350 Matthias Grimm Der Blockbuster als Medienereignis: Star Wars: Episode I – The Phantom Menace Was wir über einen Film wissen, bevor wir ihn sehen, wissen wir aus den Medien. Blockbusterfilme sind in den Medien omnipräsent und werden speziell darauf hin konzipiert. So durchlaufen sie eine ganze Me- dien- oder Themenkarriere, die über einen längeren Zeitraum hinweg andauert und eine sich ständig verändernde Wahrnehmung des jeweili- gen Filmes erzeugt. Filmproduzenten verfolgen naturgemäß den Wunsch, eine solche The- menkarriere möglichst weitgehend zu kontrollieren, da die Präsenz und Darstellung eines Filmes in den Medien zu seiner Popularität und damit in- direkt zu seinem Erfolg einen erheblichen Beitrag leistet. Allerdings lassen sich die Medien nicht so einfach instrumentalisieren:Sie funktionieren nach eigenen Regeln und Mechanismen, auf deren Basis sie ihre Nachrichten aus- wählen und kommunizieren.Als Folge dessen entwickelt die Geschichte ei- nes Filmes – die «Story», die er für die Medien darstellt – eine Eigendyna- mik, die sich alsbald jeder Kontrolle entzieht und zusehends verselbstständigt. Dennoch sind bestimmte Muster erkennbar, die medien- theoretisch beschrieben und erklärt werden können. Anhand einer Analyse der filmpublizistischen Karriere von Star Wars: Episode I – The Phantom Menace (Episode I – Die dunkle Bedrohung, USA 1999, George Lucas) möchte ich daher ein Modell vorschlagen, das es erlaubt, Anekdoten und ähnliche Meldungen auf ihre Funktionen für das System der Medien hin zu überprüfen und spezifische medienimma- nente Mechanismen zu beschreiben, ohne dabei dem Anekdotischen und Chronikalischen verhaftet zu bleiben. Zu diesem Zweck werde ich die Medienpräsenz des Films in vier wichtigen Phasen beobachten: der Pha- se der ersten Wahrnehmung durch die Presse; der Phase der aktiven Pro- motion; der Phase der kritischen Rezeption und der Phase der Nachbear- beitung. Episode I bietet sich hierfür als Beispiel an, da seine Präsenz in den Medien ein Ausmaß erreichte, das ihm häufig Bezeichnungen wie «Medienereignis» oder «kulturelles Phänomen» eintrug. In meiner Analyse gehe ich aus von Roland Barthes’ Überlegungen zu einer semiotischen Mythologie sowie von der Systemtheorie Niklas 351 Star Wars und kein Ende: Bericht in Moviestar. Luhmanns, der die Medien bekanntlich als geschlossenes System behan- delt, das nach bestimmten Mustern operiert, ohne dass dabei die «Inten- tionen» individueller Akteure eine ausschlaggebende Rolle spielen. Im 352 Vordergrund stehen insbesondere folgende Fragen: Welche Maßnahmen sorgen dafür, dass der Film seinen Weg als Gegenstand der Berichter- stattung in die Operationen der Medien findet? Wie entwickelt er sich daraufhin zu einem Thema, das in der andauernden Kommunikation aufrechterhalten bleibt? Welche Wahrnehmung formiert sich durch die Darstellung in den Medien, und wie verändert sich diese Wahrneh- mung? Vor allem aber: Auf welchen Mechanismen stellt diese Verände- rung ab? Die Analyse wird sich speziell auf deutschsprachige Filmzeitschrif- ten beschränken; Tages- oder Fernsehzeitungen, wissenschaftliche oder anderweitig zielgruppenorientierte Publikationsorgane1 werden bewusst ausgeklammert, da der jeweilige programmatische Kontext den «Aus- wahlbereich für das, was als Kommunikation geschehen kann, vorstruk- turiert» (Luhmann 1996, 38) und demzufolge nach einer gesonderten Be- trachtung verlangt. Zur Revitalisierung des Medienevents Star Wars Die Themenkarriere von Star Wars: Episode I – The Phantom Menace be- ginnt streng genommen bereits Ende der 1970er Jahre. Nach dem Erfolg von Star Wars (Krieg der Sterne, USA 1977, George Lucas) kündigt der Regisseur an, nicht nur mehrere Fortsetzungen, sondern auch eine so ge- nannte Prequel-Trilogie anzufügen, welche zeitlich vor dem ersten Film angesiedelt ist. Nach der Fertigstellung von Return of the Jedi (Die Rück- kehr der Jedi-Ritter, USA 1983, Richard Marquand) beschließt Lucas je- doch, vorerst keine neuen Star Wars-Filme zu produzieren, um seinen anderen geschäftlichen Unternehmungen verstärkte Aufmerksamkeit zu widmen.2 Entsprechend verschwindet das Thema Star Wars und mit ihm das Thema Episode I aus den Medien. Aus systemtheoretischer Sicht ent- steht dieser Effekt, weil jede gesendete Information in der fortlaufenden Kommunikation als bekannt vorausgesetzt und dementsprechend nicht erneut gesendet wird. Anders ausgedrückt: Jede verarbeitete Informa- tion wird automatisch in Nichtinformation umgewandelt. Ohne neue Informationen können die Medien nicht mehr arbeiten und sehen sich gezwungen, das Thema aufzugeben.3 1 Auch das Internet wird in der Analyse kategorisch ausgeblendet, da es nicht die Krite- rien eines operativ geschlossenen Systems erfüllt. 