ZfK – Zeitschrift für Kulturwissenschaften 1|2023 © transcript 2023 urn:nbn:de:hbz:6:3-zfk-2023-47960 Auf den Demonstrationen gegen die staatlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie versammelte sich eine heterogene Gruppe von Teilnehmer:innen, die politische Wahrnehmungsroutinen irritierte. Es wurden Regenbogen- neben Reichsflaggen geschwenkt, Anhänger:innen der linken Sammlungsbewegung »Aufstehen«, Gegner:innen von Stuttgart 21, Esoteriker:innen, Hippies und bislang nur wenig politisierte Familien fanden sich neben Rechtsextremist:innen und Reichsbürger:innen ein. Was sie einte, war eine Widerstandserzählung gegen den von ihnen sogenannten ›Mainstream‹ aus Politik, Medien und Wissenschaft. Sie übten eine Gesellschaftskritik, die stark von Verschwö- rungstheorien geprägt war (vgl. Brunner et al. 2021; Reichardt et al. 2021; Nachtwey et al. 2020; Schließler et al. 2020). Mein Beitrag knüpft an die empirischen Beobachtungen der sozialwissenschaftlichen Forschung an und fragt nach den narrativen Formen der Wissensproduktion und den kollektiven Sinnstiftungsprozessen von Verschwörungs- theorien in den politischen Konflikten während der Corona-Pandemie. Innerhalb der reflexiven Befragung moderner Gesellschaften, ihrer Selbstwahrnehmung und Selbstkritik, können Verschwörungstheorien als eine Form der Realitätskonstruktion interpretiert werden (vgl. Anton 2011; Byford 2011; Kuhn 2016). Sie hinterfragen ge- sellschaftlich geteilte Wissensbestände über die Beschaffenheit der Realität, formulieren konkurrierende Deutungsmodelle und bieten Erklärungen für Krisenphänomene oder Missstände. Was Verschwörungstheorien von einer Gesellschaftskritik unterscheidet, die soziale Missstände anklagt und auf deren Veränderung zielt, ist durchaus umstritten. Einige behaupten gar eine Nähe der beiden Kritikformen (Latour 2004; Popper 1958). Die in der Protestbewegung gegen die Corona-Maßnahmen zirkulierenden Verschwörungs- theorien können aufschlussreich sein, um den Kritikmodus der Konspiration und seine Bezugspunkte zur Gesellschafkritik näher zu bestimmen. Von besonderem Interesse sind heterodoxe Wissensformen, die an gesellschaftskritische Deutungsverfahren anschließen. Als Untersuchungsgegenstand bietet sich die von Anselm Lenz, Hendrik Sodenkamp und Batseba N’Diaye selbstverlegte Wochenzeitung Demokratischer Widerstand an, die 2020 zunächst auf den Berliner »Hygiene-Demonstrationen« und anschließend bundes- weit auf den »Querdenken«-Demonstrationen kostenlos verteilt wurde (vgl. Hanloser Epistemischer Widerstand. Verschwörungstheorien und politischer Konflikt in der Corona-Pandemie Carolin Amlinger 74 | Carolin Amlinger 2021).1 Die Zeitung avancierte in der Frühphase der Pandemie zu einem zentralen Selbstverständigungsmedium der Protestbewegung gegen die Corona-Maßnahmen. Die Herausgeber stammen beide aus der linken Kulturszene.2 Der Dramaturg Anselm Lenz gründete den von 2014 bis 2017 bestehenden Verein »Haus Bartleby e.V. – Zentrum für Karriereverweigerung« mit, der mit Performances auf den »kapitalistischen Wachstums- und Karrierefetisch« (Soltau 2017) aufmerksam machen wollte. An dessen Theaterprojekt »Das Kapitalismustribunal«, das für den Nestroy-Theaterpreis 2016 nominiert wurde, wirkte Hendrik Sodenkamp mit. Im März 2020 gründeten die beiden Dramaturgen die »Kommunikationsstelle Demokratischer Widerstand«, die wöchentliche »Hygienedemos« auf dem Rosa-Lu- xemburg Platz vor der Volksbühne Berlin gegen die Einschränkungen der Grundrechte bei der Pandemiebekämpfung organisierten. Als Mitherausgeber wird im Impressum der Protestzeitung der Philosoph Giorgio Agamben genannt, der eine Mitarbeit allerdings bestritt. Auch die Volksbühne, die als Redaktions- und Vereinssitz angegeben wurde, dementierte eine Zusammenarbeit (vgl. Betschka 2020). Es deutet sich hier bereits an, dass Lenz und Sodenkamp, wie in ihren theatralen Performances, Verfahren und Prak- tiken des Fingierens nutzen, um Respektabilität zu erzeugen. Anselm Lenz wurde 2022 wegen übler Nachrede zu Lasten des bis 2021 amtierenden Gesundheitsministers Jens Spahn strafrechtlich verurteilt. Bevor die zentralen Narrative heterodoxen Wissens in der Zeitschrift untersucht werden, werden im Folgenden erstens unter Rückgriff auf empirische Studien Verschwö- rungstheorien im Feld politischer Konflikte verortet. Darauf folgt zweitens ein kurzer historischer Abriss des Pandemiegeschehens, in dem das Verhältnis von staatlicher Macht und Gegenmacht reflektiert wird. Anschließend werden die Beiträge der Zeitschrift Demo- kratischer Widerstand hinsichtlich der narrativen Konstruktion einer Protestgemeinschaft (drittens), und den unterschiedlichen Formen heterodoxen Wissens (viertens) analysiert. Zum Schluss werden die Kritikformen von Verschwörungstheorien resümiert und ein Ausblick auf die Entwicklung der Protestbewegung gegeben. Verschwörungstheorien und politischer Konflikt In politischen Konflikten der Gegenwart spielt eine Rolle, auf welcher Wissensgrundlage Kritik geübt wird. Die Diskussion über Fake News und alternative Fakten macht darauf aufmerksam, dass in und durch politische Auseinandersetzungen unser Wissen über Realität konstruiert wird (vgl. Kajewski 2017; Kumkar 2022; van Dyk 2017). Die Geschichte von Verschwörungstheorien gibt daher auch Auskunft darüber, auf welche Weise politische 1 Der Untersuchungszeitraum erstreckt sich auf April 2020–Juni 2021. Um einen Über- blick über die wiederkehrenden Motive und Narrative zu erhalten, wurden die Zeit- schriftenbeiträge mithilfe der Analysesoftware MAXQDA codiert und inhaltsanalytisch ausgewertet (vgl. Mayring 2022). Die qualitative Inhaltsanalyse wurde mit einem close reading zentraler Zeitschriftenbeiträge ergänzt, um die narrativen Verfahren näher be- stimmen zu können. 