2015/2 ‒ Überwachung und Kontrolle
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- ReviewAffekt – Repräsentation – Subjektivation. Eine Sammelrezension oder eine Rezension des SammelnsKöppert, Katrin (2015) , S. 149-152Besprochene Bücher: Amelia Jones: Seeing Differently. A History and Theory of Identification and the Visual Arts, New York (Routledge) 2012 Elspeth H. Brown und Thy Phu (Hg.): Feeling Photography, Durham, North Carolina (Duke Univ. Press) 2014
- ArticleAnti-Genderismus intersektional lesenDietze, Gabriele (2015) , S. 125-127Der Beitrag macht darauf aufmerksam, dass Anti-Genderismus und der damit in Zusammenhang stehende sexuelle Exzeptionalismus intersektional gelesen werden muss. Die Kritik am Anti-Genderismus kann nicht auf einen anti-feministischen Backlash verkürzt, sondern sollte eher als Einigungsformel oder Vergemeinschaftungsmetapher verstanden werden..Innerhalb dieses Diskurses kann man sich auch für «sexuelle Selbstverwirklichung» aussprechen. Es geht dabei aber nicht um die Liebe zur sexuellen Emanzipation, sondern um ihre Potenz als Einwanderungsabwehr.
- Article»Die Auseinandersetzung verlagert sich deshalb immer wieder auf die Frage: Wer kontrolliert wen?«Roth, Anne; Leistert, Oliver (2015) , S. 78-86In diesem Interview spricht Anne Roth, Mitarbeiterin der Fraktion «Die Linke» im Bundestag, über ihre Arbeit im seit dem 3. April 2014 tagenden NSA-Untersuchungsausschuss, der die Kooperation bundesdeutscher Nachrichtendienste mit ausländischen Diensten, insbesondere der NSA, untersucht. Im Zentrum des Interviews stehen der manifeste Konflikt zwischen einer auf strengste Geheimhaltung aufgebauten Institution (BND) und der Wille des parlamentarischen Ausschusses, durch Aktenstudium und Befragung von Zeugen die Arbeit der Dienste offenzulegen. Angesprochen wird u. a. die Rhetorik der Zeugen, die Schwärzungen der Akten, die zeitliche Diskrepanz von rechtlicher und technischer Entwicklung, ob Metadaten persönliche Daten sind, sowie die utopische, aber rechtlich notwendige Unterscheidung zwischen deutschen und nicht-deutschen Daten.
- ArticleDatenarbeit im »Capture«-Kapitalismus. Zur Ausweitung der Verwertungszone im Zeitalter informatischer ÜberwachungHeilmann, Till A. (2015) , S. 35-48Der Beitrag widmet sich der Überwachung von Usern im Netz digitaler Medien. Dabei geht es nicht um Kommunikation, sondern um Produktion, d. h. um die Erzeugung und Verwertung personenbezogener Daten in ökonomischer Hinsicht. Mit Bezug auf von der Marx'schen Kritik der politischen Ökonomie inspirierten Diskussionen und ein grammatisches Konzept von Überwachung als «capture» (Philip Agre) vertritt der Beitrag die These, dass wir am Beginn einer gewaltigen Ausweitung des globalen kapitalistischen Verwertungsgeschehens stehen, die technisch von Entwicklungen wie ubiquitous computing und smart environments getragen wird und in deren Zug immer größere Teile unserer Existenz unter Bedingungen gestellt werden, die man als ‹Datenarbeit› bezeichnen kann.
- ArticleGender-FaschingRehberg, Peter (2015) , S. 120-123Nicht nur genderpolitisch unumwunden rückwärtsgewandte, sondern auch vermeintlich liberale Beiträge missverstehen Butler. Dazu zwei aktuelle Beispiele: die mediale Repräsentation der Transsexuellen Caitlyn Jenner und die der Eurovision Song Contest-Gewinnerin von 2014, Conchita Wurst. Im Fall von Jenner gerät über die Begeisterung für den erfolgreich vollzogenen Seitenwechsel der Machtanspruch von Gender selbst in den Hintergrund, sie wird zur Ikone einer neoliberalen Selbstoptimierung. Im Fall von Wurst wird die Event-Kultur von Eurovision insgesamt als «Gender-Fasching» wahrgenommen. Beide Beispiele illustrieren eine der gängigsten Fehllektüren Butlers: dass Gender frei wählbar wäre oder sogar so einfach zu haben sei wie ein Kostümwechsel. An diesem Punkt schlägt die mediale Berichterstattung über Gender um in ihre Diffamierung, denn die Fehllektüre eines als voluntaristisch missverstandenen Gender-Begriffs ruft ihren Widerspruch schon mit auf.
