2019/1 ‒ Was uns angeht
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- ArticleArchive der Zukunft? Ein Gespräch über Sammlungspolitiken, koloniale Archive und die Dekolonisierung des WissensKuster, Brigitta; Lange, Britta; Löffler, Petra (2019) , S. 96-111Brigitta Kuster und Britta Lange forschen und publizieren seit langem über sensible Sammlungen, koloniales Erbe, Archivierungsprozesse und Ausstellungspraktiken. Mit Petra Löffler sprechen sie über Möglichkeiten und Risiken einer zukünftig anderen Archivpolitik und über das Verhältnis von Materialität und Medialität von Archiven.
- Article«Dear White People»? Notizen zu Arthur Jafas Black Cinema und Fragen der AdressierungWeingart, Brigitte (2019) , S. 112-118Anlässlich einer Ausstellung des afroamerikanischen Filmemachers und Künstlers Arthur Jafa, dessen Arbeiten sich dezidiert auf das Bild- und Soundrepertoire einer black experience berufen, reflektiert der Beitrag deren ‹faszinierende› Wirkung auf eine weiße Rezipientin (die Verfasserin). Er geht der Frage nach, inwiefern in Jafas Filmen – und hier insbesondere in der Videoarbeit Apex (2013) – Faszination selbst als Konstellation des Sehen und Gesehenwerdens verhandelt wird, in der die ‹Farbe› des Blicks einen Unterschied macht. Als Intervention in die mediale Konstruktion von race stellt Jafas Black Cinema audiovisuelle Argumentationshilfen bereit, wenn es darum geht, Weißsein mit seiner vermeintlichen Unmarkiertheit auch seine Privilegien streitig zu machen.
- ArticleFrom what distance are things clear? (Bildstrecke)Black Athena Collective (2019) , S. 120-128In der Bildstrecke wird das Projekt «From what distance are things clear?» vorgestellt. Das Projekt untersucht, wie politischer Raum durch verschiedene Architekturen und Formen der Reterritorialisierung wiederhergestellt wird. Indem Fragmente von Fotografien, Texten und Illustrationen zu einer architektonischen Sprache zusammengesetzt werden, die von den dominanten Rahmungen des Archivs abweicht, bedient sich dieses Projekt einer archäologischen Logik, um neue Notationsformen zu erarbeiten.
- ArticleHefte machen. Ein Round Table über Grafikdesign, E-Publishing und die ZfM-ProduktionLöffler, Petra; Peters, Kathrin; Appenzeller, Lena; Caffoni, Paolo; Sack, Janine (2019) , S. 53-65Petra Löffler und Kathrin Peters, Redakteurinnen der ZfM sprechen mit Lena Appenzeller, Grafikerin der ZfM, der Künstlerin, Grafikererin und Verlegerin Janine Sack sowie mit Paolo Caffoni vom Veranstaltungsort und Verlag Archive Books. Es geht es um Produktionsabläufe - nicht zuletzt der ZfM, um Print- und Onlinepublikationen und die Besonderheiten der Gestaltung wissenschaftlicher Zeitschriften. Das Gespräch ist eine Erkundung des eigenen Schreibtischs, Arbeitsplatzes und politischen Einsatzes, mit dem sich kleine Verlage und Kollektive mit gestalterischen Konzepten und künstlerischen Kollaborationen mehr als bloß eine Nische geschaffen haben.
- ArticleHistoriografie der Filmarbeit. Making of, up & out (CRUISING)Göttel, Dennis (2019) , S. 130-141Die Produktionsgeschichte von CRUISING (USA 1979) war von Kontroversen und Fährnissen geprägt: von Protesten gegen dessen Dreharbeiten wegen des Vorwurfs homophober Repräsentation schwuler Milieus ebenso wie von starken Eingriffen der Zensur wegen der expliziten Darstellung von schwulem Sex. Eine Historiografie von Cruising, die – sich auf die Methode der Histoire Croisée beziehend – jene ‹Störfaktoren› der Kreativarbeit gleichberechtigt einbezieht, begreift Filmproduktion als strukturell offenen Prozess. Schließlich ist der Film dann selbst als lediglich ein Artefakt seines eigenen Produktionsprozesses zu denken – als ein Artefakt, das nicht vollends stabilisierbar und nicht diskret ist.