2 Es ist fraglich, ob die Mitherausgeberin Batseba N’Diaye eine reale Person ist (vgl. Peter 2021). | 75 Epistemischer Widerstand Konflikte als Wissenskonflikte geführt wurden. Mit ihren Grundannahmen, dass nichts durch Zufall geschieht, nichts ist, wie es scheint und alles miteinander verbunden ist, produzieren Verschwörungstheorien ein heterodoxes Wissen über die Realität, das die epistemischen Voraussetzungen politischer Auseinandersetzungen berührt (vgl. Butter 2018: 22; Barkun 2013). Verschwörungstheorien gelten in der Öffentlichkeit von Gegenwartsgesellschaften in der Regel als illegitimes Wissen (vgl. Butter 2018: 16). Sie zirkulieren in Gegenöffentlich- keiten, die für sich die Funktion eines Korrektivs anerkannter Wissensbestände beanspru- chen. Quantitative Studien weisen einen Glauben an Verschwörungen insbesondere in marginalisierten Bevölkerungsgruppen nach, die ein niedriges Bildungsniveau aufweisen (vgl. Schließler et al. 2020; Uscinski 2019). Auch die politischen Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen wurden von Verschwörungstheorien begleitet, allerdings verfügte eine große Zahl der Protestierenden über einen hohen Bildungsabschluss (vgl. Brunner et al. 2021; Reichardt 2021 et al.; Koos 2021a; Nachtwey et al. 2020). Warum einige soziale Gruppen anfälliger für Verschwörungstheorien sind als andere, ist bislang kaum erforscht. Zwar konnte ein enger Zusammenhang zwischen politischem Extremismus und Verschwörungsdenken nachgewiesen werden (vgl. Rees/Lamberty 2019; van Prooijen et al. 2015), aber hier durchkreuzen wiederum die Corona-Proteste intuitiv plausible Verbindunglinien. Unter den Protestierenden befanden sich sowohl Wähler:innen der liberalen Grünen wie der rechtspopulistischen AfD (vgl. Brunner et al. 2021; Nachtwey et al. 2020). Auch wenn die genannten Studien keine Repräsentativität beanspruchen, sensibilisieren sie für die Verknüpfungen, die Verschwörungstheorien zwischen politischen Lagern zu stiften vermögen. Verschwörungstheorien werden in der sozialpsychologischen Forschung als ein imaginativer Verarbeitungsmodus von Konflikten interpretiert. Durch sie würden Ohnmachtserfahrungen kompensiert, Enttäuschungen bearbeitet oder nachträglich mit Sinn versehen. Ebenso würden Gefühle der Isolation durch den gemeinschaftsstif- tenden Glauben an eine Verschwörung überwunden (vgl. Lohl 2021). Daran schließen kulturelle Diagnosen an, die Verschwörungstheorien als eine Kompensation komplexer und widersprüchlicher sozialer Prozesse deuten. Fredric Jameson etwa deutet den Verschwörungsglauben als ein Symptom der Krise politischer Repräsentation in post- modernen Gesellschaften: »Conspiracy […] is the poor person’s cognitive mapping in the postmodern age« (Jameson 1990: 356). Wurden politische Konflikte in modernen Gesellschaften noch über soziale Klassenlagen strukturiert, erscheint laut Jameson das Machtgefüge in Gegenwartsgesellschaften komplexer und undurchschaubar. Verschwö- rungstheorien sind in dieser Sichtweise alternative Erklärungsmodelle, die an ein sozial geteiltes Ungerechtigkeitsempfinden anknüpfen, aber soziale Antagonismen ausblenden. Staatliche Macht und Gegenmacht in der Pandemie Um die Popularität von Verschwörungstheorien in den Corona-Protesten verstehen zu können, muss man sich die gesellschaftliche Zäsur vergegenwärtigen, die das Pandemie- management für die staatliche Interventionspolitik in Deutschland darstellte. Im Frühjahr 2020 wurden flächendeckende Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen zur Eindämmung 76 | des Coronavirus erlassen. Der Staat griff massiv in die alltägliche Lebensführung ein, in der Bevölkerung herrschte das Gefühl eines »kollektiven Kontrollverlustes« (Thießen 2021: 42) vor. Dies lag unter anderem an dem gestiegenen gesellschaftlichen Risikobewusstsein, das neben ökonomischen Gesichtspunkten nun auch den Schutz besonders gefährdeter Gruppen mit einbezog (vgl. Amlinger/Nachtwey 2022: 249). Allerdings überschneiden sich in Risikogesellschaften, die stets zukünftige Gefähr- dungslagen antizipieren müssen, Normal- und Ausnahmezustand (Beck 2007: 146–150). Der Deutsche Bundestag stellte am 25. März 2020 eine »epidemische Lage von nationaler Tragweite« fest, womit der Exekutive erweiterte Kompetenzen eingeräumt wurden. Die Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen waren nicht nur ein dramatischer Eingriff in das Alltagsleben, sondern auch in demokratische Verfahren, zumindest zu Beginn der Pandemie (vgl. Münch 2021). In den folgenden Monaten kamen Deliberation sowie parlamentarische und föderale Aushandlungsprozesse wieder stärker zum Zug (vgl. Thießen 2021: 80–104). Das Coronavirus war nicht nur in seiner Entwicklung unvorhersehbar, es traf den Staat ebenfalls unvorbereitet. Empfehlungen und Vorgaben mussten permanent an- gepasst oder geändert werden. In den ersten Wochen wurde beispielsweise noch das Maskentragen nicht empfohlen, wenig später eine Maskenpflicht eingeführt. Es kam zu einer beschleunigten Politisierung. Die Lebensmittelversorgung oder der prekäre Status von Dienstleistungsberufen wurden Gegenstand öffentlicher Debatten. Zudem produzierte die Risikopolitik des Staates unbeabsichtigte Nebenfolgen, die weitere Ein- griffe nötig machten (von unterbrochenen Lieferketten über Unterrichtsausfall bis hin zu psychischen Problemen). Die Regierung galt vielen nun trotz ihrer Interventionen nicht mehr als steuernde Instanz, sondern als