Filmblatt 51 / 2013 59 Maxie Tafelski Eine Kur für den Froschkönig Aus den Sammlungen des Filmmuseums Potsdam Wer kennt sie nicht, die Märchenfilme der DEFA? Doch wer kennt auch den Auf- wand, die Tricks und die Detailliebe, mit der diese Filme hergestellt wurden? Der Farbfilm Froschkönig von Walter Beck kam 1988 in die DDR-Kinos, nach einer Produktionszeit von ca. einem Jahr. Dabei dürften die Puppenanimationen des Frosches, die in den Realfilm eingeschnitten wurden, zu den aufwändigsten Her- stellungsteilen gehört haben. Auf ausdrücklichen Wunsch des Regisseurs war der Frosch blau und trug keine Krone. Bei genauerer Betrachtung fallen weitere Abweichungen von einem realen Frosch auf: Der Körper ist eher eiförmig, die Struktur der Haut ähnelt einer Kröte, der Kopf grenzt sich klar vom Rumpf ab und die Schallblasen setzen unter den Au- gen und nicht hinter ihnen an. Auch die Unterlippe, die dem Frosch im Film die Bewegung seines Mauls erleichtert und zur Imagination eines wirklich sprechen- den Frosches führt, ist ungewöhnlich dick. So weicht der anfänglich natürliche Eindruck des Frosches dem einer stilisierten, ja vermenschlichten Filmfigur, was auf seine Rolle als verwandelter Mensch zurückgeführt werden kann. Im Gespräch mit Frank Wittstock (Trickgestaltung), Heiko Ebert (Animation) und Erich Günther (Trickkamera) stellte sich außerdem heraus, dass für den Froschkönig insgesamt acht Frösche in zwei unterschiedlichen Größen herge- stellt worden waren. Vier Frösche in „realer“ Größe dienten meist für die Schau- spieler-Szenen und vier kleine Frösche im Verhältnis 1:2 für die reinen Animatio- nen, da die großen Frösche zu schwer für diese Trickdarstellungen waren. Jeder Frosch war dafür mit unterschiedlichen Fähigkeiten ausgestattet worden. Es gab jeweils einen großen und einen kleinen „Stellfrosch“, mit denen die richtige Aus- leuchtung und die Kamerapositionen probiert wurden, bevor der Dreh mit den aufwendiger gearbeiteten Animationsfröschen stattfand. Die Animationsfrösche waren dazu mit Drähten und zum Teil mit Kugelgelenken ausgestattet worden. Der große Frosch wurde wie eine Handspielpuppe bedient, während ein kleiner Frosch, der sogar eine bewegliche Zunge besaß, in Stop-Motion-Technik animiert wurde. Ferner existierte ein ferngesteuerter großer Zappelfrosch für die Szene, in der die Figur in den Brunnen tauchen musste. Die Szenen, in denen ein kleiner ani- mierter Frosch vorkam, waren besonders aufwendig, da hierfür das Filmmaterial mit einer Trickkamera zweimal belichtet wurde – eine sogenannte Matrizenaufnahme. Für die Herstellung der acht Frösche benötigte Frank Wittstock ungefähr drei bis vier Wochen. Sie bestehen aus lackiertem Latex und sind mit Polyurethan-Schaum gefüllt. Die Drähte in den Füßen wurden vor dem Ausschäumen eingearbeitet. Filmblatt 51 / 201360 Im Filmmuseum Potsdam befinden sich drei dieser Frösche  – ein kleiner Stell- frosch und zwei große Animationsfrösche. Auffällig ist nun, dass die zwei großen Frösche – entgegen der Verwendung im Film Froschkönig – eine grüne Lackierung aufweisen und ein Exemplar sogar eine Krone trägt. Diese Umgestaltung erfuhren die Frösche im Jahr 1995 für die Produktion Sherlock Holmes und die sieben Zwer- ge. Darin taucht ein grüner Frosch mit Krone allerdings nur auf einem Wandgemäl- de auf. So ist zu vermuten, dass mit den grünen Fröschen zwar gedreht wurde, die Szenen aber im Schnitt entfielen, denn nur für die Abbildung auf einem Gemälde hätte der Aufwand, gleich zwei Frösche umzugestalten, sicher nicht gelohnt. Fast 25 Jahre Lagerung und Benutzung für Filmaufnahmen und Ausstellungen sind an den Fröschen nicht spurlos vorüber gegangen. So zeigen sich feine, groß- flächig verteilte Risse im Latex sowie einige größere Risse und eine unregelmäßig gealterte Latexaußenhaut. Vor allem die Stellen, die dem Licht ausgesetzt waren, sind spröde und verhärtet. Wie ist nun aus restauratorischer Sicht mit solchen Befunden umzugehen? Im Rahmen des KUR-Projektes, einer Förderinitiative der Kulturstiftung des Bun- des und der Länder zur Konservierung und Restaurierung von mobilem Kulturgut, wurde in Kooperation mit der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin, dem Deutschen Bergbau Museum, dem Restaurierungsatelier Linke und dem Filmmu- seum Potsdam nach Lösungen für verschiedene Problematiken der Gummialterung geforscht, um Konservierungsansätze zu entwickeln. Zwei Frösche aus dem Filmmu- seum Potsdam – ein kleiner Stellfrosch und der große grüne Animationsfrosch mit Krone – konnten dadurch restauriert werden. Vor der Restaurierung erfolgten Un- tersuchungen mittels Infrarotspektroskopie (FTIR) zur chemischen Bestimmung des Latex, des Bindemittels vom Lack und des Polyurethan-Schaumes. Weiterhin wur- den Löslichkeitstests und mikroskopische Untersuchungen angestellt. Beim kleinen Frosch schloss sich eine Röntgenaufnahme zur Lagebestimmung der Drähte an. Um einen weiteren Material- und damit Informationsverlust zu verhindern bzw. zu verzögern, waren zunächst die lose aufliegenden Staubpartikel zu entfernen. Daran schloss sich die Rückformung der deformierten und verhärteten Bereiche an, was erst durch die Nutzung von Infrarotwärme gelang. Anschließend konnten die vielen Risse geschlossen werden. Diese Maßnahme schützt nicht nur den innen liegenden Polyurethan-Schaum- stoff vor weiterem Licht- und Sauerstoffeinfluss und damit vor weiterem Zerfall, sondern stabilisiert auch die unterschiedlich verhärtete Latexhaut. Außerdem wurden die bearbeiteten Stellen gekittet und retuschiert, um wieder ein gleich- mäßiges ästhetisches Erscheinungsbild zu erreichen. Zum Schluss wurde eine möglichst sauerstoffdichte Plexiglas-Vitrine angefertigt, die neben dem obliga- torischen Staubschutz auch den Ansprüchen genügen musste, die das Schaude- pot im Filmmuseum Potsdam an das Objekt stellt. Diese „Kur“ bewirkt hoffentlich, dass die Frösche noch lange als Zeitzeugen von ihrer wechselvollen Geschichte erzählen und viele Generationen verzaubern kön- nen.