2006
Browsing 2006 by Author "Krause, Daniel"
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- ArticleBilder vom Denken in Räumen: Markus Heidingsfelders und Min Teschs Architekturfilm Rem Koolhaas – Architekt XXLKrause, Daniel (2006)Architektur zu ‘verfilmen’ ist schwer: Wie lässt sich Raum auf die Mattscheibe bringen? Wie sind die sinnlichen Anmutungen eines Gebäudes wiederzugeben, sein Duft (von Mörtel, Beton oder Holz), die haptischen Merkmale, Lichtstimmungen? Wie kann die Dramaturgie der Raumfolgen dargestellt werden? Lässt sich Architekturtheorie filmisch vermitteln? Können Begriffe anschaulich werden? Wie werden Begriff und Anschauung eins? Was, wenn ein Gebäude als Gedanke, nichts sonst, zu begreifen ist – ein Gedanke zumal, der alles bedeuten will, aber nicht Architektur? Wenn alle Begriffe von Architektur fragwürdig werden, Architektur sich entzieht – wie in den Bauten Rem Koolhaas’, des denkfreudigsten, wagemutigsten Architekten unserer Tage?
- ArticleDie „Blonde Negerin“Krause, Daniel (2006)Die Einheit der Vielheit ist schön. So sieht es Plato. Schönheit ist nicht gefällig und Kitsch ist ihr fremd. Nichts spricht dafür, dass sie „unmodern“ sei. Keiner wusste das besser als Brancusi. Das zeigt eine Bronze in Wien: „La négresse blonde“. Sie stellt die Einheit der Vielheit vor Augen – gegen die Logik, ohne Versöhnung. Heraklit, nicht Hegel, steht Pate. Sein Bild vom „gespannten Bogen“ drückt Brancusis Anliegen aus: Das Starre, Gerade ist nicht einmal hässlich. Das einfach Harmonische – plump. Im Goldglanz muss Dreck sein, denn schön ist, was lebt.
- ArticleBöhmischer KlangKrause, Daniel (2006)Könnte ein Instrument den Klang eines Orchesters charakterisieren – für die Bamberger Symphoniker, vormals „Deutsche Philharmoniker in Prag“, wäre die Bratsche zu nennen: Sie scheinen heller timbriert als alteingesessene deutsche Ensembles, doch matter, weniger seidig und strahlend als Wiens und Dresdens Opernorchester. Ihr Streicherklang ist füllig, wohlfokussiert. Gerundet, voll Wärme das Blech. Beseelt, voller Zartheit der Holzbläserton. Ihr Spiel ist frei von Tiefsinnsprätentionen, von virtuoser Gefallsucht und Frivolität. Es ist ganz Herzlichkeit. Darin liegt sein böhmisches Wesen. In Smetanas „Verkaufter Braut“ kommt seine Eigenart zur Entfaltung: Seit vierzig Jahren ist Kempes Bamberger Aufnahme das Maß aller Dinge im tschechischen Repertoire.
- ArticleBösendorferKrause, Daniel (2006)Mit aggressiven Methoden hat Steinway den Weltmarkt erobert, die Vielfalt der Timbres vernichtet. Das ganze Repertoire, ob Bach, ob Boulez, wird im stählernen Steinwaysound exekutiert. Der glockenklare Bösendorfer, für Mozart und Schubert geschaffen, die farbige Zartheit des Bechstein, sie finden kaum noch Gehör: Globalisierung der Klänge.
- ArticleCelibidacheKrause, Daniel (2006)Ein Missverständnis: Musik ist Ausdruck. Die Widerlegung: Celibidache. Die meinen, Musik stellte dar, als Sprache der Seele, verhöhnt er: Mag sein, Mahler spricht für die Menschheit, aber er spricht. Musik ist ein Jenseits der Zeichen, pythagoreisch: harmonia mundi, die inneren Proportionen der Welt. Musizieren: praktische Ontologie. Daher die Ahnung beim Hören: So ist es. Es geht in Musik, mit Heideggers Worten, um das „Ereignis“: Eines wird Anderes. Eines und Anderes sind immer schon eins. So offenbart sich, „was die Welt zusammenhält“.
