2004
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- ReviewAufklärer in der Blogosphäre. Stefan Krempls Krieg und Internet. Ausweg aus der Propaganda?Kücklich, Julian (2004)Stell dir vor es ist Krieg und keiner sieht fern. Dies ist, überspitzt ausgedrückt, das Szenario das Stefan Krempl in seinem Buch Krieg und Internet. Ausweg aus der Propaganda? für die Zukunft entwirft. Denn die etablierten Massenmedien sind in den Verdacht der Desinformation geraten, zuletzt im Irak-Krieg, aber auch in anderen Konflikten der jüngsten Vergangenheit. Immer mehr Menschen sehen sich deshalb nach alternativen Informationsquellen um, und zwar nahe liegender Weise vor allem im Internet.
- ArticleComics und der myopische Blick – Strafen für unerwartete und wirkungsvolle TextePackard, Stephan (2004)Eine erstaunliche Anklage wegen des Vertriebs eines „obszönen“ Comics ist Anlaß für eine kurze Untersuchung von Argumentationen, die eine spezifisch kindliche Rezeption neuer Medien in der Absicht beschreiben, die juristische Regulierung ihrer Verbreitung zu motivieren. Der Versuch, wahrgenommene Widersprüche in diesen Argumentationen zu erklären, führt schließlich zu der Frage, ob es mißlungene oder etwa besonders gelungene Rezeptionen sind, die in vergleichbaren Kontexten für gefährlich erklärt werden.
- ArticleDerrida – ein NachrufJahraus, Oliver (2004)Hätte Jacques Derrida zu seinen Lebzeiten noch seinen eigenen Nachruf geschrieben, sicherlich hätte er zuerst die Frage gestellt, was denn wohl Nachruf überhaupt bedeute. Denn dieses Nach drückt ja wohl in seiner Linie ein Zuspät aus, das angesichts des Todes überhaupt erst seine Berechtigung und im selben Maße auch seine Unzuständigkeit gewinnt, so als ob man eine unhintergehbare Differenz machen müsste zwischen der Art, wie man vor, und der Art, wie man nach dem Tod spricht bzw. schreibt.
- ArticleElfriede Jelinek hat den Literaturnobelpreis bekommen – zu Recht!Jahraus, Oliver (2004)Der Nobelpreis ist immer ein Politikum. Jedes Jahr auf Neue wird auch spekuliert, welche Gründe jenseits des Werkes des ausgezeichneten Autors noch eine Rolle gespielt haben mögen: Geschlecht, Hautfarbe, Herkunftsland, Kontinent, nicht-literarische Aktivitäten oder was man sonst noch so anführen mag. Man darf solche literaturfernen Gründe für einen Literaturnobelpreis nicht grundsätzlich kritisieren. Wären sie nicht im Spiel, wäre es schwieriger, gegenüber dem dominanten westlichen mainstream die Literaturen aus eher peripheren Kulturkreisen überhaupt hervorzuheben. Und insofern hat der Literaturpreis auch die Funktion, die Aufmerksamkeit der literarischen Weltöffentlichkeit zu lenken.
- ReviewGoedart Palm: CyberMedienWirklichkeit. Virtuelle WelterschließungenKücklich, Julian (2004)Die Welt der neuen Medien scheint theoretisch uneinholbar – insbesondere im Medium des gedruckten Wortes. Die Mechanismen der Buchproduktion entstammen einer gemächlicheren Epoche als der unseren und so haben viele wissenschaftliche und populäre Werke zu diesem Thema bei Erscheinen bereits eine Patina, die sie geradezu antiquiert erscheinen lässt. Besonders augenfällig ist dies, wenn in gedruckter Form erscheint, was sich über die Jahre im World Wide Web angesammelt hat – nun übersichtlich gegliedert und von allen Spuren des Digitalen bereinigt. Diesem Rezept folgte bereits Lev Manovichs The Language of New Media (2001) – ein Buch, dessen Anachronismus durch den Rückgriff auf die Anfänge der Kinematografie geradezu selbstironisch zur Schau gestellt wurde.
- ArticleHitler im Kino. Der Film „Der Untergang“ – zum Anschauen empfohlenJahraus, Oliver (2004)Der folgende Beitrag nimmt den Film „Der Untergang“ von Bernd Eichinger und Oliver Hirschbiegel gegen seine Kritiker in Schutz und zeigt auf, wie dieser Film auf innovative Weise die paradoxe Struktur von Hitlers Herrschaft erklären kann, indem er den ‘Bunker’ als – im Untergang des Dritten Reiches – verdichteter Mikrokosmos mit Modellcharakter für das NS-Regime vorführt.
