer eige- Spuren lesen kann, verweisen auf das Vor- nen Zeit erwächst und die Entwicklungen filmische und seine ökonomische Begrenzt- des Systems Hollywoods von den 1950er heit. Sie konstruieren darüber hinaus eine Jahren bis heute mit einschließt. Autorenfigur, der als Dilettant und Schlu- Trotz dieser ungenauen, da diskursiv derer die Verantwortung für die ›Fehler‹ des stets neu konstruierten Genese eines ›Main- Filmwerkes überantwortet werden. streams‹ lassen sich doch einige Merkmale Das ist aber auch das nicht mehr ange- skizzieren, welche den hegemonialen Maß- brachte Maß der stilistischen Mittel, vor stab des Hollywoodkinos über mehrere allem die Hypertrophierung in Schauspiel Jahrzehnte ausmachten und bis heute aus- und Sprache sowie die Unvereinbarkeit von machen: Filme innerhalb dieses Regelwerkes Stilregistern, die im Kontext der trivialen gestalten eine widerspruchsfreie Diegese, die Handlung einen Widerspruch zwischen Pa- den Regeln von Kausalität wie von Plausibi- thos und Banalität aufscheinen lässt. lität gehorcht. Sie verwenden für die Kon- Das ist drittens der Mangel an Logik und struktion von Raum, Zeit und Handlung eine Plausibilität auf der Erzählebene, welche den Reihe von interpretierbaren, stimmigen, re- Rezipienten dauerhaft vor die Frage der Sinn- dundanten und in ihren Mitteln gemäßigten haftigkeit oder Sinnlosigkeit dessen stellt, Verfahren. Sie arrangieren ihre Darstellung was da auf der Leinwand passiert. derart, dass sie für breite Zuschauerschich- Und das ist viertens eine gewisse Frag- ten über verschiedene soziale und kulturel- mentierung von Raum, Zeit und diegeti- le Kontexte verständlich bleibt. Nur selten schen Ebenen, welche den Film eher zu wird das Produktions- und Rezeptionsdis- einem Kaleidoskop verschiedener Ansich- positiv thematisiert und selbst wenn, dann ten werden lässt, als zu einer kohärenten nur in indirekter Weise. Zentrales Kriterium Erzählung. Diese Fragmentierung der An- ist vielmehr, dass der Film eine emotionale sichten führt, zusammen mit dem Topos und kognitive Einbindung des Zuschauers der Nacht als Heterotopie, schließlich auch in den filmischen Prozess ermöglicht, ohne zu der Möglichkeit, Woods Filme durch den dass diese Einbindung bewusst gemacht oder Begriff des Surrealistischen noch einmal an- sichtbar wird. ders zu fassen. Ausgehend von diesen Überlegungen lassen sich nun einige Merkmale von Woods Filmen herausarbeiten, anhand derer diese Spuren des Billigen als minderwertig und schlecht charakteri- siert werden können, die gleichzeitig aber Eine Teilmenge der Störungen und Irritatio- auch als Bruchlinien und Widersprüche fun- nen in Woods Filmen bieten dem Rezipien- gieren, die den eigentlichen Spaß an diesen ten die Möglichkeit, sie als Artefakte eines Filmen ausmachen. Herstellungsprozesses zu begreifen. Ein Zu- 117 Ästhetik schauer, der an derartigen Merkmalen sein Hang zum Cross-Dressing. Barbara, voller Vergnügen findet, begibt sich auf eine ar- Liebe zu ihrem Angebeteten, verzeiht Glen chäologische Spurensuche, um das Gesche- dieses ›Laster‹ sofort. Irritierend an dieser hen der Filmherstellung zu rekonstruieren. Sequenz ist das Schauspiel Fullers, das ein Der Begriff der Spur, wie er etwa von Krämer uneinheitliches Bild der Figur Barbara zeich- (2007) entwickelt wurde, ermöglicht es, diese net: Ihre Körperhaltung in dieser Szene wirkt mechanisch und verstockt, die Gestik an- geleitet, während die reduzierte Mimik mit gesenktem Kopf und nach vorne gerichtetem Blick zwischen Versöhnung, Verführung und Abscheu zu wechseln scheint. Innerhalb des Films wird dieser Widerspruch nicht weiter aufgelöst und bleibt in seiner Irritation be- stehen. Greift man allerdings auf biografi- sches Wissen zur Person Edward D. Wood jr. und Dolores Fuller zurück, lässt sich ihr Schauspiel hier als Spur deuten. Die beiden Darsteller waren nämlich zur Drehzeit von glen or glenda in einer Beziehung, die Das Schauspiel Dolores Fullers in glen or glenda (1953) verweist in seinen Brechun- Fuller jedoch kurze Zeit später mit Hinweis gen als Spur auf die reale Person und die auf Woods Transvestitismus abbrechen soll- Beziehung zwischen Fuller und Wood te (vgl. Fuller 2009: 69, 72f). Gleichzeitig hat Wood sich die Rolle des Glen gleich- sam auf den Leib geschrieben. Wood und Artefakte genauer zu fassen: Spuren deuten Fuller spielten hier also nicht nur Glen und stets auf etwas Abwesendes, das diese Spur Barbara, sondern auch sich selbst. Dass die unabsichtlich hinterlassen hat. Der Prozess Versöhnung, die im Film zwischen den bei- des Spurenlesens ist daher auch immer mit den Figuren stattfindet, in der Realität aber der Konstruktion eines Urhebers verbunden eben nicht so geschah, bietet nun das Hin- und postuliert, dass die Spur nicht bewusst tergrundwissen, mit der sich die Inkohärenz gelegt wird. Vielmehr ›passieren‹ sie zunächst des Films verstehen lässt. Fullers Schauspiel einmal nicht-intentional. Sie sind zudem stets ist ein temporäres Aus-der-Rolle-Fallen, in Störungen einer Ordnung, die überhaupt erst der die vom Film verdrängte Spannung zwi- dafür sorgt, dass eine Spur als solche auffällt. schen der Rolle der Barbara und der außer- Sie sind außerdem nicht nur Resultat desjeni- filmischen Person Dolores Fuller für einen gen, der die Spur hinterlässt, sondern immer Moment sichtbar wird. Die innerhalb der auch ein Effekt eines Prozesses des Lesens: Logik des Films inkohärente Figurenzeich- Alles kann zur Spur werden, vorausgesetzt, nung wird so zur Spur hin zu den histori- es gibt einen Spurenleser, der sie deuten kann schen, realen Menschen. (Krämer 2007: 14–18). Auf dieselbe Weise verweist auch die Mögliche Ansatzpunkte für solche Spu- auffällige Doppelbesetzung des Ghoul Man rensuche finden sich in Woods Filmen zur in plan 9 from outer space (1959) als Genüge: In glen or glenda (1953) etwa Spur auf einen erratischen Herstellungspro- gesteht Glen (gespielt von Ed Wood) seiner zess. Ein Teil der Szenen dieser Figur wurden Verlobten Barbara (Dolores Fuller) seinen 1956 mit Bela Lugosi gedreht. Nach Lugosis 118 Spuren des Billigen Tod im August desselben Jahres wurde die Häufiger sind allerdings solche Störun- Rolle mit Tom Mason besetzt, ohne dass die gen, die sich als Goofs, als abgrenzbare Fehler Aufnahmen von Lugosi verworfen wurden. oder Pannen anbieten und auf das handwerk- Auf diese Weise brechen solche filmischen liche Können der beteiligten Filmemacher Störungen durch die Transparenz des erzäh- verweisen. Und üblich sind auch diejenigen lerischen Dispositivs und lassen die Realität Störungen, welche weniger klar abgeschie- hinter den Filmen, ihr Geschaffensein und den und isoliert als Spuren des Production ihre Künstlichkeit aufscheinen. Value auf die billigen Produktionsbedingun- Um eine Irritation als Spur eines Produk- gen der Filme schließen lassen. Auf diese tionsprozesses zu fassen und sie zum Aus- beiden Gruppen soll daher im Folgenden gangspunkt für eine Rekonstruktion dieses genauer eingegangen werden. Zudem fin- vorfilmischen Geschehens zu nutzen, bedarf den sich Spuren des Vorfilmischen auch im es zusätzlicher Kenntnis über zeitgenössische Schauspiel, sobald Darsteller ›aus der Rolle Produktionsbedingungen im Allgemeinen, fallen‹ oder ihre Figur auf widersprüchliche die reale Person Woods im Speziellen. Erst Art und Weise konstruieren. das Wissen über die Regelhaftigkeit jener Welt, die durch die Spur gestört wird, er- Filmpannen laubt eine historische Rekonstruktion des- sen, was die Spur hinterlassen hat (Krämer Auf den Fanseiten und in den unter offener 2007: 16). Solche Spurensuche ist daher Beteiligung entstandenen Datenbanken des stets eine Form amateurhafter oder profes- Internets bilden die Goofs oder Pannen eine sioneller Filmgeschichtsschreibung und ent- eigene Kategorie an Informationen, die über sprechend mit Diskursen des Fandoms oder einen Film gesammelt werden. Als kleinste der Wissenschaft verbunden. Spurensuche Einheit einer abgegrenzten Spur, als auffälliger ist demgemäß natürlich auch eine Form von Fußabdruck des Vorfilmischen, als Einbruch Expertenwissen, welches sich für Distinkti- des Zufälligen und Ungewollten bricht der on anbietet. Der einzelnen Zuschauerin be- sichtbare Patzer mit den Minimalstandards reitet sie Vergnügen, indem sie Spuren als des Hollywoodkinos und bildet so die Mög- solche erkennt, sie richtig zu interpretieren lichkeit lokaler Selbstreflexivität: glaubt und so ihre intimen Kenntnisse der Materie wie ihre Fähigkeit zur Beobachtung »Goofs wirken nicht nur irritierend, sondern bestätigt sieht. auch historisierend. Als Sand im Getriebe Störungen können in verschiedenen For- jenes Regelwerks, das eine geschlossene di- men auftreten, von denen nicht alle dieselbe egetische Oberfläche herstellt, reißen Goofs Bedeutung für das Filmwerk Woods haben. die Zuschauer aus ihrer Versunkenheit und Materialitätsspuren beispielsweise, Körnung, ihrer Identifikation mit der Handlung und Kontrastschärfe oder Kratzer spielen bei den Charakteren. Sie machen die Zuschauer Wood nur insofern eine Rolle, als dass Wood zu Betrachtern, die des medialen und tech- häufig Archivmaterial verwendet, um Filme nischen Apparats gewahr werden und eine auf eine geforderte Länge zu bringen, und distanzierte, kritische Haltung gegenüber sich so Materialunterschiede zwischen ein- der Erzählung einnehmen können. Wie das zelnen Fragmenten ergeben. Ähnliches trifft Brecht’sche Verfremden, so historisiert auch auf Day-for-Night-Aufnahmen zu, deren Kon- der Goof auf ganz radikale Weise, in dem er trastarmut und fehlende Weißwerte auf die die Aufmerksamkeit auf die geschichtliche Künstlichkeit eines Tricks verweisen. und damit auch ›veränderliche‹ Gemachtheit 119 Ästhetik des Kinoapparats und der im Film erzählten berüchtigten plan 9 from outer space Handlung lenkt.« (Butis Butis 2009: 9) 71 Fehler auf. Für bride of the monster listet dieselbe Datenbank allerdings nur 13 Eine Figur wird innerhalb derselben Sequenz Goofs auf und für jail bait gar keinen Ein- mal mit, mal ohne Schuhe gezeigt (Paula in zigen. ben hur (1959; R: William Wyler) plan 9 from outer space, 31:20–34:20). ist dagegen mit 33, singin’ in the rain Ein Objekt, das kurz zuvor noch da war, ist (1952; R: Stanley Donen) mit 29, und for- nun verschwunden (ein Grabstein in plan bidden planet (1956; R: Fred M. Wilcox) 9 from outer space, 13:27, ein Bleistift mit 26 Einträgen verzeichnet. Folglich sind in bride of the monster, 18:36). Ein Goofs Manifestationen einer Rezeptions- Darsteller, der sich tapfer aus einer Gru- strategie, die sich prinzipiell an jedem Film be, die allen Anschein nach Treibsand dar- delektieren kann. stellen soll, freikämpft, ist plötzlich wieder Pannen spielen in gewissen Formaten des trocken und sauber (Craig in bride of the Privatfilms, des Fernsehens und des Internets monster, 46:38/51:10). Die Narbe auf dem die zentrale Rolle, etwa in den Outtakes oder Gesicht einer Figur verschiebt ihre Positi- Bloopers, die im Abspann oder als Zusatzma- on (Vic Brady in jail bait, 69:10/70:06). terial auf DVDs zu finden sind. Die Goofs Und die Stewardess in plan 9 from ou- der Filme dagegen müssen vom Zuschauer ter space trägt ihr Notizbrett mal rechts, erst gefunden werden. Beide oben genannten mal links (28:22). Solche Anschlussfehler Kategorien von Goofs lassen erkennen, dass sind Beispiele für die häufigste Kategorie es einer genauen Beobachtungsgabe sowie von Pannen, bei der die Welt der Objekte bisweilen eines außerordentlich speziellen ihre Kontinuität verliert und es der Monta- Weltwissens bedarf, um diese als Fehler und ge lokal misslingt, einen kohärenten Raum als Störungen zu entlarven. Patzer geraten zu generieren. daher auch schnell zum Suchspiel, mit dem Eine weitere Rubrik von Patzern, die ein Rezipient sein Expertenwissen unter Be- in den Goof-Listen des Internets regelmä- weis stellen kann. Das von einem Ingenieur ßig auftaucht, ist die der Anachronismen geschriebene Buch Insultingly Stupid Movie und faktischen Fehler. Bei diesen stimmt Physics (Rogers 2007) beispielsweise setzt der vom Film postulierte Bezug der die- sich zum Ziel, den Umgang mit physikali- getischen zur realen Welt nicht mit dem schen Gesetzen in Hollywoodfilmen zu hin- überein, was der Film letztendlich zeigt. terfragen, tut dies aber ganz explizit aus der So nennen sich die Polizisten in Los Ange- Sicht der Technik und Physik. Die Grenze les nicht »Inspector« wie in plan 9 from zwischen neugieriger Spurensuche und klein- outer space (9:46) und kratzen sich wohl licher Pedanterie, die bei dieser Rezeptionsart auch nicht mit einer geladenen Pistole am zum Problem wird, muss dabei von jedem Kopf (15:42). Und ein General der ameri- subkulturellen Diskurs neu gezogen werden. kanischen Luftwaffe hat – so darf man mit Der Distinktion als Experte ist in diesem dem Weltwissen des angehenden 21. Jahr- Feld die gegenläufige soziale Abwertung als hunderts vermuten – auch keine Karte der Nerd jeweils mit eingeschrieben. Santa Fe Railroad im Büro hängen (43:14) Wenn Goofs Irritationen sind, die einem (alle Beispiele aus IMDb). durchschnittlichen Zuschauer vielleicht gar Pannen sind mitnichten eine Speziali- nicht auffallen würden, so gibt es in Woods tät schlechter Filme. IMDb zählt zwar für Filmen doch eine Reihe von ›Fehlern‹, die den für seine stilistische Unzulänglichkeit sofort ins Auge springen. Natürlich ist es 120 Spuren des Billigen auch bei Wood von der medialen Vorbildung Durch den Rückgriff auf das Vorfilmische des Publikums abhängig, ab wann ein Pat- generiert die Suche nach Goofs ebenso wie zer als solcher unübersehbar wird und wann die Spurensuche im Allgemeinen einen Dis- nicht. Und es ist sicherlich auch davon be- kurs über einen Filmemacher, der hier stets einflusst, von welchem Interesse ein jewei- auch ein Diskurs über Dilettantismus ist (vgl. liger Zuschauer geleitet ist. Doch wenn das Seite 160). Etwas als Goof zu bezeichnen, Licht eines UFOs in plan 9 from outer postuliert gerade die Abwesenheit von Ab- space nicht nur das Cockpit eines Flugzeu- sicht. Hätte der Regisseur den Fehler gesehen, ges erleuchtet, sondern gleichzeitig auch den hätte er genug Zeit und Geld gehabt, ihn zu großen Schatten einer Tonangel wirft (4:33), korrigieren, so wäre er nicht im Film gelan- wenn ein Polizist im selben Film bei einem det. Pannen lassen so nicht nur den Zufall als Sturz einen Grabstein umstößt, der offen- bedrohliches Substrat eines jeden Produkti- sichtlich aus Pappe und nicht aus Stein ist onsprozesses durchscheinen, sondern binden (13:27) oder wenn der massive Tor Johnson die Produktion auch auf einen auktorialen in bride of the monster gegen einen Tür- Filmemacher zurück, dessen handwerkliches rahmen stolpert und so die gesamte Kulisse Geschick dafür zu sorgen hat, diesen Zufall zum Schwanken bringt (62:45), dann sind unter Kontrolle zu halten. Pannen deuten, so diese Pannen kaum zu übersehen. betrachtet, als Fehler des Regisseurs auf das Die filmischen Fehler sind in den ver- Ungeschick und das mangelnde Talent der schiedenen Projektionsformen der Filme nicht entsprechenden Person hin. immer gleichermaßen sichtbar. Medved und Medved (1980: 177) etwa bilden einen – im Sichtbar schlechte Kulissen Layout ihres Buches über die Turkey Awards nachträglich beschnittenen – Screenshot aus Dabei sind es gar nicht nur die offensichtli- plan 9 ab, in welchem Lobo überwältigt chen Pannen, die Woods Filme prägen, sondern wird und dabei die ohnmächtige Paula, die vielmehr die augenscheinliche Gemachtheit er trägt, fallen lässt. In dem Bild sind die So- des Bühnenbildes im Ganzen. Die Abbildung fakissen, auf die Paula stürzt, deutlich am auf Seite 122 oben zeigt ein düsteres, nebel- Boden sichtbar. Der Band Incredibly Stran- verhangenes Waldstück aus dem von Univer- ge Films (Morton 1988a: 158) zeigt dieselbe sal produzierten B-Movie the wolf man Einstellung, etwas anders beschnitten, aber (1941; R: George Waggner). Das Bild wirkt ebenfalls mit Kissen. Die DVD-Version von durch seine austarierte Tiefenstaffelung, sei- Winkler Film präsentiert die Sequenz dage- ne ungleichgewichtige Verteilung von hellen gen nur bis Paulas Knie und behält die Kis- und dunklen Flächen sowie die dynamische sen im Off (73:40). Es lässt sich mutmaßen, Linienführung äußerst expressiv. Eine ver- dass die DVD – ebenso wie die meisten der gleichbare Sequenz spielt in plan 9 from im Internet verfügbaren Versionen – auf eine outer space auf einem nebelverhangenen Fernsehfassung zurückzuführen ist, welche Friedhof: Die Raumtiefe ist in diesem Bild die Kadrierung noch nachträglich verändert kaum ausdifferenziert, stattdessen ist die hat, um gröbere Schnitzer der Bildkompositi- Hinterwand des Studios deutlich zu erken- on auszumerzen. Eine andere Erklärung läge nen. Die kümmerlichen Zweige der Sträucher darin, dass die Fassung, auf die die Medveds leuchten zudem unnatürlich hell gegenüber sich beziehen, eine unzureichend abgekasch- dem dunklen Hintergrund. Die Bildkompo- te Kinofassung war, deren Bildgestaltung so sition beschränkt sich darauf, die abgebildete ursprünglich gar nicht intendiert war. Figur im goldenen Schnitt zu situieren. Beide 121 Ästhetik sondern ein Studio mit drei Zweigen, die einen Friedhof symbolisieren. Die Mise en scène in Woods Filmen ist keine ex- pressionistische und schon gar keine naturalistische, sondern meist eine meta- phorische, die auf die Bild- welt des Horrors verweist, ohne sie jedoch auch nur in Ansätzen zu naturalisieren. Kaum auf ikonische Abbil- dung und noch weniger auf künstlerischen Aus- und Eindruck bedacht, funktio- In the wolf man (1941; R: George Waggner) wird ein niert sie vor allem durch die Waldstück durch Lichtsetzung und Bildkomposition äußerst Montage isolierter Requisi- expressiv gestaltet ten, die, wie im vorliegenden Beispiel die Zweige und der Bilder beeindrucken durch ihre Artifizialität. Nebel, pars pro toto als Zeichen für einen un- Doch während der Wald aus the wolf man heimlichen Friedhof stehen sollen. für eine expressionistische Form von Künst- Ähnlich zusammengewürfelt aus ein- lichkeit steht, ist diejenige des Friedhofs von zelnen symbolischen Attraktionen präsen- plan 9 eine der Sichtbarkeit eines Produkti- tiert sich auch das Labor des verrückten onsdispositivs: Man sieht nicht den Friedhof, Wissenschaftlers in bride of the mons- ter (Abb. rechts oben, vgl. auch Abb. auf Seite 93). Ein Mikroskop, ein Ver- größerer auf einem Stativ, ein Behandlungsstuhl, ein Kühlschrank, ein Oszillos- kop sowie einige Neonröh- ren und weitere elektrische Anzeigen entsprechen zwar den Standards einer solchen Szenerie, füllen den Raum aber kaum aus. Die in kru- der Steinimitation bemal- ten Studiowände entlarven schließlich endgültig jeden Ansatz von Illusion. Noch anschaulicher wird plan 9 from outer space (1959) dagegen fällt durch mini- die Minimalisierung in der malistische Ausstattung und ungewöhnliche Lichtsetzung auf Theaterbühne, die das Büro 122 Spuren des Billigen des außerirdischen Anfüh- rers darstellen soll. Und ihre deutlichste Ausprägung fin- det diese Form von impro- visierter Pappwandästhetik schließlich im Bühnenbild des Cockpits aus plan 9 (Abb. S. 124 links): Beste- hend aus selbst gebastelten Armaturen, einem kreis- förmigen Winkelmesser, ei- nem Notizbrett und einem Duschvorhang aus Plastik deutet diese Mise en scène ein Cockpit nur noch durch einzelne, minimalistische Zeichen an. Als Spur dage- Das Labor des Wissenschaftlers in bride of the monster gen ist sie Anzeichen eines besteht aus einer bemalten Holzwand und einzelnen, Produktionsprozesses, der zusammengewürfelten Requisiten auf billigste Weise mit den einfachsten Mitteln zurechtkommen musste. Fernsehen diese Art der Ästhetik, etwa in Versteht man Production Value als die ver- Serien wie Captain Video and His Video Ran- marktbare Visualisierung von Produktions- gers (USA 1949–55) (Abb. S. 124 rechts). kosten, so ist die Mise en scène ein direktes Zwar war die Bildqualität des Fernsehens in Korrelat des Production Values eines Films. der ersten Hälfte der 1950er sicherlich so Bei Wood ist es jedoch nicht der hohe, sondern gering, dass die materiellen Mängel der Mise vor allem der niedrige Pro- duction Value, der sich in der sichtbaren Billigkeit der Mise en scène ausdrückt. Schon auf Grund dieser Bezifferung ästhetischer Eigenschaften werden die Filme in die Nähe des Mülls gerückt. Mit einer solchen Papp- wandästhetik stehen Woods Produktionen allerdings nicht allein: Sie findet sich mit den ersten Sciencefic- tionserien des Kinos, z. B. Flash Gordon (USA 1936), bereits im Kino der 1930er Jahre. In den 1950ern über- nimmt neben den Science- Das Büro des außerirdischen Anführers in plan 9 from fictionfilmen vor allem das outer space ist auf eine Theaterbühne reduziert 123 Ästhetik Die minimalistische Mise en scène in plan 9 Die ins Auge springende Verwendung von deutet das Cockpit, das sie darstellen soll, Pappwänden als Hintergrund ist eine Stra- nur noch an. Oben im Bild ist außerdem der tegie vor allem der Fernsehserie, wie hier in Schattenwurf des Mikrofons zu sehen einer unbekannten Folge von Captain Video and His Video Rangers (USA ca. 1950) en scène ohnehin weniger ins Gewicht fie- len. Doch hielt sich diese Form der Ästhetik hydraulischen oder mechanischen Antrieben, selbst mit steigender Qualität der Darstellung aufwändig produzierte Gummikostüme oder bis in die Sciencefictionserien späterer Zeit komplizierte pyrotechnische Effekte, welche wie etwa Star Trek (USA 1966–69). das Staunen der Zuschauer hervorzurufen Nichtsdestotrotz ist eine derartige Ästhe- versuchten (Johnson 1996:3–5). tik gerade in einem Kinofilm in den 1950er Ähnlich dem Bühnenbild sind die Spe- Jahren bereits zu einer Seltenheit geworden. zialeffekte als Ausdruck billiger oder teurer Sie verweist ebenso wie die Goofs auf das Production Values zu betrachten. Und mehr Vorfilmische. Im Gegensatz zu den Pannen noch als das Bühnenbild sind sie den Rezipi- konstruiert sie jedoch weniger einen dilet- enten Anknüpfungspunkt für mögliches Ex- tantischen Auteur, als dass sie den Film als pertenwissen über die Produktionsbedingun- billigen Film innerhalb eines ökonomischen, gen. Effekte beeindrucken nicht nur durch ihr institutionellen wie ästhetischen Dispositivs visuelles oder akustisches Spektakel, sondern Hollywood positioniert. lösen stets auch das Bedürfnis aus, hinter die Kulissen zu blicken und den Trick zu durch- Spezialeffekte schauen. Es wundert daher auch kaum, dass dieses fragile Gleichgewicht zwischen Illusi- Was für die Mise en scène und ihr im Kino onismus und reflexiver Zurschaustellung mit der 1950er Jahre selten erreichtes Maß an zunehmendem Alter des Films kippt: Nichts Minimalismus und billiger Künstlichkeit gilt, wirkt antiquierter als ein nicht mehr ganz so lässt sich umso mehr für die Spezialeffek- illusionistischer Effekt der Vergangenheit, te konstatieren. Die 1950er haben in ihrer der von neuen, technisch weiter entwickel- Begeisterung für das Spektakel die hand- ten Verfahren abgelöst wurde. Historischen werklichen Techniken der Special Effects Spezialeffekten wohnt daher auch immer et- wesentlich erweitert. Fantastischer noch als was Nos talgisches inne. die Masken des klassischen Horrorfilms wa- In Woods Filmen ist das Gleichgewicht ren es nun naturgetreue Monstermodelle mit zwischen Illusion und Reflexivität gestört, 124 Spuren des Billigen Die aus Spielzeugbausätzen gebastelten Die Flammen des brennenden UFO UFOs aus plan 9 from outer space verraten die eigentliche Größe des Objekts weil die Effekte von vornherein so offensicht- In einigen Fällen verzichtet plan 9 sogar lich, fast ungeschickt künstlich wirken: Die ganz auf die Special Effects und deutet sie aus einem Spielzeugbausatz gebauten flie- allein durch das Schauspiel an, etwa wenn genden Untertassen in plan 9 from ou- sich die Darsteller auf den Boden werfen, ter space hängen an deutlich sichtbaren um die brachiale Druckwelle eines UFOS zu Schnüren und bewegen sich völlig ungelenk simulieren (13:06). Auch in bride of the (17:16, 24:40). Als sie explodieren, macht die monster findet sich ein ähnlicher ›Spezi- Größe der Flammen, die aus dem Spielzeug aleffekt‹: Hier wird der wahnhafte Wissen- schlagen, klar, dass es sich bei den UFOs nur schaftler im Finale von seiner Monsterkrake um Miniaturen handelt (1:16:00). Die idylli- überwältigt (67:33). Der Oktopus war ein sche Szenerie