- Article‚Dickens statt Kant’ oder: Richard Rorty und die Moral der KünsteKrause, Daniel (2006)Es gibt eine Legitimationskrise der Ethik. Die Meinung, moralische Vorschriften könnten verbindlich gerechtfertigt werden, wird kaum noch vertreten – zumindest unter Philosophen. Richard Rorty, der Protagonist des amerikanischen Neopragmatismus, zieht eine radikale Konsequenz: Nicht Philosophen sind für Ethik zuständig. Der Versuch, ethische Maßgaben zu ‚begründen’, muss von vornherein als verfehlt gelten. Ethik ist eine Domäne der Literatur. Romane von Dickens oder Flaubert wecken unser Mitgefühl. Sie schaffen Solidarität. Das ist die sozialethische Dimension der Literatur. Darüber hinaus bereichern sie unsere Selbst- und Welterfahrung. Das ist die individualethische Dimension. Kurzum: Literatur entfaltet eine solche ethische Kraft, dass der (vermeintliche) Bankrott der Moralphilosophie nicht zu bedauern ist.
- ArticleDresdens KlangKrause, Daniel (2006)Dresdens größtes Geschenk an die Welt ist nicht ein Bauwerk, sondern ein Klang. Die Sächsische Staatskapelle schöpft ihn aus dreierlei Quellen: Sinfonik, Oper und Kammermusik. Ein einziges anderes Orchester pflegt alle drei Repertoires: die Wiener Philharmoniker. Beide Ensembles zeichnet vor reinen Opernorchestern ein Sinn für m u s i k a l i s c h e – nicht nur dramatische – Spannungen aus; allein an s i n f o n i s c h e m Repertoire kann man ihn schulen. Vor Sinfonieorcherstern – auch vor den besten – die Sanglichkeit der Phrasierung und Humanisierung des Klangs: Die O p e r lehrt beide, Balance und Obertonspektrum nach der menschlichen Stimme zu bilden. Ihr Streicherklang strahlt, doch ohne die Kälte Chicagos und Clevelands und Londons grelle Brillanz. Bassschwerer „deutscher Klang“ nach Münchner und Leipziger Art und Amsterdams uferloses Volumen sind Dresdnern und Wienern ebenso fremd. K a m m e r m u s i k lehrt beide Ensembles z u s a m m e n zuspielen, schlacken- und schwerelos, durchsichtig bis ins Detail. Doch einzig den Dresdnern ist religiöse Inständigkeit eigen. Sie verdankt sich dem pietistischen Erbe des Landes. Ihr Musizieren, voll Hingabe, gleicht einem Gebet. „Engelsharfe“ – so nennt sie Wagner. Die Wiener mögen mehr Farben besitzen und Klangphantasie, frivoler und geistvoller agieren – die Dresdner spielen stets wie um Leben und Tod. Ihr Formsinn und Stilgefühl versagt dabei nie. So schaffen sie beides: Transparenz und Ekstase.
- ArticleDuchamp, Kosuth, Neo Rauch – Wie die Welt dem Künstler abhanden kam (und ob er sie wiederfand)Krause, Daniel (2006)Von Duchamp geht eine der prägenden Kunstrichtungen des 20. Jahrhunderts aus: Konzept-Kunst. Sie will die Materialität des Kunstwerks transzendieren. Auf die Idee kommt es an. Bei Duchamp sind es Ideen von Welt. Bei Kosuth Ideen von Kunst: Kunst wird „tautologisch“, die Welt kommt ihr abhanden. Es entsteht eine Leere. In den 90er Jahren wird sie gefüllt – durch die figürliche Malerei der Neuen Leipziger Schule.
- ArticleElsheimerKrause, Daniel (2006)Die kleinsten Gemälde der großen Museen sind im Barock, zu Zeiten Rubens, van Dycks, der Carracci entstanden. In einer Welt der Veräußerlichung, des Theaters, Exzesses schauen sie nach innen. Man halte Elsheimers „Flucht nach Ägypten“ neben den „Höllensturz“ Rubens: Ein Bruchteil der Fläche, vielleicht ein Prozent, doch wie viel länger verweilt dort der Blick. So lernt man Stille begreifen.
