2020/1 — SPIEL|MATERIAL
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- ArticleLudo Labo Literacy. Papphäuser, Bauhäuser und der Versuch einer medienpädagogischen SelbstentfaltungSchmidt, Hanns Christian (2020) , S. 161-177Was hat das Bauhaus mit Nintendo Labo und der Maker-Bewegung zu tun? Der Text stellt eine medienpädagogische Spurensuche dar. Dabei geht er der Frage auf den Grund, inwiefern die Materialstudien am Bauhaus – insbesondere im Vorkurs – als Experimentierfeld verstanden wurden, um reformpädagogische Ansätze zu erproben und weiterzuentwickeln. In diesen Prozess schreiben sich bestimmte Ideale und Wertvollstellungen ein, die wir bis heute nicht nur in sogenannten Pioniergemeinschaften wie der Maker-Bewegung ausmachen können, sondern auch zentraler Bestandteil eines Educational Game wie Nintendo Labo sind, bei dem wir die Bestandteile der Nintendo-Spielekonsole mit Pappbausätzen einbauen sollen. An diese Untersuchungen schließen sich Überlegungen hinsichtlich einer Literalität des Spiel(en)s an, die hier in Grundzügen skizziert wird. Dabei treten drei Aspekte in den Vordergrund: (1) die Absage an althergebrachte pädagogische Ansätze, (2) eine grundsätzliche Re-Evaluation der Möglichkeiten und die radikale Vereinfachung des künstlerischen Materials sowie (3) ein experimenteller, spielerischer Zugang, der explizit einen konstruierenden Charakter aufweist.
- Article›Lyonel Feiningers Block-Eisenbahn, International. Modellgetreu. Unzerbrechlich‹. Material- und Farberfahrungen durch Spielzeug als Lernmaterial am BauhausScheffler, Ina (2020) , S. 179-191Lyonel Feininger, entwarf eine Block-Eisenbahn, deren Haupteigenschaften Internationalität, Modelltreue und Unzerbrechlichlichkeit waren. Material- und Farberfahrungen durch Spielzeug wurden im Kontext des Bauhauses in unterschiedlichen Kontexten thematisiert. Sie wurden sowohl als Lernmaterial ernstgenommen und in verschiedenen Zusammenhängen entwickelt, diskutiert und kommerzialisiert, stellten aber in der Lehre vor allem eine Gestaltungsaufgabe dar. Feininger, als einer der ersten Meister 1919 ans Bauhaus berufen, nutzte den Begriff des ›models‹, Englisch für Modell, einen Begriff, der die objekthafte Repräsentation eines Objekts und all seiner physischen Eigenschaften umfasst, gleichzeitig aber eine nicht exakte Reproduktion darstellt, sondern vielmehr zentrale Eigenschaften abstrahiert und unter Umständen auch herausstellt. Diese Verhandlung und Umwälzung des Originals zeigt exemplarisch wie Spielzeug im Verhältnis zu pädagogischen und didaktischen Denkfiguren gesetzt werden kann und in seiner Bedeutung und Innovationskraft ernst genommen wurden.
- Journal IssueNavigationen: Spiel|Material(2020)Spiele finden weder im luftleeren Raum einer als immateriell angenommenen Virtualität statt, noch innerhalb von Zauberkreisen, die klar von den sie umgebenden Produktions- und Lebensverhältnissen zu trennen sind. Wie aber sehen die materiellen Bedingungen aus, unter denen sie hergestellt, genutzt und in weitere Professionalisierungs- und Verwertungskontexte integriert werden? Um diese Frage zu beantworten, bündelt die von der Siegener GamesCoop konzipierte Ausgabe Spiel|Material aktuelle Arbeiten aus der deutschsprachigen Spielforschung, die das komplexe Verhältnis von Spiel und Material aus verschiedensten Perspektiven beleuchten. Sie schafft so Anschluss an den im angloamerikanischen Raum ausgerufenen ‚Material Turn‘ der Game Studies, berücksichtigt dabei aber explizit auch analoges Spielgerät. Mit den versammelten Beiträgen setzt der Band Schwerpunkte in den Bereichen Design und Fanproduktion, Interfaceforschung, Verwertung von Spiel- und Datenmaterial, Medienpädagogik und Kunstgeschichte. Dabei werden die Verhältnisse von Material, Form und Regelwerk sowie von Arbeit und Spiel diskutiert.
