2010/1 ‒ Materialität | Immaterialität
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- ArticleMaterialität | Immaterialität. Einleitung in den SchwerpunktHoll, Ute (2010) , S. 10-13Nachdem Medienwissenschaft ihre periphere, parasitäre und produktive Position zu anderen Disziplinen der Geistes- und Kulturwissenschaften zunächst dadurch markierte, dass sie die Materialität der Medien als Aufschreibesysteme, Träger und Transformatoren in den Blick rückte, differenzierten neuere Ansätze das Modell eines «Dazwischen», eines selbst nicht wahrnehmbaren Diaphanen aus. In der Genealogie der Trancemedien wiederum wurde das Immaterielle einer Funktion oder eines Kräfteverhältnisses in den Blick genommen, das Wahrnehmungseffekte im Verhältnis zu Medieneffekten untersucht, wobei genau die Kluft zwischen beiden konstitutiv für mediale Theorie wäre.
- ArticleMigration der Daten, Analyse der Bilder, persistente ArchiveGschwind, Rudolf; Rosenthaler, Lukas; Holl, Ute (2010) , S. 103-111
- ArticleMehr denken als experimentieren. Bilder der NeurowissenschaftJäncke, Lutz; Burri, Regula Valérie (2010) , S. 112-119
- ArticleUn/mediales Reales. Über militärische Simulation und TraumReiche, Claudia (2010) , S. 121-129An computergrafisch realistischen Kriegsdarstellungen gegenwärtiger und zukünftiger ‹Theaters of War› fällt insbesondere beim Quellenmaterial aus US-amerikanischen Kontexten eine eigene unwirkliche, immer wieder entgleitende Qualität auf, die als Form der ‹information warfare› selbst Aufmerksamkeit fordert. Beispiele reichen von Schlachtfeldkonzeptionen als Simulationsraum einer ‚total virtual reality', online Computer-Shooter-Games der US-Army, neuronaler Steuerung von Waffensystemen durch Bomberpiloten oder bis zur Psychotherapie von Kriegstraumatisierten mit immersiven Kriegsszenarien. Wie wird im digitalen Medium ein vereinheintlichtes Feld von so genannter Virtualität und Realität bildgebend inszeniert? An Beispielen, wie dem DARPA-Projekt Advanved Biomedical Technology und dem Visible Human Project lässt sich die Vorführung eines rigorosen Schlafschutzes des (kapitalistischen) Traums analysieren, der vor Begegnungen mit dem Realen (Lacan) sich zu schützen sucht. Es geht darum mithilfe von „ein kleinwenig Realität“ (Lacan) in diesem Traum die un/mediale Grenze zwischen militärischer Simulation und Traum auszuloten.
- ArticleDer Akku der Kritik. Bildungsproteste und verteilte HandlungsfähigkeitHolert, Tom (2010) , S. 131-134
- ReviewReading Contemporary Television, das Ende der Kunst und die Krise des FernsehensSchwaab, Herbert (2010) , S. 135-139Besprochene Bücher: Kim Akass, Janet McCabe (Hg.), Reading Sex and the City, London, New York (I. B. Tauris) 2004. Kim Akass, Janet McCabe (Hg.), Reading Six Feet Under. TV to Die For, London, New York (I. B. Tauris) 2005. David Lavery (Hg.), Reading the Sopranos. Hit TV from HBO, London, New York (I. B. Tauris) 2006. Kim Akass, Janet McCabe (Hg.), Reading Desperate Housewives. Beyond the White Picket Fences, London, New York (I. B. Tauris) 2006. Kim Akass, Janet McCabe (Hg.), Reading the L Word. Outing Contemporary Television, London, New York (I. B. Tauris) 2006. Steven Peacock (Hg.), Reading 24. TV Against the Clock, London, New York (I. B. Tauris) 2007.