mit Kirche, über die eine der mehrere Meter großes Modell, das jedoch in Untertassen hinwegschwebt, ist ein in der sich immobil war. Bela Lugosi, der den Wis- Tradition des Primitivismus gehaltenes Ge- senschaftler spielte, musste nun nicht nur mit mälde (5:32), weit davon entfernt, wie ein dem Kraken kämpfen, sondern gleichzeitig naturalistisches Abbild einer kalifornischen auch dafür sorgen, dass dieser sich über- Landschaft auszusehen. haupt bewegte. Dieses absurde Gefecht mit Die sichtbare Konstruktion der Spezial- einem unbeweglichen Gummitier ist dabei effekte mit ihren Versuchsaufbauten, Hinter- auch ohne das Hintergrundwissen sofort in gründen und Miniaturen lässt sie, ähnlich wie seiner Falschheit erkennbar. die Bühnenbilder, zu symbolistischen Varian- ten der auf Illusion und Spektakel abzielenden Laienspiel ›großen‹ Effekte werden: Die Spezialeffekte in Woods Filmen stehen eher sinnbildlich für Neben den Kulissen und Spezialeffekten ist Explosionen oder fliegende Raumschiffe, als das Schauspiel eine weitere ergiebige Quel- dass sie diese nachzubilden versuchen. Dieses le für filmische Spurenleser: nicht nur, wie So-tun-als-ob lässt ihnen zudem etwas Spie- oben angedeutet, auf dahinterstehende so- lerisches angedeihen, das ein rein illusionis- ziale Beziehungen in der Realwelt, sondern tisches Kino so nicht hat. Das Dispositiv des auch insofern, als dass Fehler im Schauspiel Kinos wird zum Spielplatz, auf welchem der auf mangelndes Talent, Inkompetenz, zu ge- Filmemacher sich austoben darf. ringe Probezeit oder zu knappe Drehpläne 125 Ästhetik zurückgeführt werden können. In plan 9 heruntergezogen, die Arme an der Seite hän- from outer space etwa muss John Bre- gend. Die lasche, indifferente Körperhaltung ckinridge, der den Herrscher der Außerirdi- wird jedoch durch den vorwurfsvollen Blick, schen spielt, wiederholt ins Skript schauen den er auf Don wirft, sowie eine kurze Arm- (22:22–23:26), sein Diener verpasst seinen bewegung, mit der er Don am Ellbogen greift Abgang (46:53). Tor Johnson, der den reani- und zur Raison zu rufen versucht, infrage ge- mierten Zombie verkörpert, rutscht aus, als stellt. Der unerfahrene Clancy Malone spricht er aus dem Grab steigt (32:53). Tom Mason, ebenfalls langsam, wechselt aber zwischen der Lugosi als Darsteller des Vampirzombies vernuschelten Satzanfängen und -enden und ersetzt hatte, verrutscht der Mantel (55:00). deutlicherer Artikulation. Die Satzmelodie, Und Maila Nurmi, die ebenfalls eine Unto- die bisweilen ins Weinerliche verfällt, und te spielt, zuckt kurz zusammen, als auf sie der Satzrhythmus, der ab und zu ins Stocken geschossen wird (15:05). gerät, geben der Aussprache zudem etwas Diese Fehler funktionieren wie die oben Betrunkenes. Malone steht locker, die Hän- untersuchten Pannen als kurzfristiges Herein- de in den Hosentaschen, die Mimik jedoch brechen des Zufälligen in das Illusionswerk wirkt verbissen, die Blickrichtung dagegen des Films: Die Darsteller fallen – häufig im sogar schüchtern. wahrsten Sinne des Wortes – für einen kur- Das Schauspiel beider Darsteller ist ma- zen Moment aus ihrer Rolle. Doch ähnlich rionettenhaft und hölzern, die Bewegungen wie bei den oben genannten Beispielen sind isoliert und abgehackt, die Sprache überar- es nicht nur die Patzer, die als flüchtige Aus- tikuliert und auffällig langsam; im Falle von setzer die Illusion ins Stottern bringen. Die Malone angereichert mit kurzen Versprechern Besetzung mit ungeübten oder untalentier- und Hasplern sowie einer teils leiernden ten Schauspielern sowie eine unzureichende Sprachmelodie. Gerade er spielt eine völlig Schauspielführung vereinigen sich bisweilen widersprüchliche Figur, die sich nicht mit zu einem eigenständigen Darstellungsstil, der seiner in vorangegangenen Sequenzen geform- in seiner Künstlichkeit und Unbeholfenheit, ten Don-Figur in Einklang bringen lässt und seiner Inkonsistenz und Inkohärenz, ebenfalls deren innerer emotionaler Zustand durch zur durchgehenden Spur der Gemachtheit das Schauspiel nicht deutlich wird. des Filmes wird. Ein zweites Beispiel: In einer Sequenz Zwei Beispiele sollen erläutern, woran sich von night of the ghouls erzählt die er- ein solches ›schlechtes Schauspiel‹ in Woods schreckte Tochter, gespielt von Valda Han- Filmen festmachen lässt. In jail bait kom- sen, ihrem Vater von einer Begegnung mit men die Hauptfigur Don und sein Ganoven- einem Geist (38:51–40:41). Die expressive freund Vic in einer kurzen Sequenz aus einer Mimik und die Bewegung von Schultern und Bar (13:47 – 14:48). Don ist auf Grund einer Kopf stimmen mit der Gefühlslage der Figur vorhergehenden Begegnung mit zwei Polizis- überein, die zwischen Angst sowie Wut und ten wütend; Vic wirft ihm vor, zu emotional Enttäuschung über die ignorante Reaktion zu reagieren und will ihn vielmehr auf den ihres Vaters wechselt, und irritiert allenfalls neuen Coup vorbereiten, worauf Don jedoch durch eine gewisse Übertreibung. Im Wi- zögerlich reagiert. Der bereits berufserfahrene derspruch zum Gesicht und zur emotiona- Timothy Farell, der die Rolle von Vic spielt, len Agitiertheit bleibt der Oberkörper der spricht äußert langsam, mit überdeutlicher Darstellerin jedoch völlig starr. Die Mimik Artikulation und ausgeprägter Satzmelodie. gewinnt dadurch etwas Abgesetztes, Isolier- Er steht ausdruckslos gerade, die Schultern tes und lässt die Kohärenz der Figur zerbre- 126 Spuren des Billigen Clancy Malone und Timothy Farell spielen Valda Hansen reichert ihr Spiel in night ihre Figuren Don und Vic in jail bait hölzern of the ghouls mit reicher Mimik an, wider- und widersprüchlich spricht diesen Ausdrucksgesten allerdings in ihrem bewegungslosen Körper chen. Noch undeutlicher werden die Kon- turen der Protagonistin in der Montage: Im als Spuren auf das Vorfilmische lesen, als Schuss-Gegenschuss mit ihrem Vater folgt Hinweise auf die berufliche Erfahrung der der Schnitt nicht einmal ungefähr dem Ge- Darsteller, als Index sozialer Konstellatio- spräch. So kommt es an einer Stelle gar dazu, nen des Afilmischen, mit anderen Worten, dass ein ganzer Satz der Tochter übersprun- als Aus-der-Rolle-Fallen. gen wird: Während die Einstellung auf den Die Trashfilme von Ed Wood bieten, so Vater gerichtet bleibt, spricht sie, ohne dass ließe sich dieser erste Abschnitt zusammen- er aber eine nennenswerte Reaktion auf das fassen, eine Reihe von Störungen, die sich von der Tochter Gesagte zeigt. Die Figur der als Spuren eines vorangehenden Produkti- Tochter, deren Körper ohnehin schon zwi- onsprozesses lesen lassen: Fehler, Pannen, schen Mimik und Körperhaltung gebrochen Versprecher und all die plötzlichen Erupti- war, wird so zur reinen Stimme. onen des Zufalls bleiben auf Grund der Pro- Beispiele dieser Art finden sich in duktionsbedingungen sichtbar und durchbre- Woods Filmen zuhauf. Sie lassen einen Stil chen punktuell den Illusionismus. Die billi- des ›schlechten Schauspiels‹ erkennen, der ge Künstlichkeit des Bühnenbildes wie der sich in einem monotonen, überartikulier- Spezialeffekte funktioniert dagegen nicht nur ten oder in einem schludernden, stolpern- lokal, sondern dauerhaft als Erinnerungsspur den Sprachrhythmus manifestiert sowie für die Gemachtheit des Filmes. durch marionettenhafte, hölzerne, isolierte Da diese Spuren auch auf die ökonomi- Körperbewegungen geprägt ist. Vor allem sche Seite des Produktionsprozesses ver- aber führt dieser Schauspielstil zentrifu- weisen, lässt sich diese Form auch als eine gale Kräfte auf mehreren Ebenen ein: In- Ästhetik des Billigen fassen. Und diese kohärent verhalten sich die verschiedenen ökonomische Konnotation von Ästhetik ist Kommunikationsebenen von Körper und auch einer der Faktoren, die Woods Filme Stimme zueinander. Inkonsistent verbleibt zu Müll machen. Sie sind, anders formuliert, das Schauspiel zu der bis dahin von der Müll, weil sie einfach so unglaublich billig Handlung entwickelten Figur. Inkohärenz aussehen. Ihre zentrifugale Kraft und ihre wie Inkonsistenz lassen sich dabei stets Fähigkeit zur Absurdität erlangt diese Äs- 127 Ästhetik thetik des Billigen allerdings erst dadurch, »The biggest clue in the hunt for obscure dass die Filme sich dem stilistischen Dis- volumes penned by Ed Wood is his quirky positiv Hollywoods unterordnen und damit grammar. It has been surmised that Wood zumindest implizit den Anspruch erheben, typed faster than he thought (and that is en- die Normen dieses kulturellen Systems er- tirely possible). Much of the grammar in the füllen zu wollen. Erst mit dieser Vergleichs- Wood books is a little off. Run on sentences, folie wird ihre Ästhetik zu einer des Billigen eight or twelve ideas packed into a single pa- und des Scheiterns. ragraph, etc.« (Hayes 2006: 138f) Dieselbe ›schrullige Schreibweise‹ prägt nicht Künstlichkeit und Pathos nur die Kurzgeschichten der 1960er Jahre, son- dern lässt sich auch für die Filme der 1950er Ein zweites Merkmal der Ästhetik von konstatieren, für die Wood die Drehbücher Woods Werk findet sich im überbordenden geschrieben hat. Zwei Beispiele sollen dies Stil von Sprache und Schauspiel sowie in der deutlich machen: In einer kurzen Sequenz in Inkonsistenz von Stilregistern und –ebenen. jail bait unterhalten sich Vater und Tochter Hypertrophierung und Stilbruch ergeben in über den missratenen Sohn/Bruder: ihrem Wechselspiel eine Konstellation, die zwischen Pathos und Banalität oszilliert. Marilyn: »But, Dad! He’s out there some- Denn Pathos läuft in Woods Filmen meist where with a gun!« ins Leere, verweist auf die Nichtigkeit der Gregor: »Oh, I know, I should have called dahinterstehenden Idee und wird zu einem the Inspector and told him. But I just Stilmittel der Selbstreflexivität. couldn’t make up my mind to do it. I just Die Analyse der sprachlichen Qualitäten, can’t see Don doing anything wrong! I just die sein Filmwerk wie auch seine Drehbücher can’t make up my mind to believe it! Where und literarischen Werke betrifft, hat auch have I failed?« in den Sammlergemeinden des Fandoms Marilyn: »You haven’t failed, Dad.« gewisse Bedeutung erlangt. Da Wood einen Gregor: »Words, my daughter, just words! Großteil seiner schriftstellerischen Produk- The proof is in the fact!« tion in den 1960er und 70er Jahren unter (jail bait, 15:35–16:09) Pseudonym verfasste, ist eine vollständige Bibliografie bisher nicht verfügbar. Gerade Es sei betont, dass dieses Zitat den gesam- Sammler von Wood-Paraphernalia stehen ten Dialog der kurzen Sequenz darstellt. Der daher vor der Herausforderung, einzelne, erste Satz, der nach der Aufblende gespro- bislang unentdeckte Werke als solche von chen wird, fängt aus dem Nichts mit »But, Wood zu identifizieren. Hayes (2006) ver- Dad!« an, ohne dass diese Widerrede an et- weist in seinem an ein derartiges Publikum was Bestimmtes anknüpft. Die Anapher, die adressierten Buch zunächst auf einige wie- durch das wiederholte »I just« entsteht und dererkennbare Motive wie Cross-Dressing, schließlich im Klimax des »Where have I Angora, die wiederholte Verwendung der- failed?« mündet, bildet zwar ein Crescendo selben Figurennamen oder den Verweis auf der Affektstruktur, stolpert jedoch in jedem einzelne Filme wie auf das Dispositiv der Schritt über die psychische Logik der Figur. Filmindustrie. Den eigentlichen Charakter Zu Beginn des Dialogs drückt der Vater noch von Woods Schreibweise macht er jedoch seine gemischten Gefühle zwischen Zweifel auf der sprachlichen Ebene fest: an seinem Sohn und Verantwortungsbewusst- 128 Künstlichkeit und Pathos sein ihm gegenüber aus. Innerhalb weniger Se- über dem Thema Tod, die an sich schon nahe kunden wechselt er dann aber zu einer Ver- am Stilbruch liegt, wird jedoch im folgenden drängung dieses Zwiespalts bis hin zu einem Spannungsaufbau ad absurdum geführt. Matt wehleidigen Schuldbewusstsein, ein Schritt, behauptet, größere metaphysische Weishei- der in dieser Schnelle nicht nachvollziehbar ten über den Tod zu besitzen, gibt allerdings ist. Der Klimax wird schließlich im ellipti- nur die banale Information preis, dass das schen, gestelzten »Words, my daughter, just Opfer einen anderen Namen hat als die üb- words« sowie im enigmatischen »The proof is rigen Ermordeten. in the fact!« zum Abschluss gebracht. Nicht nur wechselt der Vater hier radikal die Stil- Ein Arbeitsbegriff des Pathos ebene; es bleibt zudem auch völlig unklar, warum er hier einen Diskurs über das Refe- Wenn im vorangehenden Abschnitt vom Pa- renzverhältnis von Sprache und Objektwelt thetischen gesprochen wurde, so muss dieser anschneidet, der mit den vorhergehenden Begriff näher expliziert werden, greift er doch Themen nur wenig zu tun hat. auf einen seit der antiken Rhetorik bekannten In einem anderen Dialog aus the si- Diskurs über die affektive Wirkung von Tex- nister urge betrachten Kommissar Matt ten zurück. In der Tradition der Antike um- und sein Assistent Randy eine Leiche an ih- fasst Pathos noch weitestgehend wertneutral rem Tatort: all diejenigen Affektstrukturen und -strate- gien eines Textes, die auf eine momenthafte Randy: »Just like the others.« Erregung, auf Aufwühlung und Gefühlsaus- Matt: »Pretty kid, too.« brüche seitens des Publikums abzielen (Plett Randy: »She doesn’t look much like a kid 2001: 4). Nicht erst mit Schillers Begriff des now.« Pathetisch-Erhabenen ergibt sich jedoch die Matt: »Maybe she grew up during that ›mo- Notwendigkeit der Legitimation für solche ment of truth‹. As she died.« Gefühlsausbrüche, die dann in Folge auch Randy: »Same way [...] She was killed the stets negativ konnotiert sind. Bei Schiller same way. The same M.O. The same ev- dient das mit Leiden gleichgesetzte affektive erything.« Empfinden als Urgrund, über dessen Materi- Matt: »With one great difference.« alität und Körperlichkeit der Verstand sich Randy: »What’s that?« erheben muss, um Freiheit zu erlangen: »Das Matt: »Her name will be different than Sinnenwesen muß tief und heftig leiden; Pa- the others.« thos muß da sein, damit das Vernunftwesen (the sinister urge, 4:40–4:53) seine Unabhängigkeit kund thun und sich handelnd darstellen könne« (Schiller 2008: Die Selbstkorrektur des »Same way« entsteht 423). Doch nicht nur die Freiheit des Ver- durch einen unsauberen Schnitt, der den Ver- standes, auch andere ›höhere Ideen‹, Mythen sprecher zum Teil noch anklingen lässt und und Ideologien dürfen als Legitimation für einen Materialitätseffekt selbst auf Syntaxe- derartige Affektivitäten herhalten: bene der Sprache einführt. Die pathetische Formel des »moment of truth« öffnet den »Der Affektausbruch eines Einzelnen ist Dialog auf eine existenzialistische Ebene, ein Verstoß gegen die guten Sitten [...]. Nur die man in der berufsalltäglichen Situation wenn sich der Redner auf ein höheres Ziel der beiden Polizisten zunächst nicht erwar- verpflichtet, das er mit dem Publikum ge- ten würde. Diese tiefsinnige Öffnung gegen- meinsam hat, scheint die Gefahr der Anarchie 129 Ästhetik der Affekte, des Rückfalls in die Animalität führt, die für diese Arbeit als Vorlage dienen gebannt.« (Dachselt 2003: 149) soll (Schmitt 2009): Bereits Barthes hatte in seinem Mythosbegriff die semiotische Öff- Eine parallele, abwertende Deutung des Kon- nung der Zeichen hin zu einer ›höheren Idee‹ zeptes reiht das Pathetische als etwas über- untersucht (Barthes 2003: 92–94). Auch trieben Affekthaftes in eine Tradition von beim Pathos scheint immer mehr hinter der Begriffen wie Manierismus, Preziosität, The- Affektstruktur zu stecken, als oberflächlich atralität oder Schwulst. Ein solcher negativer zu erkennen ist: Pathosbegriff greift auf die antike Auffassung vom Unangemessenen zurück, der auf die »Die pathetische Semiose behauptet einen Passgenauigkeit zwischen Stil und Gegen- (Gesamt-)Sinn hinter den offensichtlichen stand einer Rede abzielt. Der Stil muss stets Bildern und Tönen einer kontingenten Welt der Rede angemessen sein, darf nicht überbor- der Einzelheiten, der nicht sofort auf den Be- den, aber auch nicht nüchtern zurückbleiben. griff zu bringen ist, aber die Rezipientin des Dahinter steckt natürlich eine konzeptionelle Films dazu auffordert, genau das zu tun.« Trennung von Form und Inhalt, von Stil als (Schmitt 2009: 53). eher fakultativem und nur in Maßen erträgli- chem Schmuck, der dem eigentlich wichtigen Wie der Mythos bei Barthes ist Pathos also Inhalt einer Rede aufgesetzt wird (Plett 2001: etwas, das »nicht Bedeutung, sondern ›Bedeut- 32), eine Gegenüberstellung, die selbst noch samkeit‹ generiert« (Schmitt 2009: 42). Ganz das neoformalistische Konzept vom Exzess im Gegensatz zum Mythos jedoch, der seine prägt (vgl. Thompson 2008). semiotische Wirksamkeit stets verbergen muss, Beide Traditionslinien werden in Schmitts operiert Pathos mit offensichtlichen Mitteln. Konzeption zum Kinopathos zusammenge- Hier ist es die Evidenz der sinnlichen, affek- tiven Durchsetzungskraft, die mit der ideologischen Komponente in Verbindung tritt, nicht aber, wie beim Mythos, eine vermeintlich unvermittelte Referentialität (Schmitt 2009: 46). Aus dem bisher Gesagten lässt sich leicht erkennen, wie fragil ein solches semiotisch- affektives Gebäude ist, wie instabil das Gleichgewicht zwischen Selbstreflexivität, Affekt, und Begeisterung für eine höhere Idee. Ein wenig zu viel an Stilmitteln, eine zu stereotype Pathosformel Die ausdrucksstarke Mimik, Gestik und Körperhaltung oder ein Stilbruch steigern von Bela Lugosi überträgt das Pathos auf die Ebene des die Künstlichkeit auf der tex- Schauspiels, hier in bride of the monster während seiner tuellen Seite. Eine vom Zu- Ansprache schauer nicht geteilte ›höhere 130 Künstlichkeit und Pathos Idee‹ oder ein zu ungenauer Verweis lässt die Pathetisch ist dieser Wortwechsel im Sinne Pathosformel ins Leere laufen. Zudem gönnt einer auf Mitleid und Mitgefühl gerichteten die historische Variabilität von Ideologie wie Affektstruktur, pathetisch ist er aufgrund von Angemessenheit dem Pathos nur einen eines Leidens, über das Vornoff sich erhebt, kurzfristigen Erfolg, wirkt die dahinterliegende und pathetisch ist er, indem er den Begriff Formel doch schnell veraltet, wenn sie denn der persönlichen Freiheit den sozialen Ver- überhaupt je so funktioniert hat. pflichtungen gegenüber einem etwaigen Hei- matland entgegensetzt. Doch da das Leiden, Das Pathos des Sprachlichen auf das Vornoff anspielt, im Film vorher nicht gezeigt, sondern nur durch diese wenigen Sät- Ein sprachliches Pathos im ursprünglichen ze konstatiert wird, wird es mehr Selbststi- Sinne der Rhetorik findet sich in Woods Fil- lisierung denn tatsächliches Martyrium und men an mehreren Stellen. Figuren wechseln lässt das Pathos brechen. Das Pathos bricht ihr Stilregister und brechen in pathetische auch dadurch, dass das existenzielle Elend, Monologe aus: etwa im abschließenden Plä- auf das der Wissenschaftler verweist, nicht doyer des Richters in the violent years überwunden wird, sondern auf narzissti- (52:16–56:23), in der Rechtfertigung des Po- sche Weise gerächt werden soll, die zudem lizisten in the sinister urge (13:12–15:15) in keinem maßvollen Zusammenhang zum oder in der Stilistik des Erzählers in glen Leiden selbst steht. Elliptische Sätze, Alli- or glenda. In bride of the monster terationen, die Epipher des Wortes »home« konfrontiert der Ausländer Strowski seinen oder die exklamatorische Akkumulation mit alten Landsmann, den verrückten Wissen- ihrer Natur- und Jagdmetaphorik machen da- schaftler Vornoff, um diesen nach Hause zu- rüber hinaus die Künstlichkeit der Sprache rückzulocken. Vornoff jedoch weigert sich sichtbar, die gleichzeitig auf äußerst stereo- zurückzukehren und antwortet: type Hyperbeln zurückgreift. Die Verallge- meinerung im »one« des letzten Satzes rückt Vornoff: »Home? I have no home! Hunted! endgültig die Phrasenhaftigkeit der Sequenz Despised! Living like an animal! The jungle in den Vordergrund. Das ins Leere laufende, is my home! But I will show the world that hypertrophierte Pathos lässt die Banalität der I can be its master. I will perfect my own Figur Vornoff nur stärker hervortreten und race of people. A race of atomic supermen, ihn umso lächerlicher erscheinen. which will conquer the world« Ein zweites Beispiel ist der Sermon, den Strowski: »Ahhh, yes, yes, of course. A truly der außerirdische Eros im Finale von plan great master race. Such as I convinced my 9 from outer space rezitiert: superiors only you could create. One with which our government can rule the world Eros: »I, a fiend? I am a soldier of our planet! without debate.« I, a fiend? We did not come as enemies. We Vornoff: »You misunderstand me, Strowski. came only with friendly intentions. To talk. I don’t intend to return home. My plans are To ask your aid.« for myself.« Colonel: »Our aid?« Professor: »Are you mad, Vornoff?« Eros: »Yes. Your aid for the whole universe. Vornoff: »One is always considered mad But your governments of earth refuse even when one discovers something that others to accept our existence. Even though you cannot grasp.« have seen us, heard our messages, you still (bride of the monster, 41:11 – 42:50) refuse to accept us.« 131 Ästhetik Colonel: »Why is it so important that you wan- Jeff: »That’s all I’m taking from you.« na contact the governments of our Earth?« (plan 9 from outer space, 1:04:44–1:07:15, Eros: »Because of death! Because all you of Ergänzungen wurden aus dem Drehbuch hin- earth are idiots.« zugefügt, vgl. Wood 1956) Jeff: »You just hold on, Buster ...« Eros: »No, you hold on! First was your fire- Auch hier führen Archaismen (»fiend«), Inver- cracker. A harmless explosive. – Then your sionen, verschiedene Wiederholungsstruktu- hand grenade. They began to kill your own ren wie etwa die Anaphern des »I«, »We«, people, a few at a time. – Then the bomb. »To« oder »Then« oder die Wortneubildung Then a larger bomb. Many people are killed des »solaronites« zu einem hypertrophier- at one time. – Then your scientists stum- ten Sprachstil. Mehr noch als der Auszug bled upon the atom bomb. Split the atom. aus bride of the monster ist diese Stelle – Then the hydrogen bomb where you actu- jedoch nicht nur durch Übertreibung, son- ally explode the air itself. – Now you [can dern auch durch Stilbrüche gekennzeichnet: destroy whole cities of people in one big Eros wechselt innerhalb einer Sekunde von explosion. There is only one step left until einem pathetischen (»Because of death«) zu you and your Earthman’s stupidity] brings einem beleidigenden, vulgären Stilregister the total destruction of the entire universe (»Because all you of earth are idiots«). Hinzu served by our sun. The only explosion left kommen ungewöhnliche grammatikalische is the solaronite.« Konstruktionen (»all you of earth« oder »your Colonel: »But there is no such thing.« scientists will stumble upon it as they have Eros: »Perhaps to you. But we have known all the others«). Die Klimaxstruktur, die das it for centuries. Your scientists will stumble zentrale Argument von Eros bildet, ist nicht upon it as they have all the others. But the ju- nur stilistisch, sondern auch in seinen se- venile minds which you possess will not com- mantischen Verweisen befremdend: Statt, prehend its strength until it’s too late.« wie man erwarten könnte, den menschli- Colonel: »You’re way above our heads.« chen Waffengebrauch in den Mittelpunkt Eros: »The solaronite is a way to explode the zu stellen und die Klimax beispielsweise actual particles of sunlight.« mit dem Bild einer Keule beginnen zu las- Colonel: »But that’s impossible!« sen, fängt die Reihe mit einem Knallfrosch Eros: »Even now, your scientists are working an. Und völlig in sich zusammen bricht die on a way to harness the sun’s rays. The rays Argumentation in dem falschen Syllogis- of sunlight are minute particles. Is it so far mus, mit dem die Ausführungen Eros’ en- from your imagination they cannot do as I den: Atome sind Teilchen und unter Ab- have suggested?« gabe von Energie teilbar; Licht lässt sich in Colonel: »Why, a particle of sunlight can’t der Quantentheorie ebenfalls als Teilchen even be seen or measured.« fassen; dementsprechend lässt sich Licht Eros: »Can you see, or measure, an atom? ebenfalls unter Abgabe von Energie spal- Yet, you can explode one. A ray of sunlight ten. Markant ist hier weniger die pseudo- is made up of many atoms.« wissenschaftliche Argumentation, ist diese Jeff: »So what if we do develop this sola- doch regulärer Bestandteil von Sciencefic- ronite bomb? We’d be an even stronger na- tion. Bemerkenswert ist vielmehr der lo- tion than now.