- ArticlePapier und Polygon. Theming und Materialität in Game Studies und Game DesignRaczkowski, Felix (2020) , S. 21-33Der Artikel setzt sich mit einer in den frühen Game Studies weitverbreiteten Annahme vor dem Hintergrund gegenwärtiger Design-Praktiken auseinander. Die Frage der Materialität des Spiels, so wird argumentiert, stellt sich auf zwei Ebenen. Erstens hängt sie mit der These der ›Themeability‹ von Spielen zusammen, derzufolge die Repräsentationsebene (das Spielmaterial, die Grafik) jedes Spiels austauschbar sei. Dieses Argument für eine regel- und systemfokussierte Spielforschung (Ludologie) gilt zwar inzwischen als widerlegt, bildet aber zugleich die implizite Bedingung der Game-Design-Praktik des ›Paper Prototyping‹, bei dem einzelne Spielelemente digitaler Spiele in analoger Form zu Testzwecken improvisiert werden. Diese Design-Praxis gilt es dann zweitens ebenfalls im Hinblick auf die Materialitäten (Papier, Post-Its, Würfel, Knete etc.) zu befragen, die in ihr zum Tragen kommen.
- ArticleQuantified Gaming. Praktiken und Metriken des verdateten SpielsAbend, Pablo; Kanderske, Max (2020) , S. 71-92Im Bereich spezialisierter Gaming-Hardware finden sich zunehmend Produkte, die neben einer hohen Eingabepräzision auch Self-Tracking-Funktionen versprechen, d.h. eine auf die eigenen Spielhandlungen gerichtete Quantifizierungsleistung erbringen sollen. Der Beitrag verortet diese Entwicklungen am Schnittpunkt der Quantified-Self-Bewegung mit der Tradition spielerischer Selbstvermessung und nimmt sie zum Anlass, die Frage nach der Verdatung von Spielpraktiken im Allgemeinen aufzuwerfen: Was tun Spieler*innen und Herstellerfirmen mit den innerhalb von Spielen bzw. in Bezug auf Spiele generierten Daten? Welche Formen des Umgangs mit den Spielen, Daten und anderen Spieler*innen prägen sich aus? Anhand einer Untersuchung der Praktiken des Sequenzierens, des Protokollierens/Verrechnens und des Sichtbarmachens sowie der materiellen Gegebenheiten, zu denen diese Praktiken eine wechselseitige Beziehung unterhalten, werden dabei drei zentrale Motive des quantifizierenden Spielens identifiziert: die Herstellung individueller Performanzkarrieren, die einerseits unter dem Aspekt der Affektmodulation, andererseits im Hinblick auf eine mögliche Professionalisierung des eigenen Spielens zu sehen sind; Quantifizierungspraktiken, die je nach Kontext kompetitive Vergleichbarkeit oder kooperative Spielbewältigung ermöglichen; und die Aneignung von Spielräumen und -zielen durch Festlegung eigener Erfolgsparameter seitens der entsprechenden Praxisgemeinschaften.
- ArticleSpielende postdigitale Körper. Potentiale ortsbasierten Mobilspiels für die Reflexion von Mensch-Technik-HybridenAckermann, Judith (2020) , S. 53-69Im Zentrum des Artikels steht das Konzept des postdigitalen Körpers, welches den Status des Menschen nach der Digitalisierung und die vielfältigen Verschmelzungen zwischen Lebewesen und Technik beschreibt. Vollständig nicht-digitale Erfahrungen sind kaum mehr möglich, das Hybride ist zum Normalzustand geworden. Allein das Smartphone erzeugt beständig neue Koppelungen zwischen digitalen und physischen Ebenen, die über den Körper als Interface verbunden werden. Anwendungen, die diese Verkoppelungen adressieren, verfolgen menschliche Aktivitäten zum Teil, um sie besser verstehen zu können, gestatten aber auch Eingriffe in und Anstöße für spezifische Handlungsweisen. Letzteres ist im LBMG (Location Based Mobile Game) der Fall, welches auf Basis der Spielregeln, Menschen dazu bringt, sich an bestimmte Orte zu begeben und spezifische Handlungen auszuüben. Der postdigitale Körper wird so zum Spielmaterial, wenngleich die digitale Orchestrierung meist unbewusst bleibt. Am Beispiel künstlerischer LBMGs wird gezeigt, wie diese die Chance bieten, den postdigitalen Körper haptisch erfahrbar zu machen, kritisch zu reflektieren und zu einem bewussteren Umgang mit entsprechenden Technologien zu führen.