- ArticleGibt es unheimliche Musik? Ein AntwortversuchKrause, Daniel (2006)Es gibt das Unheimliche in der Musik – überall dort, wo die Brüchigkeit der musikalischen Weltordnung aufscheint, zumal in solchen Klängen und Modulationen, die de iure unzulässig sind, aber wie nebenbei zu Gehör gebracht werden, als Teil des musikalischen Alltags. Dergleichen ist weit unheimlicher als effektsichere Soundtracks zu Mystery-Filmen und allerlei Kakophonien. Mephisto ist kein Schreihals.
- ArticleHans Moser – Der traurigste der Komödianten. Ein Epitaph.Krause, Daniel (2006)Hans Mosers Name ist bekannt. Doch wer kennt die Filme und Platten? Ein unersetzlicher Reichtum menschlichen Ausdrucks fällt dem Vergessen anheim. Niemand anders verstand sich wie Moser aufs „Lächeln unter Tränen“. Wir wollen innehalten, um an den größten komödiantischen Genius des letzten Jahrhunderts zu erinnern.
- ReviewJens Malte Fischer: Gustav Mahler – Der fremde VertrauteKrause, Daniel (2006)Unter den musikpublizistischen Neuerscheinungen der vergangenen Jahre hat v.a. eine für Aufsehen gesorgt: Jens Malte Fischers Gustav Mahler: Der fremde Vertraute. Die Rezensionen sind enthusiastisch, zu Recht. Eine profundere Darstellung hat Mahlers Musik, hat sein Leben niemals erfahren – trotz Adorno, Blaukopf, Eggebrecht. Fischer glänzt als Stilist: dass er schreiben kann, haben bereits die Großen Stimmen erwiesen, das deutsche Standardwerk zum Gesang. Kestings Großen Sängern – dem einzigen konkurrenzfähigen Werk – sind sie an sprachlicher Elaboriertheit weit überlegen (zugleich in der Abgewogenheit des Urteils).
- ArticleKollegienkircheKrause, Daniel (2006)Weingarten, Einsiedeln, St. Gallen, die großen barocken Abteikirchen Mitteleuropas, bilden sämtlich ein Bauwerk nach: die Salzburger Kollegienkirche. Deutlich lässt sie Fischer von Erlachs Handschrift erkennen: Monumentalität entsteht aus tektonischer Klarheit. Das Dekor tritt zurück hinter die räumliche Form als Erscheinung der kosmischen Ordnung. Der Blick wird zur Mitte gesogen, von dort in die Höhe: Die Vierung trägt, lichterfüllt, einen hohen Tambour. Selten entfaltete Architektur solche zentrierende, weitende, klärende Kraft – zuletzt in der Hagia Sophia.
- ArticleMolwanîen oder: Australien träumt den Balkan.Krause, Daniel (2006)Ein australisches Autorenkollektiv hat seit 2003 mit dem sogenannten Molwanîen-Projekt einiges Aufsehen erregt. Ein imaginärer Balkan-Staat wird vorgestellt, als sei er Wirklichkeit – in Büchern, Websites und öffentlichen Präsentationen. Der deutsche Molwanîen-Hype hat seinen Höhepunkt seit einigen Monaten überschritten. Grund genug für die Medienobservationen, eine vorläufige Bilanz zu ziehen. Was hatte es auf sich mit dem „Land des schadhaften Lächelns“? War es der Aufmerksamkeit wert? Wir wollen nicht medienpsychologische Überlegungen in den Vordergrund stellen. Unser Interesse gilt dem sachlichen Gehalt des Medienprodukts ‘Molwanîen’.
- ArticleDie Münchner Pinakothek der Moderne. Eine Bilanz nach vier JahrenKrause, Daniel (2006)Die Münchner Pinakothek der Moderne gilt als wichtigster Museumsneubau der letzten Jahre in Europa. Ihre Bedeutung bemisst sich zunächst nach Ausstellungsfläche und Renommee der Sammlungen: der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen und der Designschau Neue Sammlung, des Architekturmuseums der Technischen Universität und der Staatlichen Graphischen Sammlung. Doch auch die Leistung Stephan Braunfels’, des Architekten, wird gerühmt: Ihm sei der überzeugendste Museumsbau seit langem gelungen. Wir wollen dieses Urteil kritisch prüfen.
