Der Pfennig muß es bringen Werbefilmefür den Spargedanken,1924 - 1945 FilmDokument 15, KinoArsenal, 24. November 1998 In Zusammenarbeitmit dem Bundesarchiv-Filmarchivund den Freunden der Deutschen Kinemathek Einführung: Ralf Forster Sparkassenwerbefilme unterscheiden sich von den übrigen Werbefilmen vor allem dadurch, daß sie nicht für schnelles Geldausgeben für bestimmte Pro¬ dukte werben, sondern für dessen langfristige und verzinste Anlage bei den Sparkassen.Das führt natürlich zu spezifischen Inhalten und entsprechende Geschichten im Sparkassenwerbefilm.Oft werden die gesellschaftlichen und privaten Vorteile des Sparens nebeneinandergestelltund verzahnt,wie z.B. der Geldkreislauf und die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit. Sparen helfe zudem in Notsituationen,sei sittliche Haltung und sorge „spä¬ ter" (z.B. im Alter oder bei Kriegsende) für eine sorgenfreie Existenz. Bei der Sparkasse deponiertesGeld vermehre sich nichtnur durch Zinsen, es sei auch dort - im Gegensatz zum privaten Geldhorten - sicher und krisenfest aufge¬ hoben. Solchen Argumentationen steht aber die geschichtliche Erfahrung entgegen, denn zwischen 1918 und 1948 wurde die Bevölkerung durch Krisen und Krieg gleich viermal um ihre Einlagen betrogen.Durch seine Spezifik eignetesich der „Spargedanken" und so auch der Sparkassenwerbefilm explizit für politi¬ sche Vereinnahmungen, wie bereits Beispiele aus der Weimarer Republik zei¬ gen. Der erste SparkassenwerbefilmDer Pfennig muß es bringen (1924), gleich nach Bildung eines zentralenSparkassenverbandes in Deutschland geschaf¬ fen, thematisiert sowohl den Vertrauensverlust in das Geld nach der Inflation als auch die nun nötige Sparanstrengung, um die Wirtschaft ohne „Pfund und Dollar" anzukurbeln. Gleichzeitig wird das private Sparziel einer jungen Familie - das eigene Landhaus - in nahe Zukunft gerückt. Der von Hans Fi- scherkösen gestaltete Zeichentrickfilm setzt auch gestalterische Akzente, die im Genre fortleben: lustig animierte, vermenschlichtePfennigstücke mit Ar¬ men und Beinen sowie eine Sparbüchse mit Gesicht, die sich sichtbar über je¬ den Pfennig freut, der in ihren Schlitz springt. Weltwirtschaftskrise und Massenarbeitslosigkeit nach 1929 verschärftenden Argumentationszwang der Sparkassen,daß hinterlegtes Spargeld der Gesell¬ schaft dient (Arbeitslosigkeit bekämpft und Wirtschaft stärkt) und schlie߬ lich auf den Sparer individuell positiv zurückwirkt.Neue Kundenkreise,vor allem Arbeiter und Angestellte, sollten so erschlossen werden. II Mit ihrer systemkonformen Sicht auf Wirtschaftszusammenhänge machte sich die Sparkassenwerbung (vermutlichungewollt)zum Handlanger der NS- Propaganda nach 1933. Das zeigt schon die Geschichtedes Films Taler, Taler, du mußt wandern (1933), der noch in der Weimarer Republik konzipiert, im Nationalsozialismusweiter eingesetzt und in der Presse als vorbildlich gelobt wurde. Wieder steht der Geldkreislauf im Mittelpunkt der Filmhandlung: dies¬ mal sind es Taler, die „wie eine Abteilung des freiwilligen Arbeitsdienstes an ihre Arbeitsstätten" marschieren (Deutsche Sparkassen-Zeitung,53/1933, S. 2) und sich so „segensreich"ins Wirtschaftslebeneinfügen.Der