Beinsteiner, AndreasGrünberger, NinaHug, TheoKapelari, SuzanneLeschke, Rainer2023-08-302023-08-302023https://mediarep.org/handle/doc/21178Die Medienwissenschaften gehören zu den wenigen Disziplinen, an deren Beginn die Verachtung oder zumindest die Kritik ihres Gegenstandes stand. Die Beschäftigung mit den Medien gehorchte über weite Strecken einem deutlich kritischen Impuls, sie war motiviert im apokalyptischen Diskurs über einen durch Massenmedien verursachten kulturellen Niedergang und getragen von dem Versuch, diesen mit allen Mitteln zu verhindern. Wissenschaftlich alles Andere als überzeugend und getrieben von einem geradezu unerschütterlichen normativen Bewusstsein wurden unter dem Rubrum Ideologiekritik Verdammungsurteile quasi in Serie gefällt. Resultat waren Entlarvungsrituale, die mit enormer Zuverlässigkeit das Erwartbare bestätigten und so zu erstaunlich geringen Erkenntnissen führten. Die Cultural Studies setzten diesen Gestus mit gebremsten Schaum und ziemlich überschaubaren normativen Inventaren fort. Die notorische Echauffiertheit der Kritischen Theorie und der Cultural Studies wich nur allmählich einer vergleichsweise schnell vorübergehenden Phase einigermaßen rationaler Auseinandersetzung mit dem Objekt. Der normative Impuls jedoch erwies sich als erstaunlich zäh und überlebensfähig: Die kategorische Kritik schlug um in einen kaum minder blinden Positivismus, der noch die simpelsten ästhetischen Kabalen medienindustrieller Produktionsformen zu feiern sich anschickte und zugleich sich jeglichen kritischen Reflex versagte. Die Heroisierung selbst der banalsten medialen Praxisformen passt nur zu gut zu solch gnadenlosem Positivismus. Dass dann dieser wiederum in eine ebenso blind laufende Kritik umschlagen konnte, verwundert schon weniger, gehört das Ganze doch zu jenen theoretischen Mechaniken, die die Medienwissenschaften in ihren Anfängen noch als Ideologieproduktion denunziert hatte. Die beschränkten normativen Inventare der Cultural Studies wurden mit einem normativen Verve und Rigorismus vorgetragen, der unüberhörbar deutlich machen sollte, dass es wirklich um etwas ginge, wie partiell und randständig die jeweiligen Phänomene, für die man die Patronage übernahm, auch sein mochten. Angesichts einer solchen Fachgeschichte ist es dann ausgerechnet wieder Kritik, die Not tut – nun allerdings eine Kritik der eigenen Normativität.deuIn CopyrightMedienwissenschaftenKritikTheorieCultural Studies300600Kritik als Theorieform. Von der Kritischen Theorie zur Cancel Culture10.25969/mediarep/19966978-3-99106-086-4