volatiles Gremium. Die rechtspopulistische AfD nutzte dies, um sich als Opposition zu profilieren, immer häufiger sprach sie von einer »Diktatur« (ebd.: 72), der eine unumschränkte Machtbefugnis zugeschrieben wurde (vgl. Amlinger/Nachtwey 2022: 250-251). In der Pandemie wuchs der Bedarf an wissenschaftlicher Expertise exponentiell an. Virolog:innen wie Melanie Brinkmann oder Christian Drosten hatten eine große mediale Präsenz und hatten Einfluss auf die sich als evidenzbasiert verstehende Politik. Die wis- senschaftlichen Deutungen und Risiko-Einschätzungen wichen durchaus voneinander ab und waren bald heftig umkämpft (vgl. Bogner/Menz 2021). Die Politik wurde im Zeitraffer epistemisiert, die Wissenschaft politisiert (vgl. Bogner 2021). Mit den Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen begannen auch die Proteste (vgl. Kleffner/Meisner 2021; Benz 2021). Ausgangspunkt waren die bereits erwähnten »Hygi- ene-Demonstrationen« in Berlin. Schon bald wurde die Initiative »Querdenken 711« zu einem Knotenpunkt der Protestbewegung. In zahlreichen Städten fanden seit dem Früh- jahr 2020 Demonstrationen statt. In der Protestbewegung kamen sehr unterschiedliche Ideologien und Strömungen zusammen. Ein geteilter Bedeutungsrahmen wurde durch eine Skepsis gegenüber der Gefährlichkeit des Virus und der Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen gestiftet. Die gemeinsamen Ideale, auf die man sich berief, waren Freiheit, Demokratie und Selbstbestimmung. Carolin Amlinger | 77 Schon früh versuchten rechte Kräfte in die Bewegung zu intervenieren, die sich wiederum nicht nach rechts abgrenzte. Im Zuge der Debatte um die Impfpflicht 2021 ist sie immer radikaler geworden und in einigen Bundesländern dominierten rechtsextreme und verfassungsfeindliche Gruppen die Proteste. War es zunächst nur die geteilte Kritik an den Maßnahmen, welche die verschiedenen Teilströmungen einte, entstand durch eine interne Protestdynamik und durch Abgrenzung nach außen schon bald eine kollektive Identität als einzige Oppositionsbewegung. Ich konzentriere mich im Folgenden auf die Frühphase der Protestbewegung, weil hier die unterschiedlichen Kritikformen und Radikalisierungsprozesse besonders gut zu erkennen sind. »Wir sind die Opposition!« – Protest und Gegengemeinschaft Ulrich Beck warnte 1986 vor den Modernisierungsrisiken, die unserer Alltagswahrneh- mung nicht zugänglich sind und nur über einen »eigenerfahrungslosen Theoriebezug« Konturen gewinnen (Beck 1986: 98). Da sie in ihrem Realitätsgehalt kontrovers seien, drohten die Risiken (er hatte noch Radioaktivität oder Schadstoffe vor Augen) in eine Art moderne Geisterbeschwörung zu kippen, die eine Polarisierung der Gesellschaft befördern: »Neue Gemeinschaften und Gegengemeinschaften entstehen, deren Weltsicht, Normen und Selbstverständlichkeiten sich um die Mitte unsichtbarer Bedrohungen gruppieren« (ebd.). Das Coronavirus ist ein unsichtbares Risiko, wie Beck es beschrieben hat. Und auch die »Querdenken«-Bewegung kann als eine Gemeinschaft verstanden werden, die sich in der epistemischen Bearbeitung dieser unsichtbaren Gefährdungslage konstituiert. In der Zeitschrift Demokratischer Widerstand überwogen anfangs eine Kritik an biopolitischer Kontrolle und staatlicher Herrschaft, die mit verschwörungstheoretischen Motiven und Narrativen kombiniert wurde. Die erste Ausgabe vom 17. April 2020 titelt: »Wir sind die Opposition!« Die im Leitartikel von Hendrik Sodenkamp entworfene Zeit- diagnose eines »de-facto-diktatorische[n] Hygiene-Regime[s]« koppelt Szenarien einer chiliastischen Wendezeit (»Ob dieses geplant war oder nicht, wir wohnen dem Ende der Neoliberalen Epoche bei«) an die Heraufkunft einer demokratischen Protestbewegung (»Ja, es gibt Gegenstimmen. Es sind bereits zehntausende. Und es werden täglich mehr«) (Sodenkamp 2020a: 1). Das hier aufgerufene Narrativ eines plebiszitären demos, der sich gegen die Macht vermeintlich klandestiner Eliten und angeblich gleichgeschalteter Medien richten soll, erwies sich auch in den Folgemonaten als wirkungsvolles Mittel, um ein diffuses Unbehagen zu bündeln und ein Kollektiv über politische Lager hinweg zu begründen. In dieser Zeit sollte sich die anfänglich noch kapitalismuskritisch inspirierte Kritik an staatlichen Maßnahmen radikalisieren. Verschwörungsdenken und Nationalismus nahmen zu, nachdem die »Hygienedemos« in der medialen Berichterstattung im rechten politischen Spektrum verortet wurden. Statt sich von diesem Vorwurf abzugrenzen, be- schwor man den inneren Zusammenhalt. Nach der Demonstration am 1. August 2020 vor dem Brandenburger Tor in Berlin wurde ein nationalistisch eingefärbtes »Wir«-Ge- fühl beschworen, die Protagonisten identifizierten sich mit der Bürgerrechtsbewegung der DDR (vgl. Riedl/Sprenger 2020: 1). Nach den Ausschreitungen während der Berliner Epistemischer Widerstand 78 | Demonstration vom 29. August 2020, bei der gewalttätige Reichsbürger:innen versuchten, den Bundestag über die Treppe des Reichstagsgebäudes zu stürmen, kam es schließlich zu einer projektiven Gegenidentifikation: Nicht auf den Kundgebungen, sondern »in Politik und ›Leitmedien‹« seien »Neofaschisten« an der Macht (Ploppa 2020f: 1). Die Kritik am Regierungshandeln war seitdem stärker mit antisemitischen Vorurteilen gegenüber der politischen Funktionselite durchzogen: »Eine transnational operierende Oligarchenkaste hat die Herrschaft in den westlichen ›Demokratien‹ übernommen« (Mies 2020: 12f.).3 Theodor W. Adorno und seine Kolleg:innen schrieben in den Studien zum autoritären Charakter (1950) dem Vorurteil trotz seines imaginären Charakters