mit erhebli¬ chem technischen Aufwand hergestellte kombinierte Real- und Zeichentrick¬ film besticht auch durch seine Tondramaturgie - das mit einem Sparkassen¬ werbetext versehene und von Kindern intonierte Lied „Taler, Taler..." durch¬ zieht den ganzen Film und bestimmtSchnittrhythmus und Trickgestaltung. Ähnliche inhaltliche Strukturen - Darstellung des Geldkreislaufs zur Wirt¬ schaftsbelebung - zeigen Kind und Geld (1935), ein Kulturwerbefilmfür ein jugendlichesPublikum (Lehrfilm, Prädikat: „volksbildend"), und Der rechte Weg (1937), der erste farbige Sparkassenfilm (Gasparcolor, Zeichentrick: Piper). Durch dargestellte Kontinuitätenmachten sich die nationalsozialistischen Gleichschaltungenim Film- und Werbebereich (z.B. Bildung der Reichsfilm¬ kammerim Propagandaministerium und Schaffung eines Werberates der deut¬ schen Wirtschaft) zunächst kaumim Sparkassenwerbefilmbemerkbar, wenn¬ gleich er nun unter dem Slogan stand: „Der Sparpfennig schafft Arbeit und Brot! Geldhamstern ist Sabotage am nationalenAufbau! Sparen machtfrei!" (Motto des Nationalen Spartages 1933). Vereinzelt entstanden Werbefilme zur sogenannten Sachwerterhaltung und zu Sammelaktionen, so Panik durch Ping-Pong (1938), ein amüsanter, aber in¬ haltlich etwas fehlstrukturierter farbiger Zeichentrickfilm um einen ausge¬ brochenen Zooaffen (eine King-Kong-Adaptation), der in der Stadt Unheil und Verwirrung anrichtet. Während sich die Menschen an Vorgärtenzäunen auf der Flucht vor „Ping-Pong" verletzen, werden Käfig-Gitter als nur für Af¬ fen bestimmt dargestellt. Moral: Vorgärten statt Zäune. Trotz des (noch) meist zivilen Charaktersder Sparwerbung in der Phase 1933 -1939 ist das Sparen im Nationalsozialismusstets in Bezug zu forcierter Rüstung, Kriegsvorbereitungund Kriegsfinanzierungzu sehen. Der Begriff „geräuschloseKriegsfinanzierung"faßt den gesetzlich sanktioniertenProzeß des vom Sparer meist unbemerktenGeldtransfers von Privatkonten zum Staat und zur Rüstungsindustriezusammen. Zunächst konnte diese Verbindung zur Kriegswirtschaft verschleiert werden - die NS-Führung deklarierte bei den Sparern aufgenommene Reichsanleihenals Mittel zur Bekämpfung der Ar¬ beitslosigkeit und für den sozialen Wohnungsbau.Und tatsächlich gab die 12 gesellschaftliche Situation nach 1933 dieser Argumentation recht: Die Ar¬ beitslosigkeit sank und der allgemeineWohlstand stieg - Sparträume wurden Wirklichkeit und mit propagandistischem Aufwand herausgestellt (DAF-Ur- laubskampagnenmit Reisesparbriefen). Dies bestätigte auch die Glaubwür¬ digkeit der Sparkassenwerbung und legte den Boden für die Akzeptanzwei¬ terer Sparanstrengungen, die ab 1941 bis zu Aufrufen zum Verzicht auf ele¬ mentarste Lebensgüter reichte. Mit dem Motto „Spare bei der Sparkasse - Spare für den Sieg!" ordneten sich die Sparkassen ab 1940 der Kriegspropaganda unter - Sparen wurde zum gesellschaftlichen Lebensprinzip erhoben, Sparaktionen und Sammelkampa¬ gnen forciert (Metallabgabe, Winterhilfswerk, Kohlenklau-Aktion),Rationie¬ rungen angewiesen (Punktkarten) und Sondersparformen erfunden und straff organisiert („Eisernes Sparen"). Als Zeichen von Mangelwirtschaftohne aus¬ reichende Produktdecke entstand - bei weiterhinhohem Verdienst der Bevöl¬ kerung - ein problematischerGeldüberhang. Um eine offene Inflation zu ver¬ hindern, wurde ein Preisstopp erlassen und die Werbung für das Sparen und gegen Hamsternund Geldhortung verstärkt: Allein 1940 kamen 16 neue Sparkassenfilmeheraus, bis Mitte 1944 waren es mehr als 70. Gib Dein Geld (1940) fordert in scharfem Ton auf, Hamsternund Horten zu unterlassen. Ganzim Sinne der Kriegswirtschaftsordnungvom 3. 