« gische Fehlschluss, der auch Zuschauern Eros: »Stronger? You see? You see? Your stu- ohne naturwissenschaftliche Vorbildung pid minds! Stupid! Stupid!« auffallen kann. 132 Künstlichkeit und Pathos Das Pathos von Eros Rede scheitert je- diese Grenze ist und wie sehr der Eindruck doch nicht nur an stilistischen und semanti- von Künstlichkeit, Stilisierung oder Natura- schen Widersprüchlichkeiten oder an einer lismus von historisch kontingenten Normen allzu künstlichen Hypertrophierung, son- reguliert wird. Was im melodramatischen dern auch an dem Verweis auf die ›höhere oder histrionischen Stil des frühen Kinos Idee‹. Schließlich ist die Motivation der Au- als akzeptable Ausdrucksgeste gilt, wird im ßerirdischen völlig unklar und scheint von naturalistischen Stil der neuen Sachlichkeit Satz zu Satz zwischen dem Wunsch nach oder im amerikanischen Method Acting als Kooperation oder Unterwerfung, zwischen künstlich abgelehnt, im Vaudevillestil dage- Pazifismus und Militarismus zu wechseln. gen gerade auf Grund seiner Künstlichkeit Die Rede von Eros, die die Unmöglichkeit für selbstreflexive Lacher verwendet (vgl. der Kommunikation verdeutlicht, ist somit Dyer 1998: 137–142). gleich auch Beispiel für das Fehlen von Logik Die Schauspielstile in Woods Filmen und Sinnhaftigkeit, welche die meisten der sind vielgestalt und wechseln je nach Gen- Filme prägt, und welche an anderer Stelle re und Darsteller, aber auch innerhalb der (Seite 141) behandelt werden soll. Figuren zwischen naturalistischen oder the- atralischeren Stilen. Gerade die Horrorfil- Posen me lassen einen – durchaus genretypischen – Darstellungsstil erkennen, der durch eine Das Pathetische ergibt sich nicht allein auf deutliche Künstlichkeit und Selbstreflexivi- einer sprachlichen Ebene, sondern im Falle tät der Körperhaltung, Gestik und Mimik eines semiotisch gefassten Pathosbegriffes geprägt ist. auch auf der Ebene des Schauspiels. Die Be- Am prägnantesten ist dieser Stil sicher- grifflichkeiten des Über- und Unterspielens lich beim Schauspieler Bela Lugosi vertreten: weisen bereits darauf hin, dass das rhetori- Lugosis Körperbewegungen sind gerade nicht sche Prinzip des Angemessenen auch in den organisch, nicht natürlich fließend, sondern Körper-, Kamera- und Montagecodes des in abgehackte, oft körperlich anstrengend er- Schauspiels Anwendung finden kann. Die scheinende Posen getrennt, die Körperdyna- verschiedenen Darstellungsstile der Filmge- mik durch ein stetes Wechselspiel zwischen schichte machen zudem deutlich, wie variabel Bewegung und Stillstand rhythmisiert. Die Schauspiel in Woods Filmen ist zuweilen eine Attraktionsmontage aus einzelnen Posen ... wie hier in glen or glenda 133 Ästhetik Lugosi in bride of the monster, in white zombie (1932; R: Victor Halperin) ... Mimik ist meist deutlich überbetont: Auf- seiner Ausdruckskraft wirken. Auch Maila gerissene Augen und nach unten gezogene Nurmi, welche nur in einer Rolle in plan 9 Mundwinkel wechseln mit zusammenge- from outer space auftritt, auf Grund die- kniffenen Augen und einem verschmitzten ser Figur jedoch zur Ikone des Wood’schen Lächeln ab. Unterstützt wird der Eindruck Kinos wurde, wirkt zunächst einmal mit ih- des Grimassenhaften durch die bewegungs- rer Körperlichkeit, vor allem natürlich ihrer lose Kopfhaltung, welche die mimischen Be- extreme Wespentaille, sowie durch eine zur wegungen, ähnlich wie die des Körpers, iso- Maske erstarrten Mimik mit weit aufgeris- liert erstarren lässt. Hinzu kommt bei Lugosi senen Augen und verzerrten Gesichtszügen. ein im Laufe seiner Rollenbiografie immer Sowohl Johnsons als auch Nurmis Schauspiel weiter standardisiertes Gestenrepertoire, in zeigt gerade auch die intertextuelle Kompo- dem die Feingliedrigkeit seiner Arme und nente dieser Posen auf, die hier nicht, wie Hände sichtbar wird: der in Ellbogen und bei Lugosi, auf eine Rollenbiografie verweist, Handgelenken nach vorne abgerollte, in den sondern auf das Korpus der Filme von Ed Fingergelenken jedoch starr gekrümmte Arm; Wood. Die Zombiepose nämlich – die star- die ineinander verschlungenen Finger; die re, hölzerne Körperhaltung, die nach vorne waagerecht ausgestreckten Arme, die den gestreckten, nur leicht angewinkelten Arme, Mantel Draculas aufspannen. die deutlich davon abgegrenzten, erstarrten Dieser fast schon konstruktivistische Hände mit ihren abgespreizten Fingern so- Schauspielstil Lugosis prägt auch das Spiel wie die ausdrucksleere Gesichtsmimik mit anderer Darsteller, etwa von Tor Johnson oder den weit aufgerissenen Augen – findet sich Maila Nurmi, wird dort jedoch noch weiter nicht nur im Spiel von Johnson und Nurmi, gedrosselt bis hin zu in Bewegungslosigkeit sondern bereits in der Figur der Barbara in gefangenen Posen. Tor Johnson übernimmt der Traumsequenz von glen or glenda in bride of the monster und night of (47:11). Es wundert daher auch nicht, dass the ghouls die Rolle des Lobo wie auch all diese Rollen stumm sind: Lobo wie der den zum Zombie wiederauferstandenen von Nurmi gespielte Zombie haben keinen Polizisten in plan 9 from outer space. Dialog, der von Johnson dargestellte Polizist Beide Figuren spielt er mit einer extrem spricht nur einige, wenige Sätze, bevor er zum reduzierten Mimik und Gestik und lässt Wiedergänger wird, und Barbara ist zumin- stattdessen die Massivität seines Körpers in dest in der Traumsequenz wortlos. 134 Künstlichkeit und Pathos ... und in plan 9 from outer space Maila Nurmi in plan 9 from outer space Die genannten Figuren ersetzen das Pa- zist ausführlich dabei gezeigt, wie er sich ein thos der Sprache durch einen pathetischen Hemd überzieht (Abb. S. 136 oben). Beson- Schauspielstil: durch übertriebene, unange- ders auffällig wird diese Form der Inszenie- messene Pointierung, die es an jeglichen Nu- rung aber bei der Figur des Ordnungshüters ancen vermissen lässt, durch die Isolierung Craig in bride of the monster, der seine einzelner, abgetrennter Gesten und Posen aus Verlobte, die Reporterin Lawton aus den Fän- dem Kontinuum der Bewegung sowie durch gen des verrückten Wissenschaftlers befrei- einen offensichtlichen Verweischarakter, der en will. Craigs Befreiungsversuch scheitert die symbolische Komponente der Gebärde kläglich. Vielmehr wird er gefangen und mit über die indexikalischen Funktionen stellt. zerrissenem Hemd in Kreuzigungspose an die Die Ausdrucksgeste wird zum pathetischen Wand gekettet. Lawton wird schließlich von Zeichen, das auf etwas Höheres verweist. Lobo befreit und kann, während Lobo und Gleichzeitig ist sie jedoch ins Leere laufen- Vornoff miteinander kämpfen, ihren Verlob- des, gebrochenes Pathos, da die Zeichen ten befreien. Craig macht sich daraufhin, un- mehr Bedeutsamkeit generieren als Bedeu- terstützt von seinen Kollegen von der Polizei, tung, ihr Verweis undeutlich bleibt und die auf die Jagd nach dem flüchtenden Vornoff, Hypertrophierung ihres Aus- und Eindrucks die Brust frei, das Hemd immer noch in der sie ins Künstliche kippen lässt. Armbeuge hängend, und überwältigt den ver- Gar nicht so sehr als pathetische Pose im rückten Wissenschaftler. Zwar stellt er so die eigentlichen Sinne lassen sich einige Bilder fas- patriarchale Ordnung wieder her und befreit sen, die in ihrer visuellen Heraushebung aber sich vom zuvor etablierten Makel der Impo- trotzdem seltsam eigenständig und wenig nu- tenz, bleibt jedoch über die gesamte Szene anciert wirken. In ihnen rückt die Ausdrucks- Schauobjekt in seiner erzähltechnisch we- geste und der kinematografische Apparat den nig überzeugenden, dafür umso erotischeren männlichen Körper in den Blickpunkt und Nacktheit (Abb. S. 136 unten). eröffnet so auch die Möglichkeit, ihnen ein homoerotisches Moment zuzuschreiben. Ho- Intertextualität der Figuren moerotik ist kein dominantes, doch ein stetig wiederkehrendes Merkmal von Woods Filmen. Die Zombiepose, die durch ihren Verweis In jail bait etwa wird der von Schauspieler auf die anderen Filme Woods zu einem wie- und Bodybuilder Steve Reeves gespielte Poli- dererkennbaren Markenzeichen wird, zeigt 135 Ästhetik sein langgliedriger, starrer Körper verbinden sich mit- samt dem standardisierten, theatralischen Gestenre- pertoire zu einer einzigen, textübergreifenden Figur, die sich auf die gesamte Rollenbiografie Lugosis er- streckt und stets zur Rolle des Grafen in dracula (1931; R: Tod Browning) zurückführt. So schreibt auch die Filmkritikerin Carroll Borland: »To me Dracula is Bela Lugosi, and Lugosi is Dracula. There is no separation of the two« (Borland 1980: 9). Mehr noch als die Star- figur Lugosis, die sich in erster Linie mittels seines Schauspiels in über 100 Fil- men konstruiert, ist Vam- pira eine durch und durch intertextuelle, gar interme- diale Figur. Maila Nurmi erlangte in der Fernsehsai- son 1954/55 Berühmtheit als Ansagerin für Horror- filme und wurde 1954 gar für einen Emmy als »Most Outstanding Female Perso- nality« nominiert (vgl. etwa Steve Reeves zieht sich in jail bait etwas zu langsam sein Northside 2008). Die von Hemd an (oben); Tony McCoy als Polizist Craig muss am Ende von bride of the monster seine Männlichkeit wieder- Nurmi erschaffene Schau- herstellen, indem er Vornoff verfolgt, vergisst dabei aber, das ergestalt Vampira baute auf erotisch um ihn geschlungene Hemd fortzuwerfen (unten) einem medialen Stereotyp des weiblichen Bösewich- deutlich, dass die bedeutungsträchtigen tes auf, das den bereits vorhandenen Ty- gestischen und mimischen Zeichen nicht pus des Vamps übersteigert. Dessen kur- nur eine affektbeladene Konnotation eines venreiche Stilistik findet sich vor allem in höheren Sinn beinhalten, sondern auch zu Comic und Grafik, etwa in der Drachen- einem intertextuellen Spiel werden können. lady aus der Comicserie Terry and the Pi- Die durch einen lebhaften ungarischen Ak- rates (Milton Caniff, 1934–1946, George zent geprägte, markante Stimme Lugosis wie Wunder, 1946–1973) oder in John Willies 136 Künstlichkeit und Pathos Illustrationen des Fetischmagazins Bizarre nimmt, ist daher eher ein selbstbewusster (1946–1959), aber auch in der bösen Kö- Cameo-Auftritt denn normales Schauspiel. nigin aus snow white and the seven Nurmi spielt in plan 9 Vampira, die wie- dwarfs (1937; R: David Hand). Vor allem derum einen Zombie spielt. findet Vampira jedoch ihren Vorläufer in der Die Figuren, die von Lugosi, Johnson, Figur der Morticia aus den Comicstrips zur Nurmi oder auch Criswell gespielt werden, Addams Family, die der Zeichner Charles sind hochgradig stilisiert und vereinfacht Addams ab 1938 unregelmäßig veröffent- und verweisen auf einen ganzen intertex- lichte (Topliss 2005: 149). tuellen Komplex an Typen. Dennoch las- Nicht nur bündelt Vampira eine ganze sen sie sich mit herkömmlichen Begriffen medienübergreifende Tradition von weibli- der Typage kaum fassen. So übersteuert chen Typen. Sie bietet auch den Ausgangs- und hypertrophiert ist die Art ihrer Stili- punkt für eine Reihe von Nachahmerinnen. sierung, dass jede Form von Pathos bricht Der enorme, wenngleich kurzfristige Erfolg und die Figuren lächerlich werden. So der Kunstgestalt in der Saison 1954/55 und selbstbewusst ist das Spiel mit medialen die Wiederaufführungen von Horrorfilmen Stereotypen, dass die Mechanismen der im Fernsehen institutionalisierten einen Ty- Typage sofort offengelegt werden. Und so pus von Horrormoderatorin, der sich an der eigentümlich wirken die Figuren in ihrer Figur Maila Nurmis orientierte. Verfestigt Kombinatorik und Bricolage von Stereoty- noch einmal in der Verfilmung der Addams pen, dass sie das Gebiet des Klischeehaften Family als Fernsehserie (USA 1964–1966), auf der gegenüberliegenden Seite verlassen bleibt dieser Typus bis in die Gegenwart le- und zu idiosynkratischen Zeichen werden. bendig. Die damit beschriebenen Figuren sind also, Im Intro zu ihren Fernsehsendungen um es mit einem anderen Wort zu fassen, schreitet Vampira durch das von Trockeneis Karikaturen des medialen Stereotyps, auf vernebelte Studio auf die Kamera zu, bis das sie verweisen. ihr Gesicht den Kader füllt, und kreischt laut. Dann kiekst sie mit hoher Kopfstim- Ansteckende Künstlichkeit me, fährt sich verführerisch durch das Haar und sagt mit ihrer normalen, tiefen Die bislang besprochenen Figuren und Dar- Stimme: »Screaming relaxes me so!« In der steller sollten nicht den Eindruck erwecken, Anmoderation des Horrorfilms ihrer ent- dass damit bereits das gesamte Spektrum sprechenden Sendung sitzt sie schließlich des Schauspiels in Woods Filmen abgedeckt auf einem viktorianischen Sofa, umgeben sei. Dem oben beschriebenen hyperexpres- von einem Schädel, Kerzenhaltern, stili- siven Stil ist vielmehr ein naturalistischer sierten Spinnweben und giftig dampfen- entgegengesetzt, der diesem als Kontrast- den Pokalen und erklärt den Zuschauern folie dienen kann. mit Augenzwinkern Dinge wie die Zusam- Lyle Talbot steht für diesen eher unter- mensetzung ihres Vampira-Cocktails (The spielten, naturalistischen Zugang zum Schau- Vampira Show, USA 1954). Die Figur ist spiel. Ein solcher Stil versucht, die Künst- somit nicht nur hochgradig intertextuell, lichkeit des Performativen durch Nachah- sondern auch auf fast postmoderne Weise mung von alltäglichen Ausdrucksgesten und selbstreflexiv und ironisch. Dass Maila Nur- ins Gesicht geschriebenen Emotionen zu mi alias Vampira in plan 9 from outer verbergen (Maltby 2003). Er baut auf diese space die Rolle eines der Zombies über- Weise auf einer Common-Sense-Ideologie 137 Ästhetik und einer Rhetorik des Realismus und des Typus des gutmütigen, aber selbstbewuss- Authentischen auf. ten Durchschnittsamerikaners (und seiner Talbots Rollenbiografie ist vielfältig, nationalistischen Authentizitätskonstrukti- Anfang der 1950er jedoch größtenteils auf on) verknüpft. Er lässt sich jedoch selbst in Autoritätspersonen wie Sheriffs oder Po- solchen Rollen zu beobachten, die eigent- lizisten fixiert. Gegenüber den mannigfal- lich einen anderen Schauspielstil erwarten ließen, wie etwa die des Bösewichts Luthor in Atom Man vs. Superman (USA 1950). In Woods Filmen spielt Talbot zum einen nar- rative Leerstellen, die als Projektionsfläche für die Rezipientin dienen. Es sind Männer ohne Eigenschaften, deren einzige Aufgabe es ist, die Unwissenheit des Publikums zu spiegeln. Gemeinsam mit diesen lernt der Zuschauer etwas über Cross-Dressing, wie in glen or glenda, oder beobachtet, wie der Fall sich ohne Zutun dieser Figur von selbst löst, wie in jail bait. Gleichzei- tig sind Talbots Rollen auch bei Wood stets Lyle Talbots Schauspiel als General in plan 9 from outer space, wie in seinen anderen Autoritätspersonen, die den positiv konno- Rollen, ist geprägt durch einen naturalisti- tierten Ruhepol gegenüber dem exaltierten schen, unterspielten Stil, der den Figuren- Schauspiel der anderen Charaktere bilden: typen, die er spielt, entspricht und bei den In glen or glenda wie in jail bait spielt Filmen von Wood als Gegenpol zum thea- er einen Polizisten, in plan 9 from outer tralischen Stil der übrigen Figuren dient space einen General im Pentagon. Eine Beispiel aus plan 9 mag den mi- tigen Rollen ist der soziokulturelle Typus, nimalistischen, aber naturalistischen Stil den er in diesen Rollen verkörpert, meist seines Schauspiels verdeutlichen. In der der des »Good Joe« (Dyer 1998: 48). Sequenz (40:53–46:38) wird Colonel Tom Edwards (Tom Keene), einer der positiven »[The Good Joe type is] friendly and easy go- Protagonisten, zu seinem Vorgesetzten (Lyle ing; he fits in and likes people; he never sets Talbot) berufen. Talbot sitzt leicht schräg himself above others but goes along with the vor seinem Schreibtisch, bewegt nur kurz majority; he is a good sport – but, also a he- den Kopf zur Seite um seine Vorbehalte zu man who won’t let anyone push him around markieren oder die Arme, um sich eine Zi- where basic rights are concerned. [He is garette anzuzünden, bleibt jedoch ansonsten characterised by a] dislike of bullies, snobs, still. Die Mimik ist reduziert und dort, wo authoritarians, and stuffed shirts; sympathy sie vorkommt, naturalistisch, wenn er etwa for the underdog; and liking for the good Joe skeptisch Augenbrauen hochzieht. Die dia- or regular fellow who, for all his rough-and- gonale Haltung des Körpers, die bei Talbot ready air wouldn’t try to dominate anybody, stets ein Schmunzeln andeutenden, leicht not even his wife.« (Klapp 1962: 108) angezogenen Mundwinkel und die Leben- digkeit der Augen lassen die geringe Bewe- Talbots unterspielter, naturalistischer Zu- gung nicht in Starrheit ausarten. Der Ge- gang zum Schauspiel ist eng mit diesem neral ist hier der ruhende, autoritäre, aber 138 Künstlichkeit und Pathos letztendlich gutmütige Pol, demgegenüber the monster seinem Namen entsprechend der herbeizitierte Colonel nervös auf seinem in seinem Büro als Vogelliebhaber gezeigt, Hosenboden hin und herrutscht. ohne dass darüber hinaus darauf eingegan- Die Gegenüberstellung von naturalisti- gen wird. In plan 9 from outer space schen und hyperexpressionistischen, pathe- trägt der Anführer der Außerirdischen ein tischen Schauspielstilen sollte nicht zu der Kostüm mit dem pseudomittelalterlichen Schlussfolgerung verleiten, dass die Abgren- Emblem einer Hellebarde, das einem Kar- zung beider Felder stabil ist. Das Gegenteil ist nevalskostüm angemessen scheint. Und die vielmehr der Fall, sind naturalistische Figuren toughe Reporterin Janet Lawton hat, wie so in Woods Filmen doch stets von Künstlich- viele Charaktere in den hier behandelten keit und Pathos bedroht. Die Ausführungen Filmen, ein außergewöhnliches Faible für zum sprachlichen Pathos (s. o.) haben Beispie- Angora. Die Begeisterung für den Wollstoff le aufgeführt, bei denen ansonsten natürlich wird nicht weiter in die Handlung eingebun- gespielte Figuren, wie etwa der Polizist in the den oder gar psychologisch begründet, ist in sinister urge oder der Vater in jail bait in seiner emphatischen Eigenständigkeit aber inbrünstige Dialoge ausbrechen. Die ebenfalls rückblickend zur Signatur von Woods Werk bereits erwähnten Elemente des schlechten geworden. Die stereotype Konzeption der Schauspiels zeigen zudem, dass auch solche Figuren und die Individualisierung mit Hil- Figuren durch Fehler, Stilbrüche und Inkon- fe von abweichenden, jedoch völlig separier- sistenzen gestört sein können. ten Eigenschaften entwirft kein kohärentes Naturalistische, ›realistische‹ Figuren ge- Bild und lässt die aufgepfropften Attribute hen im Mainstreamkino häufig einen Mit- als Spleens erscheinen. Die Widersprüche telweg zwischen Typisierung und Individu- lassen zudem auch keinerlei psychologische alisierung, entsprechen also in weiten Teilen Tiefe anklingen; die Figuren bleiben flach »vertrauten Typen, die in einem begrenzten und schablonenhaft; selbst an den Rissen, Rahmen differenziert, modifiziert und indi- die sich durch die Klischeehaftigkeit ziehen, vidualisiert werden« (Eder 2008: 403). Dabei sind tiefschürfenden semantische Ebenen sollten die Figuren dieses Mainstreams wei- nicht auszumachen. testgehend kohärent sein, indem ihre Eigen- Es ist daher von Bedeutung, dass die Figu- schaften eng miteinander verknüpft werden renkonstellation auf Seite der Protagonisten und aufeinander verweisen. Sie sollten aber sich häufig nicht auf einen Helden konzen- auch konsistent sein, indem Widersprüche triert, sondern auf mehrere Rollen verteilt. zwischen verschiedenen Eigenschaften ver- In jail bait etwa befinden sich sowohl die mieden oder zumindest fruchtbar gemacht beiden Polizeibeamten wie auch Vater und werden für Erzählung oder Psychologisie- Tochter im Wettstreit mit dem Bösewicht rung der Figur (Eder 2008: 391). Vic um die Kontrolle über Don. In bride of Dieses ›organische‹ Modell der halb typi- the monster machen sich die Reporterin sierten, halb individualisierten Figurenkon- Lawson und die Polizisten Robbins und Craig zeption bricht bei Woods Filmen. Die medi- auf der Suche nach dem bösen Vornoff. In alen Typen, auf denen die Figuren aufbauen, plan 9 from outer space sind es mit dem bleiben deutlich sichtbar und werden nur Piloten, dem Kommissar und dem Colonel durch nicht weiter motivierte, in ihrer Ei- sogar drei Figuren, die weitestgehend entin- genartigkeit allerdings auffallende Tics oder dividualisiert und ohne psychologische Tiefe Idiosynkrasien gekennzeichnet. So wird der als Vertreter ihres Standes auf der Seite des stereotype ältere Polizist Robbins in bride of Guten stehen. Jeff ist der heterosexuelle, 139 Ästhetik kleinbürgerliche, stürmische und muskulöse tierten Bösen ist nicht nur strukturell stets junge Mann, der seine Frau – wie jeder an- präsent. Bei mehreren Rollen lässt sich gar ständige Amerikaner – vor Außerirdischen ein völliger Wechsel des Schauspielstils vom zu beschützen hat. Harper bleibt als Polizist naturalistischen zum hyperexpressionisti- völlig ohne differenziertere Zeichnung und schen feststellen, sobald sie den narrati- erfüllt nur seine soziale Funktion als lokale ven Raum wechseln. Die Reporterin Janet Respektsperson. Edwards schließlich steht Lawton wie ihr Verlobter und Polizist Dick als Armeeangehöriger und Vertreter der bun- Craig geraten in bride of the monster desweiten, regierungsnahen Autorität zwar in die Fänge des verrückten Wissenschaft- für die brutale Reaktion der Menschheit auf lers und werden dabei zu passiven und pa- die Kommunikationsversuche der Aliens, thetischen Opfern (s. o.). Dasselbe gilt für wird im Film allerdings meist als passiver Paula, die Ehefrau des Piloten in plan 9 Beobachter gezeigt: In seiner ersten Sequenz from outer space, die zu Beginn noch (20:15–21:35) mustert er mit einem Fernglas selbstbewusst die unheimliche Atmosphäre das Schlachtfeld. In einer zweiten wird er des nahen Friedhofs beiseiteschiebt, zum vor seinen Vorgesetzten zitiert, um von ihm Ende des Films aber ohnmächtig getragen Befehle zu erhalten (40:46–46:39). Und in wird. Signifikant ist natürlich, dass alle drei der Konfrontation mit Eros im Finale ist Ed- Figuren durch den Wechsel des semanti- wards der Einzige, der dem Außerirdischen schen Raums auch körperlich bedroht wer- geduldig zuhört, ohne daraus jedoch weitere den. Gerade diese leibliche Gefahr knüpft Konsequenzen zu ziehen (1:00:51–1:10:09). die Wendung im Schauspielstil der beiden Alle drei bilden zusammen daher eher eine Frauen wie des Mannes zunächst einmal an auf nationale, patriarchale Kollektivität ge- Weiblichkeitskonstruktionen des Hysteri- richtete »Gruppenfigur« (Tröhler 2007: 49) schen. Die offensichtliche Plötzlichkeit, des kleinbürgerlichen, autoritätstreuen Ame- mit der diese Figuren nicht nur körper- rika, das sich gemeinsam gegen die Bedro- lich, sondern auch stilistisch bedroht und hung der Aliens stellt. überwältigt werden, die Camp-Faszination, Mit Ausnahme von plan 9 sind in den welche die exaltierte Andersartigkeit der meisten Filmen Woods allerdings Figuren- verrückten Wissenschaftler, Monster, Zom- konstellationen vorzufinden, die angesichts bies und Außerirdischen hervorruft, lassen der Polyfokalisierung, mit der die Erzählun- jedoch das künstliche Pathos dieser Hysterie gen von einer zur nächsten Figur springen, hervorscheinen und damit ihre Artifizialität zum Figurenensemble tendieren (vgl. Tröhler und Kontingenz. Wie sehr diese Form der 2007: 209). Zusammengehalten werden die- hysterischen Performanz dann nur noch ein se lockeren Konstellationen oft nur dadurch, Kostüm ist, das man sich nach Gelegenheit dass sie mehr oder weniger unabhängig von- an- und auszieht, zeigt die Figur des Cross- einander auf ein übereinstimmendes Ziel- Dressers Glen/Glenda. objekt oder einen gemeinsamen Antagonis- Pathos ist, so lässt sich zusammenfas- ten ausgerichtet sind. Im Mittelpunkt steht sen, in Woods Filmen allgegenwärtig. Pa- daher auch nicht so sehr das Beziehungsge- thetisch sind die exaltierten Bösewichte, flecht der einzelnen Figuren eines etwaigen verrückten Wissenschaftler und seltsamen Ensembles. Vielmehr wird der Bösewicht zur Aliens; von Kontamination durch Pathos eigentlichen Hauptfigur des Films. bedroht sind aber selbst die naturalisti- Der sich aus dieser Figurenkonstellati- schen Vertreter des Guten. Pathetisch ist on ergebende notwendige Bezug zum exal- die Sprache, doch auch das Schauspiel. Das 140 Sinnlosigkeit und Sinnhaftigkeit pathetische Zeichen verweist auf etwas Hö- explizit kommunizierten Bezugssystems an heres, scheitert jedoch an dieser Referenz diegetischen Regeln vollzogen wird. So ist und läuft ins Leere. Durch Hypertrophie- das Geräusch einer Explosion im Weltraum rung und Stilbruch wird es selbstreflexiv zwar in der Realität nicht möglich (ohne At- und macht auf seine eigene Künstlichkeit mosphäre gibt es keine Schallausbreitung), aufmerksam. Bisweilen werden die Pa- daher eigentlich kontrafaktisch, innerhalb thosformeln gar zu einem intertextuellen der Genreregeln der Sciencefiction jedoch Spiel der Signifikanten, die bereits in den völlig üblich. 