- Article«Intimacy Expectations». Wissenslust, sexuelle Gewalt, universitäre LehreBergermann, Ulrike; Heidenreich, Nanna (2019) , S. 25-37#MeToo und die Universität: wie ist dieses Verhältnis aus der Perspektive der Medienwissenschaften, oder aus einer Perspektive in der Medienwissenschaft zu diskutieren? Der Beitrag stellt eine Auseinandersetzung dar, die zunächst mit Lesen beginnt. Mit der Lektüre feministischer und queerer Positionen, vor allen Dingen auf den Kontext der USA bezogen: Laura Kipnis, Jennifer Doyle, Jane Gallop, Corey Robin, Lauren Berlant. Sie, und wir fragen u.a.: Wieviel class bestimmt die Klassenräume einer Hochschule, wie steht es um die Erotisierung von Hierachien, um das Verhältnis von Sex und Rechtsregulierungen, was hat dies mit einer Kultur der sexuellen Komplizenschaft, mit Männerbünden zu tun? Zur Verhandlung gestellt wird dabei die Frage nach dem Ort des Schreibens und das ‹Wir›: Welchen Unterschied macht der nationalstaatliche Container, also die jeweilige Rechtslage, dafür, wie wir diese Fragen verhandeln? Welche Unterschiede (oder Gemeinsamkeiten) gibt es auf Wissenskulturen bezogen?
- ReviewMedialisierungen des Meeres. AquariengeschichtenHeidenreich, Nanna (2019) , S. 176-181Rezensiert: Natascha Adamowsky: Ozeanische Wunder. Entdeckung und Eroberung des Meeres in der Moderne, Paderborn (Fink) 2017 // Mareike Vennen: Das Aquarium. Politiken, Techniken und Medien der Wissensproduktion (1840 – 1910), Göttingen (Wallstein) 2018 // Helmut Höge: Fische, Ostheim / Rhön (Peter Engstler) 2016
- ArticleMit-Schreiben. Versuche einer kleinen medienwissenschaftlichen EmpirieTrinkaus, Stephan (2019) , S. 66-77Was kann eine medienwissenschaftliche Empirie (sein)? Wohin führt sie? Der Text greift zwei methodische Konstellationen aus dem Forschungsprojekt Affekt, Alltag, Fernsehen auf: eine Videoeigenproduktion und ein Einzelinterview und versucht nicht über sie sondern mit ihnen zu schreiben. Schreiben also nicht nur als Versuch auf die Un/an/geeignetheit des_r Anderen zu antworten, sondern auch als Übergehen in die Nichtdeutbarkeit der Phänomene, die es selbst mithervorgebracht hat. In diesen situierten Ökologien des Wissen-Wollens, der Begegnung und des Schreibens entsteht also etwas, von dem sich die Forschenden und ihre Apparate, Methoden und Techniken nicht mehr trennen lassen.
- ArticleNach der Maschine. Über «Uni-Angst und Uni-Bluff»Waitz, Thomas (2019) , S. 15-24Der Aufsatz betrachtet die Editionsgeschichte des von Wolf Wagner verfassten Studienratgebers «Uni-Angst und Uni-Bluff. Wie studieren und sich nicht verlieren» über den Zeitraum von Anfang der 1970er Jahre bis in die Gegenwart. Dabei untersucht er diese im Lichte der Karriere Wagners und der Veränderungen von Universität und Hochschulbildung. Diese Überlegungen verknüpft der Aufsatz mit der Sozialisation und Karriere seines Autors im Wissenschaftsbetrieb.