9. 1939 fällt ein Gitter vor eine Szene, die einen Mannbeim Geldhorten zuhause zeigt; an¬ dere Filme warnten im Kommentar vor der Bestrafung bei Geldhortung. In dem als Satire angelegten Streifen Herr Schnick und Frau Schnack (1942) wird eine Frau mit Einkaufstaschen und Pelzmantel (Gisela Schlüter) einem Mann (Ludwig Manfred Lommel) gegenübergestellt, der ihren „Unfug" des Ham- sterns zurückweist und mit „Eisernem Sparen" als bester Geldanlage „für den Sieg" agitiert. Die Geschlechtsspezifik der Sparkassenwerbung im Zweiten Weltkrieg tritt hier deutlich zu Tage: vornehmlich für ein weibliches Kinopu¬ blikum bestimmt, stelltesie die Frauen meist als unerfahrene,aber einsichti¬ ge Adressaten der von Männern erteilten Spar-Botschaftendar. Im Oktober 1941 wurde die klassische Produktwerbung im Kino verboten - ausgenommen blieben die nun kriegswichtigenSpar- und Sparkassenfilme und Erinnerungswerbung, die mit dem Sparen in Verbindung stand. Das nutzten Firmen natürlich aus, um ihren Namenin der Öffentlichkeit zu halten, unterstützten damit aber offen die nationalsozialistische Propaganda: Lichte und dunkle Geschichten (1944) stellt so die Vorzüge der Osram-Lampe im Kontext der „Kohlenklau"-Energiesparaktiondar. Erich Fiedler spricht hier schon von der „Erringung des Friedens" als Sparziel; die Kriegsmüdigkeit fand auch in der Sparwerbung ihre Entsprechung. Einmal wird alles vergessen sein (1943) schlägt dieselbenTöne an. In bisweilen melancholischerFormen wird die „Friedensweihnacht"herbeigesehnt,die aber noch (an der Front und 13 in der Rüstungsindustrie)„zah erstritten" werdenmuß. Beim Warten hilft, laut Film, der Geschenkgutschein der Sparkassen. Ist für die Zeit 1940 - 44 zwar eine quantitative Explosion der Sparwerbung zu beobachten, sprechen die produziertenFilme in ihrer Gestaltung eher selbst die Sprache des Mangels und der Not. Der Anteil virtuos gezeichneter Trickfilme bzw. von Realfilmenmit einer schlussigen pointierten Handlung ging stark zurück. Diese ästhetische Armut versuchteman durch den Einsatz bekannter Schauspieler(meist des komischenGenres) auszugleichen.Der stark gealterte Karl Valentin präsentierte sich so zusammen mit Lisl Karstadt in Selbst Valentin machtmit (1942) als fleißiger Sparer. Gustav Waldau, Lud¬ wig Schmitz, Leo Peukert und Leo Slezakwirkten in ahnlicherWeise. Sparkassenfilmegehorten zu den letzten vor der deutschen Kapitulationim Kino eingesetztenFilmprogrammen. Sie blieben von den Maßnahmenzum „totalen Krieg" ausgenommen und mußten weiter vorgeführtwerden. Für das Weihnachtsfest 1944 erging die Aufforderung, u.a. den Streifen Einmal wird alles vergessensein, kostenloszu zeigen (Film-Nachrichten, 18. 11. 