2 Michael Peinkofer: Star Wars. Die Klassiker kehren zurück. In: Moviestar 4, 1997, 20. 3 Nicht so in der gesellschaftlichen Kommunikation: Weil diese zwar auf einen durch die Medien bereitgestellten Themen- und Wissenskatalog zurückgreift, ansonsten 353 Unter «Medien» oder «Massenmedien» versteht Niklas Luhmann bestimmte Verbreitungseinrichtungen, die eine große Zahl von Adressa- ten zu erreichen in der Lage sind und gleichzeitig Informationsfluss nur in eine Richtung, von den Medien zu den Empfängern, zulassen (1996, 10–11). Information und Nichtinformation bilden den binären Code die- ses Systems, der darüber entscheidet, womit das System arbeiten kann und womit nicht. Daher stellt sich für die weitere Analyse die Frage, auf welche Weise die Medien ihre Informationen auswählen und über einen größeren Zeitraum hinweg zu einer Themenkarriere organisieren. Ende der 80er und Anfang der 90er ist das Thema Star Wars im filmpublizistischen Kontext nahezu nicht mehr vorhanden. 1990 macht George Lucas in einem Variety-Interview Andeutungen über die verspro- chenen Prequels, ein erster Versuch, abzutasten, ob der Stoff beim Publi- kum über die nötige Akzeptanz und Popularität verfügt.4 Zur gleichen Zeit beginnt ein marketingstrategischer Feldzug, in dessen Verlauf die Medien über mehrere Jahre hinweg zunehmend mit Informationen ver- sorgt werden, mit dem Ziel, den Kundenstamm sukzessive auf die neu- en Projekte vorzubereiten. Einen nicht zu unterschätzenden Beitrag hierzu leistet die allgegen- wärtige Präsenz von Star Wars-Merchandising-Produkten. Ende der 80er werden kaum noch Star Wars-Artikel hergestellt und vertrieben. Zu den ersten Maßnahmen zur Reaktivierung der Marke zählen entsprechend neue Lizenzabkommen, die den Namen Star Wars ins Bewussteins der Kunden zurückbringen sollen. Der Autor Timothy Zahn erhält 1991 den Auftrag für eine Romantrilogie mit dem Titel Heir to the Empire, die an die ersten drei Filme anschließt und auf diese Weise in Erinnerung ruft, dass die Star Wars-Saga noch nicht zu Ende erzählt ist. Der Erfolg der Bücher bahnt den Weg für weitere Romane und Comics; auch die Spiel- zeugfiguren werden neu aufgelegt.5 Zudem widmet sich LucasArts, eine Tochterfirma von LucasFilm, verstärkt der Produktion von Star Wars-Computerspielen. 1996 lanciert Lucas das intermediale Projekt Shadows of the Empire, ein einzigartiges Marketingkonzept, das alle Charakteristika einer Block- buster-Marketing- und Merchandising-Kampagne aufweist. Veröffent- licht werden neben Büchern, Comics und Bildbänden (Perry 1997) auch Spielzeuge wie Actionfiguren und Modellbausätze, schließlich auch ein aber unabhängig davon stattfindet, bleibt das Thema insbesondere in Fan-Kreisen nach wir vor aktuell; vgl. dazu Luhmann 1996, 120. 4 Zitiert nach Peinkofer 1997 (wie Anm. 2). 5 Michael Peinkofer: Die Rückkehr der Sternenkrieger. Star Wars und kein Ende. In: Mo- viestar 7, 1995, 10–11. 354 Soundtrack, nur eben kein Film. Shadows of the Empire bestätigt den be- sonderen Stellenwert von Merchandising im «Erlebnisuniversum» des Blockbusterfilms. Ein Blockbuster ist eben immer «mehr als ein Film: ein beispielloses Ereignis»,6 so die wesentliche Aussage dieses Projektes, die offenbar selbst dann gilt, wenn der zugehörige Film fehlt. Tatsächlich sind Blockbuster immer auch und vor allem Medien-Ereignisse, von dem der Film nur ein Element ausmacht. Shadows of the Empire verschlei- ert einerseits die Abwesenheit des Films; andererseits inszeniert die Kampagne sein Fehlen und gibt damit ein Versprechen ab, dass der Film noch folgen wird. All diese strategischen Schritte erfüllen dieselbe Funktion, die darin besteht, das mediale Gedächtnis zu organisieren.Entscheidend ist, dass das mediale Gedächtnis durch ein kontinuierliches Vergessen charakterisiert ist. Nur durch ständiges Wiederholen kann die