1950er Jahren auf die späteren Strategien Inkonsistenzen sind aber nicht nur im der Postmoderne verweisen. Mikroskopischen zu beobachten, wie etwa bei den bereits behandelten Goofs, die sich dann als Spuren eines Produktionsprozesses Sinnlosigkeit und interpretieren lassen. Sie treten auch im glo- Sinnhaftigkeit balen Maßstab des Filmtextes auf, wo sie die basalen Motivationen der Figuren, die The- Die Patzer der Continuity und die faktischen matik des Films oder die Zeitstruktur und Fehler, die oben unter Kategorie der Goofs Zielrichtung der Erzählung verwirren kön- erwähnt wurden, deuten auf einer lokalen nen. Eine zweite Ebene, auf der die Einheit Ebene bereits die Frage nach der Sinnhaf- der Handlung unterlaufen werden kann, ist tigkeit oder Sinnlosigkeit der Filmhandlung daher die Frage, in welchem Ausmaß ein- an. Spätestens seit Aristoteles wird von ei- zelne Handlungsteile durch verschiedene ner Erzählung gefordert, dass sie einzelne Formen der Motiviertheit untereinander Handlungen zu einer abgegrenzten und in verbunden werden oder inwieweit sie nur sich stimmigen Geschichte verknüpft (Po- episodisch nebeneinanderstehen. Sind die etik 8, 1451a [30], vgl. Aristoteles 2005: Elemente der Erzählung aufeinander bezo- 29). Die Kriterien dieser Verknüpfung sind gen? Sind sie kausal oder durch die psycho- gerade im Lichte einer kognitiv inspirierten logische Charakterisierung der Figuren mit- Filmtheorie genauer herausgearbeitet und einander verknüpft? Passiert etwas, weil es unter dem Begriff der narrativen Motiva- sich aus der Handlung so ergibt, weil es dem tion zusammengefasst worden (Bordwell Film um einen stilistischen Effekt geht oder 1985b: 13,19). Die so entstehende Einheit- weil es das Genre so vorschreibt? lichkeit der Handlung, in der alles seinen Weitere Fragen bezüglich der Hand- Platz hat, alles motiviert ist, kann ein Film lungs- und Ereignisstruktur ergeben sich auf verschiedenen Ebenen unterlaufen. Vier durch den Zeitbezug: Welche Reihenfol- dieser Ebenen sollen im Folgenden kurz vor- ge wohnt den Handlungselementen inne? gestellt werden. Und wie steuern sie zielgerichtet auf das Die Konsistenz, d. h. die Widerspruchs- Ende der Erzählung hin? In welcher zeit- freiheit der erzählten Welt, wird zum einen lichen Struktur vergibt der Film seine In- dadurch gefährdet, dass die vom Film ver- formationen und steuert die kognitive wie mittelten Informationen sich gegenseitig lo- emotionale Einbindung der Zuschauer? Und gisch ausschließen. Dabei ist zu beachten, ergibt sich daraus gar eine musikalische, dass solche Informationen nicht einfach nur rhythmische Qualität? miteinander verglichen werden, um ihre Eine vierte Ebene schließlich modifiziert Stimmigkeit zu prüfen, sondern dass dies die Frage nach der Motiviertheit der einzel- stets mithilfe eines vom Film implizit oder nen Handlungselemente und verbindet sie 141 Ästhetik mit einem Konzept narrativer Wahrschein- plan 9 als ein sinnloser Film lichkeit. Inwiefern ist das entsprechende Ele- ment zu erwarten gewesen? Inwieweit wird plan 9 from outer space ist ein geeig- es vom Publikum als unwahrscheinlich und netes Beispiel dafür, wie inkonsistent, unlo- damit als illusionsbrechend wahrgenommen? gisch und sinnfrei die Handlung bei Wood Gefragt ist hier allerdings nicht eine an der werden kann. In diesem Film wollen Au- Realität messbare Stochastik; vielmehr ist es ßerirdische die Menschheit davor warnen, ein auf dem Alltagsverständnis der Zuschau- ihre technische und militärische Aufrüstung er beruhendes ›Gefühl‹ für Wahrscheinlich- fortzusetzen, weil sie damit den Fortbestand keit, mit anderen Worten Plausibilität, die des Universums gefährden würden. Nach- als Kriterium herhalten muss. dem die Menschen auf die Kommunikati- onsversuche der Aliens nur mit Waffengewalt reagieren, versuchen diese, die Erde zu überwältigen, indem sie die Toten auferstehen lassen. Die Menschen, vertreten durch einen Piloten, einen Polizisten und einen Ange- hörigen der Armee, kon- frontieren die Außerirdi- schen jedoch und treiben sie zurück. Die Handlung ent- spricht dem von Carroll für Horrorfilme entwor- fenen Schema des vierstu- figen Complex Discovery Plot (Carroll 1990: 99–103): In einer ersten Stufe, dem Onset, wird das Monster für das Publikum etabliert. In einer zweiten, dem Dis- covery, entdeckt auch eine Gruppe von Protagonis- ten das Monster, müssen diese Entdeckung jedoch in einem dritten Schritt, der Confirmation, vor ei- ner anderen, skeptischen Gruppe erfolgreich vertei- digen, bis sie sich im vierten Schritt, der Confrontation, dem Monster entgegen stel- Poster zu plan 9 from outer space len können. 142 Sinnlosigkeit und Sinnhaftigkeit plan 9 übernimmt diese Grundstruktur, die Zuschauerinnen größtenteils im Dun- verkompliziert sie allerdings dadurch, dass es keln über den Kenntnisstand der jeweiligen zunächst einmal zwei Monstrositäten gibt, Figurengruppe. die es zu entdecken und zu konfrontieren gilt Umso unbeholfener wirkt es dann auch, – die Zombies wie die Außerirdischen – und wenn ein großer Teil dieser Informationen die zusätzlich noch in eine kausale Relation über die erklärende Rede einer Figur gelie- gebracht werden müssen. Schon zu Beginn fert wird. Nach der Montagesequenz, welche der Geschichte entdeckt der Pilot Jeff die die waffenstrotzende Reaktion der Armee UFOs, und auch das Militär reagiert bereits und die Massenpanik angesichts der UFO- auf die Ankunft der extraterrestrischen Besuche zeigt, erklärt Colonel Edwards ei- Eindringlinge. Die Handlung setzt auf die- nem anderen Soldaten die Gründe für die- ser Ebene also mit der Discovery ein. Die se kriegerische Erwiderung, während er mit Entdeckung der Untoten durch die Prota- dem Feldstecher ins Leere schaut (18:55). gonisten wird dagegen deutlich verzögert. plan 9 begeht damit genau den ›Fehler‹, vor Erst im Finale begegnet das Trio aus Polizist, dem, in Anlehnung an Aristoteles’ Konzepti- Oberst und Pilot einem Zombie, während on der mimetischen Künste, auch folgendes das Publikum hier schon wesentlich früher Lehrbuch für die Techniken des Drehbuch- Bescheid weiß. schreibens warnt: Bereits bei der Klärung, welche Infor- mationen welchen Figurengruppen zur Ver- »Der Dialog ist erklärend, wenn sich die Fi- fügung stehen, bleibt der Film allerdings guren ostentativ seiner bedienen, um dem undeutlich: Jeff beobachtet zu Beginn der Publikum Informationen zukommen zu las- Handlung das UFO (4:34), in einer Monta- sen, anstatt natürlich miteinander zu spre- gesequenz (17:04–20:15) wird gleichermaßen chen. Ein solcher Dialog entsteht nicht ›aus die mediale Massenhysterie gezeigt wie die der Situation heraus‹, ist weder lebendig Raketen, mit denen die Armee auf die flie- noch glaubwürdig, sondern trägt der Be- genden Untertassen schießt. In einer späteren quemlichkeit des Autors Rechnung.« (Chi- Sequenz jedoch (40:46–46:39), in welcher on 2001: 239) der Oberst vor seinen Vorgesetzten zitiert wird, tut die Erzählung, als wären die UFOs Kausalität und Plausibilität während dieser Ereignisse geheim gehalten worden. Die ohnehin schon unklare Infor- Allein die gedoppelte Dramaturgie der In- mationsverteilung unter den Figuren wird formationsvergabe, welche die Zuschauerin- hier noch überlagert durch einen nur leise nen über die Außerirdischen wie über die angedeuteten Topos der Verschwörung, dass Zombies informieren muss, stellt plan 9 regierungsnahe Organisationen stets mehr im vor Herausforderungen, die der Film nicht Bilde sein, als sie zugeben, dass gleichzeitig immer meistert. Spätestens bei der kausa- aber die ehrlichen, kleinen Leute, welche len Verknüpfung von Aliens und Untoten die Protagonisten der Geschichte stellen, jedoch scheitert er und lässt jede Sinnhaf- ihre neue Erkenntnis gegenüber diesen Ins- tigkeit fallen. titutionen verteidigen müssen. Welche Figur Bereits die Exposition der Erzählung (vgl. über welche Gruppe wie viel weiß und wie Tab. S. 144) vertauscht jegliche kausale Rei- viel sie letztendlich zugibt zu wissen, wird henfolge. Rekonstruiert man die vom Film im Film nur unvollständig geklärt. Die Stra- postulierte Logik der Handlungselemente, tegien der Informationsvermittlung lassen so stehen am Anfang die erfolglosen Kom- 143 Ästhetik Handlungsabfolge der Exposition von plan 9 from outer space Nr. TC Dauer 1 2:29 1:19 Ein Mann (Bela Lugosi), der spätere Ghoul Man, steht am Grabe seiner kürzlich verstorbenen Frau. 2 3:58 2:38 Pilot Jeff Trent (Gregory Walcott) und sein Copilot sitzen im Cockpit ihres Flugzeugs und beobachten ein UFO; das UFO fliegt weiter zum Friedhof, wo die Totengräber der vorange- gangenen Beerdigung fliehen und Vampire Girl (Vampira) als Zombie erscheint. 3 6:36 1:23 Der spätere Ghoul Man verlässt trauernd sein Haus und wird von einem Auto überfahren. 4 7:59 0:43 Die Beerdigung des Ghoul Man wird von Vampire Girl aus dem Hintergrund beobachtet; die Leichen der Totengräber werden entdeckt. 5 8:42 2:32 Die Polizei unter Inspector Clay (Tor Johnson) beginnt auf dem Friedhof ihre Untersuchung zum Tod der Totengräber. 6 11:14 2:07 Jeff erzählt seiner Frau von seiner UFO-Sichtung. 5b 13:21 3:07 Ein UFO landet auf dem Friedhof; Ghoul Man entsteigt als Zombie der Krypta; gemeinsam mit Vampire Girl tötet er In- spector Clay. 7 16:28 0:36 Die Beerdigung von Inspector Clay wird von Vampire Girl aus dem Hintergrund beobachtet. 8 17:04 3:11 Montagesequenz von fliegenden UFOs, der medialen Bericht- erstattung und der gewaltsamen Reaktion der Armee. 9 20:15 1:20 Colonel Edwards erklärt einem Soldaten, warum der Einsatz von Gewalt notwendig wurde, nachdem die ersten Kontaktversuche scheiterten. 10 21:35 3:16 Die UFOs kehren zu ihrem Mutterschiff zurück; die beiden Außerirdischen Eros und Tanna erstatten Bericht und schlagen Plan 9 vor, bei dem zur Unterwerfung der Erde die Toten auf- erweckt werden sollen. munikationsversuche beider Seiten, worauf auferstehen zu lassen. Das Publikum wird die Menschen mit Gewalt reagieren, was zwar zum Ende der Exposition nach über 20 wiederum die Außerirdischen mit ihrem Minuten darüber aufgeklärt, wie die bisher Plan 9, d. h. der Auferweckung von Leichen gezeigten Ereignisse zu deuten seien. Doch beantworten. Ausgangslage (verfehlte Ver- dürfte die Verwirrung an dem Punkt bereits ständigung) und Eskalation (wechselseitig so groß sein, dass die Zuschauer sich auf an- ausartende Aggression) sind in der Exposi- dere Rezeptionsmodi verlagert haben. tion allerdings umgekehrt: Zunächst werden Neben der gestörten Kausalität kenn- die Zombies zum Leben erweckt, dann wird zeichnet die Exposition an einer Stelle auch die Waffengewalt der Menschen präsentiert, ein hervorstechender Mangel an Plausibilität. und erst dann entsteht der Plan, die Toten Gemeint ist der urplötzliche tödliche Unfall 144 Sinnlosigkeit und Sinnhaftigkeit der von Lugosi gespielten Figur, der für die den Drehbuchautor) aus der Affäre ziehen Handlung jedoch äußerst gelegen kommt (Chion 2001). Doch auch wenn der Tod des (6:35–7:51). Nach dem Tod seiner Ehefrau Ghoul Man am Anfang des von plan 9 kei- wird Lugosi im Vorgarten eines Bungalows nen Handlungsstrang auflöst, sondern erst gezeigt, wie er bedrückt Haus und Blumen beginnt, wirkt der Tod dieser Figur in seiner betrachtet. Er geht links ab, der Film ver- radikalen Plötzlichkeit und in seinem Man- harrt im Freeze Frame, die Tonspur spielt gel an ursächlicher Verknüpfung als billiger das Geräusch kreischender Bremsen. Der Taschenspielertrick. Dieser Effekt von deus Trauernde ist, durch Zufall selbstverständ- ex machina oder vielleicht besser diabolus ex lich, ebenfalls umgekommen, um gemeinsam machina schon zu Beginn des Films stört das mit seiner verstorbenen Gattin als Zombie Plausibilitätsgefüge der Erzählung grundle- aufzuerstehen. Der plötzliche Tod einer gend und sprengt das kausale Netzwerk der zunächst als wichtig und sympathisch eta- einzelnen Handlungseinheiten. blierten Figur – im Übrigen ein häufigeres Motiv in Woods Filmen wie Drehbüchern Die Handlungsmotivation der (Craig 2009: 31) – wird hier zum deus ex machina Figuren, zum unwahrscheinlichen, vor al- lem aber unplausiblen Kniff, die Handlung Die Exposition des Films ist darüber hin- vorwärtszubringen. aus durch eine eher zyklische denn nach Dabei ist selbst die strengste normative vorne gerichtete Struktur gekennzeichnet. Dramaturgie aristotelischer Prägung nicht Drei Begräbnisse werden präsentiert, denen in der Lage, das Zufällige pauschal aus der schließlich drei verschiedene Zombies er- Handlung ausschließen und zu fordern, wachsen; gleichzeitig werden die drei Figuren dass alles kausal aufeinander zu beziehen vorgestellt, die sich auf Seite der Menschen sei. Gerade als Element der Verwicklung gegen die Untoten wie die Aliens stellen: in der ersten Hälfte der Erzählung kann der der Pilot Jeff, der Polizist Harper und der Zufall punktuell und in Maßen als Auslöser Oberst Edwards. Gerade bei den Zombies für Handlungsstränge dienen (Chion 2001). findet keinerlei Entwicklung statt, die auf In gewissen Genres ist er sogar elementar – eine Verwicklung der Ausgangslage deutet. man denke nur einmal an die ungeplante Be- Die Exposition erlangt dadurch ein rhyth- gegnung der Liebenden in der romantischen misches Element, welches das Augenmerk Komödie. Und bisweilen wird er selbst zur auf den Attraktionswert des Geschehens dramaturgischen Notwendigkeit: Wenn die lenkt, anstatt auf das Vorwärtskommen Nachricht von Julias Tod eher zu Romeo ge- der Handlung. langt als die Botschaft des Paters Lorenzo, so Eine Verbindung der einzelnen Hand- verkörpert die Kontingenz hier das Schick- lungselemente durch eine figurengebunde- sal und manifestiert den existentialistischen ne, psychologische Motivation bleibt genauso Verlust von Freiheit und Kontrolle über den schwierig wie eine kausal fundierte Verknüp- Lauf der Dinge (Freytag 2003: 244f). fung. Die drei Protagonisten besitzen, wie Auf Unmut des Publikums treffen Zu- oben erwähnt, kaum Tiefe, sie sind Typen, fälle vor allem im Dénouement: solche Fü- ja mehr noch, reine Vertreter ihrer sozialen gungen, beispielsweise, die Entwicklungs- Gruppe oder ihres Berufsstandes. Diffe- linien der Erzählung auflösen, ohne dass renziertere Beweggründe, die über das ›erst diese Lösung narrativ vorbereitet worden schießen, dann fragen‹ hinausgehen, weisen wäre, Glücksumstände, die den Helden (und sie nicht auf. 145 Ästhetik Ist das Verhalten der menschlichen Figu- die Grenzen von Handlungslogik, Kausali- ren zwar plump, jedoch in sich konsequent, tät und Plausibilität auf und entwirft eine so stimmen Handlungslogik und psycholo- künstliche Welt, in der nichts vorhersehbar gische Motivation der Außerirdischen über- ist und alles passieren kann. haupt nicht mehr. Warum senden die Aliens ihre Funksprüche in einer für die Menschen nicht verständlichen Sprache (weswegen ja Kaleidoskop-Räume die Kommunikationsversuche in Gewalt enden), wenn sie doch, wie in der letzten Die bisherigen Irritationen fanden sich dort, Sequenz, eine Übersetzungsmaschine fürs wo das Produktionsdispositiv seine Unsicht- Englische besitzen? Warum opfern sie direkt barkeit verlor, wo die Metrik vom Angemesse- vor dem Finale einen ihrer Zombies, um nen ins Künstliche, Übertriebene kippte und Zeit zu gewinnen, wenn sie damit nur die wo die klassischen Regeln der Sinnhaftigkeit Menschen auf die Wiedergänger aufmerk- und Plausibilität nicht mehr eingehalten wur- sam machen und auf ihre Fährte locken? den. Der einleitende Monolog, mit dem der Und was, das fragt sich der Zuschauer von Selbstdarsteller Criswell zu Beginn von plan Beginn bis Schluss des Films, wollen diese 9 from outer space die Filmhandlung an- Außerirdischen jetzt eigentlich? Die Erde moderiert, lässt noch viele dieser Irritationen erobern? Mit den Erdbewohnern sprechen? anklingen – mit seiner theatralischen Stimm- Selbst Eros Rede, die oben bereits analysiert Melodie, den Verhasplern und der mangeln- wurde, zeigt diese doppelte, schizophrene den Logik dessen, was er sagt: Motivationsstruktur auf. Interessanterweise stehen zwischen den Criswell: »Greetings, my friend! We are all Menschen und ihrer einfältigen, stereotypen interested in the future, for that is where Motivation und den Aliens mit ihren inkon- you and I are going to spend the rest of our sequenten, unsinnigen Beweggründen eine lives. And remember, my friend, future weitere Gruppe von Figuren, die man ange- events such as these will affect you in the sichts ihres Schauwertes als die tatsächlichen future. You are interested in the unknown, Hauptfiguren ansehen kann: die Zombies. the mysterious, the unexplainable. That is Frei von aller Motivation, frei von jeglicher why you are here. And now for the first time, psychologischen Tiefe ek-sistieren sie ein- we are bringing to you the full story of what fach in ihrer überstilisierten Stummheit. happened on that fateful day. We are giving Sie sind daher auch weniger Werkzeuge der you all the evidence based only on a secret extraterrestrischen Eindringlinge innerhalb testimony of the miserable souls who sur- einer kausal strukturierten, zielgerichteten vived this terrifying ordeal. The incidents, Verschwörung. Vielmehr sind sie die eigent- the places. My friend! We cannot keep this liche Attraktion. a secret any longer. Let us punish the guilty! plan 9 ist, so ließe sich zusammenfas- Let us reward the innocent! My friend! Can sen, ein Film, der die Unmöglichkeit von your heart stand the shocking facts about Verständigung nicht nur in der Handlung graverobbers from outer space?« thematisiert, indem die Außerirdischen (plan 9 from outer space, 0:05–1:13) und Menschen stets an gemeinsamer Kom- munikation scheitern. Es ist auch ein Film, In diesem Monolog manifestieren sich jedoch der diese Unmöglichkeit von Sinnproduk- noch ganz andere kategoriale Dimensionen, tion an sich selbst exerziert. plan 9 zeigt in denen Brüche und Irritationen stattfinden 146 Kaleidoskop-Räume können: die von Raum, Zeit und Diegese. Cris- – ähnlich der oben erwähnten Strategie, eine wells Ansprache verwirrt die Erzählebenen diegetische Figur die Handlung erzählen zu und die diegetische Verlässlichkeit des Ge- lassen, statt sie auszuspielen. Und sie dienen zeigten, indem er gleichzeitig von »Fakten«, der Distanzierung gegenüber dem eigentlich »Beweisen«, aber auch von »Zeugenaussagen« Erzählten, dem Einführen einer zwischenge- (und folglich metadiegetisch Erzähltem) redet. lagerten Instanz, die das Erzählte kommen- Sie konstruiert Criswells Figur als Enthüller, tieren oder ironisieren kann. der die unbekannten Umstände ans Licht holt, Criswells Erzählerfigur fügt sich in dieses aber auch als Vermittler, der durch die jovia- wohl bekannte Schema, bricht jedoch immer le Ansprache seines Publikums (»my friend«) wieder mit der narrativen Funktionalität, die den parasozialen Charakter dieser Interaktion mit dieser Rolle einhergeht. Eine Irritation zu überspielen versucht. Vor allem aber deu- der Erzählerposition folgt beispielsweise aus tet er auf eine zeitliche Verwirrung, in der dem Wechselspiel von Voice-over und Bild. Vergangenheit und Zukunft zusammenfal- Der sichtbare Körper Criswells, der Blick in len, in der von einem Satz zum anderen das die Kamera und bisweilen auch die direkte Tempus gewechselt werden kann: Spricht er Ansprache ans Publikum (»my friend«) in zunächst noch von »future events«, ist es drei den Rahmensequenzen werden während kurze Sätze später bereits die »story of what des Films konterkariert durch die Weiter- happened on that fateful day«. führung dieser Erzählerfigur in Form einer Voice-over. Da der Körper eine diegetisch Die unsichere Positionierung anders gelagerte Ebene besetzt und im Lau- des delegierten Erzählers fe der Handlung nur noch als Stimme wei- terexistiert, oszilliert diese Figur stets zwi- Criswell übernimmt in night of the schen Körperhaftigkeit und Körperlosigkeit. ghouls wie in plan 9 from outer space Da sie gleichzeitig als delegierter Vermittler die Rolle eines Gastgebers und Ansagers. Die der Erzählung fungiert, überträgt sich die kurzen Sequenzen zu Beginn und Schluss der Ambivalenz und Unsicherheit gegenüber beiden Filme bilden eine diegetisch überge- ihrer Anwesenheit/Nichtanwesenheit auch ordnete Ebene und rahmen die eigentliche auf den Film. Handlung. Sie imitieren gleichzeitig die Diese Weiterführung ist für Filme mit Anmoderation des Varietés wie des Fern- extradiegetischer Rahmenhandlung zunächst sehens. Dadurch fügen sie nicht nur eine intermediale Komponente hinzu. Sie über- nehmen auch die dem Zuschauer bekannten Aufgaben dieser medialen Vermittlungsins- tanzen wie überhaupt die Funktionen dele- gierter Erzähler. Sie geben dem Publikum Interpretationsanweisungen und betten den Film in kulturell verankerte hermeneutische Schemata ein. Sie schaffen Übergänge, ver- ketten Einzelteile und glätten die Montage. Im Extremfall begünstigen sie gar die Öko- nomisierung der Narration, wenn sie näm- lich ganze Handlungsstränge nacherzählen, ohne dass der Film diese in Bilder umsetzt Criswell in plan 9 from outer space 147 Ästhetik nichts Ungewöhnliches. In night of the in hörbar schlechterer Tonqualität, welche die ghouls wird die potenzielle Irritation, die Erinnerung weiterführt. Die Sequenz wird sich aus der An- wie Abwesenheit des Kör- durch einige Zwischensequenzen unterbro- pers der Voice-over ergibt, jedoch nicht ver- chen, bis sie kurz darauf mit der Voice-over drängt, sondern weiter ausgebaut. Bereits zu Bradfords weitergeführt wird (45:43–47:58). Beginn und Ende des Films wird die Körper- Erst gegen Ende der zweiten Teilsequenz taucht die Stimme Criswells wieder auf. Ist die Konkur- renz der beiden Voice-over ohnehin schon irritierend, so gilt dies umso mehr für die dazwischengelagerten Se- quenzen, deren Enunziation zwar eigentlich der Haup- terzählinstanz zuzuordnen ist, die jedoch von einer ihr nicht zugeordneten Erzähl- stimme umgeben ist. Die Position des delegier- ten Erzählers in night of the ghouls wird schließ- lich noch ambivalenter, in- dem die Figur zum Ende des In glen or glenda hat die von Lugosi gespielte Figur eine nicht Films die diegetische Ebene ganz eindeutige Funktion zwischen Erzähler und Demiurg wechselt und eine Rolle in- nerhalb der Figurenkons- lichkeit der Erzählerfigur relativiert, indem tellation übernimmt. Criswell tritt hier auf, Criswell sich nämlich als Vampir aus einem um den Scharlatan zu stürzen. Er wird zum Sarg erhebt und so eine physische Sonder- Racheengel, der die Untaten des unseriösen stellung jenseits von Leben und Tod in An- Mediums bestraft und ihn in das Reich der spruch nimmt. Toten, das dieser betrügerisch imitiert hat- Die Zuverlässigkeit dieser Erzählinstanz te, entführt. wird ferner noch dadurch erschüttert, dass Eine noch komplexere Konstellation von in einer Sequenz (41:22–43:16) eine zweite diegetischen Ebenen und delegierten Erzäh- Voice-over, nämlich die der Hauptfigur, des lern findet sich in glen or glenda (vgl. Kommissars Daniel Bradford, hinzukommt. Tab. rechts). Der Film erzählt zwei Fallge- An dieser Stelle erkundet Bradford unbeob- schichten: die des Cross-Dressers Glen/Glen- achtet die Villa des verdächtigen Scharlatans, da und die der Transsexuellen Allan/Ann. erinnert sich aber zur selben Zeit an einen Die Geschichten sind durch ein Gespräch Jahre zurückliegenden Fall im selben Haus. zwischen dem Polizisten Warren und dem Criswells Voice-over leitet die Sequenz ein, Psychiater Dr. Alton gerahmt, in welchem indem sie – mit Pathos und Stilbrüchen – diese Alton dem neugierigen Kriminalbeamten Erinnerungen verankert und gleichzeitig Brad- die beiden Transgender-Phänomene medi- fords Gefühle zur Sprache bringt. Es setzt zinisch-autoritär erklärt. Alton ist nicht nur dann ein Selbstgespräch des Kommissars ein, der delegierte Erzähler der Fallgeschichten. 