2019/2 – Künstliche Intelligenzen
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- ArticleAlexa, optimier mich! KI-Fiktionen digitaler Assistenzsysteme in der WerbungHennig, Martin; Hauptmann, Kilian (2019) , S. 86-94Die Untersuchung betrachtet das Marketing digitaler Assistenzsysteme als kulturellen Speicher von Diskursen, Werten und Normen. Da die Assistenzsysteme Siri, Alexa, Cortana etc. sich kaum durch ihren Gebrauchswert voneinander unterscheiden, ist es die zentrale Aufgabe der Werbekampagnen, jeweils spezifische semantische Mehrwerte an die einzelnen Produkte zu koppeln. Dies wird im Folgenden anhand der bereits in der Nutzungssituation der KI-Assistenten angelegten Themenfelder «Macht» und «Gender» analysiert. Dabei zeigen sich unterschiedliche Strategien der Personalisierung und Intimisierung der Beziehungen zwischen Menschen und digitalen Gegenübern, was letztlich auf ein vernetztes Feld kultureller Bezüge – etwa aus dem Science-Fiction-Film – im Themenfeld der autonomen Maschine verweist.
- ArticleAutonome Trolleys und andere Probleme. Konfigurationen Künstlicher Intelligenz in ethischen Debatten über selbstfahrende KraftfahrzeugeMatzner, Tobias (2019) , S. 46-55Der Text setzt sich kritisch mit Debatten über selbstfahrende Kraftfahrzeuge auseinander, die in Bezug auf sogenannte Trolley Probleme oder andere Dilemmafälle geführt werden. Er zeigt, dass diese Fälle sehr voraussetzungsreich sind. Das verschiebt die Aufmerksamkeit weg von anderen soziale, politische oder ethische Probleme, die mit Einführung autonomer Autos sehr sicher relevant werden oder verändert die Art und Weise, wie auch solche Probleme diskutiert werden. Anschließend analysiert der Text detailliert das in Debatten um autonome Fahrzeuge implizierte Mensch-Technik-Verhältnis. Dazu wird Bezug auf ähnliche Konfigurationen im Bereich autonomer Waffensysteme genommen. Dadurch wird die Idee einer «Ethik als Konfiguration» erzeugt und perpetuiert. Eine ethische und politische Debatte über künstliche Intelligenz müsste hier ansetzen, unter anderem weil dieses Mensch-Technik-Verhältnis ein ethisch korrektes Töten impliziert und problematische Formen kategorisierender und wertender Epistemologien legitimiert.
- Article«Influencing the Machine?» Ein Gespräch über Bots, Kunst und das Erzählen von Geschichten in Zeiten technologischer BeeinflussungNadim, Tahani; Wagner, Neli; Breljak, Anja; Schwinghammer, Christian (2019) , S. 75-85Tahani Nadim und Neli Wagner sind Ko-Kurator_innen der Ausstellung 'The Influencing Machine', die vom 01. Dezember 2018 bis zum 20. Januar 2019 in der neuen Gesellschaft für bildende Kunst Berlin (nGbK) gezeigt wurde. Begleitend dazu haben sie außerdem den gleichnamigen Reader herausgegeben. Hier wie dort beschäftigen sie sich mit Bots, jenen automatisierten Computerprogrammen, die im Hintergrund digitaler Gesellschaften arbeiten und immer mehr Einfluss auf soziales Handeln, ökonomische Prozesse und politische Debatten nehmen. Im Gespräch mit Anja Breljak und Christian Schwinghammer gehen sie der Entstehung der Ausstellung nach, diskutieren die gesellschaftliche Sprengkraft von Bots, die Macht der Erzählung über Technologie und Künstliche Intelligenz und fragen danach, wie sich fassen lässt, was auf den ersten Blick nicht erfasst werden kann.
- ArticleKreativität und Künstliche Intelligenz. Einige Bemerkungen zu einer Kritik algorithmischer RationalitätMersch, Dieter (2019) , S. 65-74Skizziert werden Grundzüge einer «Kritik algorithmischer Rationalität» anhand von Programmen artifizieller Kreativität, wie sie die KI-Forschung vorgelegt hat. Dabei orientieren sich die Überlegungen an einer philosophischen Geltungsreflexion, die weniger bei den informationellen Modellen ansetzt, als vielmehr bei der sie fundierenden Mathematik. Diese führt auf die «Grundlagenkrise» der Mathematik zu Beginn des 20. Jahrhunderts als einer der Anfänge der Computerwissenschaft und insbesondere auf die Gödelschen Unvollständigkeitstheoreme sowie die Gödelsche «Disjunktion» zurück, die eine inneren Grenze der Mathematisierbarkeit des Mathematischen aufzeigen. Diskutiert wird davon ausgehend, wie sich Intelligenz und insbesondere Kreativität zum metaphysischen Projekt einer durchgehenden Mathematisierung und Formalisierung der Welt verhält, wobei am Schluss eine simplifizierende Darstellung von Kreativität und Kunst in KI-Forschungen geltend gemacht wird.