Mitteilung im Bewusstsein bleiben. Dies entspricht dem grundlegenden Prinzip der Werbung: Man imprägniert das Gedächtnis, das etwas erinnert, aber noch lieber ver- gisst, ständig neu; und die Neuheit der Information ist hier eher ein Alibi für die Absicht, daran zu erinnern, dass es etwas zu kaufen gibt und dass dabei bestimmte Namen oder optische Signets besondere Beachtung ver- dienen (Luhmann 1996, 86). Das Verhältnis von Medien und Werbung kann also dadurch beschrie- ben werden, dass die Medien Informationskanäle für die Übertragung der Werbebotschaft zur Verfügung stellen. Um allerdings einen messba- ren Effekt zu erzielen, muss die Meldung gegebenenfalls mit erhebli- chem finanziellem Aufwand platziert und in bestimmten Intervallen wiederholt werden. Für die Studios ergibt sich daraus die Notwendig- keit, stets eine ausreichende Menge neuer Meldungen anzubieten, damit das mediale Gedächtnis sich erinnern kann und das Thema in den Me- dien aufrechterhalten wird. Nachdem 1995 mit großem Erfolg eine digital restaurierte und mit THX-Ton versehene VHS-Auflage der Original-Trilogie erscheint,7 er- reicht die marketingstrategische Wiederbelegung der Star Wars-Fran- chise mit der Wiederaufführung der Filme als special edition anlässlich des 20. Jubiläums 1997 ihren Höhepunkt. Mit neuen Trickszenen und ei- ner Bild- und Tonqualität, die weit über diejenige von Heimvideo hin- 6 Werbezeile im Trailer zur Wiederaufführung von Star Wars im Jahr 1980. 7 Vgl. Schwenger 2002, 127. Obwohl bereits mehrere Auflagen der Filme auf Video ver- öffentlicht wurden, verkaufen sich von der THX-Version weltweit noch einmal 30 Mio. Exemplare. 355 ausgeht, sprechen die Filme nicht nur eingeschworene Fans an, sondern sie richten sich an eine neue Publikumsgeneration. Tatsächlich spielen die Filme, die bereits zu den erfolgreichsten in der historischen Holly- wood-Statistik zählen, zusätzliche 281 Millionen US-Dollar ein (Schwen- ger 2002, 128). Darüber hinaus garantiert ihre Wiederaufführung eine Fortsetzung der Kommunikation über Star Wars in einem Zeitabschnitt, in dem es sonst vermutlich keine gegeben hätte. Diemythische Verselbstständigung des Themas Alle diese Maßnahmen bewirken, dass das Thema Star Wars den Medien rückgeführt wird. Allerdings entzieht sich ein Thema in der voranschrei- tenden Entwicklung seiner Medienkarriere zusehends der Kontrolle durch die Produzenten, da nicht nur die bewusst platzierten, sondern prinzipiell alle Informationen vom System verarbeitet werden können. An einem Beispiel lässt sich zeigen, dass dabei nicht zuletzt der Mythos eine Rolle spielt, wie Roland Barthes ihn beschreibt. In einem Artikel von 1994 reiht Cinema folgende Behauptungen an- einander: Die Produktionskosten in Hollywood würden «explodieren», insbesondere für aufwändige Effektfilme; George Lucas kümmere sich seit 1983 vorwiegend um sein Firmenimperium, insbesondere aber um die Spezialeffekt-Firma ILM; in den elf Jahren, die seither vergangen sind, hätten sich die technischen Standards für Spezialeffekte erheblich verbessert.8 Diese drei Sätze ermöglichen in ihrer Kombination eine neue Lesart der Geschichte der Star Wars-Franchise: Mitte der 80er war die Tricktechnik noch nicht so weit – oder noch zu teuer – für die Produkti- on neuer Star Wars-Filme; erst jetzt, Jahre später, stehen die neuen digita- len Techniken zur Verfügung, die für eine Fortsetzung nötig sind. Der Mechanismus, der hier zu beobachten ist, nennt sich «Indukti- on». Eine Induktion erlaubt es, mehrere Sätze oder Beobachtungen auf- einander zu beziehen und daraus einen Schluss abzuleiten. Bei der An- wendung der Induktion durch die Medien erkennt Roland Barthes (1964, 113–115) typischerweise die Bildung eines «Mythos»: Die einzelnen Sätze weisen für sich genommen keinen Zusammenhang auf; erst durch ihre Kontextualisierung wird ihnen eine Abhängigkeit attestiert, die in der ursprünglichen Aussage nicht enthalten war. Dies rührt daher, dass die- die Bestandteile des Mythos einander «nicht als Motiv, sondern als Be- gründung» (ibid., 113) dienen: 8 Hollywoods Geheimprojekte. In: Cinema 5, 1994, 28–30. 356 Die Filmpremiere als Medienereignis: «Exklusiv»-Bericht über die erste Folge der Star Wars-Sequel aus der Zeitschrift Cinema. 