148 Kaleidoskop-Räume Der Film fügt auch eini- ge rhetorisch gestaltete Rahmenhandlung Dr. Alton/Inspector Warren Montagesequenzen hinzu, Glen/Glendas Geschichte Demiurg / die mit Hilfe von Altons Voice-over die Fortschritt- Glen erinnert sich «scientist» lichkeit und Modernität Glen träumt der behandelten Bege- Glens Freund Johnny erinnert sich benheiten betonen. Ann/Allans Geschichte Erschwert wird diese Rhetorische Montage- und andere Sequenzen Konstruktion dadurch, dass zumindest Glens Die komplexe Erzählstruktur von glen or glenda Fallgeschichte auch noch verschachtelt mehrere diegetische Ebenen miteinander eine Rückblende und eine Traumsequenz mit einbindet. In diesen wird Die Konfusion und Widersprüchlichkeit die Rolle des delegierten Erzählers an Glen in den Erzählebenen, die sich durchaus auch in weitergegeben wird. Hinzu kommt ein wei- der Argumentation des Films wie überhaupt terer Flashback, der an eine Nebenfigur und in den nicht einheitlichen (Trans-)Gender- deren Erinnerung gedoppelt ist. konzepten widerspiegelt, bildet gleichzeitig Vollends unübersichtlich wird diese kom- auch das subversive Potenzial von glen or plex verschachtelte diegetische Struktur durch glenda. Die absurden Kommentare der eine allem übergeordnete Erzählinstanz: Die Lugosi-Figur wie auch die inhärenten Wi- im Abspann als »scientist« genannte, von Bela dersprüche der Rhetorik machen sich über Lugosi gespielte Figur ist kaum Wissenschaft- die wissenschaftlich-medizinische Rechtfer- ler, vielmehr ein anarchischer Demiurg. Lugosi tigung des Filmes lustig und werten so die lässt die anderen Protagonisten des Films – eigentlichen Transgender-Geschichten auf, auch Alton – als Marionetten tanzen. Er schaut von denen von oben herab berichtet werden mit Schmunzeln auf die wissenschaftlichen sollte. Diese Inkonsistenz und Absurdität ist Erklärungsversuche Altons wie auf das Cross- mit ein Grund dafür, dass der Film gar nicht Dressing Glens herab und fungiert mehr als so paternalistisch-konservativ wirkt, wie er ein surrealistischer Ausbruch eines allego- vordergründig erscheinen mag. rischen Unterbewussten denn als narrative Instanz. Zwar nimmt die Figur in der Pose Found-Footage, Archivmaterial des Märchenonkels oder der des Marionet- und Recycling tenspielers vordergründig durchaus die Rolle des Erzählers ein. Doch während der Psychi- Das Spiel mit Vervielfältigungen und Un- ater Alton durch eine ruhige, klare Stimme, eindeutigkeiten auf der Ebene der Erzäh- durch Verankerung im autoritären Disposi- linstanzen findet sich auch auf einer rein tiv der Medizin und durch (pseudo-)rationale materiellen Ebene des Filmischen wieder. Argumentation den Erzählkonventionen des Denn Wood griff bei der Produktion seiner Aufklärungsfilms entspricht, spricht Lugosi Filme häufig auf Schnipsel und Fragmente mit deutlichem Akzent und stark pronon- anderer Filme oder älterer, unvollendeter cierter, theatralischer Stimme, in kurzen, el- Projekte von ihm selbst zurück. liptischen Sätzen, die auf dadaistische Weise Ein Beispiel für solches Selbstrecycling den hochtrabenden Diskurs des Psychiaters fand sich bereits bei der Konstruktion der konterkarieren. Zombiefigur aus zwei verschiedenen Dar- 149 Ästhetik stellern in plan 9 from outer space. Ein suchers verpasst. Die aus final curtain weiteres bietet die »Pizza-Joint Sequence«, übernommene Sequenz (dieselbe, die oben eine Schlägerei unter Jugendlichen, die ur- im Rahmen der gedoppelten Voice-over er- sprünglich für rock and roll hell gedreht wähnt wurde), sticht allerdings auf Grund der wurde. Die Dreharbeiten zu rock and roll materiellen Qualität von Filmbild wie Ton, hell, auch als hellborn geplant, waren im aber auch auf Grund der nur oberflächlichen Juli 1956 gestartet, kurz bevor Produzent Einbindung in die Geschichte von night of George Weiss die Produktion stoppte. Der the ghouls deutlich hervor. Film blieb unvollendet, das Filmmaterial Die materielle wie inhaltliche Uneinheit- wurde an den Schauspieler Conrad Brooks lichkeit solcher Wiederverwertung, aber auch verkauft und von Wood sowohl in night of die Möglichkeit, die daraus resultierenden the ghouls wie in the sinister urge Brüche als Anhaltspunkt für intertextuelle wiederverwendet (Grey 1995: 216). Hinweise und Suchspiele zu nutzen, findet Eine andere Sequenz aus dem verscholle- sich noch deutlicher in denjenigen Fällen, in nen Kurzfilm final curtain (1957) wurde denen Wood nicht nur auf eigenes Material ebenfalls in night of the ghouls recyclet. zurückgreift, sondern auf Archivmaterial In diesem Fall wurde gar die Geschichte des fremder Filme. In jail bait etwa stammt aufnehmenden Films entsprechend angepasst: die Filmmusik aus dem ebenfalls von Howco final curtain ist eine Horrorgeschichte, in produzierten mesa of lost women (1953; welcher ein Schauspieler nach Ende der Vor- R: Ron Ormond, Herbert Tevos). Die Mins- stellung durch das leere Theatergebäude irrt. trel-Sequenz aus demselben Film wurde aus In night of the ghouls wird die Haupt- yes sir, mr. bones (1951; R: Ron Ormond) figur des Kommissars vom selben Darsteller übernommen. (Duke Moore) gespielt, so dass die Sequenz Hinsichtlich der Verwendung von Found aus final curtain auf die neue Figur über- Footage fällt jedoch vor allem Woods erster tragen werden konnte. Damit das Kostüm je- Langfilm, glen or glenda, aus dem Rah- doch übereinstimmte, wurde dem Polizisten men: Der Film beinhaltet über 13 Minuten von Beginn des Films an der rollenuntypische an Archivmaterial, was etwa 20 % der ge- Anzug eines großbürgerlichen Theaterbe- samten Filmlänge ausmacht (IMDb). Ver- wendet wurden Aufnahmen von Blitzen, Fußgängern, Autobahnen, einer Bisonherde, Flugzeugen, einem Stahlwerk und vielem mehr. Ein deutlicher Teil der Traumsequenz besteht aus pornografischem Material älte- rer Exploitationfilme, die jedoch in ihrem SM-Charakter kaum zur sonstigen Hand- lung des Traumes passen. glen or glenda steht hier ganz in der Tradition der klassischen Exploitation, in welcher der Werkcharakter ohnehin äußerst brüchig war (vgl. Seite 64): Filme wurden in Anpassung an lokale Zensur- und Marktbe- Besonders glen or glenda zeichnet sich dingungen umgeschnitten oder in verschie- durch die Fülle an Found-Footage aus, das denen Versionen herausgebracht. Nach einer in den Film montiert wurde ersten Auswertungstour war es leicht, sie, 150 Kaleidoskop-Räume neu montiert und durch kurze Szenen er- gänzt, unter einem anderen Titel nochmals auszuwerten. Auch konnte man die einzel- nen Sequenzen in einem Kompilationsfilm aufgehen lassen (Schaefer 2001: 56–68). Und diese Tradition gilt nicht nur für den amerikanischen Exploitationfilm: Auch im Dokumentar- und Kulturfilm der deutschen Stummfilmzeit waren solche Strategien gang und gäbe und traten vereinzelt selbst in fikti- onalen und semifiktionalen Filmen auf (vgl. Keitz 2005: 151). Die besonders kleinräumige Verwendung glen or glenda zeigt in der Traumsequenz von Archivmaterial, die nicht nur ganze Se- Ausschnitte aus verhalten pornografischen quenzen übernimmt, sondern auch einzelne Filmen Einstellungen, lässt die Montage von glen or glenda bisweilen in die Nähe von Ei- Konstruktion der nachfolgenden Figur, die sensteins Attraktionsmontage rücken (vgl. in den Credits als Wissenschaftler genannt Eisenstein 2006a und Eisenstein 2006b). wird, in Darstellungen wie diesen jedoch als Doch die Dialektik, die Eisensteins Kon- Demiurg erscheint. zept zu Grunde liegt, wird in diesem Film Ganz ähnlich funktioniert ein anderer nur selten vollständig, ja, häufig nicht einmal Übergang (27:48): Hier trennt ebenfalls ein ansatzweise aufgelöst. Drei Beispiele mögen Blitz zwei völlig verschiedene Perspektiven: dies erläutern: eine Sequenz von Glen in einem Lingerie- Zum Ende des Gespräches zwischen Al- geschäft sowie eine rhetorische Montagese- ton und Warren (10:57) zeigt der Film das quenz, in welcher zwei Industriearbeiter in Gesicht des Psychiaters, der nun direkt in der Voice-over über den Komfort von Frau- die Kamera schaut. Der Film verlagert den enkleidern diskutieren, während gleichzeitig Fokus ins Unscharfe und schneidet dann auf Bilder von Industrieanlagen und Autobahnen die trickgrafische Einstellung eines Blitzes, gezeigt werden. Der Blitz mag hier durchaus bevor die nächste Sequenz zu der von Lugo- als sinnbildlicher Ausdruck der erotischen Er- si gespielten demiurgischen Figur des »sci- regung Glens dienen. Doch wird diese Sym- entist« wechselt. Das zwischengeschobene bolik in den darauffolgenden Einstellungen Insert des Blitzes verstärkt hier die durch nicht nur nicht weitergeführt, sondern durch die Schärfeverlagerung bereits markierte Se- die (mehr oder weniger) sachliche Argumen- quenzgrenze. Dialog wie Unschärfe deuten tation der Montagesequenz und ihre indust- allerdings nicht nur auf einen Sequenzwech- riellen Bilder konterkariert. sel, sondern auch auf einen Wechsel der di- Ihren Höhepunkt findet diese absurde egetischen Ebene. Die Zuschauer erwarten, Attraktionsmontage jedoch an einer anderen dass nun die Geschichte folgt, die der Psych- Stelle (25:27). In einem intimen Gespräch ge- iater sich zu erzählen aufmacht. Stattdessen steht Barbara Glen gewisse Zweifel an ihrer wird der Demiurg gezeigt. Die Attraktions- Beziehung ein. Es folgt die Einstellung einer einstellung des Blitzes verweigert sich einer Büffelherde, in Doppelbelichtung überlagert dialektischen Zusammenarbeit mit der vor- von einer im Hintergrund erkennbaren Hel- hergehenden Einstellung und verändert die lebarde und dem Demiurg/Scientist, der mit 151 Ästhetik wütender Gestik und Mimik und in gepress- nem Wettstreit zwischen der ungehemmten ter, theatralischer Stimme sagt: Phantasie und den Verboten, die die Vernunft dieser auferlegt. Denn als Ort des Rückzugs Scientist: »Pull the string! Pull the string! A steht die Nacht immer auch im Bezug zu je- mistake is made. A story must be told.« ner Tageswelt, von der sie sich absetzt. Die (glen or glenda, 25:27–25:46) ästhetisch erzeugte Nacht bildet einen an- deren Zeitraum, einen Gegenort und einen Die enigmatischen Sätze der Lugosi-Figur, Kommentar zum Alltag, und lässt sie deshalb die pathetische Körpersprache, die durch als besonders prägnante Ausprägung dessen die Hellebarde in Erinnerung gerufene, zu- verstehen, was Michel Foucault Heterotopie sammengewürfelte Mise en scène des De- nennt.« (Bronfen 2008: 162) miurgen-Labors und die Büffelherde in der Doppelbelichtung eröffnen ein Kaleidoskop Eine solche Rückführung der Nacht auf den an Attraktionen, deren Dialektik jedoch nicht Heterotopos von Foucault ist nicht über je- einmal ansatzweise aufgelöst wird, sondern den Zweifel erhaben. Dass Foucaults Kon- in ihrer ganzen Absurdität stehen bleibt. zept einer Verschränkung des Raums mit der Zeit aus dem Weg geht, ist hier weniger Nächtliche Räume von Bedeutung als die Tatsache, dass seine Heterotopien metonymisch in die Welt hin- Fehlende Logik und Kohärenz sowie die ausdeuten, aber stets Teil von ihr bleiben. Sie Sprunghaftigkeit von Ästhetik und Hand- sind also auf derselben ontologischen Ebene lung erschüttern regelmäßig den Status der verortet wie die Welt, auf die sie verweisen. Räume in Woods Filmen. Sie erhalten so den Der Albtraumcharakter der Nacht dagegen Charakter von Träumen, Wachträumen oder verschränkt unterschiedliche, ontologisch Halluzinationen, ohne sich auf eine bestimm- jeweils anders gelagerte psychologische Be- te Ontologie festzulegen. Der dadurch ent- wusstseinsebenen sowie verschiedenste so- stehende surreale Duktus der diegetischen ziale, ethische und semantische Räume, die Räume wird durch den Topos der Nacht noch zusammen einen komplexen Raumzeitbegriff verstärkt. Die Nacht besetzt in Woods Fil- konstituieren und sich nicht an einer konkreten, men häufig eine zentrale Stellung und prägt abgrenzbaren Örtlichkeit festmachen lassen. in jail bait gar einen ganzen Film. Zwar Ein solcher Nachtbegriff stellt eine radika- klärt jail bait nicht darüber auf, ob seine le Weiterführung und Abstraktion des Mo- Handlung sich über einen längeren Zeitraum dells von Foucault dar, inspiriert zudem von erstreckt, ob also auch Tage dazwischen lie- Bachtins Chronotopos (vgl. Bachtin 2008), ist gen. Doch spielt jede der Szenen, innen wie aber deswegen nicht weniger praktikabel. außen, zu dieser Tageszeit. Bereits die Filmmusik von jail bait Die Nacht lässt sich, in Anschluss an Fou- schreibt dem Raum durch ihr gespenstisches, cault (Foucault 1990), als Anders-Raum, als monotones Tremolo und die dissonanten Ak- Heterotopie betrachten, die den normalen korde des Klaviers etwas Albtraumhaftes Räumen des Tages entgegengelagert, jedoch oder Unheimliches zu. Die Lichtgestaltung mit diesen verschränkt ist: der Szenen, die sich von der Stilistik des Film noir sichtlich unterscheidet, unterstützt die- »Als Bühne für das Ausleben all jener Phan- se Unheimlichkeit: Außenaufnahmen, die im tasien, die im gewöhnlichen Leben keinen Gegensatz zu späteren Filmen von Wood auch Platz haben, dient [die Nacht] zugleich ei- tatsächlich nachts gedreht wurden, zeichnen 152 Kaleidoskop-Räume Außenaufnahmen in jail bait sind in extre- Die Lichtsetzung in jail bait wirft mem Low-Key gehalten und erinnern an die Schatten, die als Schattentheater ihre Lichtgestaltung von Tierfilmen eigene Geschichte zu erzählen scheinen sich durch ein ungewöhnliches Chiaroscuro net zudem Silhouetten, die die Komplexität aus, wie das Beispiel oben deutlich macht: der eigentlichen Mise en scène übersteigern. Der Himmel ist pechschwarz, die Hauswän- Nicht selten lassen die Konturen auf den hel- de scheinen dagegen aus sich selbst heraus len Wänden so eine zweite, sinnlose Erzähl- zu leuchten. Die graue Figur, eigentlich im eben e aufleben, welche von der vordergrün- Zentrum der Handlung, verliert sich in dem digen Erzählung ablenkt, sie verwirrt oder architektonischen Kontrast zwischen Him- konterkariert. mel und Haus. Die Aufnahme ähnelt in ihrer Lichtsetzung einem Tierfilm, der mit seinem Ceci n’est pas un lieu investigativen Licht ein nachtaktives Geschöpf entlarvt. Dem umgebenden Raum wird – ganz Nicht nur der diegetische Status der Räume im Gegensatz etwa zum expressionistischen ist häufig unsicher, selbst in sich sind sie nicht Film oder zum Film noir – keine fassbare Tiefe kohärent und zerbrechen in sich widerspre- zugeschrieben. Die herausgehobenen Objek- chende Fragmente. Es liegt daher nahe, den te, Häuser oder Autos, selten auch Figuren, Räumen in Woods Filmen eine surreale Qua- verlieren sich vielmehr in einem unendlich lität zuzuschreiben, ganz in der Tradition der schwarzen, unheimlichen Raum. Malerei etwa René Magrittes, Salvador Dalis Innenaufnahmen sind in jail bait in ih- oder Conroy Maddox’. Es ist hier nicht der rer Lichtverteilung eher ausgewogen und nur Ort, diese Raumqualität des Surrealistischen geringfügig stilisiert. Allerdings hinterlassen kunsthistorisch genau abzugrenzen etwa gegen die Produktionsbedingungen ihre deutlichen die Pittura metafisica von Giorgio de Chiri- Spuren. Im Gegensatz zu den Außenauf nah- co oder gegen den Dadaismus, der auch den men sind es hier weniger die Kontraste als die ersten unter dem Signé des Surrealismus ent- Schatten, die das Unheimliche ausma chen. standenen Film, un chien andalou (1929; Lichtsetzung durch diegetische Lichtquel- R: Luis Buñuel), noch deutlich prägte. len wie durch die Studiobeleuchtung werfen Festzuhalten bleiben jedoch zwei Aspek- häufig mehrfache Schatten. Die Verwendung te, die, der avantgardistischen Bewegung des ungewöhnlicher Requisiten im Bühnenbild, Surrealismus entlehnt, diese spezielle Quali- wie etwa die Topfpflanze oben rechts, zeich- tät ausmachen. Erstens ist dies die Tendenz, 153 Ästhetik Objekte aus einem banalen, funktionieren- sinnigen Si tuationen platziert. Sie entwickelt den Kontext, wie etwa einer Handlung, he- sich aber auch, indem das Bild Gegenstände rauszulösen, die Erzählung so aufzubrechen isoliert, aus ihrem dreidimensionalen Konti- und dem Objekt einen ungeklärten ontolo- nuum reißt oder Relationen zu einem Kon- gischen Sonderstatus, eben einen surrealen text zwar andeut et, ihnen dann jedoch wi- Status zu geben: derspricht (Levy 2005: 60f). Eine solche paradoxe, unlogische und frag- »[A] facet of Surrealist interest in popular mentarische Räumlichkeit entsteht in den culture, then, involves a cluster of related Filmen Woods sowohl auf globaler, wie auf techniques all bearing on the foregrounding lokaler Ebene. In bride of the monster and release of objects from their everyday sind die dargestellten Räume recht eindeutig utility and/or overt narrative motivation. semantisiert und gewertet – ganz im Sinne The renewed attention to the object involved des Lotman’schen Raumkonzeptes, in dem the evocation of the ›secret life‹ of the ob- Handlung als Grenzübergang zwischen zwei ject, a kind of alternative or ›sur‹-narrative.« oppositionären Topologien analysiert wird (Smith 1999: 18) (vgl. Lotman 1993: 311–340). Die Ortschaf- ten der Protagonisten sind in Form eines Po- Es ist beachtenswert, dass es sich bei diesem lizeibüros, eines Zeitungsarchivs oder eines Prozess des Herauslösens von Objekten aus Diners gegeben, Insignien eines zivilisatori- ihrem Kontext zunächst einmal um einen Vor- schen, kleinbürgerlichen Amerikas, wie sie gang der Rezeption handelt, ähnlich zu dem im raumästhetischen Vokabular Hollywoods Herausarbeiten von Widersprüchen, welche entwickelt wurden. Die Seite der Antago- die Rezeption von Woods Filmen prägt. Ganz nisten jedoch ist weitaus weniger kohärent: im Gegensatz beispielsweise zu Brechts Ver- Der Sumpf, in welchem das Haus des Mad fremdungstechniken, die sich ja in erster Linie Scientist liegt, kombiniert Aufnahmen einer als poietische bzw. dramaturgische Verfahren subtropischen Flusslandschaft mit solchen verstehen, ergibt sich die surreale Qualität hier aus dem trocken-mediterranen Griffith-Park zunächst nicht auf Ebene des Textes oder gar in Los Angeles (Grey 1995: 63). Das Haus der Produktion, sondern allein durch einen selbst ist eine Bricolage aus einer für den Vorgang auf Seiten der Rezeption, durch eine klassischen Horrorfilm typischen, in Chi- bestimmte Art zu lesen. Rückgebunden auf aroscuro gehaltenen Außenansicht, einem Produktion oder Text wird dieser rezepti- expressionistisch verzerrten Eingangsbe- onsästhetische Blickwinkel auf das Surreale reich, einer fast realistischen, viktorianischen allenfalls dadurch, dass, wie die vorliegende Wohneinrichtung und einem technizistischen Arbeit zeigt, dieser Prozess des Herauslösens Labor. Der Raum der Antagonisten ist so- natürlich durch gewisse textuelle Merkmale mit zusammengewürfelt, inkonsistent und gefördert werden kann. kaleidoskopartig, mehr eine Kreation eines Ein zweiter Aspekt, der Charakteristika kinematografischen Frankensteins als eine des Surrealistischen anklingen lässt, ist auf des klassischen Hollywoodkinos. textl icher oder bildlicher Ebene ein ganz Selbst auf der lokalen Ebene einer einzel- be son derer Umgang mit Objekten und ih- nen Sequenz kann eine solche Fragmentierung rem Raum. Die paradoxe, unlogische und auftreten: In der Mitte von plan 9 from ou- frag men tarische Räumlichkeit bei Magritte ter space flieht Paula vor dem Ghoul Man etwa entsteht, indem er Objekten eine prä- aus dem Haus und über den Friedhof (Abb. zise Verortung verweigert oder sie in wider- S. 156–158). Der Verfolgung gesellen sich mit 154 Kaleidoskop-Räume dem Vampire Girl und dem wiederauferstan- sondern selbst die zeitliche Dimension der denen Inspector Clay zwei weitere Zombies Sequenz zerbrechen lässt. hinzu, bis Paula schließlich zu einer Landstra- Die Beispiele zeigen, dass sich eine sur- ße gelangt, wo sie von einem vorbeifahrenden reale Räumlichkeit, die sich im Bereich der Auto gerettet wird (natürlich erst, nachdem Malerei entwickelt hat, nur bedingt auf eine sie in Ohnmacht gefallen ist). solche des Films übertragen lässt. Die Eigen- Die Verfolgungsjagd, zunächst als ein- schaft des Surrealistischen im Film wurde, facher Parallelschnitt zwischen Paula und in Anlehnung an die Diskussionen der Avant- Ghoul Man gehalten, erweitert sich bereits garde der 1920er, daher vor allem im Begriff zu Anfang der Sequenz zu drei verschiedenen der Schockmontage gesehen, bei dem sich Hetzjagden: Nun wird zwischen Paula und durch das Aufeinanderprallen inkompatibler den drei Verfolgern geschnitten, ohne dass Elemente ein aisthetischer Funke entzündet die drei Verfolger gemeinsam agieren oder (vgl. etwa Schneede 1982, Flitterman-Lewis überhaupt genau lokalisierbar wären. POV- 1987). Ein solches Moment ist ohne Zweifel Strukturen treten zwar auf; jedoch bleibt auf auch im Filmwerk Woods zu finden, wie die Grund ihres Charakters als »interlocked POV« oben genannten Beispiele zur ›Attraktions- (Branigan 1985) unklar, welchen ihrer Jäger montage‹ zeigen. Paula nun eigentlich anschaut. Die Bewegungs- Ein in den letzten Jahren im Anschluss an achse der meisten Einstellungen ist auf den Deleuze entwickeltes Konzept jedoch erlaubt vorderen Offraum ausgerichtet, es kommen es, die surreale Qualität dieser Bilder noch gar einzelne Blicke in die Kamera vor. Der anders zu fassen. Der Surrealismus der Male- Schnitt verzichtet auf die Errichtung eines rei ergibt sich vor allem auf Grund der inkon- kohärenten Raumes und betont vielmehr die sistenten oder widersprüchlichen Relationen konfrontative, ja viszerale Seite der Actionse- von Objekten im/zum Raum. Die zeitlichen quenz. Hinzu kommt eine deutlich expansive Charakteristika des Films als fotografisches Montage, die mehrere ähnliche, teilweise gar wie bewegtes Bild erlauben es jedoch, von identische Einstellungen wiederholt. Die Ex- einem Surrealismus des Filmbildes selbst zu pansion situiert die Sequenz zwischen einer sprechen. So definieren Lommel et al. diese pathetischen Attraktionsmontage à la Eisen- surreale Qualität in Anschluss an Deleuze stein und den Verfolgungsjagden der Keystone- als eine dem Bewegtbild von vornherein als Burleske. Gleichzeitig unterstreicht sie auch Potenz inneliegende Eigenschaft: durch die Ziellosigkeit von Verfolgern wie Verfolgter die Absurdität des Todes. »Die Ästhetik des Surrealen dringt zum on- Die einzelnen Einstellungen sind darüber tologischen Kern des Films vor. Und zwar hinaus in ihrer materiellen Qualität völlig un- deshalb, weil die bewegten Bilder im Kino terschiedlich: Die Sequenz kombiniert Auf- keinen Zeitindex, keine Tempi wie die Spra- nahmen, die noch vor dem Tod Bela Lugosis che besitzen. [...] Die Zeitenthobenheit, der aufgenommen wurden, mit solchen nach sei- fehlende Zeitindex, verleiht dem Kino eine nem Tod, in welchen er durch Tom Mason besondere Fähigkeit. Die Bilder können da- ersetzt wurde. Sie vereint zudem äußerst dun- durch ihren Bezug zwischen Traum, Wirk- kel gehaltene Einstellungen aus dem Studio lichkeit und Erinnerung in der Schwebe hal- mit eher grauen Außenaufnahmen, die als ten.« (Lommel et al. 2008: 13) Day-for-Night ihren nächtlichen Charakter allenfalls andeuten können. Es entsteht so Wohlgemerkt: Die Bilder können ihren on- ein Flimmern, dass nicht nur die räumliche, tologischen Status in der Schwebe halten, 155 Ästhetik Einstellungen der Friedhofssequenz aus plan 9 from outer space (Lesart seitenweise von links nach rechts, oben nach unten) 156 Kaleidoskop-Räume 157 Ästhetik 158 Kaleidoskop-Räume müssen dies aber nicht. Im Gegensatz zu nur die eigentliche Potenz des Bildes als Si- klassischen Auffassungen des Kinobildes als mulacrum. Indem es von jeglicher Verpflich- von vornherein gegenwärtigem Bild, dessen tung gegenüber einem Objekt, das es abbilden Zeitmodulationen gesondert gekennzeichnet könnte, aber nicht länger abbilden muß, befreit werden müssen, und in deutlicher Abgren- ist, kann es erst zu einem ›direkten‹ Zeit-Bild zung zu linguistischen Analogien des Kinos werden, zum Bild einer Zeit, die ihrerseits von geht Deleuze von einer tendenziellen »Unun- der Zuordnung zu einer bestimmten Bewe- terscheidbarkeit von imaginären und realen, gung befreit ist.