- ReviewMedia Globalization in Question. Ein soziologischer Blick auf medienhistorische Beiträge zur GlobalisierungsforschungWerron, Tobias (2010) , S. 140-143Besprochene Bücher: Kai Hafez, The Myth of Media Globalization, London (Polity) 2007. James Schwoch, Global TV. New Media and the Cold War, 1946–1969, Champaign (University of Illinois Press) 2009. Dwayne R. Winseck, Robert M. Pike, Communication and Empire. Media, Markets, and Globalization, 1860–1930, Durham (Duke University Press) 2007.
- ReviewBildwissenschaften lehrenHanke, Christine (2010) , S. 144-148Besprechung von: Horst Bredekamp, Birgit Schneider, Vera Dünkel (Hg.), Das Technische Bild. Kompendium zu einer Stilgeschichte wissenschaftlicher Bilder, Berlin (Akademie Verlag) 2008. Matthias Bruhn, Das Bild. Theorie – Geschichte – Praxis, Berlin (Akademie Verlag) 2009. James Elkins, How to Use Your Eyes, New York, London (Routledge) 2000.
- ArticleGeometrie als Schreibmedium bei Paul ValéryKrauthausen, Karin (2010) , S. 15-23Der Beitrag untersucht den Einfluss der nicht-euklidischen Geometrie und Analysis situs des 19. Jahrhunderts auf die Cahiers des Schriftstellers Paul Valéry (1871–1945). Dabei geht es zum einen um den Modellcharakter der Geometrie, deren formalisierte Darstellungs- und Argumentationsverfahren Valéry als ideales Denkinstrument und zudem als universell anwendbares Schreib- und Zeichenmedium erscheinen. Dieses Modell eines formalisierten Denkens und wirkmächtigen Schreibens und Zeichnens sucht er durch Übung in seiner eigenen Schreibpraxis zu implementieren. Doch muss Valéry im Lauf von über 50 Jahren Cahiers erkennen, dass die tägliche Schreibpraxis nicht ein mathematisches Schreibregime verwirklicht, sondern ein Schreiben als Selbsttechnik installiert, bei dem allein das Schreiben eine Fortsetzung des Schreibens verlangt.
- ArticleKräftespiel. Zur Dissymmetrie von Schall und WahrnehmungSchäfer, Armin; Kursell, Julia (2010) , S. 24-40Der Beitrag diskutiert das Verhältnis von Akustik, Wahrnehmung und Neuer Musik am Beispiel von Stücken Arnold Schönbergs und Gérard Griseys. Die experimentelle Klangsynthese mit Sinustönen, die Hermann von Helmholtz durchführte, ist der Ausgangspunkt für neue Kompositionsweisen, in denen die physiologische, medientechnische und historische Prägung des Hörens selbst thematisch wird. Die Stücke setzen ein Kräftespiel im Material frei, das mit der Unterscheidung von Klängen und musikalischer Form nicht mehr hinreichend zu beschreiben ist, sondern eine Untersuchung der medientechnisch und experimentell vermittelten Erforschung von Schall und Wahrnehmung erfordert.
- ArticleAm Anfang war das Blackout. Zur Konstruktion des Gedächtnisses in der Erfahrung des FilmsWittmann, Matthias (2010) , S. 41-52Der Beitrag sucht das Verhältnis von Materialität und Immaterialität, Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit entlang Sergej M. Eisensteins Auffassung von Film als Technik der Konstruktion und Uebertragung von Gedanken zu erkunden. Ausgehend von Eisensteins «Kinomorphisierung» (Holl) des Gedächtnisses, wie er sie in seinem Essay Montage 1938 vornimmt, und einer hierfür paradigmatischen Erinnerungssequenz aus Fridrikh Ermlers Film DER MANN, DER SEIN GEDÄCHTNIS VERLOR (OBLOMOK IMPERII, 1929), die ohne Eisensteins Ko-Operation nicht zustande gekommen wäre – wie von O. Bulgakowa herausgearbeitet wurde –, geht es um die Rolle des prä-semantischen Risses respektive Blackouts bei der filmischen «Einbildung» einer Ueberblendung. Darüber hinaus wird der Versuch unternommen, Eisensteins ko-operative Aesthetik mit (a) den Suture-Theorien der 70er zu vernähen, (b) Münsterbergs psychotechnischem Approach zu verschalten sowie (c) mit jenen (im-)material ghosts in Dialog zu bringen, die im postfilmic cinema die Leinwand bewohnen.