- ArticleÖrkény Istváns Egyperces Novellák oder: Die Moral der Kürze. Versuch einer AnnäherungKrause, Daniel (2006)Örkény István zählt zu den herausragenden ungarischen Autoren der Moderne. Ein Vierteljahrhundert nach seinem Tod ist er im Ausland nahezu unbekannt. Das ist bedauerlich, denn Örkény ist Wittgensteins Bruder im Geiste. Beide treten ein für die Moral der Kürze. Wir gehen Örkénys Eigenart nach – und seiner Bindung an die ungarische Kultur. Unser Augenmerk gilt den Egyperces Novellák (Minutennovellen).
- Article„Renaissance des Erzählens”? – Eine Fußnote zur Gegenwartsliteratur mit Blick auf John BarthKrause, Daniel (2006)Zu den einflussreichsten Wortmeldungen zeitgenössischer Literaturtheorie zählen zwei ‚klassisch’ zu nennende Essais aus der Feder John Barths: The Literature of Exhaustion (1967) und The Literature of Replenishment (1979). Wenn die neue ‚Lust’ an (konventionellen) erzählenden Formen dingfest gemacht werden soll, werden sie häufig zitiert. Darüber hinaus reklamiert man sie für den ‚Postmoderne’-Diskurs. Beide Lesarten gehen in die Irre: Die erste, weil Barth keineswegs für eine Kunst des Romans nach Art des 19. Jahrhunderts eintritt, die zweite, weil seine Essais wenig geeignet erscheinen, der sog. ‚Postmoderne’ Kontur zu verleihen.
- ArticleRosenkavalierKrause, Daniel (2006)Richard Strauss hat zwei wertvolle: avantgardistische, neutönende Opern geschrieben, „Salome“ und „Elektra“. Das Spätwerk fällt dem 19. Jahrhundert anheim. Drum ist es künstlerisch ohne Belang. So denken kluge Philister. Aber sind Opern am Fortschritt zu messen? Muss Kunst sich stets um das Neue bemühen? Was, wenn sie aller „Programme“ entsagt – um einer zweiten Leichtigkeit willen? Die abgeklärte Konzilianz des „Rosenkavalier“ folgt Mozarts, des ewig Gültigen, Gesetz.
- ArticleSchönbrunns GrößeKrause, Daniel (2006)Schönbrunn sollte Versailles übertrumpfen – so wollte es Fischer von Erlach. Dann fehlten die Mittel: Schönbrunn ist kaum halb so groß. Durch Schönheit der Lage, Proportionskunst und Farbgeschmack, vor allem Beschränkung der Maße überragt es das Vorbild. K a i s e r l i c h e Architektur trumpft nicht auf. Sie bleibt verhalten, auch in der Pracht, monumental und intim: Nie wurde Wien hausmannisiert. So gleicht es den Bauherren: Habsburg. Welches der großen Geschlechter hätte von Menschlichem, Allzumenschlichem, mehr zu erzählen? Welches sonst weckt Verehrung u n d Zuneigung? Wittelsbach: Nett, provinziell. Hohenzollern: Krautjunker, machtgeil. Bourbonen: Hohle Perücken, häufig debil. Daher das maßlose, öde Versailles. Schönbrunn ist das Inbild der Größe mit Zartheit, verschatteten Glanzes. So fasst es zusammen, was Wien ist, was Habsburg. Schönbrunn: ein Traum von Österreich.
- ArticleSir Peter’s Glanz und Ende – An der Bayerischen Staatsoper geht die Ära Jonas/Mehta zu EndeKrause, Daniel (2006)Das deutsche Feuilleton ist geneigt, München in allen Belangen zu schmähen. Das gilt für den Fußball, ebenso für die Künste: Ressentiments führen den Rezensenten der FAZ, der WELT, der ZEIT von jeher die Feder. Gewiss, der Reichtum Münchens provoziert. Doch nicht sein Wohlstand hat München zu Deutschlands Metropole der Künste gemacht. Es ist der höfisch-bürgerliche Sinn fürs Schöne, die Sehnsucht nach Vollendung für den Augenblick – man denkt barock. Kein Zweifel: Ein wenig Eitelkeit, fare bella figura, ist stets mit im Spiel. Sie sei dem Münchner Bürgertum gern zugestanden: Es schenkt der Welt ein Opernhaus, das Kennern und Liehabern als eines der ersten auf Erden gilt, zumal nach 13 Jahren der Intendanz Sir Peter Jonas’. Nicht wenige glauben, einzig in München werde Musiktheater im umfassenden Sinne geboten.