357 [D]er Mythos [ist] eine gestohlene und zurückgegebene Aussage. [...] Nur ist die zurückgegebene Aussage nicht mehr ganz dieselbe, die man entwendet hat: Beim Zurückgeben hat man sie nicht genau wieder an ihren Platz ge- stellt (ibid., 107). Ein Mythos bildet sich nach Barthes, wenn sich zwei semiotische Syste- me überlagern. Das primäre System besteht aus einem Bedeutenden und einem Bedeuteten, sowie dem Zeichen, das aus der Kombination der bei- den entsteht.9 In unserem Beispiel verweisen die Sätze etwa auf den Stand der Tricktechnik damals und elf Jahre zuvor, die erwähnten Filme, die Person Lucas’ und seine Unternehmungen. Das daraus gebildete Zei- chen enthält «ein ganzes Wertsystem: eine Geschichte, eine Geographie, eine Moral [...]» (ibid., 97). Der Mythos jedoch eignet sich dieses Zeichen an, entleert es seines Sinnes und richtet es auf einen neuen Begriff aus. Er entfernt all die As- soziationen und ersetzt sie durch ein neues, simpleres Zeichen: die elf Jahre. Die gesamte Geschichte ist plötzlich eine Nummer. Das für sich allein macht aber noch nicht den Mythos aus. Das neue Zeichen lädt sich nun mit einer neuen Geschichte auf: dem Ereignischa- rakter, auf den das Eventkino angewiesen ist und der sich in dem Stand der Tricktechnik messen lässt; dem technischen Vorsprung, der sich in dem Film manifestiert; und schließlich der Qualität, die dem Film da- durch unterstellt wird. Aus dem Satz «Die Tricktechnik hat in den letz- ten elf Jahren Fortschritte gemacht» entsteht die mythische Feststellung: «Dieser Film wird ein Meilenstein der Filmgeschichte.» Lucas forciert diesen Mythos weiter, indem er in Interviews immer wieder auf das Un- genügen der traditionellen Tricktechnik und die Einschränkungen hin- weist, die er beim Drehen der früheren Filme hinnehmen musste: Als ich die ersten Bücher für Krieg der Sterne schrieb, musste ich meine Phantasie im Zaum halten. [...] Ich hatte keine Probleme, mir diese Figuren in meiner Phantasie auszumalen. Ich konnte sie aber nicht verwirklichen. [...] Mit Hilfe der digitalen Technologie, die uns heute zur Verfügung steht, kann ich endlich Trickwesen auf dem Set ohne Einschränkung hin- und herbewegen.10 Bei seiner Premiere im Jahr 1977 stellte Star Wars schon in technischer Hinsicht ein Ereignis dar. Der Film prägte das Profil des Blockbus- 9 Das Musterbeispiel hierfür ist bei Roland Barthes die Rose (das Bezeichnende), welche für Leidenschaft (das Bezeichnete) steht. Die «verleidenschaftlichte Rose» wäre dann das entsprechende Zeichen. 10 George Lucas: Filme sind Illusion. In: Cinema 4, 1999, 46–48. 358 ter-Kinos als eines Kinos der visuellen und akustischen Attraktionen (Star Wars war der erste große Hollywood-Film, der in Dolby-Stereo im Kino lief) wesentlich mit. Ende der 90er Jahre indes befand sich das Eventmovie-Konzept insofern in der Krise. Es gibt zu viele Blockbuster- Filme, die Spezialeffekte verwenden. Das einstmals Neue ist zur Regel geworden und reicht als Markierung des Ereignischarakters nicht mehr aus. Der zitierte Mythos schließt hier an, indem er die Behauptung in Umlauf bringt, dass mit Episode I etwas gänzlich Neuartiges entsteht, das unmöglich zu einem früheren Zeitpunkt hätte realisiert werden können. Zusätzliche Evidenz erhält diese Behauptung durch die Wiederauf- führung der alten Star Wars–Filme in der neuen technischen Ausstattung der special edition, die das Ungenügen der traditionellen Technik ausstellt und die Vorzüge der neuen Technkik vor Augen führt. Der Mythos veri- fiziert sich in einem Zirkelschluss selbst. Er rechtfertigt die lange Zeit des Wartens auf die neuen Filme, indem er die Wartefrist rückwirkend als unumgänglich und notwendig einfordert. Sukzessive verdichten sich in der ersten Hälfte der 90er Jahre die Infor- mationen, dass die Vorproduktion von Episode I begonnen habe. Bald etab- liert sich das Thema als fester Bestandteil der Berichterstattung in den Me- dien, in der frühen Phase hauptsächlich durch die Kolportage von Gerüchten. Am 31. Mai 1995 werden diese Gerüchte durch eine offizielle Meldung bestätigt.Lucasfilm produziert danach stets nur noch so viele offi- zielle Meldungen, wie zum Aufrechterhalten des Themas gerade ausrei- chen:Man meldet erste Production-Paintings, verkündet die Cast-Liste und schließlich, am 25. September 1998, auch den offiziellen Filmtitel, wobeidie