- ArticlePara! Epistemologische Anmerkungen zu einem Schlüsselwort der MedienwirkungsforschungHagen, Wolfgang (2010) , S. 53-63Fernsehen: Den Effekt, Gestalten und Gespenstern der massenmedialen Mattscheiben alte Bekannte, Freunde und Feindezu erkennen, also wiederum ein Kraft- oder Machtverhältnis wahrzunehmen, wo nur elektronisch generierte Bildpunkte sind, untersucht Wolfgang Hagen an Praxis und Begriff eines Parasozialen. Dieser Begriff aus der amerikanische Soziologie lässt sich auf C.G. Jungs Konzept der Persona zurück verfolgen und scheint so die Analyse massenmedialen Fernsehbildkomsums mit Studien mediumistischer Trance zu verbinden. Hagen weist einerseits daraufhin, dass bereits bei Jung die technischen Medien hinter den Kulissen okkulter Inszenierungen – und ihrer wissenschaftlichen Analyse – verborgen wurden. Andererseits zeigt er, dass das Para- der Massenmedien nicht in einem quantitativ nachweisbaren Stimulus-und-Response Modell erfasst wurde sondern bereits in den fünfziger Jahren Fernsehforschung von komplexen psychosozialen Dispositionen ausging.
- ArticlePsichon. Das Medium der SowjetmachtVelminski, Wladimir (2010) , S. 64-71Der Artikel entdeckt in Hypnose-Sendungen des Russischen Fernsehens der 1990er Jahre deren Genealogie in einer Geschichte sovietischer Experimentalkultur im Feld des Elektromagnetismus. Bereits die russischen Reflexologie hatte, als biologische Kommunikation, Biologičeskaja svjaz′ dejstvuet, Möglichkeiten einer transmaterialen Übertragungen von Gedanken in Erwägung gezogen. Im Hiatus von Materialität und Immaterialität, in Modellen der Übertragung durch Strahlenenergie, Radiowellen, elektromagnetischen Felder, erweisen sich Experimente sovietischer Neurophysiologie, ebenso wie die der sovietischen Avantgarden und der physiologischen Kybernetik als Vorläufer der Medienwissenschaft. In dem Maße, wie solche Modelle politische Utopien realisieren sollten, gehören sie, konkreter , auch zur Wissens- und Politikgeschichte der Massenmedien.
- ArticleDer Geist des Flugzeugs. Bemerkungen zu einer Ästhetik des «Dazwischen»Behrend, Heike (2010) , S. 72-78Der Beitrag untersucht die Dialektik von «Vergeistigung» und «Materialisierung» am Beispiel von afrikanischen Geistmedien. Dabei interessiert besonders die Kluft oder Zäsur, die sich zwischen Materialität und Geist auftut und eine spezifische lokale Ästhetik des «Dazwischen», des Medialen, provoziert. In der Performanz extremer Bewegungen (Sprünge, Wirbel u.s.w.) sowie im performativen Wechsel von Eigen- zur Fremdbewegung werden die Übergänge vom Körper des Mediums zum Geist vollzogen. Vor diesem Hintergrund ließe sich die Ästhetik des «Dazwischen» vor allem als eine Ästhetik der Bewegung beschreiben, die zwischen Fremd- und Eigenbewegung oszilliert.
- ArticleDie Insel als Kulturtechnik. (Ein Entwurf)Meynen, Gloria (2010) , S. 79-91Der Beitrag nimmt zwei verschiedene Weisen, die Welt zu entwerfen in den Blick: Die Medien und Praktiken der Abstraktion und Generalisierung untersucht er als Kulturtechniken des Plurals und setzt sie von einem Detailblick, den Kulturtechniken des Singular, ab. Was kann man sehen, wenn ein Ding dem anderen gleicht? Was fällt in den Blick, wenn jedes Ding nur einmal auf der Welt zu existieren scheint? Wie kann man sprechen, wenn jeder Gegenstand auf einer einsamen Insel wohnt? Zwischen Universalsprache und Privatsprache verläuft eine Grenze, die dieser Beitrag an paradigmatischen Beispielen skizziert. Er diskutiert mit einem mikroskopischen Blick auf die Medien des Entwerfens, wie unter verschiedenen historischen Bedingungen aus den Fluten der Gleichförmigkeit das Interesse an der Abweichung, dem Fehler und dem Neuen auftaucht.
