2006
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- ArticleBöhmischer KlangKrause, Daniel (2006)Könnte ein Instrument den Klang eines Orchesters charakterisieren – für die Bamberger Symphoniker, vormals „Deutsche Philharmoniker in Prag“, wäre die Bratsche zu nennen: Sie scheinen heller timbriert als alteingesessene deutsche Ensembles, doch matter, weniger seidig und strahlend als Wiens und Dresdens Opernorchester. Ihr Streicherklang ist füllig, wohlfokussiert. Gerundet, voll Wärme das Blech. Beseelt, voller Zartheit der Holzbläserton. Ihr Spiel ist frei von Tiefsinnsprätentionen, von virtuoser Gefallsucht und Frivolität. Es ist ganz Herzlichkeit. Darin liegt sein böhmisches Wesen. In Smetanas „Verkaufter Braut“ kommt seine Eigenart zur Entfaltung: Seit vierzig Jahren ist Kempes Bamberger Aufnahme das Maß aller Dinge im tschechischen Repertoire.
- ArticleBösendorferKrause, Daniel (2006)Mit aggressiven Methoden hat Steinway den Weltmarkt erobert, die Vielfalt der Timbres vernichtet. Das ganze Repertoire, ob Bach, ob Boulez, wird im stählernen Steinwaysound exekutiert. Der glockenklare Bösendorfer, für Mozart und Schubert geschaffen, die farbige Zartheit des Bechstein, sie finden kaum noch Gehör: Globalisierung der Klänge.
- ArticleCelibidacheKrause, Daniel (2006)Ein Missverständnis: Musik ist Ausdruck. Die Widerlegung: Celibidache. Die meinen, Musik stellte dar, als Sprache der Seele, verhöhnt er: Mag sein, Mahler spricht für die Menschheit, aber er spricht. Musik ist ein Jenseits der Zeichen, pythagoreisch: harmonia mundi, die inneren Proportionen der Welt. Musizieren: praktische Ontologie. Daher die Ahnung beim Hören: So ist es. Es geht in Musik, mit Heideggers Worten, um das „Ereignis“: Eines wird Anderes. Eines und Anderes sind immer schon eins. So offenbart sich, „was die Welt zusammenhält“.
- ArticleDresdens KlangKrause, Daniel (2006)Dresdens größtes Geschenk an die Welt ist nicht ein Bauwerk, sondern ein Klang. Die Sächsische Staatskapelle schöpft ihn aus dreierlei Quellen: Sinfonik, Oper und Kammermusik. Ein einziges anderes Orchester pflegt alle drei Repertoires: die Wiener Philharmoniker. Beide Ensembles zeichnet vor reinen Opernorchestern ein Sinn für m u s i k a l i s c h e – nicht nur dramatische – Spannungen aus; allein an s i n f o n i s c h e m Repertoire kann man ihn schulen. Vor Sinfonieorcherstern – auch vor den besten – die Sanglichkeit der Phrasierung und Humanisierung des Klangs: Die O p e r lehrt beide, Balance und Obertonspektrum nach der menschlichen Stimme zu bilden. Ihr Streicherklang strahlt, doch ohne die Kälte Chicagos und Clevelands und Londons grelle Brillanz. Bassschwerer „deutscher Klang“ nach Münchner und Leipziger Art und Amsterdams uferloses Volumen sind Dresdnern und Wienern ebenso fremd. K a m m e r m u s i k lehrt beide Ensembles z u s a m m e n zuspielen, schlacken- und schwerelos, durchsichtig bis ins Detail. Doch einzig den Dresdnern ist religiöse Inständigkeit eigen. Sie verdankt sich dem pietistischen Erbe des Landes. Ihr Musizieren, voll Hingabe, gleicht einem Gebet. „Engelsharfe“ – so nennt sie Wagner. Die Wiener mögen mehr Farben besitzen und Klangphantasie, frivoler und geistvoller agieren – die Dresdner spielen stets wie um Leben und Tod. Ihr Formsinn und Stilgefühl versagt dabei nie. So schaffen sie beides: Transparenz und Ekstase.