eine »rationale Funktion« zu (Adorno 1995: 123): Ohnmachtserfahrungen können durch die Projektion auf soziale Minderheiten in eine Rebellion umgedeutet werden, ohne sich auf reale gesellschaftliche Strukturen beziehen zu müssen. Auch im Demokratischen Widerstand dienen Vorurteile, vor allem gegenüber Eliten, der populistischen Selbstermächtigung. Die Semantik des »Wir« transportiert eine oppositionelle Gegenposition zur Regierung und das Selbstverständnis, »Mitte des deutschen Volkes« zu sein (Motschmann 2020: 4). Man verschafft sich in Abgrenzung zu denjenigen, die man moralisch ausschließt, Bedeutung: den Korrupten werden die Integren, den »Diktatoren« die »Demokraten« gegenübergestellt.4 Die Zeitschrift Demokratischer Widerstand kann als ein Phänomen einer »regressiven Direktdemokratie« (Rosanvallon 2017: 167) verstanden werden. Laut Pierre Rosanvallon sind demokratische Parlamente systematisch von Misstrauen begleitet, durch das staat- liche Instanzen überwacht und kontrolliert werden. Dieses Misstrauen kann jedoch, wie im Fall der »Querdenken«-Bewegung, in einen Generalverdacht umschlagen (vgl. Koos 2021b). Der zentrale Bezugsrahmen der Protestbewegung war das Grundgesetz, das auf der letzten Seite jeder Ausgabe abgedruckt ist. Während man anfänglich noch die von der Verfassung geschützten Grundrechte gegen die drastischen staatlichen Eingriffe verteidigen wollte, wurde das Grundgesetz jedoch bald zu einem »Symbol mangelnder Souveränität« (Hentschel 2021: 64), wie Christine Hentschel schon früh erkannte. Diese verzerrte Darstellung wurde auch von der Reichbürger-Bewegung vertreten. Die Verschwörungstheorien über den Staat verharren im Demokratischen Widerstand allerdings nicht, wie in anderen Verschwörungsszenen, in einer »unbestimmten Negation« (Kumkar 2021). Sie erschöpfen sich nicht in einer rebellischen Pose des ›Dagegen-Seins‹. Der parlamentarischen Demokratie werden Konzepte einer direkten Demokratie ent- gegengesetzt (vgl. Lenz 2021: 5; Jebsen/Lenz 2020: 4). In seinen »Forderungen für einen Neufanfang« beschreibt der verschwörungstheoretische Autor Ullrich Mies in seinem Zeitschriftenbeitrag unter anderem folgende Szenarien: 3 Auf dem Titel der vorherigen Ausgabe wurden bspw. Regierungspolitiker:innen in Bild- unterschriften pathologisiert und kriminialisiert: »Kokainsüchtiger Bundesgesundheits- minister Jens Spahn (r.) kaufte sich kürzlich Millionenvilla in Italien« oder »Psychopa- thin vom Dienst: Bundeskanzlerin Angela Merkel ließ am 30. August eine Schwangere verprügeln« (Ploppa 2020f: 1). Der Paratext hat auf der Zeitschriftenoberfläche oft die Funktion einer drastischen Zuspitzung. 4 Das Cover der Ausgabe vom 17. April 2021, die dem einjährigen Bestehen der Zeitung gewidmet ist, ziert unter der Überschrift »Jetzt« eine erhobene Faust in schwarz-rot-gol- dener Farbe (Sodenkamp 2021: 1). Carolin Amlinger | 79 »– Auflösung der politischen Parteien in ihrer bisherigen Form und Funktion, – Auf- lösung der korrumpierenden Lobby-Komplexe, [...] – Verantwortung durch echte Verantwortungsübernahme, das heißt Politikerhaftung [...], – Verfassunggebende Versammlungen einberufen, – Stärkung der direkten Demokratie, – völlige Neukon- zeption der Medien, das heißt Unterstellung unter volks-demokratische Kontrolle« (Mies 2020: 13). Es ist ein plebiszitäres Politikmodell, das auf einer alternativen Souveränisierung beruht: Zentrale Prinzipien der parlamentarischen Kontrolle, Repräsentation, Delegation oder Intermediatisierung durch Organisation werden angefeindet. Entscheidungen, an denen die Bevölkerung nicht beteiligt oder mit denen die Autor:innen nicht einverstanden sind, gelten als Ergebnis einer Verschwörung (vgl. Amlinger/Nachtwey 2022: 306f.). Angesichts der politisch heterogenen Zusammensetzung der Protestbewegung kam dem kollektiven Gefühl, sich im Widerstand zu befinden, eine hohe Mobilisierungskraft zu. Eine Rhetorik der Dringlichkeit lässt sich in nahezu jeder Ausgabe finden, insbesondere durch historische Vergleiche zu Diktaturen, durch die politische Eliten dämonisiert und der eigene Protest heroisch aufgewertet wird. Das Maskentragen ist in dieser Rhetorik eine Chiffre der Unterwerfung, und deren Verweigerung eine Widerstandsakt: »Die meisten Menschen tragen die Masken nur, weil sie völlig verängstigt und mutlos sind« (N’Diaye 2020: 1). Die affektive Aufladung des politischen Konflikts inszeniert einen Dualismus von Gut und Böse, wie er für Verschwörungstheorien typisch ist (Butter 2018: 23): Der kalten, angsterzeugenden Rationalität des Regierungshandelns wird die warme »Liebe« der Protestgemeinschaft gegenübergestellt (vgl. Lenz/N’Diaye 2020: 4f.).5 Auf die zunehmende Kritik an der Präsenz rechter politischer Kräfte auf den Kundge- bungen, die dem eigenen Selbstverständnis als »liberal« und »unabhängig« widersprachen (DW, o.V. 2020a: 2), reagierte die Protestbewegung mit einem Appell der »Unteilbarkeit« (Sodenkamp 2020b: 1). Einheitsfiktionen sollten den inneren Zusammenhalt stärken und gegen vermeintliche Spaltungsversuche von politischen Gegnern immunisieren (vgl. Hentschel 2021: 70). Während man sich zu Beginn noch explizit von »Holocaustleug- nern« distanzierte (vgl. Sodenkamp 2020b: 1), wuchs mit der Sichtbarkeit rechtsextremer und verschwörungstheoretischer Positionen die oben bereits angesprochene projektive Abwehr: Dies sei eine Inszenierung der staatlichen Macht, um die Opposition zu schwä- chen.6 Auf öffentliche Kritik reagierte die Protestbewegung mit Selbstverhärtung und Radikalisierung. War sie zunächst eine Bewegung mit vagen Grenzen, wurde sie infolge der kollektiven Affektdynamik zu einer geschlossenen Gemeinschaft, die rechtsextreme Gruppierungen in ihren eigenen Reihen duldete. Gerhard Hanloser weist darauf hin, dass 5 Zur Illustration werden wiederholt die Figuren aus dem Star-Wars-Filmuniversum her- angezogen, die bildhaft moralisch klar verteilte Rollen zuweisen (vgl. die Titelbilder von der Ausgabe vom 24. April 2020 und 14. November 2020). 