- ArticleSammlung Drobbe. Dokumente einer OpernliebeWinckler, Eva; Peters, Kathrin (2010) , S. 92-101In den 1980er Jahren besuchte Traudlinde Drobbe regelmäßig und sehr begeistert die Deutsche Oper Berlin. Sie sammelte Autogrammkarten, fotografierte die Sänger und Sängerinnen am Bühneneingang und verwahrte die Programmhefte. Ein Konvolut von fast 3.000 Fotografien und Schriftstücken kam so zusammen, das Drobbe in Aktenordnern und Karteikästen nach einem eigens entwickelten Ordnungsprinzip sortierte. Eva Winckler hat die als Nachlass an die Deutsche Oper gegangenen Dokumente gesichtet und die Fotografien, Briefe und Zettel mittels gleich mehrerer Register erschlossen. In der «Bildstrecke» ist ein Ausschnitt aus dem von Winckler erstellten Bildverzeichnis zu sehen, das alle Fotografien Drobbes nach den Namen der abgebildeten Opernstars alphabetisch aufführt.
- Journal IssueZeitschrift für Medienwissenschaft. Heft 2: Materialität | Immaterialität(2010)Nachdem Medienwissenschaft ihre periphere, parasitäre und produktive Position zu anderen Disziplinen der Geistes- und Kulturwissenschaften zunächst dadurch markierte, dass sie die Materialität der Medien als Aufschreibesysteme, Träger und Transformatoren in den Blick rückte, differenzierten neuere Ansätze das Modell eines »Dazwischen«, eines selbst nicht wahrnehmbaren Diaphanen aus. In der Genealogie der Trancemedien wiederum wurde das Immaterielle einer Funktion oder eines Kräfteverhältnisses in den Blick genommen, das Wahrnehmungseffekte im Verhältnis zu Medieneffekten untersucht, wobei genau die Kluft zwischen beiden konstitutiv für mediale Theorie wäre. Materialität und Immaterialität des Medialen sind in den Texten des vorliegenden zweiten Heftes der Zeitschrift für Medienwissenschaft keineswegs als Opposition begriffen, sondern als Verhältnis, das Wahrnehmungen generiert – und Wahrnehmungen, die aus der Perspektive von Mediengeschichten wiederum Wissensformationen in Frage stellen. In den Differenzfunktionen von Physis|Psyche, Transzendenz|Immanenz, Präsenz|Absenz, Sinn|Sinnlichkeit, Medium|Form oder einfacher, wie es Aristoteles für die Seele vorschlägt: Schlaf|Wachen, ist es der Schnitt selbst, ein epistemologisches Unding, von dem her sich ein Anfang medientheoretischen Denkens, medialer Historiografie und auch eine Politik und Poetologie der Massenmedien rekonstruieren lässt. Doch mit dem Vergnügen, dass etwas funktioniert, sich überträgt, klappt, geht immer auch die Erfahrung einher, dass etwas unter historischen Dispositiven zusammenklappt. Die Texte dieses Schwerpunktheftes setzen sich mit jeweils spezifischen Kulturtechniken als medialen Praktiken auseinander: Schreiben als écriture, Klangerzeugung als Schallanalyse, Filmmontage als Erinnerungssynthese, Fernsehen als Sozialisierungswahn, Verstehen als Übertragen und zuletzt: Entwerfen als Singularisierungsverfahren. Die AutorInnen der Texte widmen sich den Dingen, »denen die Anstrengungen des Wissens« (Rheinberger) gilt, und zeigen, als was ihnen zuvor die Anstrengung der Wahrnehmung gelten muss: als Wahrnehmung jenseits symbolischer Matrizen.