Meldungen stets als Ereignisse inszeniert werden (Schwenger 2002, 137). Insbesondere die Rolle von Obi-Wan Kenobi, der in den ursprüngli- chen Filmen von Alec Guinness verkörpert wurde, entwickelt sich zum Gegenstand der Spekulation und wird bereits zu einem frühen Zeit- punkt mit dem Schauspieler Kenneth Branagh in Zusammenhang ge- bracht: «‹Frankenstein› Kenneth Branagh wird als heißer Favorit für die Rolle des jungen Obi-Wan Kenobi gehandelt, und Carrie Fisher wird vielleicht Lukes und Leias Mutter spielen.»11 An der weiteren Laufbahn dieses Gerüchts lässt sich die Tendenz der Medien erkennen, ein Gerücht zu naturalisieren, indem es als Feststellung behandelt wird: «Für die Rol- le des jungen Obi-Wan favorisiert George Lucas den britischen Shake- speare-Experten Kenneth Branagh.»12 In einer kurzschlussartigen Ver- schaltung mit dem oben beschriebenen Technik-Mythos produzierte die 11 Peinkofer (wie Anm. 5), 80. 12 Eric Stahl: Die Rückkehr der Weltraumkrieger. In: Cinema 4, 1997, 111. 359 Berichterstattung jedoch noch wildere Varianten dieses Gerüchtes. So besagt eine solche Variante, dass sich der ursprüngliche Darsteller der Rolle, Alec Guinness, kurz vor seinem Tod per Laser einscannen ließ, um als digital auferstandener und verjüngter Obi-Wan eine posthume Vorstellung zu geben: «Faßt man ins Auge, welch sprunghafte Entwick- lung CGI-Effekte in den letzten Jahren nahmen, [...] wäre es doch denk- bar, dass Lucas plant [...], einen im Computer wiederbelebten jugendli- chen Alec Guinness in der Rolle des Kenobi auftreten zu lassen!»13 An diesem Beispiel ist zu erkennen, dass der neuen Technik offen- bar alles zuzutrauen ist. Aus Produzentensicht ist diese Tendenz der Aussage insofern problematisch, als dadurch das Unmögliche plötzlich zum Erwarteten wird und schließlich kein Ereignis mehr darstellt. Ent- sprechend wird eine zusätzliche Marketingstrategie in Gang gebracht, die das Ziel verfolgt, den Film aus der Abhängigkeit von seinem rein vi- suellen Ereigniswert zu lösen und die Notwendigkeit einer guten Ge- schichte zu betonen. Das erste offizielle Werbebanner zu Episode I ver- kündet: «Plot does matter», in Anlehnung an die Werbekampagne von Godzilla (USA 1998, Roland Emmerich): «Size does matter». In dieser Phase verweisen Lucas und Produzent McCallum wiederholt darauf, dass sie Technik nur als Mittel – und nicht als Selbstzweck – einsetzen: «Der Computer ist nur ein Werkzeug [...]. Ein Grund, warum es zurzeit so viele schlechte Filme gibt, liegt darin, dass es trotz Aufwand keine spannende Story gibt. Bei uns ist es anders.»14 Auch in anderen Anekdoten kommt der Gegensatz von «seelenlo- ser» Technik und kreativem Schaffen zum Ausdruck, der wiederum die Struktur eines Mythos aufweist: Die Technik ist nur ein Mittel zum Zweck, und niemand ist antitechnologi- scher eingestellt als George Lucas: Er schreibt nicht auf einem Computer, sondern mit der Hand, mit einem Bleistift, Stärke 2, auf gelbem Papier in einem roten Ringbuch, das er aus Collegezeiten hat.15 Auch Mutmaßungen über den Titel des Films, der anfangs als Episode One oder The Beginning bezeichnet wird, finden sich in der frühen Phase häufig: 13 Michael Peinkofer: Star Wars: The Prequels. Der Krieg der Sterne geht weiter – wir ver- raten, wie. In: Moviestar 4, 1997, 31. In einer anderen Version dieses Gerüchtes sollen Szenen mit dem vorhandenem Material älterer Filme zusammenmontiert werden; vgl. Draw McWeeney: Star Wars. Die Chronik. In: Cinema 6, 1999, 64. 14 Zitiert nach Markus Tschiedert: Interview mit Star Wars-Produzent Rick McCallum. In: Moviestar 6, 1997, 5. 15 Zitiert nach Anke Sterneborg: Der kollektive Zeitgeist der Welt. Gespräch mit dem Star Wars-Produzenten Rick McCallum. In: EPD Film 10, 1999, 33. 