- ArticleKo- und Kontra-Präsenzen: Gender-BashingsBergermann, Ulrike (2015) , S. 119Auf vielen Bühnen und Szenen steht das Thema Gender heute wieder in einem erstaunlich umkämpften Mittelpunkt. Dieser ist jedoch nicht ein Punkt; es entstehen ungleichzeitige Debatten. Mindestens zwei der vertrauen topologischen Metaphoriken greifen allerdings nicht: weder der Zyklus, nach dem sich Geschichte – wie die der Gender Studies – als Tragödie oder als Farce wiederholt, noch die Kurve, der zufolge ein Ausschlag auf der einen Seite einen der anderen nach sich ziehe. Denn die Heftigkeit der Debatten erklärt sich weder aus einer ‹Wiederkehr› rhythmisch auftretender Emanzipations- und Anpassungs-Wellen noch aus einer letzten Abwehrbewegung derer, die ihre Privilegien nun hätten abgeben müssen, bevor sich die Wogen wieder glätten (und etwa ‹Gleichberechtigung› einsetze). Der Anteil von Frauen in Führungspositionen und Professuren pendelt in Deutschland seit Jahren an der europäischen Untergrenze, der Gender Pay Gap ist laut Statistischem Bundesamt seit Jahren der gleiche, somit kann es sich bei der Hasswelle gegen die Gender Studies nicht um eine Reaktion auf ökonomische Entwicklungen handeln. Gibt es eine Logik, die die Schauplätze von ‹Gender-Bashing›, antifeministischen Shitstorms und massenhaften persönlichen Angriffen koppelt? Die Versuchung erscheint groß, schlicht eine enthemmende Anonymität in neuen sozialen Medien heranzuziehen. Anstatt eine Debatte um eine These anzustellen, die die verschiedenen Felder der Auseinandersetzungen zusammenspannt, verfolgen die Beiträge einzelne aktuelle Felder exemplarisch: Peter Rehberg untersucht zwei zirkulierende mediale Transgender-Ikonen mitsamt den entsprechenden Auseinandersetzungen in ihrer Beziehung zu zentralen Thesen der Performativitätstheorie. Gabriele Dietze liest das Gender-Bashing der letzten Monate in intersektionaler Perspektive und differenziert so die Binarismen, die nicht nur zwischen ‹männlich und weiblich›, ‹weiblich und unweiblich› verhandelt werden, sondern in Überlagerung mit ‹christlich und muslimisch›, ‹Familie oder falsche Familie›, sodass die konservativen Abwehrhaltungen als solche gegen verschiedene Arten von Vergemeinschaftung lesbar werden. Weitere mögliche Kondensationspunkte sollen Fortsetzungen der Debatte bilden.
- Review»Linie-Werden«, »Welt-Werden«, »Fliehen«. Aktuelles und Virtuelles zum DividuellenBee, Julia (2015) , S. 143-148Besprochene Bücher: Gerald Raunig: dividuum. Maschinischer Kapitalismus und molekulare Revolution Band 1, Wien u. a. (transversal texts) 2015 Michaela Ott: Dividuationen. Theorien der Teilhabe, Berlin (b_books) 2015
- ArticleÜberwachung und Kontrolle. Einleitung in den SchwerpunktKammerer, Dietmar; Waitz, Thomas (2015) , S. 10-20Spätestens seit den Enthüllungen von Edward Snowden ist deutlich geworden, in welchem Ausmaß Netzwerk- und Speichermedien Instrumente von Überwachung und Kontrolle sind. Aber nicht nur Geheimdienste generieren Daten aus der Nutzung von Medientechnologien; auch im ‹Internet der Dinge›, in den Fantasien von Big Data oder innerhalb der Quantified-Self-Bewegung werden mediale Vorgänge, Ereignisse und Kommunikationen automatisierten Vermessungen unterzogen, die Kontrolle zum Ziel haben. Die hier versammelten Beiträge fragen nach einer dezidiert medienwissenschaftlichen Theoriebildung von Überwachung und Kontrolle. Welche Erkenntnisse lassen sich in der Gegenstandsanalyse gewinnen? Müssen grundlegende Konzepte wie ‹Daten›, ‹Kommunikation›, ‹Information›, ‹Archiv›, ‹Gedächtnis› oder auch ‹Sichtbarkeit› neu perspektiviert und reflektiert werden? Welche theoretischen Zugänge lassen sich öffnen? Wie könnte eine politische Kritik aussehen?