- ArticleGibt es unheimliche Musik? Ein AntwortversuchKrause, Daniel (2006)Es gibt das Unheimliche in der Musik – überall dort, wo die Brüchigkeit der musikalischen Weltordnung aufscheint, zumal in solchen Klängen und Modulationen, die de iure unzulässig sind, aber wie nebenbei zu Gehör gebracht werden, als Teil des musikalischen Alltags. Dergleichen ist weit unheimlicher als effektsichere Soundtracks zu Mystery-Filmen und allerlei Kakophonien. Mephisto ist kein Schreihals.
- ReviewJens Malte Fischer: Gustav Mahler – Der fremde VertrauteKrause, Daniel (2006)Unter den musikpublizistischen Neuerscheinungen der vergangenen Jahre hat v.a. eine für Aufsehen gesorgt: Jens Malte Fischers Gustav Mahler: Der fremde Vertraute. Die Rezensionen sind enthusiastisch, zu Recht. Eine profundere Darstellung hat Mahlers Musik, hat sein Leben niemals erfahren – trotz Adorno, Blaukopf, Eggebrecht. Fischer glänzt als Stilist: dass er schreiben kann, haben bereits die Großen Stimmen erwiesen, das deutsche Standardwerk zum Gesang. Kestings Großen Sängern – dem einzigen konkurrenzfähigen Werk – sind sie an sprachlicher Elaboriertheit weit überlegen (zugleich in der Abgewogenheit des Urteils).
- ArticleDie musikalische Verarbeitung des 11. Septembers: Bruce Springsteen, The RisingGläser, Theresia (2006)Der 11. September ist ein nur schwer zu begreifendes, traumatisches Ereignis. Der folgende Beitrag untersucht, inwieweit Musik ein Medium zur Verarbeitung eines solchen Traumas darstellen kann. Bruce Springsteen veröffentlichte 2002 ein Album in diesem Kontext, das sich intensiv mit den Ereignissen um den 11. September auseinandersetzt und das in diesem Beitrag auch durchaus kritisch betrachtet wird.
- ArticleRosenkavalierKrause, Daniel (2006)Richard Strauss hat zwei wertvolle: avantgardistische, neutönende Opern geschrieben, „Salome“ und „Elektra“. Das Spätwerk fällt dem 19. Jahrhundert anheim. Drum ist es künstlerisch ohne Belang. So denken kluge Philister. Aber sind Opern am Fortschritt zu messen? Muss Kunst sich stets um das Neue bemühen? Was, wenn sie aller „Programme“ entsagt – um einer zweiten Leichtigkeit willen? Die abgeklärte Konzilianz des „Rosenkavalier“ folgt Mozarts, des ewig Gültigen, Gesetz.
- ArticleSir Peter’s Glanz und Ende – An der Bayerischen Staatsoper geht die Ära Jonas/Mehta zu EndeKrause, Daniel (2006)Das deutsche Feuilleton ist geneigt, München in allen Belangen zu schmähen. Das gilt für den Fußball, ebenso für die Künste: Ressentiments führen den Rezensenten der FAZ, der WELT, der ZEIT von jeher die Feder. Gewiss, der Reichtum Münchens provoziert. Doch nicht sein Wohlstand hat München zu Deutschlands Metropole der Künste gemacht. Es ist der höfisch-bürgerliche Sinn fürs Schöne, die Sehnsucht nach Vollendung für den Augenblick – man denkt barock. Kein Zweifel: Ein wenig Eitelkeit, fare bella figura, ist stets mit im Spiel. Sie sei dem Münchner Bürgertum gern zugestanden: Es schenkt der Welt ein Opernhaus, das Kennern und Liehabern als eines der ersten auf Erden gilt, zumal nach 13 Jahren der Intendanz Sir Peter Jonas’. Nicht wenige glauben, einzig in München werde Musiktheater im umfassenden Sinne geboten.
- ArticleWiener OperKrause, Daniel (2006)Die größten Häuser: Scala, Colón. Die reichsten: Met, Covent Garden. Die besten Sänger: in Zürich. Die Wiener Oper: das erste und vornehmste Haus. Nirgends ist so viel Geschichte: Von Mahler ging die Moderne aus. Nirgends so viel Begeisterung: Die Stehplatzklientel, 500 Habitués, hört jeden Tag Oper, fünf Dutzend Werke im Jahr. Ihr ist das Leben Klang. Drum gilt sie als wildestes, kundigstes Publikum. Das „Haus am Ring“: theatrum mundi.