360 George Lucas selbst hat im Vorwort seines Star Wars-Romans den Titel Journal of the Whills ins Spiel gebracht, auch The Clone Wars wäre denkbar. Ein schöner Arbeitstitel, der hinter vorgehaltener Hand genannt wird, ist auch Balance of the Force oder (weniger wahrscheinlich) Children of the Force.16 An diesem wie an dem vorherigen Beispiel ist zu sehen, dass das Aus- bleiben von Informationen (also eigentlich Nichtinformation) jederzeit als Information bzw. Spekulation, behandelt werden kann, wenn es dazu dient, das Thema kurzfristig zu erhalten (vgl. Luhmann 1996, 37). Und wiederum wandelt sich das Gerücht schnell zur Feststellung: So kennt Rosner bereits 1997 den «Arbeitstitel» von Episode II (USA 2002, George Lucas), nämlich «Rise of the Empire», und Teil 3 «soll Fall of the Jedi hei- ßen».17 Phase des Hypes In den Monaten vor dem Release von The Phantom Menace entwickelt sich eine Phase der Medienpräsenz, die häufig als «Hype» bezeichnet wird. Neben den spärlichen offiziellen Verlautbarungen, weiteren Ge- rüchten und Spekulationen thematisieren die Medien insbesondere die Symptome und Ausmaße des Ereignisses: «Der Rückkehr der Serie kommt unter Jedi-Junkies eine Bedeutung vom Rang der Wiedergeburt Jesu Christi zu.»18 Zwei Nachrichten sind für die Hype-Phase besonders kennzeich- nend. Zum einen ist dies die Meldung, dass schon der Teaser zu The Phantom Menace ein Ereignis und zudem auch für sich einen Blockbuster darstellt: Kinos, die den Trailer vor Filmen wie The Siege oder Meet Joe Black zeigten, verzeichneten einen rasanten Besucheranstieg. Dabei war das Bemerkens- werte, dass ein Großteil des Publikums nur kam, um den Trailer zu sehen, und den Saal bereits vor dem Hauptfilm wieder verließ (Schwenger 2002, 137). Zum anderen ist es die Meldung, dass «die ersten Yoda-Junkies [Tage vor der Permiere] vor Hollywoods legendärem Mann’s Chinese Theatre ihre Zelte auf[stellten], um als erste an die heißbegehrten Tickets zu 16 Peinkofer (wie Anm. 13), 30. 17 Heiko Rosner: Krieg unter Sternen. In: Cinema 10, 1997, 61. 18 Heiko Rosner: Star Wars exklusiv. In: Cinema 3, 1999, 66. 361 kommen».19 Das Ergebnis solcher Vorberichte ist, dass sich ein bestimmtes Wahrnehmungsbild und – damit verknüpft – eine klare Erwartungshaltung einstellt, obwohl der Film noch nicht existiert. Mel- dungen aus der Hype- Phase unmittelbar vor dem Kinostart berichten beispielsweise von der vermeintlich euphori- schen Reaktion von Geor- ge Lucas’ Regiekollegen Steven Spielberg auf eine erste Schnittfassung des Filmes («Oh, my God!») (ibid.). Eigens für das Gerüchte beleben die Kampagne: Darth Maul deutsche Publikum wird geistert durch Cinema. zudem Jasmin Tabatabai, die den Film im Auftrag von Cinema-Redakteur Stahl vorab in den USA sehen darf, mit folgender Aussage zitiert: «War das geil! [...] Können wir den Film nicht gleich noch mal sehen?»20 Kennzeichnend für die Berichte in der Hype-Phase ist der Tonfall der enthusiastischen Antizipation, der auch in den ersten Zuschauerreaktionen aufrechterhalten wird. Gegenstimmen fokussieren in erster Linie außerfilmische Aspekte; so äußern sich manche Berichte kritisch über die Dominanz des Pop- corn-Kinos im Filmmarkt oder mokieren sich über das weltfremde Ver- halten von Film-Fans, insbesondere von Star Wars-Fans. Auch wird der Film in den Kritiken der Feuilletons verrissen, stets aber mit dem Zusatz, dass die Zuschauer letztlich anderer Meinung seien. George Lucas selbst gibt an, dass er «bereits zum Voraus [wusste], dass einige Kritiker den Film nicht mögen werden».21 19 McWeeny (wie Anm. 13), 66. 20 Eric Stahl: Durchs wilde Jedistan. In: Cinema 7, 1999, 122. 21 Antonio Gattoni: «Ich hoffe, dass meine Filme in 100 Jahren noch gesehen werden». In: Film 8, 1999, 39. 362 Wir können die Kritiken gleich jetzt schon schreiben [...]. Die Hälfte wird den Film lieben, die andere Hälfte wird ihn nicht mögen. […] Die Leute werden unsere Arbeit zerpflücken, aber wir machen den Film nicht für sie. Wir machen ihn für die Dreizehnjährigen, die ihn mit großen staunenden Augen anschauen.22 «Schockwellen der Enttäuschung» Am 19. Mai 1999 hat The Phantom Menace in den USA Premiere, am 19. August dann auch in Deutschland. Erstmals wird der Film damit zum direkten Beobachtungsgegenstand der Medien: US-Kritiker, die den Film vorab zu sehen bekommen hatten, sprachen von einer «großen Enttäuschung», das Newsweek-Magazin, das den Film in sei- ner Startwoche sogar auf die Titelseite nahm, nannte The Phantom Menace eine «Geschichte, die nicht erzählt zu werden brauchte», die New York Times schließlich prophezeite den Fans «Schockwellen der Enttäuschung».23 Interessant ist vor allem die letzte Bemerkung: Wie von Lucas erwartet, waren die Feuilletonisten mit seinem Film nicht zufrieden; aber dass auch Fans enttäuscht sein könnten, stand vorher nicht zur