6 Studienergebnisse, die eine wachsende »Verschwörungsmentalität« in der »Querden- ken«-Bewegung feststellten, seien eine »Psychiatrisierung bislang akzeptierter Stand- punkte« einer Diktatur, um die Protestbewegung zu delegitimieren (Ploppa 2020d: 10). Und an einem »bizarren Detail« ließe sich erkennen, dass die versuchte Stürmung des Bundestags über die Treppe des Reichstagsgebäudes am 29. August 2020 von der Polizei inszeniert sei (Ploppa 2020g: 7). Epistemischer Widerstand 80 | die Zeitung sich zwar von dem strategischen Konzept der Querfront distanzierte (d.h. einem politischen Zweckbündnis linker und rechter politischer Gruppierungen), aber gleichzeitig den Dialog mit der Neuen Rechten suchte (vgl. Hanloser 2021: 177f.).7 Doch die Abwehr ist nur ein Motiv der Abschottung nach außen, andere sind in den spezi- fischen Wahrnehmungsmustern von Gesellschaft begründet, wie wir nun sehen werden. »Die Pandemie ist vorbei« 8 – Drei Formen konspirativen Gegenwissens Heterodoxen Wissensbeständen kommen in der »Querdenken«-Bewegung eine gemein- schaftsbildende Funktion zu. Verschwörungstheorien sind in diesem Kontext eine Form von Gegenwissen, die ein kollektives Bedeutungsuniversum herstellt und gleichzeitig eine Illusion der Souveränität angesichts einer rasanten Komplexitätszunahme und unklaren Zukunftsperspektiven kreiert (vgl. Pantenburg et al. 2021). Die Zeitung Demokratischer Widerstand betrachtet sich in ihrem Selbstverständnis als eine aufklärende Instanz in einem Wahrheitskonflikt, die für das Gute eintritt und dafür Opfer in Kauf nimmt.9 Sie imaginiert sich gemäß der parrhesia, der antiken Tugend des Wahrsprechens, die auch die persönlichen Risiken des Nicht-Verheimlichens auf sich nimmt (vgl. Foucault 2012: 13–41). Ein Trägerverein der Zeitschrift, dessen Rechtsform und Mitgliederschaft nicht überprüfbar sind, verleiht regelmäßig einen »Preis der Republik für Aufklärung, Courage, freie Debatte, Grundgesetz und Demokratie« (vgl. Lenz 2020b: 2). Mit ihm wird das von den ausgezeichneten Personen popularisierte Verschwörungsdenken zum Ausweis der Stand- und Wahrhaftigkeit.10 7 In der Ausgabe vom 14. November schrieb bspw. die neurechte Autorin Ellen Kositza einen Beitrag mit dem Titel »Ich bin rechts« (Kositza 2020: 14), daneben fand sich die Gegenüberstellung »Ich bin links« von Anselm Lenz (Lenz 2020c: 15). Kositza schreibt regelmäßig für die rechten Publikationsorgane Junge Freiheit und Sezession. Sie wurde wie die Zeitschrift Sezession 2021 im Verfassungsschutzbericht des Bundeslandes Sach- sen Anhalt wegen rassistischer und biologistischer Sichtweisen erwähnt und gilt als Ide- engeberin der Neuen Rechten (Ministerium für Inneres 2021: 80, 82). 8 Dies ist die Titelzeile der Ausgabe vom 08. August 2020. 9 Die Redaktion stellt sich zu Beginn jeder Ausgabe wie folgt vor: »Wir sind die Redak- tion des Demokratischen Widerstandes in Berlin. Wir sind unabhängig von den Partei- en oder anderen korrumpierbaren und erpressbaren Strukturen. Wir sind Liberale. Wir sind MedizinerInnen, Journalisten, Arbeiter, Juristen, Künstler, Alte und Junge. Uns ist daran gelegen, dass die liberalen Freiheitsrechte unserer Verfassung, dem Grundgesetz, vollständig wiederhergestellt werden« (DW, o.V. 2020a: 2). 10 Preisträger:innen waren u.a. der emeritierte Professor für medizinische Mikrobiologie Sucharit Bhakdi und seine Ehefrau, die Biochemikerin Karin Reiss, die wegen der Ver- breitung medizinischer Fehlinformationen über das Coronavirus öffentlich in der Kritik standen. Gegen Bhakdi wurde 2022 Anklage wegen Volksverhetzung in zwei Fällen er- hoben. Das Wissenschaftsministerium Rheinland-Pfalz beantragte im selben Jahr, dass Bhakdi seinen Professorentitel wegen Unwürdigkeit nicht mehr führen dürfe. Ebenfalls ausgezeichnet wurde der Arzt Walter Weber, der die Initiative »Ärzte für Aufklärung« ge- gründet hat, und wegen des Ausstellens falscher Atteste zur Befreiung der Maskenpflicht angeklagt wurde sowie der ehemalige Journalist Ken Jebsen, der auf seinem mittlerweile gesperrten YouTube-Kanal Verschwörungstheorien um das Coronavirus verbreitete. Seit 2021 wird er vom Verfassungsschutz Berlin als Verdachtsfall beobachtet. Carolin Amlinger | 81 Die Redaktionsmitglieder und Autor:innen urteilen aus einer privilegierten Erkennt- nisposition, die in der »Querdenken«-Bewegung oft mit der Trope des »Erwachsens« verbunden wird. In der ersten Ausgabe schildert Jill Sandjaja beispielsweise eine innere Unruhe, die sie nach dem »Aufwachen« am zweiten Tag nach Inkrafttreten der ersten Kontaktbeschränkungen überfiel:11 »In mir wuchs das Gefühl der Unzufriedenheit, Einschränkung und Zweifel. Warum? Warum kann ich mein Leben nicht mehr frei gestalten? Nicht mehr da weitermachen, wo ich vor vier Wochen war? Und warum, so scheint es mir, wirkt es so unwirklich, weil ich das Gefühl habe, wenn ich aus dem Fenster schaue, dass die Menschen da draußen es einfach so hinnehmen« (Sandjaja 2020: 2). Der narrativen Struktur religiöser Konversionserzählungen ähnlich transportiert das Bild der Erweckung eine epistemische Umkehr, in der eine krisenhaften Erfahrung eine Neupositionierung anleitet (vgl. Müller 2023). Die Einsicht, dass nichts mehr so ist, wie es einmal war, führt zu