« (Schaub 2003: 182) aktuellen und virtuellen Bildern« (Schaub 2003: 182) aus. Die Gegenwärtigkeit des Die ›surreale‹ Qualität des Filmbildes ist, so Bildes ist nicht einfach gegeben, sie kann verstanden, nicht mehr als eine aktualisierte ihm aber, wie alle anderen Zeitformen auch, Möglichkeit des Filmischen überhaupt. Der über verschiedene Kennzeichen eingeschrie- Unterschied zwischen surrealistischen und ben werden (Schaub 2003: 124). nicht-surrealistischen Filmen läge nur dar- Dem Gedankengang unterliegt eine ganze in, inwieweit sie ihre Potenz als Simulacra filmtheoretische Tradition, die von bildtheo- reflektieren und vorführen, oder inwiefern retischen Überlegungen der frühen Filmthe- sie diese kaschieren oder ungenützt lassen orie (Epstein u.a.) über Barthes’ Troisième (Lommel et al. 2008: 14f). Sens bis hin zu Deleuzes Konzept des Zeit- Übernimmt man die Metapher der Zäh- Bilds reicht, und die hier nur in diesen we- mung, lässt sich das Surreale in Woods Fil- nigen Punkten angedeutet werden kann (vgl. men weniger an einem speziellen ›surrealis- Barthes 1990, Deleuze 1999). Natürlich lässt tischen‹ Merkmal der Filme festmachen, und sich diese Traditionslinie kaum in der hier ge- auch nicht an einer bestimmten Form von botenen Kürze zusammenfassen. Doch allen Montage. Vielmehr liegt das Surreale darin, Modellen ist gemein, dass in ihnen das kine- dass das zähmende stilistische Regelwerk, matografische Bild zum einen durch gewisse welches normalerweise für die Kohärenz eruptive Qualitäten gekennzeichnet ist, die von Raum, Zeit, Diegese und Handlung zu aus dem ungesicherten ontologischen Status sorgen hat, bei Wood scheitert. Die ästheti- des Bewegtbildes resultieren; dass diese Qua- schen Normen des Hollywoodkinos werden litäten zum anderen innerhalb der Kohärenz von Wood missachtet. Das surreale Potenzi- eines stilistischen Systems gezähmt werden al, das dem Film von jeher innewohnt, wird müssen; dass diese jedoch zum Dritten die so freigesetzt. Kohärenz stets auch wieder zu Fall bringen Die Eigenschaft des Surrealen lässt sich können. Film wird so zu einer Dialektik für Wood daher auch weiter fassen, als nur zwischen Eruption und Zähmung, zwischen in Bezug auf die Räumlichkeit: Die im Lau- auratischer Bildlichkeit und systematischer fe dieses Kapitels genannten Merkmale von Textualität, die mal in die eine, mal in die Woods Filmen – die Sichtbarkeit des Produk- andere Richtung zu kippen droht. tionsdispositivs, die scheiternden Pathosfor- So deutet auch Schaub Deleuzes Konzept meln, die mangelnde Logik der Erzählung wie des Zeit-Bildes als filmhistorische Kippbewe- eben auch die Fragmentierung des Raumes – gung von der Zähmung hin zur Eruption: lassen sich alle unter diesem Begriff des Sur- realistischen wiederfinden. Das Konzept des »Die künstliche, konventionell geregelte Iden- Surrealen fiele hier zusammen mit den zent- tifizierung und Markierung der Bilder nach rifugalen Kräften, die als Ausgangspunkt der unterschiedlichen Zeitebenen verschleiert Überlegungen dieses Kapitels dienten. q 159 Dilettantismus Dilettantismus Die Produktionen Woods skizzieren in ren, ob Edward D. Wood jr. ein Dilettant ist. ihren Widersprüchen und Inkohären- Die Rede ist hier nicht von der realen Per- zen, ihrer Selbstreflexivität und ihren Ver- son, sondern vielmehr von einem textuellen werfungen eine Ästhetik des Trash, in der und paratextuellen Effekt; die Rede ist von die zentrifugalen Kräfte als Ansatzpunkte für einer Filmemacher- oder Autorenfigur, die eine ironische Rezeption dieser so schlech- sich im Fandom aus den Spuren innerhalb ten Filme dienen. Die Trash-Ästhetik, die der Filme und den paratextuellen Elemen- bisher auf Merkmale des Werkes selbst zu- ten diskursiv gestaltet. rückgeführt wurde, lässt sich jedoch auch Die Bildung eines konstruktivistisch ge- weiter fassen, indem der Filmtext auf ei- dachten Auteurs ist keine Besonderheit des nen verantwortlichen Filmemacher Rück- Trashfilms. Sie findet sich überall da im Kino, schluss zu geben scheint. Zusammen mit wo die Urheberschaft des kollektiven Werks einem filmhistorischen Fandiskurs ergibt auf die künstlerische Ausdruckskraft einer sich so eine konstruierte Figur »Ed Wood«, einzelnen Person zurückgebunden wird und die dem Fandom als Repräsentation der re- diese so als Filmkünstler oder Autor hervor- alen Person dient. gehoben wird. Eine solche Konstruktion einer dahinterstehenden, kreativen Einzelperson folgt bei den meisten Filmen (und nicht nur Eine Ästhetik des dort) zwei Idealtypen, denen sich der Dilettant Scheiterns dann als dritter, antithetischer Typus hinzu- gesellt. Der erste Idealtypus ist derjenige der Bereits im vorangehenden Kapitel wurde technisch-beruflichen Professionalität oder der Begriff der Spur als Index auf einen ver- Meisterschaft, demgegenüber der Dilettan- meintlichen Filmemacher eingeführt. Die tismus sich als »technischer Dilettantismus« Sichtbarkeit des Produktionsdispositivs, die (Stenzel 2007: 19) gebiert, als Stümperei und Goofs, die fehlende Handlungslogik, ja, allge- Pfuscherei, als Unvermögen, die handwerkli- mein die Ignoranz gegenüber stilistischen Re- chen Standards des Metiers einzuhalten. Der geln Hollywoods lässt daher die Möglichkeit zweite Idealtypus ist dagegen das seit Auf- zu, die Ästhetik des Trash als eine Ästhetik klärung und seit Sturm und Drang präsente des Scheiterns zu fassen. Trash, so gefasst, Genie, demgegenüber ein »epigonaler Dilet- sind Filme eines an den hegemonialen Nor- tantismus« (Stenzel 2007: 19) nur abfallen men scheiternden Regisseurs, der es einfach kann, da dieser nur plagiiert und nachäfft, nicht besser kann, mit anderen Worten, ei- was jenes an Originalen neu erschafft. Der nes Dilettanten. Die Diskreditierung eines Dilettantismus ergibt sich in beiden Fällen Films als Müll ähnelt dann der Abwertung aus einer Form des Scheiterns, als Scheitern des Filmemachers. an technischen Qualitätsstandards auf der ei- Damit kein Missverständnis entsteht: nen, an genieästhetischen Forderungen nach Es geht an dieser Stelle nicht darum zu klä- Originalität auf der anderen Seite. 160 Eine Ästhetik des Scheiterns If you can’t make it there ... Edward D. Wood jr. selbst hat dieses Schei- tern häufig direkt thematisiert. In vielen sei- ner Werke spielt der magische Ort Holly- wood und der Topos des Entdecktwerdens eine herausragende Rolle – jedoch stets mit einer zynischen und enttäuschten Note, die der Traumfabrik von vornherein jeglichen Glamour abspricht. In the sinister urge etwa missbrauchen die beiden Hauptdarstel- ler, eine Pornoproduzentin und ihr Regisseur, die Naivität und Eitelkeit einer jungen Frau aus der Provinz, um sie in die Pornografie zu drängen, statt sie zum Schauspiel zu führen (36:18–47:05). Im selben Film dient die Figur des Pornoregisseurs als Woods Alter Ego und fokussiert gleichzeitig seine Enttäuschung über das kommerzielle System Hollywood (Graham 1991): Die reale Person Edward D. Wood jr. Johnny: »I look at this slush and try to remem- verschwindet hinter den Starkonstrukten des Fandoms ber. At one time I made good movies ...« Gloria: »You’re making more money now than you ever made in your life. Who needs good »You became a typist for an insurance com- films in this business, anyway. Oh, give those pany! suckers hot advertising and they’ll spring You became a clerk in a department store! with their money every time. No refunds, You tried your hand in one of the many you understand. It’s all cash.« laundries! (the sinister urge, 33:00–33:34) You had to take a waitress job at a drive- in! In seinen literarischen Werken wird diese You failed as an actor or actress in Holly- Enttäuschung ebenfalls verhandelt (Hayes wood! 2006: 110). Mit Hollywood Rat Race, in Some of you started in grade school or even as den 1960ern geschrieben, doch erst post- early as kindergarten. Perhaps it was only to hum 1998 veröffentlicht, schreibt er sogar dress up in Mother’s clothes or put on Dad’s einen (autobiografisch geprägten) Ratge- pants, hat, and vest, but in actuality you were ber, in welchem er junge Aspirantinnen ei- playing a part. It is natural in the very young ner Darstellerkarriere vor den Irrwegen der to play act, to make believe.« Traumfabrik warnt. Der Anfang des Buches, (Wood 1998: 1) der in Woods typisch elliptischer Fasson verfasst ist und der ganz nebenbei Schau- Diese Kritik am Topos des amerikanischen spiel in Hollywood und Cross-Dressing in Traums, die der Filmemacher selbst artiku- eins setzt, stellt seine zynische Version des liert, kann nun im Fandom auf ihn zurückre- American Dream vor: flektiert werden. Wood, so scheint es dann, 161 Dilettantismus überblick bieten etwa Vaget 1971, Wieler 1996 oder Hib- bitt 2006). Die ursprüngli- che Bedeutung ist sogar voll- ständig positiv konnotiert: Mit dem Wort Dilettant, das sich vom lateinischen »de lectare« bzw. vom italie- nischen »dilettare«, »sich ver- gnügen«, ableitet, bezeichne- ten sich ab dem 16. Jahrhun- dert vor allem Hofleute, die sich nicht-professionell und nicht-beruflich mit Musik oder Theater beschäftigten und so vom Brotkünstler Der konstruierte Charakter einer jeden Kunstgestalt wird auch absetzten (Hibbitt 2006: 6, in Woods Filmen selbst reflektiert, hier in glen or glenda Wieler 1996: 31). warnt in nostalgischer Art und Weise sein Goethes und Schillers jugendliches, vergangenes Ich vor dem un- Dilettantismuskonzept ausweichlichen Scheitern. Der Wechsel von positiver Selbstzuschrei- Die ironische Aufwertung des bung zu negativer Fremdzuschreibung ver- Dilettanten läuft parallel zum sozialen und demografi- schen Wandel des 18. und 19. Jahrhunderts Die Abwertung des Regisseurs führt, wie bei und dem damit verbundenen Aufstieg des den Filmen, zu einer ironischen Wiederauf- Bürgertums. Der Bedeutungswandel und wertung im Sinne des im ersten Kapitel ent- die Wertungsverschiebung sind dabei als wickelten Trashkonzeptes. Ausgehend von »semantisches Korrelat der Ausdifferenzie- einem negativ gewerteten Dilettanten als rung moderner Funktionssysteme« (Stanitzek unfähigem Filmemacher, bietet der Begriff 2000: 408) zu betrachten: Mit zunehmender des Dilettantismus genug Ambivalenzen, ökonomischer und gesellschaftlicher Bedeu- um eine ironische Konstruktion eines sol- tung von Fachberuflichkeit übernimmt der chen scheiternden Auteurs zu fassen. Denn Begriff des Dilettantismus die Funktion ei- Dilettantismus beinhaltet, selbst in seiner nes Exklusionsbegriffes, welcher die Profis heutigen, alltagssprachlich negativ konno- von den Laien trennt. tierten Bedeutung, immer auch eine Form Die sozioökonomische Professionalisie- von Schwärmerei und Leidenschaft, eine rung erfasst nicht zuletzt den Bereich der Liebhaberei, die dem Phänomen durchaus Kunst und Literatur. Vor allem in der Litera- einen Eigenwert zuweist. turtheorie entstanden daher die ersten kon- Die ambivalente Eigenart erbt der Begriff zeptionellen Entwürfe zum Dilettantismus: von seiner bewegten Geschichte innerhalb Mit ihrem unvollendet gebliebenen Projekt von Kunst-, Musik- und Literaturdiskursen Über den Dilettantismus (1799) etwa re- seit dem 18. Jahrhundert (einen Forschungs- agierten Goethe und Schiller auf die Genie- 162 Eine Ästhetik des Scheiterns debatten des 18. Jahrhunderts, aber ebenso auf einer kollektiv gesetzten Normativität auf vermeintlich negative Entwicklungen der beruht. Gleichzeitig steht das Modell für Literaturindustrie, die sich aus der Auswei- eine bürgerliche Ästhetik wie Arbeitsethik tung von Leser- und Autorenschaft ergaben, und dient so darüber hinaus als Wetzstein welche die Weimarer allerdings in erster Li- für antithetische Konzeptionen, die sich um nie auf mangelnde Ausbildung und Talent der eine andere Auffassung von Ästhetik oder Autoren zurückführten (Hibbitt 2006: 37, Professionalität bemühen. vgl. auch Schiller & Goethe 2008). In ihrem Schema stellen Goethe und Der französische Schiller Dilettantismus und Meisterschaft Dilettantismusbegriff als zwei Pole gegenüber. Sie greifen dabei aber seltsam ambivalent auf Elemente einer Parallel zur Diskussion in Deutschland, aber auf Könnerschaft basierenden Normästhe- mit gänzlich anderen Gewichtungen, verläuft tik wie auf eine dem Idealismus verpflich- die Geschichte des Dilettantismusbegriffes tete Genieästhetik zurück, deren inhärente in Frankreich. Hier behält der Ausdruck die Widersprüche in dem Projekt nicht aufge- ursprüngliche positive Konnotation von Be- löst werden (Golz 2007). Dem Dilettantis- geisterung und Enthusiasmus und bezeich- mus wird selbst in diesem Modell noch ein net, ähnlich wie der Begriff des Mélomane, positiver Wert zuschrieben, insofern er als zunächst die Musik-, Theater- und Opern- Rezeptions- oder Bildungsfähigkeit verstan- Aficionados der jungen Bourgeoisie (Hibbitt den wird, insoweit also dem Dilettanten die 2006: 70). Der Terminus des Dilettanten Tendenz innewohnt, »die individuellen Fä- steht so bereits zu Beginn des 19. Jahrhun- higkeiten durch Wahrnehmung und Schöp- derts nicht nur für die – dem Bürgertum in- fung von Kunst herausbilden und steigern zu härente – antibürgerliche Geste des Bohémi- können« (Golz 2007: 32). Als schöpferische en, sondern bildet sogar den Anfang dessen, Kategorie ist er indes radikal negativ gewer- was heute unter Fandom gefasst wird. tet, allenfalls als private Spielerei akzepta- Charles-Pierre Baudelaire verbindet die bel, in den meisten Fällen jedoch enthusi- dem Dilettantismus implizite ästhetische astische Nachahmerei (Immer 2007: 62), Empfindungsfähigkeit Mitte des 19. Jahr- unproduktiver Empfindungstrieb (Wirth hunderts mit Ideen des L’art pour l’art, aber 2007: 44) und für einen professionellen Li- ebenso mit einem Konzept von romantischer teraturmarkt nicht geeignet. Ironie, die den Dilettanten in direkte Nach- Die Kritik am Dilettantismus verläuft barschaft zum Dandy und zum Flaneur rückt somit analog zur Kritik an der Schwärme- (Hibbitt 2006: 72–80). Bei Paul Bourget rei der Genieästhetik – ein Topos, der schon schließlich, der über Hugo von Hoffmanns- Die Leiden des jungen Werthers von 1774 thal und die Brüder Mann auch wieder auf prägt (Schmidt 2004a: 325). Das Projekt die deutsche Literaturszene zurückwirkt, von Schiller und Goethe steht am Anfang gesellt sich dem Begriff des Dilettanten der Umwertung des Terminus vom adeli- eine spielerisch-distanzierte Unverbindlich- gen Inklusions- hin zum bürgerlichen Ex- keit hinzu, die er in seinen ersten Artikeln klusionsbegriff. Es zeigt aber auch deutlich noch ambivalent-positiv bewertet (Bourget die dem Begriff bis heute inhärenten Wi- 1993). Bourgets »Dilettantism is not so much dersprüche und Ambivalenzen zwischen a doctrine as a mental disposition, both in- einem auf Originalität basierenden Subjek- telligent and voluptuous, which encourages tivitätsbegriff und einer Könnerschaft, die individuals to experience diverse forms of life 163 Dilettantismus without giving themselves to one in particu- Schwärmer, Schelm, Sisyphos lar« (Hibbitt 2006: 88). Erst in den späteren Werken beurteilt Bourget diese Variante des Die kurze Skizze der Begriffsgeschichte Skeptizismus radikal negativ als Phänomen macht die Vielgestalt des Dilettantismus der Dekadenz. Er greift damit einerseits Ar- deutlich. Hibbit (2006) fasst die Dimensi- gumente auf, die schon bei Goethes Kritik onen des Begriffes daher in folgenden, hier an der mangelnden Spezialisierung des Di- mit einigen assoziativ verknüpften Strichen lettanten oder bei Nietzsches Missbilligung gezeichneten Kategorien zusammen: des »geistige[n] Anschmecken[s]« (Nietzsche 1. Nicht-Professionalität, Amateur, Auto- 1954: 371) zu finden sind, nimmt anderer- didakt, Do-it-yourself seits aber auch Vorwürfe vorweg, die der 2. Lernbereitschaft, Empfängnisfähigkeit, Postmoderne des späten 20. Jahrhunderts Offenheit entgegengebracht werden. 3. Pfusch, Stümperei, schlechte Kunst, Die Verwendung des Dilettantismusbe- Trash griffes im 20. Jahrhundert ist mindestens 4. Nachahmerei, Kopie, Kitsch, Nicht-Ori- ebenso vielfältig wie die des Jahrhunderts ginalität davor. Zum einen hat sich im Alltagssprachli- 5. Ästhetizismus, »Schöngeisterei« chen die negative Konnotation weitestgehend 6. Skeptizismus, Unverbindlichkeit, »geis- durchgesetzt. Andererseits wird der Dilet- tiges Anschmecken« tant in Kunst und Literatur des 20. Jahrhun- Die Ähnlichkeiten dieses Konzeptes mit derts eben auch positiv konnotiert, sei es in dem in Kapitel 1 beschriebenen Müllkonzept Anlehnung an das Konzept von Baudelaire sind deutlich: Hier wie dort sind Bewegungen und Bourget, oder sei es in kritischer Anti- der Exklusion und Distinktion, der Abwer- these zum Modell von Goethe und Schiller. tung zu erkennen. Hier wie dort kann durch Die Malerei des 20. Jahrhunderts etwa sah die Hintertür jedoch auch wieder aufgewertet in der Écriture automatique, dem Primiti- werden, indem dem Phänomen eine gewisse vismus, der Kunstproduktion von Kindern Potenzialität (Empfängnisfähigkeit beim Di- oder psychisch Kranken Ansatzpunkte für lettanten, Noch-nicht-Objekthaftigkeit beim »Techniken des Verlernens« (Hofmann 1995), Müll) zugestanden wird. Und hier wie dort in welchen der Dilettant »eine Bannung der ist eine kritische Dimension zu entdecken, kunsthistorischen Tradition und der durch die beim Müll auf seine eigene verwertbare sie provozierten Einflussangst in Aussicht Objekthaftigkeit reflektiert, beim Dilettanten stellt« (Wittmann 2010: 185). Man beachte: auf die Einbindung des Menschen innerhalb Der Dilettant, in der negativen Wertungs- des beruflichen Verwertungssystems. tradition des 19. Jahrhunderts noch Inbe- In Bezug auf die Konstruktion einer ›Fi- griff des Plagiators, wird hier zum Garant gur‹ Wood lässt sich das Schema etwas ver- für Originalität! Auch Jelinek sieht den Di- einfachen: Aus einer Ästhetik des Schei- lettantismus als Form von Kreativität und terns folgt notwendigerweise ein Konzept Nicht-Lernbarkeit von Kunst: von (zunächst negativ konnotiertem) Di- lettantismus. Denn scheitern kann nur ein »Wir sind ja auch alle Dilettanten. Schrei- Akteur, der es eigentlich hätte besser kön- ben kann man ja kaum lernen. Man kann nen sollen. Doch der Trashrezeption ist die auf nichts, auf keine feste Basis zurückgrei- ironische Umwertung eigen, auch die des fen.« (Elfriede Jelinek, zit. nach Stanitzek Filmemachers als Dilettanten. Die Reeva- 2000: 412) luation eines solchen Dilettantismus orien- 164 Die Konstruktion von Wood im Fandom der 1980er tiert sich dabei an drei Achsen: Der Regis- Negativauszeichnungen in 31 Kategorien, von seur wird zum Scharlatan, zum kindlichen »The Ecclesiastical Award for the Worst Per- wie weisen Schelm umgedeutet, der sich die formance by an Actor or Actress as a Cler- Lücken des kommerziellen Kultursystems zu gyman or Nun« über »The Worst Vegetable Nutze zu machen weiß. Oder er wird zum Movie of All Time« bis hin zu »The Worst jugendlichen Schwärmer, der, unbeeindruckt Lines of Romantic Dialogue in Movie His- vom Gewicht der materiellen Realität, sich tory« (Medved & Medved 1980). die Welt erhofft und erträumt. Oder aber In der Kategorie »Worst Director of All er wird zum Sisyphos, der sich ewig schei- Times« standen neben Wood der äußerst ternd, doch mit unermüdlicher Verve und produktive William ›One Shot‹ Beaudine, antibürgerlichem Gestus gegen das hegemo- der u.a. für den kommerziell erfolgreichs- niale System an Normen auflehnt. Diese drei ten Hygienefilm mom and dad (1944) ver- Figuren, eher Fassetten ein und desselben antwortlich zeichnete (Schaefer 2001:197), denn tatsächlich getrennte Typen, können Herschell Gordon Lewis, der mit blood daher als Richtpunkte einer Analyse der feast (1963) das Goregenre begründete, Woodfigur im Fandom werden. sowie der wie Wood in den 1950er Jahren aktive Phil Tucker, Regisseur von robot monster (1953), zur Auswahl. Die Konstruktion von Die Laudatio der Medveds deutet be- Wood im Fandom der reits auf einige charakteristische Elemen- te der Konstruktion des Trashregisseurs als 1980er Autorenfigur: Skizziert wird dieser Wood zunächst anhand der Spuren, die er in den Die Wiederentdeckung Woods begann be- Filmen zu hinterlassen scheint. Ergänzt wer- reits wenige Monate nach seinem Tod. Seine den diese Spuren durch Kommentare und Filme waren im Mitternachtsprogramm des Anekdoten von Zeitgenossen, in diesem Fall Fernsehens wie im ein oder anderen, verein- durch Zitate von Charles Anderson, der in zelten Kino über die 1960er und 70er Jahre den 1970ern Autor und Herausgeber bei Pen- gerettet worden. Doch fand die Reinkarna- dulum Publications war, für die auch Wood tion, die zur Konsolidierung des Fandoms gearbeitet hatte (Grey 1995: 163). beitragen sollte, durch eine Publikation der Die Medveds beschreiben den Regisseur Brüder Harry und Michael Medved statt, als einen Außenseiter des Systems Holly- die 1980 Edward D. Wood jr. zum schlech- woods, als einen »Fringie«, als Tagelöhner der testen Regisseur aller Zeiten erkor und im Poverty Row. Sie greifen damit einen nicht Gleichzug plan 9 from outer space zum erst seit dem Roman The Day of the Locust schlechtesten Film. (Nathanael West, 1939) beliebten Topos der Harry Medved hatte bereits 1978 zusam- Gegenüberstellung von glamourösem Holly- men mit Randy Dreyfuss das Filmlexikon wood und den von Elend und Verwahrlosung The 50 Worst Films of All Time (And How bedrohten Randgebieten der Traumfabrik auf. They Got That Way) veröffentlicht (Med- Explizit erwähnt werden daher auch Woods ved & Dreyfuss 1978). In der Fortführung, Alkoholismus, seine Arbeit als Pornograf und den Turkey Awards, die er 1980 mit seinem sein Abstieg in die Armut. Bruder Michael Medved publizierte, paro- Trotz dieser sozialen Randständigkeit dierte er das kulturindustrielle System der wird er nicht als isolierter Einzelkämpfer Preisverleihungen. Die Autoren verliehen charakterisiert. Vielmehr wird er als Kris- 165 Dilettantismus sich selbst verwirklichenden, spielerischen und romantischen Künstlers: »Often the films are eccentric – even extreme – presentations by individuals freely expressing their imaginations, who throughout the film- making process improvise creative solutions to problems posed either by circumstance or budget – mostly the latter. Secondly, they of- ten present unpopular – even radical – views adressing social, political, racial or sexual inequities, hypocrisy in religion or govern- ment; or in other ways they assault taboos related to the presentation of sexuality, vio- lence, and other mores.« (Vale & Juno 1988: 5, Hervorhebung im Original) Der – angesichts seiner Bedeutung im Fan- dom recht kurze – Artikel über Wood (Mor- ton 1988a) knüpft an die Beschreibung des Golden Turkey Awards (1980) Filmemachers als produktiven Außensei- ter an. Mehr noch als die Medveds hebt er tallisationspunkt einer Gruppe gezeichnet, den Tabubruch des Cross-Dressing hervor. eines Underground fast. Wenn die Laudatio Gleichzeitig betont er den Self-Made-Cha- ihn dann mit Fellini und Warhol vergleicht, rakter gegen jegliche ökonomischen Wider- so werden Wood und seine Entourage zu stände Hollywoods. Vertretern eines avantgardistischen, dem Die Veröffentlichungen aus dem Dis- Kommerz Hollywoods entgegengesetz- kurs des Fandoms fand ihren Höhepunkt ten Kinos. 1992 in Rudolf Greys Biografie Nightmare Eine zweite Publikation, die das Fan- of Ecstasy – The Life and Art of Edward D. dom um Wood prägen sollte, entstand Wood, Jr. Grey hatte mehr als 14 Jahre lang 1986 in Form der 10. Ausgabe von Re/ Fotos, Dokumente, vor allem aber Inter- Search (1988). Das Magazin war 1980 als views von Zeitgenossen gesammelt und zu Nachfolger der Punkfanzine Search & Des- einer losen und absichtlich inkonsistenten troy (1977–1979) gegründet worden. Seine Ansammlung von Oral-History-Fragmenten zehnte Veröffentlichung widmete es dem gebündelt. Die unverbundenen Anekdo- Thema »Incredibly Strange Films« und ver- ten, Erzählungen und Wertungen von/über sammelte dort eine Reihe von Interviews, Wood prägen bis heute die Konzeption des etwa mit Russ Meyer und Doris Wishman, Trashregisseurs. Die Widersprüchlichkeit sowie einige Genreartikel, wie zum Beispiel jedoch, die Grey explizit als biografische zum Women-in-Prison Film oder den Beach Methode verwendet und hinter der er die Party Movies. Bereits die Präambel des Ma- ›wahre Person‹ durchschimmern sieht (Grey gazins verdeutlicht das Trashkonzept der 1995: 7), lassen auch die Figur Wood als Magazinautoren, aber auch die Konzeption kontradiktorische, nicht greifbare und ab- eines dahinterstehenden Filmemachers als surde erscheinen. 