- ArticleSpiel|Material. Zur EinführungClüver, Claudius; Kanderske, Max; Schemer-Reinhard, Timo; Walsdorff, Finja (2020) , S. 7-20
- ArticleSteam und die Plattformisierung virtueller Güter. Eine Analyse der Waffenskin-Ökonomie in COUNTER STRIKE: GLOBAL OFFENSIVEGlaser, Tim (2020) , S. 111-131Zufallsbasierte Belohnungsmechanismen, wie Lootboxes, Crates oder Cases, werden in den letzten Jahren verstärkt von Computerspiel-Firmen implementiert, um zusätzliche Inhalte zu monetarisieren. Zunehmend werden diese Mechanismen kritisiert, insbesondere als digitale Form von Glücksspiel. In diesem Zusammenhang sind bereits verschiedene psychologische und soziologisch-empirische Studien durchgeführt worden. Dieser Artikel betrachtet das Phänomen jedoch aus einer medienökonomischen und kulturwissenschaftlichen Perspektive. Analysiert wird dabei, inwieweit zufallsbasierte Belohnungsmechanismen als Plattformisierung (nach Helmond, Niebog und Poell) von Spielkultur betrachtet werden kann. Beispielhaft wird dies anhand der Waffenskin-Ökonomie in COUNTER STRIKE: GLOBAL OFFENSIVE verhandelt. Diese Ökonomie besteht aus virtuellen Gütern (Skin Cases), die erworben, getauscht und gehandelt werden können. Zusätzlich wird die Arbeit von Nutzer_innen kommodifiziert, einerseits bei der Erstellung von User Generated Content (Modding) und anderseits bei der Verbreitung und Bewertung der Inhalte über die Plattform Steam. Die Waffenskin-Ökonomie ermöglicht es somit, die Verstrickung von Arbeit, Spiel und Ökonomisierung in den Blick zu bekommen.
- ArticleVergütungsinteressen in Fan-Gemeinschaften. Eine Analyse der Bethesda-Modding-SzeneWalsdorff, Finja (2020) , S. 133-146In Zeiten digitaler Vernetzung werden fankulturelle Aktivitäten sichtbarer, sind leichter zugänglich und avancieren so zum Massenphänomen. In Online-Communities tauschen Fans sich über Medientexte aus und produzieren daran angelehnte, derivative Werke. Diese inoffizielle kulturelle Produktion findet auch im Kontext des Computerspiels statt. So werden Spiele beispielsweise im Rahmen des Moddings durch kreative Nutzer/innen ergänzt oder verändert. Es handelt sich dabei um eine Medienpraktik, die – wie auch viele andere fankulturelle Aktivitäten – größtenteils als Freizeitbeschäftigung ausgeübt wird. Die daraus resultierenden Modifikationen (Mods) werden in aller Regel kostenlos im Internet zur Verfügung gestellt. Unter Modderinnen und Moddern lassen sich aber auch zunehmende Professionalisierungstendenzen und kommerzielle Bestrebungen beobachten. Der Beitrag nimmt diese Entwicklung in den Blick und geht der Frage nach, welche Rolle Vergütungsinteressen für die Mitglieder der Modding-Szene spielen.