einem radikalen Zweifel an der Realität, die sie von (in der »Quer- denken«-Bewegung als »Schlafschafe« bezeichnete) Nicht-Erwachten trennt und in eine Rebellion gegen sie mündet. So endet die Glosse mit den Worten: »Ich kämpfe für mein Recht, so zu leben, wie ich es für richtig halte. Eigenverantwortlich, menschlich und mit- einander« (Sandjaja 2020: 2). Eine epistemische Sezession leitet einen politischen Protest an, dessen libertäres Freiheitsverständnis den Glauben an eine geteilte Realität aufkündigt. Doch innerhalb des »epistemischen Widerstandes« (vgl. Amlinger 2021) gibt es Ab- stufungen. In der Zeitschrift dominieren vor allem drei Formen heterodoxen Wissens, die über den konkreten Gegenstand hinaus für die politische Funktion von Verschwö- rungstheorien aufschlussreich sein können: die protorationalistische Gegenexpertise, der verselbstständigte Generalverdacht und das selbstevidente Erfahrungswissen. Die erste Form, die protorationalistische Gegenexpertise, übt eine Kritik an den szientistischen Verfahren von Expertenwissen. Sie möchte ein alternatives Wissen über Ausmaß und Gefährlichkeit des Coronavirus popularisieren. Die Gegenexpertise ist nicht wissenschaftsfeindlich im engeren Sinn, sondern kritisiert jene wissenschaftlichen Ergebnisse, die als Legitimation für politische Entscheidungen herangezogen werden. In der Zeitschrift werden amtliche Statistiken angeführt, jedoch einer alternativen Inter- pretation unterzogen (bspw. zur Übersterblichkeit während der Pandemie), oder es kommen ehemalige Experten wie Sucharit Bhakdi oder Wolfgang Wodarg zu Wort, die das Coronavirus verharmlosten und die Pandemie mit einer gewöhnlichen Grippewelle verglichen. Die Beiträge imitieren »rationalistische« Verfahren und Sprachkonventionen der modernen Wissenschaft, ohne aber selbst wissenschaftlichen Maßstäben und Güte- kriterien zu entsprechen (vgl. Schäfer/Frei 2021). Sie sind gewissermaßen »protoratio- nalistisch« (Amlinger/Nachtwey 2022: 272), da Evidenzen nicht durch eine methodisch informierte Analyse hervorgebracht werden, sondern einzig der subversiven Falsifikation offizieller Erkenntnisse dienen. 11 Die Tropen des »Erwachsens« oder »Aufwachens« werden im Untersuchungszeitraum insgesamt 18-mal verwendet. Epistemischer Widerstand 82 | Eine Liste mit gesammelten kritischen Statements aus der Wissenschaft wird etwa mit folgenden Sätzen eingeleitet: »Es gibt weltweit eine wissenschaftliche und journa- listische Opposition, die verschwiegen und unterdrückt wird« (DW, o.V. 2020b: 8). Was folgt, sind Zitate institutionalisierter Forschungen, also keineswegs der »Opposition«, die kontextlos aneinandergereiht sind. Die vermeintlich kritischen Expert:innen sollen dem vor-rationalen Zweifel gegenüber den staatlich verordneten Beschränkungen eine wissenschaftliche Evidenz verleihen. Sie werden als Überläufer inszeniert, die über ein »Insiderwissen« (Butter 2018: 65) verfügen. Die als abtrünnig markierten Expert:innen werden zudem als integer und standhaft beschrieben, ihre Expertise dient als Ausweis nicht nur der Wahrhaftigkeit, sondern ebenso der Wahrheit. Der maßnahmenkritische Mediziner Sucharit Bhakdi, gegen den Ende 2021 Anklage gegen Volksverhetzung erhoben wurde, wird etwa mit folgenden Worten mit dem oben erwähnten Preis ausgezeichnet: »Wir ehren Professor Bhakdi als besonders aufrichtigen, wahrhaftigen Akademiker, der sein Wissen und seine Auffassungsgabe der Bevölkerung zur Verfügung stellt und dabei – auch gegen Schwierigkeiten – maßvoll und versöhnlich bleibt« (Lenz 2020b: 4). Bhakdi hat selbst nie zu epidemiologischen Themen geforscht. Es werden Machtkämpfe inszeniert, in denen das alternative Wissen die Herrschaftsdimension der anerkannten Wahrheit entlarven soll. Die Gegenexpertise nimmt den Standpunkt einer Beobachtung zweiter Ordnung ein: Sie beobachtet weniger die Realität der Pandemie, sondern deren Interpretation durch Medizin, Wissenschaft und Medien, deren vermeintliche Täuschungen und Manipulationen sie aufdecken will. Die zweite Form, der verselbständigte Generalverdacht, partizipiert an einem Kern- gedanken der klassischen Gesellschaftskritik: hinter der gesellschaftlich akzeptierten Realität verbirgt sich eine unsichtbare Herrschaft (vgl. Boltanski 2010: 15–18). Dies ist keineswegs verwunderlich. Verschwörungstheorien haben als heterodoxes, gesellschaftlich stigmatisiertes Wissen immer auch eine herrschaftskritische Perspektive. Ohne dass sie selbst wahr sind, verkörpern sie eine radikale »Wahrheitsskepsis« (vgl. Flügel-Martinsen 2020: 186): sie möchten die gesellschaftlich anerkannte Sinnordnung als Machtordnung entlarven. Im Unterschied zur Gesellschafskritik verallgemeinert sich der Verdacht im Verschwörungsdenken aber und löst sich von den realen Gesellschaftsstrukturen. Er wird zu einer produktiven, d.h. realitätserzeugenden Fiktion. In der Zeitschrift dominiert das konspirative Kritikmuster, dass mit der »Inszenierung einer Pandemie«12 eine politische Umgestaltung eingeläutet werde: »Es steht für die Redaktion des Widerstandes als mittler- weile nahezu evident fest«, heißt es etwa im Mai 2020, »dass die gegenwärtige Medizin- krise zugleich ein Griff zur Macht eines fanatischen Polit-, Medien- und Konzernkartells ist« (DW, o.V. 2020c: 1). Hinter der Pandemie verberge sich der intentional gesteuerte Plan globaler Mächte, die gesellschaftliche Kontrolle und Herrschaft zu perfektionieren, ja eine »Diktatur« zu installieren (ebd.). Diese Argumentation entspricht dem gängigen 12 Agamben erlangte durch diese Formulierung eine Popularität in der »Querdenken«- Bewegung. Der Text mit dem