166 Die Konstruktion von Wood im Fandom der 1980er Gerade die Produktionsanekdoten um den Filmemacher kreieren die Figur eines Schalks im Profibusiness Hollywoods, der es trotz seiner technischen wie ökonomi- schen Inkompetenz immer wieder schafft, seine Filme zu realisieren. Die Finanzierung von plan 9 from outer space durch eine baptistische Gemeinde etwa wird in Grey zur Schelmenepisode: »J. Edward Reynolds was a highly respected man among southern Baptist churches in the area. He did a lot of evangelistic singing in the churches. He asked me to ride with him one day on his route for an electronics firm. In the course of the day he told me he had The Billy Sunday Story and Ma Sunday’s per- mission to develop it and produce it on film. He wanted to do that very badly, but didn’t have the capital to produce it. He hit upon this idea that we would produce his friend Incredibly Strange Films (1988) Ed Wood’s script, which was a science fic- tion thing, and we’d form a corporation, and Wood war jedoch nicht nur der Schelm, we’d pool our resources, develop, produce der die Baptisten um den Finger wickelte, that film, sell it, take the profits from it, put Drehgenehmigungen ignorierte oder der ein them back into the corporation, and produce Krakenmodell aus den Republic-Studios ent- The Billy Sunday Story. And thereafter we’d wendete (Grey 1995: 66). Er war gleichzei- produce nothing but religious films. So he tig der begeisterte Dilettant, der jugendli- wanted to know if I would like to come in che, naive Schwärmer, wie er bereits in der on it – it sounded good to me, so I borrowed deutschen Dilettantismusdiskussion um some money on my life insurance, and put 1800 auftaucht. $500 into it.« (Reverend Lyn Lemon, zit. nach Grey 1995: 75) »To put it perhaps too simplistically, Ed Wood Jr. didn’t become celebrated because J. Edward Reynolds gelang es tatsächlich, von he made bad films: he became famous be- seiner Gemeinde das Geld für die Filmpro- cause he wanted to make good films that duktion von plan 9 zusammenzusammeln. instead were only good at showing how Der religiöse Streifen über William Ashley badly he wanted to make them.« (Steven- Sunday, einem US-amerikanischen Sportler son 2003c: 118) und Massenprediger, der 1935 gestorben war, kam hingegen nie zustande. plan 9 war kein Und er ist drittens auch der unermüdliche finanzieller Erfolg beschieden. Und die für Kämpfer, der sich nicht beeindrucken lässt den Film gegründete Firma Reynolds Pictu- von seinen Misserfolgen, ein rebellischer Si- res reihte sich ein in die Masse ephemerer syphos, der sich gegenüber einem hegemo- Produktionsfirmen der 1950er Jahre. nialen Mainstream positioniert: 167 Dilettantismus dieses Scheiterns definiert. Sie verdeutlicht den unvoll- endeten und auch nicht zu vollendenden Prozess dieser Selbsterschaffung, den sie allerdings nicht als existen- zialistisches Trauma fasst, sondern mit einem an Don Quijote gemahnenden En- thusiasmus verbindet. Das Fandom rückt Wood daher in die Nähe der romanti- schen Künstlergestalt, de- ren laufende Genese von Subjektivität stets Fragment bleibt, deren fragmentari- scher Charakter aber genau den Kern dessen ausmacht, was sie zum werdenden und nicht zum seienden Subjekt macht. Das Biopic ed wood als Trivialisierung Das mit den hier aufgeführ- Pressefoto zum Biopic ed wood ten Veröffentlichungen das Fandom nur in einigen an- »[...] Ed Wood emerges as a schizophrenic fänglichen Punkten angedeutet ist, ist offen- character, at once a victim of capitalist oppres- sichtlich. Trashfanzines wie Zontar, Subhu- sion, denied access to the means of production man, Trashola, Ungawa oder Pandemonium and distribution by the dark forces of com- (zit. nach Sconce 1995: 353) haben ein gan- mercialism, while at the same time strangely zes Feld an Diskursen über Trash eröffnet, able to express his (admittedly alternative) das sich natürlich auch an Wood abarbeitet. psyche in a highly personal autobiographical Besagte Fanzeitschriften, aber ebenso Phä- cinema.« (Birchard 1995: 450) nomene wie die satirische Ed-Wood-Chur- ch (vgl. Galindo 2009) oder gar die Ver- Die Wood-Figur, die vom Fandom gezeich- vielfältigung und Öffnung des Fandoms im net wird, ist eine inhärent widersprüchli- Internet sind bislang nur wenig erforscht. che, hybride Figur, die sich über ihr Schei- Ihre wissenschaftliche Aufarbeitung bleibt tern wie über die immer wieder versuchte künftigen Forschungsarbeiten überlassen. und stets erneut erfolglose Überwindung Die erwähnten Veröffentlichungen umrei- 168 Das Biopic ed wood als Trivialisierung ßen jedoch die Grundzüge des auf subkultu- auf die Dreharbeiten zu drei Filmen, glen relle Distinktion bedachten Wood-Fandom or glenda, bride of the monster und der Film Buffs und Connaisseurs. Gegenüber plan 9 from outer space, konzentriert, einer solchen Kennerschaft, welche ganz gibt er sich die Möglichkeit, nicht nur die Pro- bewusst und vielleicht sogar primär auch duktionsbedingungen zu zeigen, sondern auch die Schattenseiten wie den Alkoholismus einzelne, als repräsentativ gedachte Szenen und den sozialen Abstiegs mit einbezieht, der Filme nachzuspielen. Der soziale Abstieg erscheint Fankritikern wie etwa Jack Ste- Edward D. Woods in den 1960er Jahren ist venson das Biopic ed wood (1994; R: Tim nicht Teil der Handlung, sein Alkoholismus Burton) als Trivialisierung und Glättung der wird allenfalls angedeutet. Pornografisches Figur Woods zum »lovable loser« (Stevenson wird völlig ausgespart. 2003c: 118). Eine Analyse des ausge- rechnet von der Disney- Tochterfirma Touchstone produzierten Films unter- stützt diese Interpretation: Die Kon struktion der Figur folgt hier zwar durchaus dem oben angelegen Dreier- schema aus Schelm, Schwär- mer und Sisyphos. Doch in- dem der Film dieses Dreieck mit dem Topos der Kindheit assoziiert, gleichzeitig aber jegliche Hybriditäten und Inkonsistenzen tilgt, be- raubt er das Modell seines subversiven Potenzials. Das Schauspiel von John- ny Depp, der die Rolle von Ed Wood übernimmt, vor allem aber auch Depps Rollenbio- grafie verankern die Figur des Regisseurs in der Tradition des tragikomischen Außen- seiters. Die Handlung geht von den in Greys Biografie aufgeführten Anekdoten aus, um mit ihnen ein Bild des Filmemachers zu zeichnen. Gleichzeitig greift das Biopic In einer zentralen Sequenz von glen or glenda (1953) akzeptiert Barbara das Cross-Dressing ihres Verlobten und auf die Spuren innerhalb von reicht ihm den symbolischen Angora-Pullover (oben); ed Woods Werk selbst zurück: wood (1994) spielt diese Sequenz nach, um in ihr den tat- Indem er die Filmhandlung sächlichen Konflikt zwischen Wood und Fuller zu spiegeln 169 Dilettantismus in ihrem Pathos an den der Filme Woods heranreicht – zeigt deutlich die Ver- schiebung hin zum Topos des American Dream: Ed: »Ah, Mr. Welles, is it all worth it?« Orson Welles: »It is when it works. You know the one film of mine I can stand to watch? ›Kane‹. The studio Wood (Johnny Depp) und Lugosi (Martin Landau) schauen hated it ... But they didn’t ein Kind an, das sich von Lugosis Draculakostüm unbeein- get to touch a frame. Ed, vi- druckt zeigt und erst vor Woods Zahnprothese davonläuft sions are worth fighting for. Why spend your life making Alle drei Akte des Biopics beginnen mit someone else’s dreams?« einer horrenden Niederlage in Form einer (ed wood, 1:46:18–1:46:38) ignorierten oder ausgebuhten Vorstellung; und in jedem Akt erkämpft Wood sich tap- Die dilettantische Gestalt wird sogar noch fer und voller Enthusiasmus die nächste Pro- weiter entschärft, indem nämlich das Stre- duktion. Prägnant ist also zunächst einmal ben und das Widerständige der filmischen ein wiederholter Wechsel von Enttäuschung Figur Wood in Verbindung zum kindlichen und Verwirklichung des eigenen Traumes. Spieltrieb gesetzt wird und sie so als infanti- Selbst das (durchaus auch ironisch zu lesen- ler Peter Pan erscheint. Eine kurze Sequenz de) Happy End, in welchem plan 9 Erfolge (22:17–22:50) verdeutlicht diese unterschwel- feiert und Wood mit seiner neuen Verlobten lige Seelenverwandschaft: Lugosi und Wood zum Heiraten nach Nevada fährt, stört die- schauen am Abend von Halloween im Fern- ses Auf und Ab nur wenig. Vielmehr bindet sehen alte Horrorfilme. Als eine Gruppe von sich der Film in einen Mythos des American verkleideten Kindern an der Tür klingelt, ver- Dream ein. Die performative Subjektivität sucht Lugosi, sie mit seinem Draculakostüm des romantischen Künstlers, die noch die zu erschrecken, scheitert jedoch bei einem Konzeption der Künstlergestalt etwa bei Kind. Erst als Wood seine Zahnprothese he- Grey prägt, wird auf einen müden Selbst- rausnimmt, rennt auch dieses mit gespieltem verwirklichungstopos reduziert, indem er Schrecken weg. Durch diese kindliche Kom- der Figur jegliche absurden und hybriden plizenschaft, die zunächst über die Zahn- Züge entzieht. Dieser Mythos steht dann prothese wirkt, wird allerdings ebenso das auch diametral der zynischen Auffassung Cross-Dressing Woods entschärft: Das von in Woods Werken selbst entgegen, wie sie einem Mann getragene Frauenkleid wird zu oben angedeutet wurde. einem infantilen Narrenkostüm, das jegliche Ein Kommentar des im Biopic auftre- die Konstruktion von Gender destabilisieren- tenden Orson Welles – eine Anmerkung, die de Wirkung verloren hat. q 170 Schlusswort Schlusswort »The road to any dream, to make that welt und proteischer Materie lassen ihn als dream a reality, is a tough road. etwas Bedrohliches erscheinen. Sie gibt ihm Dreams can only become a reality if zudem eine Zeitlichkeit und Zyklizität, die you face facts. Face them squarely and verdrängt wird, jedoch stets wieder hervor- realize all those around you have their bricht. Müll konnotiert Unreinheit, Verfall, dreams also. Perhaps you may have to Vanitas und Tod. Müll konnotiert aber im- dream a little deeper!« mer auch den damit verbundenen Verdrän- (Ed Wood 1998: 51) gungsprozess. Die Rezeption von kinematografischen Wie kann es sein, dass ein Film so schlecht Werken als Trash greift diese Vorstellung ist, dass er schon wieder gut ist? Was von Müll implizit auf. Trashrezeption um- ist, mit anderen Worten, ein Trashfilm? fasst eine paradoxe doppelte Wertung, die Ansätze, das Phänomen des Trash über ein einen Film sowohl ab- wie aufwertet. Es ist fest umrissenes Korpus zu begreifen, sind zunächst ein individuell zu begreifendes Re- zunächst zum Scheitern verurteilt. Zu un- zeptionsphänomen, ein Geschmacksurteil, scharf erweisen die Grenzen, zu flüssig die bei dem sich der Zuschauer auf konkrete Konsistenz, die einen Trashfilm zu dem gu- textuelle Merkmale stützt. Gleichzeitig ist ten schlechten Film macht, der er ist. es aber auch ein diskursives Wertungsphäno- Angesichts dieser Schwierigkeiten begreift men, an dem Fandom, Filmkritik und Film- diese Arbeit den Trash mit Hilfe eines kultur- wissenschaft ihre Anteile haben. theoretischen Müllbegriffs sowie eines Kon- In einem Prozess der Abwertung werden zepts von romantischer Ironie. Diese unter- dem Film Charakteristika wie Marginalität, scheidet sich insoweit von einer rhetorischen Wertlosigkeit, Unreinheit, Eitelkeit oder Hy- Ironie, als dass es hier nicht um die Umkeh- bridität eingeschrieben. In einem gleichzeitig, rung des Gemeinten geht, sondern um eine aber entgegengesetzt ablaufenden Vorgang Geisteshaltung, die sich an Uneigentlichkeit, findet eine ironische Umkehrung statt. Die- Ungleichzeitigkeit, Unfertigkeit und logischer se nimmt die erste Wertung nicht zurück, Inkonsistenz erfreut. Müll ist dann, in dieser sondern stellt vielmehr gerade die Stückelung theoretischen Auffassung, zunächst etwas, das und die Widersprüche, die sich aus dem Müll- in einem Separationsprozess unterschieden charakter des Werkes ergeben, in den Mittel- und innerhalb eines bestimmten Wertesys- punkt. Eine solche Rezeptionsart steht in der tems abgewertet wird. Die Eigenschaft des Tradition der romantischen Ironie, indem sie Mülls als entweder Nicht-Objekt (die Späne sich an den Fragmenten, Inkonsistenzen, Brü- der Holzverwertung) oder Nicht-mehr-Ob- chen und zentrifugalen Kräften des Textes jekt (die Plastikbecher im Kehricht) trennen erfreut und an ihr eine Ästhetik des Absur- ihn von der regelhaften Welt der Dinge, bin- den konstruiert. Sie ist es, die einen Film zu den ihn allerdings unablässig darauf zurück. einem Trashfilm macht, zu einem Film, der Die liminale Hybridität zwischen Objekt- so schlecht ist, dass er schon wieder gut ist. 171 Schlusswort Edward D. Wood jr. ist seit seiner Wie- schen Krimi und sozialem Melodrama. Und derentdeckung Anfang der 1980er Jahre the sinister urge ist ein erotisch aufge- zu einer Ikone des Trashfilms geworden. ladener Streifen, der in der Tradition der Sein Filmwerk hat er fast vollständig in den Vice Films steht. 1950ern geschaffen – ohnehin äußerst ergie- Woods Filme sind außerdem Müll, weil bige Zeiten für ein mögliches Trashkorpus. sie kulturell meist wenig geschätzten Genres Das System Hollywood befand sich in die- angehören. Sie sind Vertreter von body genres, sem Jahrzehnt im Umbruch. Der Oberste sie thematisieren Sexuelles und Monströses. Gerichtshof hatte die vertikale Integration Doch trotz dieser tendenziellen Anrüchigkeit der Hollywoodstudios beendet und damit machen sie sich bereits in den 1950ern etwas das hierarchische Oligopol aufgelöst. Das altmodisch aus: Die Formen des klassischen Zensursystem fing an, sich aufzuweichen. Horrorfilms der 1930er Jahre, auf die Wood Die alte Aufteilung zwischen legitimem B- sich bezieht, sind in diesem Jahrzehnt, das Movie auf der einen Seite und anzüglichen sich viel eher für Sciencefiction und jugend- Exploitationfilmen, die nur mit Mühen ei- liche Themen begeistern können, nicht mehr nen randständigen Markt erreichen konnten, aktuell. Die erotisch aufgeladenen Krimis auf der anderen begann, sich aufzulösen. Die wirken gegenüber der Freizügigkeit in der Produktion im Low-Budget-Bereich diver- Sexploitation unzeitgemäß prüde. sifizierte sich nun in Richtung speziellerer Das Rückständige von Woods Werk wird Zuschauersegmente, in Form etwa der Teen- angesichts der Versuche, sich an Trends der ploitation oder der Sexploitation. 1950er anzupassen, nur noch offensichtli- Die Bewegung, in die das System Hol- cher. Die Strategien der Anbiederung sind lywood Anfang der 1950er geriet, führten meist nur peripher an den Film gekoppelt zu einem erhöhten Bedarf an billigen Pro- und sprengen ihn eher, als dass sie die Pro- duktionen, die es auch Leuten wie Edward duktionen in die Reihe der Teenploitation D. Wood jr. erlaubten, Geldgeber zu finden hätten einreihen können. Selbst the vio- und ihre Filme zu produzieren. Das Fern- lent years, der vom Konzept her ein ty- sehen, das seit den 1950ern als Konkurrent pischer Vertreter des neuen Jugendfilms aber ebenso als Kooperationspartner des ist, weicht durch die Tatsache, dass er eine Kinos auftrat, diente besonders dem Trash- weibliche Gang porträtiert, die gar einen film als kulturelles Archiv, das das Werk der Mann vergewaltigt, vom Mainstream der schlechten Regisseurs für spätere Generati- Filmproduktion radikal ab. onen aufbewahrte. Woods Filme sind aber vor allem des- Woods Filme sind aus der Warte heuti- wegen Müll, weil sie eine eigenständige Äs- ger Zuschauer Müll, weil sie zunächst ein- thetik aufweisen, eine Ästhetik der Wider- mal Jahrzehnte alte stereotype Genrefilme sprüchlichkeit, des Fragmentarischen, des sind: Die Kelton-Trilogie mit bride of the Inkohärenten und Inkonsistenten, die inner- monster, night of the ghouls und halb des Normsystems des Hollywoodkinos plan 9 from outer space besteht aus nicht akzeptabel ist. Die Pappwandästhetik klassischen Horrorfilmen. glen or glenda der Mise en scène und das hölzerne Schau- ist ein Aufklärungsfilm, der sich den konser- spiel der unerfahrenen Darsteller verhöh- vativen Strategien klassischer Exploitation nen die Forderung nach einem transparen- bedient, um sein avantgardistisches Thema ten Dispositiv und verweisen als Spuren auf von Cross-Dressing und Transsexualität zu das Vorfilmische, das so als besonders billig behandeln. jail bait positioniert sich zwi- (re)konstruiert werden kann. Mimik, Gestik 172 Schlusswort und Sprache sind häufig hypertrophiert und Angesichts der Komplexität des Dilet- lassen auf diese Art ein Pathos entstehen, tantismusbegriffes lässt sich dieser im Falle das durch Stilbrüche und ins Leere laufen- Woods auf drei Fassetten reduzieren: den de Pathosformeln ebenfalls ins Künstliche Schwärmer, den Schelm und den Sisyphos. kippt und selbstreflexiv wird. Inkonsistenzen In diesen Teilaspekten spiegelt sich die Be- der Handlung und Figurenmotivation sowie geisterung der Fans für die Figur des Regis- mangelnde Plausibilität rücken das Absurde seurs wie für sein Werk. In ihnen wird da- und Unvorhersehbare in den Vordergrund. her klar, nicht nur wie, sondern auch war- Fragmentierung von Erzählinstanzen, di- um ein Film so schlecht sein kann, dass er egetischen Ebenen und Räumen ergeben schon wieder gut ist. Ed Wood, das ist der schließlich, zusammen mit dem Topos der jugendliche Schwärmer und Enthusiast. Ed Nacht, eine filmische Qualität, die sich als Wood ist gleichzeitig der Bürgerschreck, surreale beschreiben ließe. der als Schelm hegemoniale ökonomische Anhand der Spuren aus den Filmen, aber wie ästhetische Setzungen unterwandert. auch ausgehend von eigenen filmhistorischen Ed Wood ist aber stets auch – und das un- Diskursen konstruiert sich das Fandom eine terscheidet ihn von den Künstlern der di- Figur Ed Wood, die als absurde, widersprüch- versen Avantgarden – eine Figur des per- liche, romantische Autorenfigur der Filme petuierten existenzialistischen Scheiterns, fungiert. Fasst man die oben umrissene Äs- ein Scheitern, das für das nur teleologisch thetik als eine Ästhetik des Scheiterns, so als Ganzheit gedachte romantische Subjekt wird Wood zum Inbegriff des Dilettanten, allerdings konstitutiv ist. Edward D. Wood zum König des Trash, zum schlechtesten jr., der schlechteste Filmemacher der Welt, Regisseur aller Zeiten. ist, mit anderen Worten, Sisyphos. q 173 Kurzglossar Kurzglossar B-Movie: a) Zweiter, meist kürzerer und bill igerer tungsfähigkeit höher gewertet wird als ästhe- Film innerhalb eines double features, welches tische und gesellschaftliche Normen. in den 1930er Jahren als Vertriebspraxis v.a. Gross, Schlock, Sleazy, Slick, Bizarre, Weird, des U.S.-amerikanischen Marktes auftritt Strange, Odd: häufig speziellen Varietäten und in den 1960ern an Bedeutung verliert; des Englischen wie der Jugendsprache (gross) b) in Ausweitung des industriellen Begriffes oder dem amerikanischen Jiddisch (schlock) des B-Movies abwertende oder ironisch ab- entstammende Attribute für schlechte oder wertende Bezeichnung für jegliche Form von ungewöhnliche Filme, die in ihrer Verwen- schlechten Filmen. dung selten eine genaue Extension des Be- Classical Exploitation: Während der Geltungs- griffes festsetzen. phase des amerikanischen Product ion Codes Midnight Movie: a) Kinematografische Praxis der existierendes Parallelkino, das die Richtli- Mitternachtsvorführung, die v.a. im New York nien des Codes nicht erfüllte und dem die der 1970er Jahre zum subkulturellen Ritual Vertriebskanäle des Studiosystems Holly- wird, aber auch in anderen cinephilen Publika wood somit verwehrt blieben; vor allem als Praxis übernommen wird; b) Filme, die Hy giene-, Nudisten- oder Drogenaufklä- in solchen Mitternachtsvorführungen gezeigt rungsfilme. werden und die sich häufig vom Mainstream- C-Movie, Z-Movie: Hyperbolisierung des Be- Kino des Tages- und Abendprogrammes un- griffes B-Movies in Fandom und Marketing, terscheiden. ohne allerdings die Verankerung in einer spe- Paracinema: Von Sconce (1995: 535) gebildeter ziellen Distributions- und Exhibitionspraxis; Begriff für schlechte Filme, der v.a. die Ei- vgl. B-Movie. genart von Trash als Rezeptionsmodus und Cult Film: a) jegliche Form von Film, bei der eine die sub- oder gegenkulturelle Sensibilität der Ritualisierung der Rezeption im Kino und Zuschauer in den Vordergrund rückt. häufig auch eine kommunikative Gruppenbil- Psychotronic Movies: Vom Filmkritiker Michael dung in Form eines Fandoms zu beobachten Weldon in Fanzines und Publikationen gepräg- ist; b) gerade im anglo-amerikanischen Kon- ter und in Anlehnung an the psychotro- text aber bezeichnet der Begriff in Abgren- nic man gebildeter Neologismus für jegliche zung zu Blockbustern solche Filme, die nur Form von Trashfilmen. Teilpublika anzusprechen vermögen, speziel- Quota Quickie: a) Abwertende Bezeichnung für ler auch mit dem Mainstream nicht konform eine auf ein tagesaktuelles Bedürfnis des Pu- gehende Filme. blikums reagierende Filmproduktion, die ho- DtV, Direct-to-Video (heute auch Direct-to- hen Wert auf Schnelligkeit der Produktion, DVD): direkt für den Videomarkt und häufig geringen Wert auf die Qualität des Filmes mit geringem finanziellen Aufwand produzier- legt; vgl. Exploitation. te Filme ohne Erstauswertung im Kino. Underground Cinema: Filme, die außerhalb eines Exploitation: a) Gesamtheit der Marketingstra- kulturindustriellen Produktions- und Verwer- tegie eines Films; b) als ausbeutend gewer- tungsdispositivs und häufig in engem Zusam- tete Marketingstrategie, die besonders auf menhang mit historisch spezifischen Subkul- Verbund- und Event-Werbung setzt; c) billig turen entstanden und – zumindest in ihrer produzierte Filme, bei denen die Vermark- ersten Auswertung – rezipiert wurden. 174 Bibliografie Bibliografie Allen, Barry (2007): »The Ethical Artifact. On Trash«. Baudelaire, Charles (2008): Die Blumen des Bösen. In: John Knechtel, Hg.: Trash. Cambridge: MIT Stuttgart: Philipp Reclam jun. Press, 196–213. Benshoff, Harry M. (1997): Monsters in the Closet. Altman, Rick (1999): Film/Genre. London: British Homosexuality and the Horror Film. Manchester: Film Institute. Manchester University Press. Anderson, Christopher (1997): »Television and Berenstein, Rhona J. 