- ArticleIch und die Kamera – Film ohne Dramaturgie am Beispiel des Tagebuchfilms November 1-30 von Jan PetersSponsel, Daniel (2004)Ein Film ohne Dramaturgie? Das kann nur ein Dokumentarfilm sein. Aber wo fangen die Kriterien für einen Dokumentarfilm an und wo enden die Möglichkeiten der Dramaturgie? Die Kategorisierung möchte ich mir ausnahmsweise einmal einfach machen und den Dokumentarfilm als ein filmisches Genre bezeichnen, das sich vom fiktionalen Erzählen vor allem dadurch abgrenzt, dass es sein Material unmittelbar dem Leben entnimmt – ohne den Umweg des Drehbuchs und der Nachinszenierung. Das hat meistens zur Folge, dass man in einem Dokumentarfilm genau das nicht hat, was einen Spielfilm so stark macht: die Schlüsselszenen – Szenen also, die die Organisation einer funktionalen Dramaturgie so einfach machen.
- ArticleDie Idee der Kultur und die KulturwissenschaftenJahraus, Oliver (2004)In seinem programmatischen Aufsatz „Dichte Beschreibung“ bezieht sich Clifford Geertz (in: ders.: Dichte Beschreibung. Beiträge zum Verstehen kultureller Systeme. Frankfurt a.M. 1987, S.7-43) auf eine Idee von Susanne K. Langer, wonach sich bestimmte Ideen entwickeln, die eine Zeitlang die fundamentale Lösung konzeptionell-theoretischer Probleme der Wissenschaft(en) versprechen und irgendwann einmal in Selbstverständlichkeit übergehen. Zu einer solchen grande idée gehört der Kulturbegriff. In der Tat hat der Kulturbegriff eine beeindruckende Konjunktur hinter sich. Dabei muss man allerdings differenzieren. Das Nachdenken über Kultur ist so alt wie die Kultur selbst. Neu aber ist, so etwas wie Kulturwissenschaft theoretisch zu begründen und praktisch zu institutionalisieren. Objekt- und Metaebene bedingen sich dabei gegenseitig. So wie auf der einen Seite die Idee einer Kulturwissenschaft oder der Kulturwissenschaften generell vorangetrieben wird, so bringt dies auch neue Formen des Nachdenkens über Kultur mit sich. In diesem Kontext werden zahlreiche mittlerweile historische Formen von Kulturphilosophie und anderen Kulturkonzeptionen aktualisiert.
- Article„Ihr seid krank!“ – „Ihr seid schon jetzt alle Gewinner!“Ort, Nina (2004)Neulich, nachts beim Zappen, stieß ich zufällig auf eine Show, die mich zuerst ein wenig ungläubig staunen ließ, dann aber sofort fesselte: Es war eine Art „Deutschland sucht den Superstar“-Show, die mich, anders als die gewohnten langweiligen, aalglatten, aber offenbar populären Shows, nach der ersten Verblüffung vollkommen faszinierte. Alle Show-Kandidaten sind geistig Behinderte, die, gemeinsam mit Christoph Schlingensief, voll Begeisterung, Engagement und mit sichtlich größtem Vergnügen eine Superstar-Show inszenierten, samt Jury, diskutierendem Presseclub, politischem Streitgespräch und Tonstudio – in jeweils passender Kostümierung. Ich muss zugeben, dass ich bei dieser Sendung einen Lernprozess durchmachte, wofür ich nun Schlingensief und den geistig behinderten Superstar-Aspiranten dankbar bin.
- ArticleMediale Lebenssteigerungen – das Werther-Syndrom. Anmerkungen zu Bernd Scheffers „Medien als Passion“Matzker, Reiner (2004)Die Frage, warum Menschen seit jeher hinter den Medien her seien, verbindet sich analog betrachtet mit der medialen Bedeutung einer literarischen Figur, die nicht ohne Wirkung auf das Geistesleben ihrer Zeit und auch unserer Zeit geblieben ist – und dies nicht nur in der Hinsicht, dass der Erfolgsroman, in dem diese Figur in Erscheinung tritt, eine umstrittene „Flut“ der Selbstmordintentionen auslöste.