- ArticleKünstliche Intelligenzen. Einleitung in den SchwerpunktErnst, Christoph; Kaldrack, Irina; Schröter, Jens; Sudmann, Andreas (2019) , S. 10-19Medien bilden künstliche Intelligenzen. Denn sie sind immer schon an der Entstehung und Erscheinung, an der Ansicht und den Vorstellungen künstlicher Intelligenzen und ihren Technologien maßgeblich beteiligt. Mit der gegenwärtigen Konjunktur maschineller Lernverfahren und künstlicher neuronaler Netzwerke hat die Bedeutung von Medien – für die Ausbildung und Anwendung von smart machines – noch einmal deutlich zugenommen. Der Schwerpunkt thematisiert, wie diese mediale Dimension bestimmt werden kann in Bezug auf Technologieentwicklung, Ideen- und Wissensgeschichte sowie soziotechnische Imaginationen, die rund um künstliche Intelligenzen entstanden sind.
- ArticleDie Maschine auf der Couch. Oder: Was ist schon ‹künstlich› an Künstlicher Intelligenz?Apprich, Clemens (2019) , S. 20-28Die Ausrichtung künstlicher Intelligenz an der Geschichte der Gehirnforschung, wie sie nicht zuletzt in aktuellen medienwissenschaftlichen Debatten erfolgt, ist zutiefst problematisch. Der in der Neurowissenschaft verankerte Konnektionismus, also die Annahme, dass sich Intelligenz auf ihre hirnphysiologische Verdrahtung reduzieren ließe, erfreut sich mit der Wiederentdeckung künstlich neuronaler Netzwerke großer Beliebtheit. Der Artikel folgt den Spuren einer solch kybernetischen Bestimmung von Intelligenz und stellt ihr zwei Fallstudien aus dem Bereich der computerbasierten Psychotherapie (ELIZA und PARRY) gegenüber. Im Zentrum steht dabei die Frage, inwieweit das mechanistische Weltbild des Konnektionismus zu einer biologistisch verkürzten Vorstellung von Intelligenz führt und wie diese Vorstellung durch eine psychoanalytische Kritik aufgebrochen werden kann.
- ArticleMenschengestützte Künstliche Intelligenz. Über die soziotechnischen Voraussetzungen von «deep learning»Mühlhoff, Rainer (2019) , S. 56-64Die aktuellen Erfolge von Künstlicher Intelligenz beruhen nicht nur auf technologischen Fortschritten, sondern auch auf einem grundlegenden soziotechnischen Strukturwandel. Denn maschinelle Lernverfahren wie Deep Learning benötigen eine große Menge Trainingsdaten, die nur über menschliche Mitarbeit gewonnen werden können. In einer Konvergenz von Methoden der Human-Computer-Interaction und der KI ist in den letzten zehn Jahren eine Fülle von Mensch-Maschine-Interfaces und medialen Infrastrukturen entstanden, durch die menschliche kognitive Ressourcen in hybride Mensch-Maschine-Apparate eingespannt werden. Diese Apparate vollbringen im Ganzen jene Leistung, die als künstliche Intelligenz bezeichnet wird. KI in der damit vorliegenden Form ist somit ein distribuiertes, netzwerkförmiges Phänomen.