italienischen Originaltitel »L’invenzione di un’epidemia« erschien im Februar 2020 in seinem Blog »Una voce«, bevor er von dem verschwörungs- theoretischen Online-Magazin »Rubikon« ins Deutsche übersetzt wurde. Auch in der ersten Ausgabe der Zeitschrift »Demokratischer Widerstand« findet sich ein Wieder- abdruck. Carolin Amlinger | 83 Topos von Verschwörungstheorien, allerdings erhält er in der Pandemie eine größere suggestive Kraft. Denn während der Pandemie wurde der politische Konflikt vor allem um die Frage geführt, wie gefährlich das Virus sei. Die Realität, die Luc Boltanski als eine sozial an- erkannte und institutionell abgesicherte Konstruktion interpretiert (vgl. Boltanski 2010: 92–97), wurde durch das Virus brüchig. Solange Herrschaft nicht infrage gestellt wird, entzieht sie sich aus der Sicht Boltanskis auch dem Bewusstsein der Akteure. Ändern sich jedoch Konventionen und Routinen, werden Herrschaftsmechanismen sichtbar und unmittelbar erfahrbar. Boltanski beobachtet, dass eine epistemische Skepsis »existenzielle Prüfungen« aufruft, welche die »Fundamente zum Wanken« bringt (ebd.: 168). An dieser Stelle setzt der Zweifel der »Querdenken«-Bewegung an, sie vermuten hinter der Realität eine andere Wirklichkeit (Amlinger/Nachtwey 2022: 276). So schreibt Anselm Lenz zu Beginn der Proteste im April 2020, dass das Coronavirus »nach jetzigem Erkenntnisstand nicht ungefährlich [¼], aber auch nicht völlig außer- gewöhnlich […]« sei, es aber überlagert werde durch einen »epochalen Umbruch«, der durch die »Führungseliten der Nordhalbkugel« in Gang gesetzt werde (Lenz 2020a: 10). Zwar wird hier das Risiko des Virus (noch) nicht gänzlich abgestritten, aber bereits als bedeutsames Zeichen einer tieferliegenden Verschwörung interpretiert. Mit der Zunahme der Beschränkungen radikalisierte sich die Herrschaftskritik zu einem »Generalverdacht« (Boltanski 2010: 169), in dem die Realität als hermetisch abgesicherte, durch Medien, Politik und Polizei stabilisierte Machtordnung erscheint (vgl. Nachtwey et al. 2021). Epistemische Fragen über den Realitätsgehalt des Coronavirus werden nun stärker mit populären Verschwörungstheorien verknüpft: Die Bill und Melinda Gates Stiftung, die Rockefeller Stiftung sowie global agierende Pharmakonzerne hätten »Verbrechen gegen die Menschlichkeit« begangen (Ploppa 2020b: 4), die Pandemie sei eine von der WHO inszenierte »Plan-demie« (Müller-Liebenau/Fiddike 2020: 7), die Impfung gegen das Coronavirus sei eine »neuartige Manipulation der eigenen Gene« (Ploppa 2020d: 9) und »transnationale ›Eliten‹-Faschisten« strebten eine »New World Order« an (Mies 2020: 13). Insbesondere der verschwörungstheoretische Publizist Hermann Ploppa, der u.a. auch für das Onlinemagazin Rubikon schrieb, sowie Ken Jebsen und dem russischen Sender RT Deutsch Interviews gab, stellt in seinen Zeitungsartikeln die Cui-bono-Frage, die glo- bale Verschwörer als Nutznießer und Verantwortliche der Pandemie enttarnen möchte. Der Zweifel an der Gefährlichkeit des Virus, der Verdacht einer Eliten-Verschwörung und die Selbstinszenierung als »Wahr-Sprechende« – dies alles sind zusammengefasst Momente, in denen die Kritik zu einer performativen Geste wird, die sich vom gesell- schaftlich geteilten Realitätsprinzip entfernt hat. Leugnet man die Realität mitsamt ihren kodifizierten Verhaltensnormierungen, können diese auch übertreten werden. In diesem Sinne sind Verschwörungstheorien eine Legitimationsgrundlage für subversive, in ihren Extremen destruktive Protestpraktiken. Die dritte Form, das selbstevidente Erfahrungswissen, lehnt das wissenschaftliche Expertenwissen ab und orientiert auf die subjektive Anschauung. Statt auf abstrakte Wissensbestände rekurriert man auf die Wahrhaftigkeit der unmittelbaren Empfin- dung (Bogner 2021: 102). Der Kampf gegen die Expertise wird hier nicht innerhalb der rationalistischen Wissensordnung geführt, sondern gegen sie. Der abstrakten Statistik Epistemischer Widerstand 84 | wird die »anekdotische Evidenz« (Gess 2020: 38) gegenübergestellt: Da die meisten im »beobachtbare[n] Lebensumfeld« weder Krankheits- noch Todesfälle kennen würden, sei die öffentliche Berichterstattung bloß eine »Pandemie-Panik-Story« (Wodarg 2020: 3), wie der maßnahmenkritische Arzt Wolfgang Wodarg behauptet. Expert:innen wie Christian Drosten, die die abstrakte Gefahr des Coronavirus wissenschaftlich erläuterten (und dadurch wie oben erwähnt eine hohe mediale Präsenz und politischen Einfluss hatten), erschufen aus Sicht der »Querdenken«-Bewegung die Gefahr erst – und zwar, um fremden Interessen zu dienen: So schlüpfe der »Charité-Virologe Christian Drosten in die neue Rolle des Hofastrologen der Merkel-Regierung« (Ploppa 2020a: 7). Beck antizipierte bereits 1986 eine »Sündenbock-Gesellschaft«, die durch unsichtbare Risiken Auftrieb erhielte: »Plötzlich sind es nicht die Gefährdungen, sondern diejenigen, die sie aufzeigen, die die allgemeine Unruhe provozieren« (Beck 1986: 101). Insbesondere Intuition und Körperlichkeit wird im Protestgeschehen gegen die syn- thetische Ratio der wissenschaftlich legitimierten Kontaktbeschränkungen aufgewertet. Die Demonstrationen werden als performative Happenings der Nähe und des sozialen Miteinanders beschrieben, in denen die auferlegten Zwänge abgestreift werden und der Mensch wieder zu sich kommen könne: »Wir stellen dem paranoiden Wahnsinn des Social Distancing die soziale Nähe entgegen« (Ploppa 2020e: 7). Dieses wiederkehrende Narrativ ähnelt einer Entfremdungskritik, die in hoch differenzierten Gesellschaften historische Vorläufer hat. Auch in der Lebensreform, die im ersten