- ArticleMedien als Passion (Einleitung)Scheffer, Bernd (2004)Warum sind Menschen seit jeher derart hinter den Medien her? Eine der möglichen Antworten lautet: Medien ermöglichen Lebenssteigerungen in allen nur denkbaren Ausprägungen. – Der folgende Artikel stellt die Einleitung zu einem gleichnamigen Buch dar. Es geht u. a. darum, ausufernde, vernachlässigte oder diffus gewordene Fragen nach der Funktion von Medien wieder auf einige Kernfragen zuzuspitzen und diskutable Antworten dabei voranzutreiben. (Im Anschluß an diesen Artikel entstand: Reiner Matzker “Mediale Lebenssteigerungen – das Werther-Syndrom Anmerkungen zu Bernd Scheffers „Medien als Passion“)
- ArticleMedien und Fremdenfeindlichkeit: Eher Gefühlsprobleme als Vernunftprobleme.Scheffer, Bernd (2004)Der vorliegende Aufsatz zweifelt daran, dass die üblichen Empfehlungen, wie mit dem Problem „Medien und Fremdenfeindlichkeit“ umzugehen sei, allein schon ausreichen. Diese üblichen, allemal wohlgemeinten, durchaus ehrenvollen Vorschläge, die pädagogischen und didaktischen Empfehlungen, die vor allem von Wissenschaftlern und zum Teil auch von Medienpraktikern stammen, berücksichtigen die tatsächliche, durchaus unbequeme emotionale Problemlage einer Gesellschaft und ihrer Medien nicht gründlich genug. Man hält „Medien und Fremdenfeindlichkeit“ für ein Vernunftproblem bzw. für ein Unvernunftproblem und versucht ihm folglich fast ausschließlich mit Aufklärung und Belehrung und der Erwartung auf Einsicht der Unvernünftigen beizukommen. Grundsätzlich spricht zwar nichts gegen solche Lösungsversuche, aber sie stellen eine höchst unvollständige Problembearbeitung dar. Verkannt wird, dass es vor allem um Gefühlsprobleme der Gesellschaft und die emotionale Dynamik der Medien geht und dass der Fremdenfeindlichkeit oft nur noch mit durchaus bedenklichen Gegen-Emotionen beizukommen ist. […]
- ArticleÜber das Eingehen ins Paradies bei Heinrich von Kleist auf neurophysiologischer GrundlageGolch, Felix (2004)Mit dem Blick eines Mediziners und eines Neurologen werden in diesem Aufsatz verschiedene Motiven der Literatur bei Kleist oder Thomas Mann, die die Bewegung von Figuren und die Steuerung dieser Bewegung betreffen, beleuchtet. Die neurologische Erklärung bestimmter motorischer Verhaltensmuster literarischer Figuren zeigt, wie genau bisweilen Literaten menschliches Verhalten beobachtet haben und wie sie im körperlichen Ausdruck psychische, aber auch soziale Voraussetzungen dieser Figuren beobachtbar gemacht haben.
- ArticleÜber Derrida(s Tod). Persönlich UnpersönlichesGrizelji, Mario (2004)Die Verstörung hält an. Darüber, dass mit Derrida ein exzeptioneller Denker der abendländischen Philosophiegeschichte gestorben ist, darüber, dass mit ihm ein Schriftsteller gestorben ist, dessen Texte und Denkfiguren einem ans Herz gewachsen sind, und Verstörung darüber, dass man nicht weiß, ob es eine besondere Ehre bedeuten soll, sich zum Zeitpunkt seines Todes, völlig zufällig, in derselben Stadt aufzuhalten. Ist man hier in Paris Derrida(s Tod) näher als anderswo?
- ArticleDie Wiedergeburt der Interpretation aus dem Geiste Luhmanns.Pfohlmann, Oliver (2004)Was ist Literatur – als Medium? Folgt man Oliver Jahraus, sollte man zur Beantwortung dieser Frage zunächst ein Telefonat mit einem Briefwechsel vergleichen. Mündliche Kommunikation, auch ohne Sichtkontakt, läuft und läuft und läuft, ein Wort gibt das andere, und die Frage, ob man „richtig“ verstanden wurde, mag für die Beteiligten wichtig sein, kommunikationstheoretisch gesehen bleibt sie weitgehend irrelevant. Denn das Verstehen kontrolliert sich wechselseitig, sodass sich die Hauptsache, die Kommunikation selbst, gewöhnlich problemlos fortprozessiert.