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Schoedsack) 90, 99 Thompson) 86 nold) 81 king of the zombies (USA haus auf dem geisterhü- Incredibly Strange Film Show, The 1941; R: Jean Yarbrough) gel, das siehe house on (Großbritannien 1988–89; P: 101 haunted hill Channel X) 86 kleiner laden voller hellborn siehe rock and ingagi (USA 1930; R: William schrecken siehe little roll hell Campbell) 65, 99, 100 shop of horrors, the he or she? siehe glen or invisible invaders (USA koloss, der siehe amazing glenda 1959; R: Edward L. Cahn) colossal man, the hercules in new york 101 (USA 1969; R: Arthur invisible man, the (Der Ladenhüter, der siehe Allan Seidelman) 16, 17 Unsichtbare; USA 1933; R: who’s minding the him (USA 1974; R: Ed D. James Whale) 90 store? Louie) 16 isle of the dead (Die To- lass jucken, kumpel! house of dracula (USA 1945; desinsel; USA 1945; R: (BRD 1972; R: Franz Ma- R: Erle C. Kenton) 90 Mark Robson) 90 rischka) 16 house of frankenstein it came from beneath the lawless rider, the (USA (USA 1944; R: Erle C. sea (Das Grauen aus der 1954; R: Yakima Canutt) Kenton) 90 Tiefe; USA 1955; R: Ro- 71 house on haunted hill bert Gordon) 96 levres rouges, les (Blut (Das Haus auf dem Geis- it came from hollywood an den Lippen; Belgien, terhügel; USA 1959; R: (USA 1982; R: Malcolm Frankreich, BRD 1971; R: William Castle) 59, 81 Leo, Andrew Solt) 86 Harry Kümel) 28 120 tage von sodom, die it came from outer space lisa e il diavolo (Der Teuf- siehe salò o le 120 gior- (Gefahr aus dem Welt- lische; Italien, BRD, Spa- nate di sodoma all; USA 1953; R: Jack Ar- nien 1974; R: Mario Bava) nold) 81 28 I accuse my parents (USA it conquered the world little shop of horrors, 1944; R: Sam Newfield) (USA 1956; R: Roger Cor- the (Kleiner Laden voller 110 man) 81 Schrecken; USA 1960; R: i changed my sex sie- Roger Corman) 75 he glen or glenda Jail bait (USA 1954; R: Ed- i led 2 lives siehe glen or ward D. Wood jr.) 58, 71, Macabre (USA 1958; R: glenda 76, 78, 81, 84, 86, 108, William Castle) 81 190 Filmtitel the madmen of mando- mystery of the wax muse- phantom creeps, the ras siehe they saved um (USA 1933; R: Micha- (USA 1939; R: Ford Beebe, hitler’s brain el Curtiz) 91 Saul A. Goodkind) 94 mad youth (USA 1940; R: photographer, the (USA Melville Shyer) 78 Narcotic (USA 1933; R: 1969; R: Joseph F. Robert- maniac (USA 1934; R: Dwain Esper) 63, 78 son) 73 Dwain Esper) 12, 16, 17, natural born killers pink flamingos (USA 1972; 74 (USA 1994; R: Oliver R: John Waters) 16, 45 man with the golden Stone) 12 plan 9 from outer space arm, the (Der Mann mit necromania (USA 1971; R: (Plan 9 aus dem Welt- dem goldenen Arm; USA Edward D. Wood jr.) 69, all; USA 1959; R: Edward 1955; R: Otto Premin- 73, 114 D. Wood jr.) 16, 50, 58, ger) 57 nekromantik (BRD 1987; 69, 71, 74, 76, 77, 79, 81, marihuana (USA 1936; R: R: Jörg Buttgereit) 15 83–86, 101, 118, 120–122, Dwain Esper) 110 night of the ghouls 125, 126, 131, 134, 139, mau mau (USA 1955; R: El- (USA 1958; R: Edward 142, 146, 147, 154 wood Price) 64 D. Wood jr.) 71, 76, 79, kolorierte Version 99 menace, the (USA 1932; R: 84, 86, 97, 126, 134, 147, project moonbase (USA Roy William Neill) 109 148, 150 1953; R: Richard Tal- mesa of lost women (USA night the banshee cried, madge) 75 1953; R: Ron Ormond, the (USA 1957; R: Ed- projectionist, the (USA 1971; Herbert Tevos) 78, 150 ward D. Wood jr.) 71, 79 R: Harry Hurwitz) 75 mighty joe young (Pa- nightmare on elm street, psycho (USA 1960; R: Al- nik um King Kong; USA a (Nightmare – Mörderi- fred Hitchcock) 102 1949; R: Ernest B. Schoed- sche Träume; USA 1984; psychotronic man, the sack) 99 R: Wes Craven) 12 (USA 1980; R: Jack M. mom and dad (Falsche no time to be young (USA Sell) 18 Scham; USA 1945; R: Wil- 1957; R: David Lowell liam Beaudine) 63, 107, Rich) 112 Rache der schwarzen 165 nude on the moon (USA spinne, die siehe earth monster from the ocean 1961; R: Doris Wishman) vs. the spider floor (USA 1954; R: Wy- 69 rache des würgers, ott Ordung) 81, 82 die siehe bride of the monster of the marshes, Ohne gnade – schätz- monster the siehe bride of the chen siehe vixen! racket queen siehe sinis- monster one million ac/dc (USA ter urge, the moon is blue, the (Wolken 1969; R: Ed De Priest) rebel without a cause (... sind überall; USA 1953; R: 69, 114 denn sie wissen nicht, was Otto Preminger) 57 only house, the (USA sie tun; USA 1955; R: Ni- mr. sardonicus (Der un- 1971; R: Edward D. Wood cholas Ray) 68, 111 heimliche Mr. Sardoni- jr.) 73 reefer madness siehe tell cus; USA 1961; R: William orgy of the dead (USA your children Castle) 59 1965; R: Stephen C. Apos- revenge of the virgins mummy, the (Die Mumie; tolof) 69, 73, 114 (USA 1959; R: Peter Perry USA 1932; R: Karl Freund) jr.) 44, 69 90 Panik um king kong siehe revolt of the zombies muscle beach party (USA mighty joe young (USA 1936; R: Victor Hal- 1964; R: William Asher) 67 peeping tom (Augen der perin) 101 mutters maske (BRD 1988; Angst; Großbritannien rhythmus hinter git- R: Christoph Schlingen- 1960; R: Michael Pow- tern siehe jailhouse sief) 16 ell) 102 rock 191 Index robot monster (USA 1953; sinister urge, the (USA teuflische, der siehe lisa e R: Phil Tucker) 16, 165 1960; R: Edward D. Wood il diavolo rock and roll hell (USA jr.) 58, 69, 71, 72, 77-84, them! (Formicula; USA 1956; R: Edward D. Wood 87, 102, 112–113, 129, 130, 1954; R: Gordon Doug- jr.) 77, 150 139, 150, 161, 172 las) 96 rock around the clock slaves in bondage (USA they saved hitler’s brain (Außer Rand und Band; 1937; R: Elmer Clifton) (USA 1968; R: David USA 1956; R: Fred F. 112 Bradley) 16 Sears) 110 smashing the vice trust tingler, the (Schrei, wenn rocky horror picture (USA 1937; R: Melville der Tingler kommt; USA show, the (Großbritan- Shyer) 112 1959; R: William Castle) nien, USA 1975; R: Jim snow white and the se- 59 Sharman) 61 ven dwarfs (Schneewitt- tod hat schwarze kral- chen und die sieben Zwer- len, der siehe i was a Saat der gewalt, die siehe ge; USA 1937; R: David teenage werewolf blackboard jungle Hand) 137 todesinsel, die siehe isle salò o le 120 giornate di son of frankenstein of the dead sodoma (Die 120 Tage (Frankensteins Sohn; totschläger, der siehe von Sodom; Italien, Frank- USA 1939; R: Rowland V. young captives, the reich 1975; R: Pier Paolo Lee) 74 Pasolini) 45 Star Trek (USA 1966–1969; Undead, the (USA 1957; R: satansweiber von titt- P: Desilu Productions) Roger Corman) 67, 81 field, die siehe faster, 124 unearthly, the (USA 1957; pussycat! kill! kill! strangler of the swamp R: Boris Petroff) 96 schneewittchen und (USA 1946; R: Frank Wis- unglaubliche geschich- die sieben zwerge sie- bar) 98 te des mr. c., die siehe he snow white and the sun was setting, the incredible shrinking seven dwarfs (USA 1951; R: Edward D. man, the schrecken vom amazo- Wood jr.) 70 unheimliche gast, der nas, der siehe creature siehe uninvited, the from the black la- Take it out in trade (USA unheimliche mr. sardo- goon 1970; R: Edward D. Wood nicus, der siehe mr. sar- schrei, wenn der tingler jr.) 39, 70, 72, 114 donicus kommt siehe the tingler tarantula (USA 1955; R: uninvited, the (Der un- schulmädchenreport: was Jack Arnold) 96 heimliche Gast; USA eltern nicht für mög- teen age (USA 1944; R: Ri- 1944; R: Lewis Allen) 98 lich halten (BRD 1970; chard L’Estrange) 110 unknown, the (USA 1946; R: Ernst Hofbauer) 16 teen-age crime wave (USA R: Henry Levin) 98 schwarze katze, die siehe 1955; R: Fred F. Sears) unsichtbare, der siehe in- black cat, the 110, 111 visible man, the schwarze natter, die sie- teenage zombies (USA he dark passage 1959; R: Jerry Warren) 95 Vampire journals (Rumä- sexpraxis ’74 siehe drop- teenagers from outer nien, USA 1997; R: Ted out wife space (USA 1959; R: Tom Nicolaou) 15 siegfried (Deutschland Graeff) 16, 17, 82 violent years, the (USA 2005; R: Sven Unterwaldt tell your children (USA 1956; R: William Mor- jr.) 16 1936; R: Louis J. Gasnier) gan) 71, 78, 102, 110–111, singin’ in the rain (Du 16, 45, 78, 110 130, 172 sollst mein Glücksstern test tube babies (USA vixen! (Ohne Gnade – sein; USA 1952; R: Stanley 1948; R: W. Merle Con- Schätzchen; USA 1968; R: Donen) 120 nell) 64, 65, 77 Russ Meyer) 75 192 Personen Wages of sin, the (USA wilden engel, die siehe yes sir, mr. bones (USA 1938; R: Herman E. Web- wild angels, the 1951; R: Ron Ormond) ber) 64, 112 window water baby mo- 150 where are your chil- ving (USA 1962; R: Stan young captives, the dren? (USA 1943; R: Wil- Brakhage) 20 (Der Totschläger; USA liam Nigh) 110 wizard of oz, the (Der 1959; R: Irving Kersh- white zombie (USA 1932; Zauberer von Oz; USA ner) 112 R: Victor Halperin) 99, 1939; R: Victor Fleming) 101, 134 21 Zauberer von oz, der who’s minding the store? wolf man, the (Der siehe wizard of oz, the (Der Ladenhüter; USA Wolfsmensch; USA 1941; zombies of the strato- 1963; R: Frank Tashlin) 85 George Waggner) 90, 121, sphere (USA 1952; R: wild angels, the (Die wil- 122 Fred C. Bannon) 101 den Engel; USA 1966; R: wolken sind überall siehe Roger Corman) 67, 110 moon is blue, the wild one, the (Der Wilde; womaneater (Großbritanni- USA 1953; R: Laslo Bene- en 1958; R: Charles Saun- dek) 110 ders) 96 Personen Addams, Charles 137 Braunstein, Nathan C. 84 Cousteau, Jacques-Yves 96 Allan, Lewis 98 Breckinridge, John 125 Craven, Wes 12 Anderson, Charles 165 Brooks, Conrad 150 Criswell 76, 146, 147 Ang, Ien 11, 43 Brooks, Richard 68, 111 Curtiz, Michael 21, 48, 62, 91 Apostolof, Stephen C. 69, Browning, Tod 74, 90, 136 73, 114 Buñuel, Luis 20, 45, 153 Daves, Delmer 109 Argento, Dario 16 Burton, Tim 10, 86, 169 Dawley, J. Searle 91 Arkoff, Sam 67, 84 Buttgereit, Jörg 15 de Bello, John 16 Arman 37 de Priest, Ed 69, 114 Arnold, Jack 82, 95, 96 Cabanne, Christy 109 Deleuze, Gilles 155 Asher, William 67 Cahn, Edward L. 101 DeMille, Cecil B. 110 Campbell, William 64, 65, 99 Dertano, Robert C. 111 Barthes, Roland 130, 159 Caniff, Milton 137 Donen, Stanley 120 Baudelaire, Charles 15, 48, Canutt, Yakima 71, 109 Douglas, Gordon 96 163 Castle, William 59 Douglas, Mary 36, 38 Bava, Mario 12, 16, 28 Cauldwell, David O. 105 Drew, Leonardo 38 Beaudine, William 63, 107, Cervantes Saavedra, Miguel Dreyfuss, Randy 165 165 de 47 Duchamp, Marcel 37 Beebe, Ford 94 Chaney jr., Lon 90 Benedek, Laslo 110 Christie, Al 63 Eco, Umberto 48 Benjamin, Harry 105 Clifton, Elmer 112 Esper, Dwain 12, 16, 63, 74, Black, Karen 62 Conell, W. Merle 64, 65 78, 110 Bourdieu, Pierre 11, 25 Cooper, Merian C. 90, 99 Everett, Kathy O’Hara siehe Bourget, Paul 47, 163 Corman, Roger 16, 22, 67, Wood, Kathy Bradley, David 16 75, 77, 82, 96, 110 Brakhage, Stan 20 Cornell, Joseph 37 Farber, Manny 27 Brannon, Fred C. 109 Cornell, W. Merle 77 Farell, Timothy 76, 126 193 Index Feist, Felix E. 96 Kempner, Friederike 42 Neill, Roy William 90, 109 Fellini, Federico 166 Kent, Willis 64 Newfield, Sam 110 Fisher, Terence 102 Kenton, Erle C. 90 Newsom, Ted 86 Fleming, Victor 21 Kershner, Irvin 112 Nicholson, James H. 67 Fowler jr., Gene 95, 102 Kinsey, Alfred 105 Nicolaou, Ted 15 Foxworthy, J.C. 78 Kluge, Alexander 11 Nigh, William 110 Freund, Karl 90 Knight, Dale 75 Nurmi, Maila 76, 83, 126, Friedman, David 69 Kramarsky, David 77 134, 136 Fritsch, Gunther von 98 Kuchar Brothers 27 Fuller, Dolores 13, 76, 86, 118 Kümel, Harry 28 Ordung, Wyott 82 Ormond, Ron 78, 150 Ganon, Jack 78 L’Estrange, Richard 110 Ganon, Robert 78 Landers, Lew 42 Pasolini, Pier Paolo 45 Gasnier, Louis J. 16, 45, 78, 110 Laughlin, Tom 16 Perry jr., Peter 44, 69 Godard, Jean-Luc 11 Lautréamont 48, 98 Petroff, Boris 96 Goethe, Johann Wolfgang von Lee, Lö 16 Poe, Edgar Allan 48 21, 91, 162 Lee, Rowland V. 74 Powell, Michael 102 Goodkind, Saul A. 94 Lenoir, Rene 78 Praunheim, Rosa von 16 Gordon, Bert I. 16, 67, 95, 96 Leo, Malcolm 86 Preminger, Otto 57 Gordon, Robert 96 Leutwyler, Matthew 16 Price, Elwood 64 Graeff, Tom 16, 82 Levin, Henry 98 Price, Vincent 62 Grey, Rudolph 9, 13, 166 Lewig, Herschell Gordon 165 Lewton, Val 90 Rauschenberg, Robert 37 Hall, Stuart 43 Lommel, Ulli 16 Ray, Nicholas 68, 111 Halperin, Victor 99, 101 Louie, Ed D. 16 Reeves, Steve 135 Hand, David 137 Lucas, George 89 Reid, Roy 78 Hansen, Valda 126 Lugosi, Bela 62, 74, 78, 80, Reynolds, J. Edward 79, 167 Henreid, Paul 111 90, 92, 118, 125, 133, 136, Rich, David Lowell 112 Hillyer, Lambert 90 145, 149, 155 Rimbaud, Arthur 48 Hilton, Arthur 75 Lynch, David 16 Robertson, Joseph F. 73 Hitchcock, Alfred 102 Robson, Mark 90 Hittleman, Carl K. 78 Malone, Clancy 76, 126 Romero, George 16 Hofbauer, Ernst 16 Mamoulian, Rouben 90 Rorty, Richard 46 Honda, Ishirô 99 Marco, Paul 76 Hopper, Dennis 110 Marischka, Franz 16 Sarris, Andrew 27 Houck, Joy 78 Mason, Tom 76, 119, 126, 155 Saunders, Charles 96 Hurwitz, Harry 75 Mayer, Arthur L. 60 Scanlan, John 32–39 McCarty, Norma 71, 86 Schiller, Friedrich 129, 162 Isherwood, Christoph 21 McCoy, Donald 76, 79 Schlegel, Friedrich 46–48 McCoy, Tony 76, 79 Schlingensief, Christoph 11, Jackson, Peter 15–17 Medved, Harry 9, 16, 85, 16, 22 Jewison, Norman 16 121, 165 Schneider, Curdin 16 Johnson, Tor 76, 126, 134 Medved, Michael 9, 16, 85, Schoedsack, Ernest B. 90, 99 Jorgensen, Christine 19, 78, 121, 165 Sconce, Jeffrey 11, 174 105 Mekas, Jonas 27 Sears, Fred F. 110, 111 Juran, Nathan 95 Meyer, Russ 16, 69, 75, 166 Seidelman, Arthur Allan 16 Moore, Duke 150 Sell, Jack M. 18 Kael, Pauline 27 Morgan, William M. 71, 78, Sharman, Jim 61 Kahn, Edward L. 96 102, 111 Shelley, Mary 89, 91 Kantor, Igo 75 Morrissey, Paul 11 Shyer, Melville 78, 112 Karloff, Boris 74, 90 Murphy, Bridey 100 Siodmak, Curt 100 194 Stichworte Sirk, Douglas 28, 62 Tourneur, Jacques 90 Wiene, Robert 21, 91 Skipton, Eric 96 Tucholsky, Kurt 42 Wilcox, Fred M. 120 Smith, David 110 Tucker, Phil 16, 165 Williams, Wade 84, 86 Solt, Andrew 86 Tyler, Parker 27 Willie, John 137 Sontag, Susan 21, 27 Wisbar, Frank 98 Stevenson, Robert Louis 89 Ulmer, Edgar G. 16, 74 Wise, Robert 98 Stewart, Potter 20 Unterwaldt jr., Sven 16 Wishman, Doris 12, 16, 69, Stoker, Bram 89 166 Stone, Oliver 12 Vadim, Roger 60 Witney, William 110 Strasser, Susan 32 Vampira siehe Nurmi, Maila Wood, Edward D. jr. Strock, Herbert L. 95, 102 Velázquez, Diego 47 Biografie 13, 69, 70–73, 166 Talbot, Lyle 74, 83, 137 Waggner, George 90, 122 Distribution der Filme Talmadge, Richard 75 Warhol, Andy 24, 27, 166 83–87 Tarantino, Quentin 11 Warren, Jerry 95 Drehbücher 73, 99, 111, Tashlin, Frank 85 Waters, John 11, 16, 22, 45 128, 145 Tevos, Herbert 78, 150 Wayne, John 62 Erratische Arbeitsweise Thomas, Harry 75 Webber, Herman E. 112 69, 76, 77, 79, 118 Thomas, John Crawford 70, Weiss, Adrian 71, 99 Filmografie 70–73 78 Weiss, George 65, 77, 84, Literarische Produktion Thompson, Brett 86 150 13, 73, 76, 128, 161 Thompson, Michael 32 Weldon, Michael J. 18, 174 Wood, Kathy 71, 86 Thompson, William C. 74 Welles, Orson 170 Wunder, George 137 Thorpe, Richard 110 West, Nathanael 165 Wyler, William 120 Tighe, Virginia siehe Murphy, Whale, James 16, 90 Bridey White, J. Francis 78 yarbrough, Jean 96, 101 Stichworte Absurdes Theater 48 Anschlussfehler 120, 141 Autoritätsfigur 75, 103, 113, Absurdität 31, 35, 41, 46–48, Archiv 26, 30, 56, 77 130, 138, 140, 148 127, 149, 152, 155, 166 Archivmaterial siehe Found Aca-Fan 13 Footage Beach Party Movie 18, 61, Addams Family, The 137 Arthouse 27, 28, 60, 61, 166 166 AIP siehe American Internatio- Assemblages 38 Bigfoot 96 nal Pictures Ästhetik des Billigen 117–128 Bizarre 137 Akademie siehe Filmwissenschaft Ästhetik des Scheiterns 49, Black Lace Drag 73 Alien Invasion Film 95, siehe 160, 168 Blaxploitation 19 auch Sciencefiction Ästhetik des Trash siehe Trash Blockbuchen 52, 62 Amateur 164 Atomic Productions 78, 84 B-Movie 53, 56, 61, 66, 77, 82 American Dream 161, 170 Attraktionsmontage 122, 151, Body Genres 11, 88, 115 American International Pictu- 155 Breitwandkino 56, 58, 116 res 58, 67, 68, 84, 85 Aufklärungsfilm 18, 24, 45, Bricolage 26, 37, 38, 49, 137, A-Movie 61 63, 78, 103, 107, 110 154 Angora 128, 139 Aus-der-Rolle-Fallen 118, Ansager 136, 137, 147, siehe 126, 127 Camp 21–24 auch Erzähler, extradiege- Autokino 59 Carsploitation 19 tischer Autonetics 71 Casual Company, The 70 195 Index Chiaroscuro 108, 152–154 Double Bill 58, 61, 66, 90 Filmkritik 13, 22, 26–28 Classical Exploitation 63–66, 3D-Kino 56, 58, 116 Filmmusik 97, 150, 152 73, 77, 82, 103–108, 112, Drive-in-Theater siehe Auto- Filmpannen siehe Goofs 150, 174 kino Filmplakat 13, 64, 65, 109 Classical Hollywood siehe DtV siehe Direct-to-Video Filmwissenschaft 13, 26, 119 Klassisches Hollywood Dwain Esper Productions 66 Flamingo (Firma) 85 Clearances 52 Flimmern 155 C-Movie 18, 63, 174 Ed-Wood-Church 168 Formlosigkeit siehe Unter- Coincidentia oppositorum 47 Eigenschaftslosigkeit siehe strukturiertheit Complex Discovery Plot 142, Unterstrukturiertheit Formula Deal 52 siehe auch Horror Ekel 20, 38, 45 Found Footage 39, 63, 77, Connaisseur 16, 22, 25, 41, Ereignismarketing siehe Event- 100, 103, 119, 149–152 169, siehe auch Sammler marketing Fragmentarische, Das 46, 49, Consolidated Theaters 78 Erzähler, extradiegetischer 63, 117, 149–152, 168, Copyright 86 146, 147–149, siehe auch siehe auch Inkohärenz, Creature Film 95, 96, 99 Ansager siehe auch Werkcharakter, Cross-Dressing 78, 84, Ethnic Film 19 fragmentarischer 103–108, 118, 128, 140, Eventmarketing 19, 42, 59 Freakshow 70, 90 148, 166, 170 Experimentalfilm 16, 20, 27, Freeze Frame 145 Cult Criticism 23, 24, siehe 166, siehe auch Surrealis- Friedhof 121, 140, 154 auch Filmkritik, siehe auch mus Kultfilm Expertenwissen 23, 25, 119, Gedächtnis und Müll siehe Cult Film siehe Kultfilm 120, 124, siehe auch Con- Müll naisseur Geistergeschichte 98 Dada 37, 48 Exploitation 19, 42, 56, 67, Geisteshaltung, ironische 46 Day-for-Night 119, 125, 78, 83, 105, 109, 174, Genieästhetik 160, 162 155 siehe auch Classical Exploi- Geschlechtsumwandlung siehe Day of the Locust 165 tation, siehe auch Event- Transsexualität DCA siehe Distributors Cor- marketing Geschmacksurteil 25, siehe poration of America Exzess 23, 34, 130 auch Wertung Death of a Transvestite 73 Gesichtschirurgie 109 Detournement 26 Famous Monsters 84 Gestik 118, 133–135, 138 Deus ex machina 109, 145 Fandom 12, 13, 26, 28–31, Giallo 18 Dilettantismus 46, 49, 76, 86, 95, 128, 160, 163, Gleichzeitigkeit des Unver- 117, 121, 160–170 165–168 einbaren siehe Absurdität, D. bei Goethe und Schiller Fanzine 29, 84, 85, 168 siehe auch Inkonsistenz, 162 Fernsehen 12, 54–56, 84–86, siehe auch Coincidentia D. im 20. Jahrhundert 164 123, 136 oppositorum D. in den französischen Fernsehmoderator siehe An- Gold Key Video 86 Diskursen 163 sager Good Joe 138 D. und Müll 164 50 Worst Films of All Time, Goofs 119–121, 141, 160 Etymologie des D. 162 The 165 Gothic Novel 89, 95 Direct-to-Video 174 Figurenensemble 140 Grand Guignol 90, siehe auch Distinktion siehe Unterschei- Figurenkonstellation 139 Horror Play dung, siehe auch Bourdieu, Film noir 108, 152 Grindhouse 58 Pierre Film Buffs siehe Filmkritik, Gruppenfigur 140 Distributors Corporation of siehe auch Cult Criticism, Guilty Pleasure List 24 America 84, 85 siehe auch Expertenwissen, Don Quijote 47, 168 siehe auch Connaisseur Halbstarkenfilm siehe Jugend- Doppelvorstellung siehe Filmbudget 62, 63, 79–82 kriminalität Double Bill Filmfest München 86 Hammer Films 102 196 Stichworte Headliner Productions 77, 78, Jugendkriminalität 97, 108, Manierismus 130 79–81, 83 110, 112 Massenstart 58 Heterotopie 152 Jungle Picture 96, 99, 100 Medallion Pictures 86 Hollywood siehe Klassisches Meisterschaft siehe Dilettan- Hollywood, siehe auch Kadrierung 121 tismus Mainstream, siehe auch Kelton-Trilogie 71, 86, 88, 102 Meninas, Las 47 Studiosystem Kim’s Video 30 Metatrash 11 Hollywood Rat Race 161 Kinodebatte siehe Schmutz- Mexploitation 19 Homoerotik 14, 135, 136 und Schunddebatte Midnight Movie 18, 85, 174 Homosexualität 84, 105, 108, Kitsch 33, 40, 88 Mimik 118, 126, 133–135, 114 Klassischer Horrorfilm 89, 90, 138 Horror 18, 56, 67, 73, 82, 88, 91, 95, 97, 98, 114 Mise en scène 98, 121–124, 89, 101, 102, 142, siehe Klassisches Hollywood 50, 154 auch Complex Discovery 51, 116 Moderator siehe Ansager Plot, siehe auch Gothic No- Körper, siehe auch Body Monogram 53, 56, 62 vel, siehe auch Klassischer Genres Monolog 111, 113, 130–133, Horrorfilm K. der Figur 140, 147 146 Horror Play 90 K. der Rezipienten 20, Monster 94–97, 99, 100, 124, Howco Productions 78, 79, 88, 115 125, 142 81, 84, 150 Körperhaltung 118, 126, Monster World 85 Hybridität 38, 50, 99, 101, 133–135, 138 Monsters of Filmland 84 115, 168, 169 Körpertechnologie 106, siehe Montage, expansive 155 Hypertrophierung siehe Ex- auch Transsexualität Montagesequenz 97, 98, 106, zess, siehe auch Schauspiel, Kriminalfilm 108 143, 149, 151 siehe auch Sprache Kritik siehe Filmkritik Motivation, narrative 129, Kryptomnesie 100 141, 143–146 Idiosynkrasie 137, 139 Kryptozoologie 96 Motivation, psychologische Inaptum siehe Unangemesse- Kultfilm 21–24, 42, 48, 174 129, 139, 141, 145, 146 ne, Das Künstlergestalt, Romantische Motorcycle Flic 18, 61, 110 Incredibly Strange Films 26, 46, 47, 168, 170 Müll siehe auch Ekel, siehe 121, 166 auch Liminalität, siehe auch Inkohärenz 49, 63, 103, 116, Latsploitation 19 Nicht-mehr-Objekt, siehe 117, 118, 126, 150, 153, Legend Films 86 auch Nicht-Objekt, siehe 166 Legitimationsstrategie 65, auch Nutzlosigkeit Inkonsistenz 49, 115, 117, 103, 113 M. und Gedächtnis 36, 126, 139, 141, 146, 149, Licht 152, siehe auch Chi- 39, 41 153, 166, 168, 169 aroscuro, siehe auch M. und Trash 48, 49 Intentionalität 22, 42, 160 Day-for-Night, siehe auch Theorie des M.s 32–41 Internet Archive 86, siehe Schatten Mythos 130 auch Archiv Liminalität 36, 38, 41 Intertextualität 134, 136, 137 Little-Cinema-Bewegung 60 Nacht 117, 152, 153 Ironie 10, 15, 22, 23, 31, Logik, mangelnde siehe Inkon- Nazisploitation 19 41–49, 66, 107, 114, 115, sistenz Nessie 96 116, 147, 162, 164 Low-Budget-Film 66, 82, 83, New York Underground 27 Ironie, Romantische siehe siehe auch B-Movie, siehe Nicht-mehr-Objekt 34, 38, 39 Ironie auch Exploitation, siehe Nicht-Objekt 34, 35, 38, 39 Ironikerin, Die 47 auch Filmbudget Nightmare of Ecstasy 166 Nostalgie 49, 89, 102, 114, James Flocker Enterprises 86 Mad Scientist 91–94, 96, 98, 115, siehe auch Zeitlichkeit Jay Dee Kay Productions 66 122, 130, 154 Nudie Cutie 18, 44, 66, 69, Joy’s Theaters 78 Mainstream 26, 117 107 197 Index Nudistenfilm 63, 68, 107 Queer Reading 23, 27, 99 Selbstreflexivität 41, 47, 49, Nunsploitation 19 Quickie 63, 66, 77, 82, 83 62, 116, 124, 128 Nutzlosigkeit 33 Quota Quickie 174 Serienpilot 70, 83 Sex Education Correspon- Objet trouvé 38 Race Film 19 dence School 73 Obszönität 20, 40, 64, 69 Re/Search 166, 167 Sexploitation 18, 19, 61, Ontologie des Filmbildes Ready-made 38 67, 68, 73, 83, 114, siehe 155–159 Reality TV 12 auch Nudie Cutie, siehe Outsourcen 53 Recycling 36–39, 62, 63, 65, auch Roughie, siehe auch 90, 100, 115 Women-in-Prison Film Pandemonium (Fanzine) 168 Reinheit siehe Unreinheit Sexual Practices in Witchcraft Pappwandästhetik 123, 124, Rekombinationsfilm 90, 101 and Black Magic 73 siehe auch Mise en scène Republic Pictures 53, 56, 62, »Shock Theater« 56 Paracinema 19, 174 77, 101, 167 Sinister Cinema 30, 87 Paradox der doppelten Wer- Reynolds Pictures 79 Sisyphos 49, 50, 164, 165, tung 10, 31, 41 Roadshow 65, 78 167, 169, 173 Paramount 51, 86 Romantische Künstlergestalt Slasher 20, 23, 24 Paramount-Urteil 51 siehe Künstlergestalt, ro- Something Weird Video 30, Parekbase 47, 49 mantische 39, 87 Parodie 115 Rock ’n’ Roll 57, 61, 67, So-tun-als-ob 125 Pathos 49, 117, 128–141 110 Special Effects 77, 124, 125 PCA siehe Production Code Roughies 69 Splatter 18, 66, 165 Administration Rückblende 149 Sprache 128, 130–133 Pendulum Publications 165 Runaway Production 53 Spur 117–128, 160, 165 Physique Pictorial 68 States-Rights-Distribution 63, Pizza-Joint-Sequence 77, 150 SAG siehe Screen Actors 65, 66, 77, 78, 83 Plakat siehe Filmplakat Guild Stereotyp 49, 62, 88, 115, Plausibilität 117, 142–146, Sammler 13, 30, 73, 128 131, 137, 139 siehe auch Deus ex machi- Samuel Cummings Jewel Stilbruch 49, 129, 132, 139, na, siehe auch Motivation, Productions 66 141 narrative Sandalenfilm 18 Stimme 126, 136, 146 Play Ad Films 70 Schalk 167 Störung 117, 127 Playboy 68 Scharlatan 165 Story-Ad Films 70, 78 Point of View 155 Schatten 153 Studiosystem 50, 51 Pop Art 27 Schauspiel 118, 125–128, Study in the Motivation of Pornografie 69, 73, 83, 88, 133–137 Censorship, Sex & The 112, 113, 114, 150, 161, Schelm 165 Movies, A 73 siehe auch Softporno Schlechter Geschmack siehe Study of Fetishes and Fanta- Poverty Row 53, 62, 67, 78, 165 Geschmacksurteil sies, A 73 Production Code 56–58, 61, Schmutz- und Schunddebatte Subhuman (Fanzine) 168 63, 66, 68, 83 40, 42 Subjektivität, ironische siehe Production Code Administra- Schockmontage 155 Geisteshaltung, ironische tion 56–58, 64, 83 Schwärmer 167 Surreale, Das 117, 153, 159 Production Value 53, 80, 119, Schwulst 130 Surrealismus 48, 117, 153, 123, 124, siehe auch Film- Sciencefiction 18, 24, 67, 89, 155 budget 95, 96, 101, 123 Swedish Erotica 73 Professionalität siehe Dilettan- Screen Actors Guild 63, 75, tismus 76, 80 Techniken des Verlernens 164 Programmer 61 Screen Classics 71, 77, 79, Teenploitation 18, 56, 58, 61, Psychotronic Movie 18, 174 81, 83 67, 73, 95, 97, 102, 110 Public Domain, siehe Copyright Search & Destroy 166 Termitenkunst 27 198 Stichworte Terry and the Pirates 137 Unit-Producer-Modell 53 Wertung Textual Poaching 26 Universal 52, 56, 62, 70, 74, absurde W. 43 Thalia Theater 9, 85 82, 90 ausgehandelte W. 43 The Strange Case of Dr. Jekyll Universal-Horror siehe Klassi- hegemoniale W. 43 and Mr. Hyde 89 scher Horrorfilm oppositionelle W. 43 Touchstone 169 Unordnung 35 W. als Unterscheidung 33, Transsexualität 78, 103, 105, Unreinheit 20, 36 39, 41 148 Unterscheidung 33, 34, 39, White Slavery Film 64, 112 Trash 41 White Trash 12, 33 Ästhetik des T. 116, 160 Unterschichtenfernsehen 40 Widersprüchlichkeit, logische Etymologie 31, 33 Unterstrukturiertheit 36, siehe Inkonsistenz T. als Diskurs 26 39, 40 Willis Kent Productions 66 T. als Müll 10, 31, 39, Urheberrecht siehe Copyright Wissenschaft siehe Filmwis- 127 senschaft T. als Rezeptionsmodus 10, Vanitas 35, 49, 76 Woman-in-Prison Film 18, 41, 116 Verbundmarketing 19, 42, 23, 166 T.-Korpus 14–16, 23, 24 59, 110, siehe auch Exploi- Wood-Thomas-Productions 78 T. und Genre 88, 115 tation Trash Palace 30 Vice Film 64, 69, 112 yeti 96 Trashola (Fanzine) 168 Video Nasties 12 Traum 149, 152 Vidtronics 86 Zeit-Bild 159 Troisième Sens 159 Voice-over 84, 97, 106, 108, Zeitlichkeit 35, 41, 49, 89, Turkey Awards 9, 12, 16, 85, 147–149 107, 115, 147, 155, siehe 121, 165, 166 Vorfilmische, Das 117, 118, auch Nostalgie 124, 127, siehe auch Spur Zensur 56, 63, 84, 150 Über den Dilettantismus 162 Z-Movie 18, 63, 174 UFO Craze 95 Weird Tale 89 Zombie 99, 101, 143, 146 Unangemessene, Das 117, Weirdie 73, 82, 83, 95, 101 Zombiepose 134 130, 133 Werkcharakter, fragmenta- Zontar (Fanzine) 168 Underground Cinema 174 rischer 63, 64, 77, 103, Zufall siehe Deus ex machina, Ungawa (Fanzine) 168 149, 150 siehe Plausibilität 199 Index 200