Debatte. Dass der Film den Erwartungen offenbar nicht entspricht, löst eine gewisse publizistische Verunsicherung aus: «[W]ar es das Warten wirk- lich wert? Diese Frage ist gar nicht so leicht zu beantworten.»24 Die Kriti- ken bewegen sich in einem Spannungsfeld zwischen vernichtend und versöhnlich. Die Zeitschrift Cinema thematisiert die Ratlosigkeit, indem sie zwei in ihren Einschätzungen gegenläufige Besprechungen abdruckt: Die eine ist ein Verriss, die andere bilanziert: «It’s only a movie.»25 Immer wieder wird nach den Ursachen der Ratlosigkeit gefragt. Verantwortlich gemacht werden die übersteigerten Erwartungen: Doch nach der Euphorie kam die Verklärung – das Phänomen Star Wars er- reichte quasi-religiöse Proportionen. Solch hohe Erwartungen – die Lucas durch den geschickt lancierten Hype letztlich selbst in diese Dimensionen geschraubt hat – kann der Film gar nicht erfüllen (ibid.). 22 Zitiert nach Cheo Hodrari Coker: Brave New World. In: Premiere 9, 1999, 88. 23 Michael Peinkofer: Star Wars. Reaktionen nach der US-Premiere. Noch 70 Tage bis zum Start. In: Moviestar 7, 1999, 14. 24 Robert Vogel: Star Wars. Der neue Film: Bleibt das alte Feeling erhalten? In: Moviestar 8, 1999, 13. 25 Roland Huschke/Eric Stahl: Star Wars special. In: Cinema 8, 1999, 48. 363 Andernorts dieselbe Erklärung: «Warum renommierte Nachrichtenma- gazine nach anfänglicher Begeisterung zuletzt zum Sturm auf Meister Lucas ansetzten, ist wohl nur durch den Hype zu erklären.»26 Wie der Film im Einzelnen wahrgenommen wird, soll hier nicht weiter analysiert werden. Entscheidend ist, dass sich die Wahrnehmung verändert: Der Film wird ambivalenter eingeschätzt und bisweilen auch zynisch oder verächtlich kommentiert. Zur Illustration dieses Wahrneh- mungswechsels soll exemplarisch eine Anekdote dienen, welche die Ver- änderung mythisch in sich aufnimmt und reflektiert. Im Mai 1999 (vor dem Release des Films!) beschreibt Drew McWeeny folgende Szene: An diese besondere Form des virtuellen Filmemachens mussten sich die Schauspieler erst gewöhnen. [...] Ewan McGregor bezeichnete die Arbeit vor dem Green Screen gar als langweilig. Einmal warf er frustriert sein La- serschwert in die Ecke und musste es eigenhändig und äußerst mürrisch reparieren. Nachdem er erste Muster der Laserschwert-Duelle gesehen hat- te, war ihm dann kein Wort der Kritik mehr zu entlocken.27 Die Anekdote wird im Sinne des Technik-Mythos gelesen und ist auf diese Weise positiv besetzt: Die neue, von Spezialeffekten dominierte Art des Filmemachens ist eine neuartige, deswegen für die Schauspieler zum gegenwärtigen Zeitpunkt mitunter auch frustrierende Erfahrung; den- noch rechtfertig das Ergebnis die Methode. Stahl kolportiert dieselbe Szene nur zwei Monate später wie folgt: «Der Wutausbruch von ‹Train- spotter› Ewan McGregor, der ob der Schablonenhaftigkeit seiner Figur am Set frustriert sein Lichtschwert in die Ecke pfefferte, ist jetzt schon le- gendär.»28 «Legendär» trifft es genau. Einmal mehr erzeugen unzusammen- hängende Sätze eine neuartige Feststellung, einen Mythos. Der Mythos verfälscht die Anekdote aber nicht, er instrumentalisiert sie: Ihre Funkti- on ist es nun, eine Meinung zu transportieren und diese als natürlich er- scheinen zu lassen. «Der Mythos verbirgt nichts und stellt nichts zur Schau. [...] [A]lles vollzieht sich, als ob das Bild auf natürliche Weise den Begriff hervorriefe, als ob das Bedeutende das Bedeutete stiftete. [...] [D]er Mythos ist eine exzessiv gerechtfertigte Aussage» (Barthes 1964, 112–113; Herv. i. O.). Die neue Wahrnehmung erzeugt allerdings nur vorübergehend eine Irritation. Die Medien zielen darauf ab, Umweltkomplexität zu reduzie- 26 Peinkofer (wie Anm. 23). 27 McWeeny (wie Anm. 13). 28 Huschke/Stahl (wie Anm. 25). 