1944). Bleibt hinzuzufügen, daß die bis 1944 auf die Rekordhohevon 95 Mrd. RM gestiegenen Spareinlagen(sie lagen 1940 noch bei rund 27 Mrd. RM) mit der Wahrungsreform vom 20./21. Juni 1948 entwertet und die Reichsmark im Verhältnis 1000 : 25 umgetauscht wurde. Die Bevölkerung hatte durch den nationalsozialistischen Krieg ihre Spargelderverloren. Alle Kopien Bundesarchiv-Filmarchiv Der Kino als Berater Produktion VaterlandischerFilmvertneb Julius Pinschewer Format 35mm, s/w, stumm,40 m, Zensur Februar 1918, Berliner Film-Zensur 41549 Werbefilm für die 8 Kriegsanleihe (Zeichentrickund Real) Der Pfennig muß es bringen Produktion Werbefilm GmbH, Berlin / Produzent Julius Pinschewer / Zeichentrick Hans Fischerkosen Format 35mm, s/w, stumm,77 m, Zensur 13 II 1924, B 9333 Werbefilm für die Sparkasse (Zeichentrick) Durch Schaden wird man klug Produktion Kraska-Film / ZeichentrickArthur Kraska Format 35mm, s/w, stumm,70 m, Zensur 13 12 1926, B 14436 Werbefilm für die Girokasse (Zeichentrick) Kopie 35mm, s/w, stumm,62 m Taler,Taler, Du mußt wandern Produktion Pinschewer-FilmAG, Berlin / Produzent Julius Pinschewer Format 35mm, s/w,Ton, 77 m, Zensur 16 3 1933, B 33476 / Doppelprufung 23 I 1934, B 35525 Werbefilm für die Sparkasse der Stadt Berlin (Zeichentrickund Real) 14 Kind und Geld Produktion Puchstein-Kulturfilm GmbH / Regie Helene Lange, Fritz Puchstein/ Musik Giuseppe Becce (nach der pastoralen Sinfonie von Ludwig van Beethoven) Format 35mm, s/w,Ton, 368 m, Zensur 21 II 1935, B 40723 Werbefilm für die Sparkasse,insbesondere das Schulsparen (Real) Der rechte Weg Produktion Donng-Film KG / Zeichentnck Piper / Musik Rudolf Perak Format 35mm, Farbe,Ton,70 m, Zensur 4 3 1937, B 44915 Werbefilm für die Sparkasse (Zeichentrick) Panik durch Pmg-Pong Produktion Epoche-Gasparcolor GmbH im Autrag der Deutschen Film-Herstellungs- und Verwertungs-GmbH (DFG) / Manuskript HansThyssen / Musik Kurt Drabek / Sprecher Kurt Muhlhardt / ZeichentrickWalter Born Format 35mm, Farbe,Ton,120 m, Zensur 15 9 1938, B 48989 Werbefilm für Metallabgabe (Zeichentnck) Kopie 35mm, Farbe,Ton, I 13 m Gib Dem Geld Produktion Boehner-Film Format 35mm, s/w,Ton, 20 m, Zensur 3 5 1940, B 53706 Werbefilm für die Sparkasse (Real und Zeichentrick) Herr Schmck und Frau Schnack Produktion Tiller-Film / Manuskript Werner Plucker/ Darsteller Gisela Schlüter und Lud¬ wig Manfred Lommel Format 35mm, s/w,Ton, 69 m, Zensur 20 2 1942, B 56772 Werbefilm für die Sparkasse („Eisernes Sparen") (Real) Kraftfahrzeug im Mausebauch Produktion Tiller-Film Format 35mm, Farbe.Ton,47 m, Zensur 23 9 1942, B 57637 Werbefilm für die Sparkasse (Puppentnck) Kopie 35mm, Farbe.Ton,40m SelbstValentm macht mit Produktion Tiller-Film / Darsteller Lisl Karstadt, Karl Valentin Format 35mm, s/w,Ton, 77 m, Zensur 13 10 1942, B 57681 Werbefilm für die Sparkasse Dresden (Real) Einmal wird alles vergessen sein Produktion Tiller-Film / Manuskript WE Hilscher / Regie A Ullmann Format s/w,Ton, 68 m, Zensur 3 12 1943, B 59693 Werbefilm für die Sparkasse (Geschenkgutschein) (Real) bchte und dunkle Geschichten Produktion Ufa / Darsteller Erich Fiedler Format 35 mm,s/w,Ton, 102 m, Zensur 21 I 1944, B 59840 Werbefilm für die „Kohlenklau"-Aktion (Real) 15