- ArticleWenn NPCs zu Spielfiguren werden. Eine Medienentwicklung und ihre kommerzielle TransformationKaiser, Svenja (2020) , S. 147-160Avatare und NPCs in Computerspielen haben ihre eigene feste Aufgabe und Rolle innerhalb des vom Spiel festgelegten Universums. Sie lassen sich nicht physisch greifen und weiterverarbeiten, wie etwa die Figuren eines Monopoly-Spiels. Dennoch lässt sich beobachten, dass Fans bestimmter Computerspiel-Reihen, wie etwa DRAGON AGE, die Charaktere des Spiels aus ihrem Kontext nehmen und sie weiterverarbeiten. Dies geschieht nicht nur in Form von Fanfiction – sondern ebenfalls in Form von kurzen Comics und Fandiskussionen, welche zum Teil sogar eine Abneigung gegenüber dem eigentlichen Spiel ausdrücken. Charaktere müssten vor dem Computerspiel sprichwörtlich gerettet werden. Vor allem die Form der von den Fans produzierten Kunst, welche sich mit den Charakteren auseinandersetzt, wird mitunter kommerziell vertrieben. In einer ethnografischen Beobachtung soll sich die Art und Weise der Spieler*innen angesehen werden in welcher sie NPCs und Avatare weiterverarbeiten, sowie die Gründe und Vorgehensweisen des kommerziellen Vertriebs von Fans für Fans.
- ArticleWürfel, Karten und Bretter. Materielle Elemente von Spielen und der Begriff der SpielformClüver, Claudius (2020) , S. 35-52An der Untersuchung von Würfel-, Karten- und Brettspielen zeigt sich, dass ähnliche materielle Objekte sowie die ihnen anhaftenden spezifischen Attraktionsmomente auch ähnliche Spiele herausfordern. Diese Objekte besitzen also die Affordanz, jene Spiele mit ihnen zu spielen. So bieten Würfel sich für Spiele mit starker Zufallskomponente an, Kartenspiele erfahren einen Wandel vom glücks- zum fähigkeitsbasierten Spiel während die ihnen zugrundeliegenden mathematischen Prinzipien erschlossen werden, und Bretter laden aufgrund ihrer geometrischen Flächen zum Wettbewerb um den so aufgespannten Raum ein. Auf Basis dieser Befunde schlage ich für diese Objekte den Begriff der Spielform vor, die sich dadurch auszeichnen, dass sie stabil, wiedererkennbar und funktional auf das Spiel bezogen sind. Neben diesen objekthaften Spielformen können auch Praktiken wie Gesten oder mit Spielen in Verbindung stehende Infrastrukturen Formcharakter besitzen. Treten mehrere Spielformen zusammen und trägt die Verbindung wiederum formhafte Züge, ist also ebenfalls stabil, wiedererkennbar und funktional, so spreche ich von Spielformaten, etwa von Brett- oder Kartenspielen, die auf ein gemeinsames Formeninventar zurückgreifen. In moderneren Spielen ist es üblich, das gesamte spielerische Formeninventar frei zu kombinieren, wogegen starke Formatgrenzen für traditionelle Spiele kennzeichnend ist.
- ArticleZur Verdinglichung von Spielkultur am Beispiel des Teilens. Oder: Wie aus vielen sozialen Praktiken ein einzelner Knopf wurdeSchemer-Reinhard, Timo (2020) , S. 93-110Mit dem PS4-Game-Controller DualShock 4 führte Sony 2013 ein neues Interface-Element ein: einen eigenen Share-Button. Der Artikel erschließt anhand dieses Buttons zwei thematische Felder und führt sie zusammen. Zum einen wird der Button als grundlegendes Interfaceelement erarbeitet. Dabei wird gezeigt, dass technisch vermittelte Vorgänge, die durch Buttons ausgelöst werden sollen, eine starke Prägnanz und einen hohen Enkulturationsgrad aufweisen müssen. Zum anderen wird Teilen als veränderliche soziale Praktik erschlossen. Es wird gezeigt, wie sich Teilen unter den Bedingungen digitaler vernetzter Medien im Allgemeinen und im Kontext von Spielen und Games im Besonderen verändert und ausdifferenziert hat. Die erfolgreiche Einführung des PS-4-Share-Buttons zeigt vor diesem Hintergrund, dass Teilen im Kontext digitaler Spiele den Grad an Prägnanz und Enkulturation erreicht hat, der für die Funktionsweise von Buttons notwendig ist.