- ArticleMenschliche und maschinelle Entscheidungsrationalität. Zur Kontrolle und Akzeptanz Künstlicher IntelligenzKlimczak, Peter; Kusche, Isabel; Tschöpe, Constanze; Wolff, Matthias (2019) , S. 39-45Künstliche Intelligenz (KI) verspricht, Grenzen menschlicher Entscheidungsrationalität zu überwinden. Die aktuell wichtigste Form von KI sind künstliche neuronale Netze (KNN). Sie scheinen der Schlüssel für die Bewältigung und Nutzbarmachung jener Datenmengen zu sein, die mit der ubiquitären Digitalisierung einhergehen. Zugleich stellt die baubedingte Black-Box-Konstruktion von KNN ein zentrales Problem für die Wende hin zu digitalen Kulturen dar: Die Entscheidungen von KNN sind für Menschen notwendigerweise uninterpretierbar. Die derzeit beginnende Entwicklung von Systemen künstlicher Intelligenz, die KI überwachen und ihre Ergebnisse für den Menschen nachvollziehbar machen, ist daher zentral für den Gewinn von Kontrolle über die neuen technischen Systeme. Medienwissenschaftliche Expertise kann zu dieser Entwicklung beitragen. Der Blick in die Technikgeschichte legt außerdem nahe, dass entsprechende Lösungen in einen Kontext von Organisationsbildung und technischer Standardisierung eingebettet sein müssen, der die soziale Akzeptanz der neuen Technologie und der sie verwendenden Organisationen erhöht.
- ArticleMethode als wissenschaftssoziales ProblemVonderau, Patrick (2019) , S. 165-168
- Article«Mind the Game!». Die Exteriorisierung des Geistes ins Spiel gebrachtGramelsberger, Gabriele; Rautzenberg, Markus; Wiemer, Serjoscha; Fuchs, Mathias (2019) , S. 29-38Der Beitrag diskutiert Künstliche Intelligenz im Zusammenhang mit Spielen. Entgegen der Vorstellung von Intelligenz als formalisierbarer und isolierbarer kognitiver Kapazität zeichnet sich bereits jetzt in Ansätzen der KI- und Designforschung die Konzeption einer kollaborativen Exteriorität des Geistes ab. Vorgeschlagen wird eine Perspektive, aus der die Geschichte der KI entlang der durch KI-Forschung in Angriff genommenen Spiele entfaltet werden kann. Spiele, so die leitende These, liefern nicht nur Modelle, Testanwendungen oder Problemstellungen für KI, sondern konstituieren als Computerspiele sozio-intelligente Spielräume, in denen «Intelligence» im epistemisch Zwischenräumlichen kollaborativ ausgehandelt wird. An die Stelle der Frage nach der Künstlichen Intelligenz und ihrer «Künstlichkeit» treten dann die Beobachtung von Spielräumen der gegenseitigen Anteilnahme unterschiedlicher Aktanten, das Interplay und die Performativität von «Artificial Agency».
- Review«Synaptic chips, non-cognizers, and wild minds». Begriffe, Modelle, GeschichtenAngerer, Marie-Luise (2019) , S. 187-192Rezensiert: Steven Shaviro: Discognition, London (Repeater Books) 2016 // N. Katherine Hayles: Unthought. The Power of the Cognitive Nonconscious, Chicago, London (University of Chicago Press) 2017 // Catherine Malabou: Morphing Intelligence. From IQ Measurement to Artificial Brains [Métamorphoses de l’intelligence. Que faire de leur cerveau bleu ?], übers. v. Carolyn Shread, New York (Columbia University Press) 2019 [2017]
- ReviewDie Wiederkehr der Zaubermaschinen. Drei Bücher zur viel diskutierten Disziplin des «machine learning»Kasprowicz, Dawid (2019) , S. 180-186Rezensiert: Adrian Mackenzie: Machine Learners. Archaeology of Data Practice, Cambridge (MIT Press) 2017 // Jan Müggenburg: Lebhafte Artefakte. Heinz von Foerster und die Maschinen des Biological Computer Laboratory, Paderborn (Konstanz University Press) 2018 // Christoph Engemann, Andreas Sudmann (Hg.): Machine Learning. Medien, Infrastrukturen und Technologien der Künstlichen Intelligenz, Bielefeld (transcript) 2018
- Journal IssueZeitschrift für Medienwissenschaft. Heft 21: Künstliche Intelligenzen(2019)Selbstfahrende Autos, humanoide Roboter, adaptive Nanodrohnen oder smarte Supermärkte – KI hat als Technologie, Konzept und soziotechnisches Gefüge Konjunktur. Heft 21 der Zeitschrift für Medienwissenschaft fragt nach dem Verhältnis von Medien und KI – nach der Intelligenz unserer Medien/Umgebungen und den Medien künstlicher Intelligenzen. Welche Medien brauch(t)en künstliche Intelligenzen? Warum kann oder muss eine Kritik der KI mit einer Kritik des neoliberalen Kapitalismus und seines Gesellschaftsmodells verzahnt sein? Wie können die Ansätze der Medienwissenschaft genutzt werden, um den ›bias‹ (race, gender, class) von KI-Systemen und -Praktiken zu analysieren?