364 ren; ein allzu großes Maß an Differenziertheit läuft ihren Eigenschaften entgegen. Entsprechend ersetzten sie die Irritation schnellstmöglich durch eine neue Kohärenz. Im Fall von Star Wars – Episode I bedeutet dies: Damit die weitere Kommunikation auf die kritische Rezeption Be- zug nehmen kann, muss ein gemeinsamer Modus hergestellt werden, auf den sich das System selbstreferenziell berufen kann. Somit wird die Heterogenität der Meinungen über den Film nach und nach zu Gunsten eines einfacheren Schemas fallen gelassen und anschließend ganz ver- leugnet. Ist der Wahrnehmungswechsel erst vollzogen, wird er durch Sätze wie diesen gekennzeichnet: «[Episode I] gilt vielen als Sakrileg, als unverzeihliches Vergehen an ihrer Religion – von der Magie der Ur-Trilogie war nur noch wenig zu spüren.»29 An anderer Stelle klingt es ähnlich: «Die mit Spannung erwartete Episode I der Prequel-Trilogie ent- täuschte vor knapp drei Jahren selbst hartgesottene Obi-Wan-Jünger.»30 Ferner ist zu beobachten, dass die negative Einschätzung bei Episo- de I nicht stehen bleibt, sondern sich auf die gesamte Serie überträgt. Dies ist umso mehr von Bedeutung, als sich dieses Schema auf grundle- gende Weise von jenen Schemata unterscheidet, die in der Vorberichts- phase zur Anwendung kamen. Nicht länger verklärt die Berichterstat- tung Star Wars zum «gigantische[n] Epos für die Ewigkeit».31 Stattdessen wird der Hinweis auf die Schwächen der Serie zur selbstbezüglichen Notwendigkeit: «Star Wars ist ein dummer Film, aber wundervoll ge- macht.»32 Auf diese Weise entsteht eine neue Wahrnehmung, welche die Antizipation von Episode II und den weiteren Verlauf der Medienkarriere des Films wesentlich mitprägt. Fazit Ein Film erzählt nicht nur eine Geschichte. Er schreibt auch selbst eine. Wie zu sehen war, gehorcht die Dramaturgie dieser Geschichte aber nicht den Vorgaben und Vorstellungen eines im Hintergrund wirkenden Autors, sondern verfährt nach eigenen Gesetzen. Selbst wenn die Produ- zenten es gerne so hätten und die Medien manchmal dessen verdächtigt werden, unterliegt das Bild, welches der Film von sich im Laufe seiner Themenkarriere entwirft, keiner Kontrolle oder Einflussnahme. Stattdes- 29 Ulrike Wagner: Love Wars. In: Cinema 5, 2002, 33. 30 Heiko Rosner: Star Wars. Erste Bilder. In: Cinema 4, 2002, 138–141. 31 (Wie Anm. 8), 29. 32 Andreas Kilb: Das Rätsel der Bretzel. In: Cinema 5, 2002, 41–42. 365 sen schreibt sich die Geschichte scheinbar «von selbst». Wie ich zu zei- gen versucht habe, können wir im Rückgriff auf systemtheoretische Konzepte ein Verständnis davon gewinnen, weshalb die Geschichten, die sich selbst schreiben, einen bestimmten Verlauf nehmen und keinen anderen. Im Falle von Star Wars war zunächst zu beobachten, dass die Prä- senz eines Filmes in den Medien keine Selbstverständlichkeit darstellt. Vielmehr ist eine massive Vermarktungsstrategie erforderlich, die ihn erst zum Thema der Medien macht und so eine Karriere in Gang setzt, die allerdings nicht lange steuerbar ist – auch nicht durch die Medien: Ihre Organe stellen lediglich Instrumente der eigenen systeminternen Mechanismen dar. Die Untersuchung hat gezeigt, durch welche Prozesse Mythen und Gerüchte entstehen und, wichtiger noch: dass diese eine ganz entscheidende Funktion dabei erfüllen, das Thema zu erhalten. Da Mythen aber immer auch bestimmte Wertungen transportieren, bilden sich Erwartungen heraus, die von den Produzenten nicht mehr steuerbar sind, die Rezeption des Films indessen maßgeblich beeinflussen. Selbstverständlich entwickelt sich nicht jede Themenkarriere auf die skizzierte Weise. Allerdings könnte die hier durchgeführte Analyse als Modell dienen, um Berichterstattungen über verschiedenste Filme auf die systemimmanenten Prozesse hin zu untersuchen, die im Verlauf ihrer Themenkarriere zum Tragen kommen. Aus einem Vergleich ver- schiedener Fälle könnte man zudem Aufschlüsse darüber gewinnen, in- wiefern Themenkarrieren von Filmen nach analogen Mustern verlaufen. Der Vorteil des systemtheoretischen Ansatzes besteht darin, dass er die Entwicklung nicht nur deskriptiv nachvollzieht, sondern Aussagen über die Ursachen bestimmter Wahrnehmungen erlaubt. Ohne solche Aussa- gen über das Zustandekommen und die Karriere der medialen Wahr- nehmung eines Films ist eine Untersuchung von Filmwerbung und Film- vermarktung unvollständig, gehört die Berichterstattung in den Medien doch notwendigerweise zur Vermarktung dazu. Literatur Barthes, Roland (1964) Mythen des Alltags [frz. 1957]. Frankfurt/Main: Suhrkamp. Luhmann, Niklas (1996) Die Realität der Massenmedien. 2. Aufl. Opladen: Westdeutscher Verlag. Perry, Steve (1997) Star Wars. Schatten des Imperiums. München: Heyne. Schwenger, Birgit (2002) Strategien des Ereigniskinos. Star Wars als neues Erfolgskonzept Hollywoods. Bochum: Paragon.