Viertel des 20. Jahr- hunderts populär wurde, werden Gefühle als genuine Erkenntnisform aufgewertet (vgl. Barlösius 1997). Die Sehnsucht nach Innerlichkeit, Authentizität und Gemeinschaft kehrt in der »Querdenken«-Bewegung in modernisierter Gestalt wieder: »Die NichtOhneUns- Bewegung ist der bescheidene Ansatz, sich dieser Plastikwelt entgegenzustellen« (Ploppa 2020c: 5). Auch wenn sich der Autor selbst in eine »lange Tradition« (ebd.) stellt, kann man die Bewegung nicht als direkte Erben der Lebensreform interpretieren. Deutlich wird dies, wenn man sich die kultivierte Vorstellung einer vitalen Ge- meinschaft näher anschaut. Eine wiederholte Argumentation lautet, dass das staatliche Pandemiemanagement ein künstlicher Eingriff in den natürlichen Lebenslauf sei: »Denn jedes Menschenleben endet einmal mit dem Tod« (N’Diaye 2020: 1). Die Menschen, die an Corona verstorben sind, werden meist als alt oder vorerkrankt beschrieben – sie starben aus dieser Sicht nicht wegen, sondern mit dem Virus. Die Gefährdung durch das zivilisatorische, d.h. menschlich erzeugte Risiko der Pandemie, wird als eine unaus- weichliche Naturgewalt interpretiert, in der der Tod ein natürliches Schicksal ist (vgl. Amlinger/Nachtwey 2022: 267). Während vulnerable Gruppen also kaum Beachtung finden, werden indes die Rechte schwacher Minderheiten, vor allem die der Kinder, gegenüber der Regierung eingeklagt. In der Allegorie des Kindes verdichtet sich ein Natürlichkeitsideal, das als »moralische Waffe« den eigenen Ansichten Glaubwürdigkeit verleihen soll (vgl. Schmincke 2015). Seine Unschuld und körperliche Unversehrtheit müsse gegen staatliche Eingriffe geschützt werden, wofür oft eine drastische Rhetorik verwendet wird. Von der »Traumatisierung der Kinder« (Höhne 2020: 5) ist ebenso die Rede wie vom »Quälen« der Kinder an Schulen und in Kindergärten durch die Maskenpflicht und Abstandsregeln (DW, o.V. 2020d: 4). Problematisch ist hier weniger das Anliegen, das Kindeswohl zu schützen (waren die physischen und psychischen Belastungen für Kinder tatsächlich enorm und Carolin Amlinger | 85 der Nutzen der Maßnahmen fragwürdig), sondern dessen projektiver Charakter: Die eigenen aversiven Affekte werden auf die Lebensrealität der Kinder übertragen (vgl. Amlinger/Nachtwey 2022: 265). Schluss Erinnert man sich abschließend an die kulturanalytische Diagnose, die Verschwörungs- theorien als eine dysfunktionale Artikulation von sozialen Missständen interpretierte, so lassen sich auch die heterodoxen Wissensformen als eine Rechtfertigung einer »Anti- Politik« (de Saint-Victor 2015: 10) interpretieren. Solche Protestbewegungen stellen die Institutionen und Verfahren liberaler Demokratien auf radikale Weise infrage, organisieren sich basisdemokratisch und folgen einem plebiszitären Politikverständnis. Allerdings fehlt ihnen, wie Jameson hellsichtig in Bezug auf Verschwörungstheorien beobachtete, ein politisch geteiltes Projekt, deswegen sind sie im wörtlichen Sinne anti-politisch. Nicht nur die interne Zusammensetzung der »Querdenken«-Bewegung verläuft quer zu etab- lierten politischen Lagern, auch ihre Herrschaftskritik synthetisiert alte Gegner sozialer Bewegungen (internationale Bündnisse und Organisationen wie NATO und WHO oder Nationen wie die USA) mit konspirativen Antagonismen (wie der Annahme einer Eliten- verschwörung). Das Bemühen, die Corona-Pandemie kritisch zu analysieren, war bereits zu Beginn mit dem populistisch aufgeladenen Verschwörungsglauben durchsetzt, dass die Pandemie nur ein Vorwand sei, um ›das Volk‹ zu unterdrücken. Vordergründig richtet sich der politische Protest in der Pandemie wie bei einigen sozialen Bewegungen gegen den Staat, aber dieser ist in den Augen der »Querdenken«-Bewegung eine »Diktatur«. Dieses konspirative Wahrnehmungsmuster stiftet neue politische Allianzen. Verschwö- rungstheorien stellen im politischen Konflikt krisenhafter Gegenwartsgesellschaften produktive »Rechtfertigungsnarrative« (vgl. Forst 2013) bereit, die nicht nur Ordnung und Sinn stiften, sondern auch politische Kollektive begründen. Deutlich wird dies, wenn man sich die Entwicklung der Zeitschrift Demokratischer Widerstand anschaut. Die hier vorgestellte Interpretation endet mit den Ausgaben des Frühsommers 2021, also lange bevor Russland am 24. Februar 2022 die Ukraine über- fiel. Auch wenn die Demonstrationen kleiner geworden sind (verschwunden sind sie keineswegs, noch Ende Juli 2022, just als dieser Beitrag finalisiert wurde, zogen rund 1.000 Maßnahmen-Gegner:innen durch Berlin); die Zeitschrift erscheint nach wie vor im wöchentlichen Turnus. Mit der schrittweisen Aufhebung der Pandemie-Regelungen erweitern sich die Protestanliegen: »Auf die innere Formierung der Gesellschaften mit der Fake-Seuche folgt die militärische Fixierung auf einen äußeren Feind« (Lenz/Erbasi 2022: 1), heißt es in der ersten Ausgabe nach dem russischen Angriff auf die Ukraine am 05. März 2022, auf deren Titel ein großes Z prangt, das russische Symbol der Kriegs- befürworter. Der Krieg Russlands gegen die Ukraine sei eine Ablenkung von den Folgen der Coronapolitik. Zwar wird der russische Angriff (anders als in breiten Teilen der »Querdenken«-Bewegung; vgl. Reveland/Siefert 2022) als »völkerrechtswidrig« benannt, aber gleichzeitig wird die Ukraine-solidarische Friedensbewegung als eine »Moral-Por- nografie« zur Ruhigstellung der Massen interpretiert (ebd.: 4). Es ist also möglich, dass sich in kommenden Krisen jene queren Formen heterodoxen Wissens gerade durch ihre inhaltliche Flexibilität weiter artikulieren werden. 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