- ReviewPrekäre ÖkologienTrinkaus, Stephan (2019) , S. 182-187Rezensiert: Anna Tsing: Der Pilz am Ende der Welt – Leben in den Ruinen des Kapitalismus [The Mushroom at the End of the World. On the Possibility of Life in Capitalist Ruins], übers. v. Dirk Höfer, Berlin (Matthes & Seitz) 2017 [2015] // Susan Leigh Star: Grenzobjekte und Medienforschung, hg. v. Sebastian Gießmann und Nadine Taha, Bielefeld (transcript) 2017 // Erich Hörl (Hg.), unter Mitarbeit von James Burton: General Ecology – The New Ecological Paradigm, London, New York (Bloomsbury) 2017
- ArticleReines Warten und im Kino bleiben. Maintenances von Momenten von DemokratieRobnik, Drehli (2019) , S. 142-148Dieser Essay im Schnittbereich von Film-/Kinotheorie und Politiktheorie verbindet unter dem Namen Wartung/Maintenance die Herstellung von Reinheit als Tätigkeit der Instandhaltung und das Warten, Verbleiben. Ort beider Arten von Wartung/Maintenance ist das Kino. Es wird auf seine «Reinheit» hin gedeutet, in Verdrehung eines ästhetischen Purismus mit politischer Aufladung und entgegen dem gängigen (Kunstfeld-)Diskurs, der Kino als nicht mehr existente Form/Praxis verabschiedet. Das gereinigte Kino hingegen, d.h.: ein Multiplex-Saal, in dem während der Abspänne u.a. von Superheld_innenfilmen (noch nicht) geputzt wird, versammelt Wartungspersonal und Leute, die im Kino bleiben, um auf Credit Cookies zu warten. Diese geteilte Zeit wird gelesen als Maintenance/Aufrechterhaltung verlorener, aber nicht bereinigter Momente protodemokratischer Erfahrung.
- ArticleSituiertes Schreiben mit Haraway, Cixous und Grauen QuellenGramlich, Noam; Haas, Annika (2019) , S. 38-52Schreiben und Publizieren sind die zentralen Praktiken der Wissensproduktion und -dissemination in der Medienwissenschaft. Sie unterscheidet sich darin nicht sonderlich von anderen Disziplinen, jedoch wird medientheoretisch durchaus thematisiert, dass kein Schreiben ‹neutral› ist. Trotz der Reflexionen der Medialität des Schreibens unterliegt gerade das wissenschaftliche Schreiben formalistischen Prinzipien. Vor dem Hintergrund von Donna J. Haraways Konzept der 'situated knowledges' (1988) fällt auf, dass wissenschaftliche Schreibweisen ihr Gemachtsein, Partikularität, Situiertheit und immer auch zahlreiche unumgängliche Ausschlüsse teilweise verdecken. Der Artikel widmet sich mit Haraway und Hélène Cixous feministischen und partikular-gegenhegemonialen Schreibweisen, die problematisieren, wer für wen und aus welchen Beweggründen schreibt. Entlang verschiedener Formen des situierten Schreibens stellt sich die neue alte Frage: Wie sich (ein)schreiben?
- ArticleUniversität und Neue Rechte. Geisteswissenschaftliche PositionierungenCortiel, Jeanne; Hanke, Christine (2019) , S. 163-174Der Beitrag diskutiert, was uns die Zunahme völkisch-nationalistischer Positionen in der politischen Debatte und das Drängen der Neuen Rechten an die Universität angeht. Ausgehend von geistes- und kulturwissenschaftlichen Kompetenzen fragt der Beitrag nach Handlungsmöglichkeiten, die sich an und aus der Universität heraus ergeben. Wir umreißen drei Dimensionen der Auseinandersetzung: die Analyse der öffentlichen Debatte um die Präsenz der Neuen Rechten an der Universität, die Arbeit an den eigenen Argumentationsstrategien und Positionierungen sowie eine Reflexion des institutionellen Handelns in der Universität. Zur Debatte steht dabei nicht alleine eine Reaktion auf die Neuen Rechten, sondern die Frage danach, welche Universität wir wollen.
- ArticleVersuchszonen des Spätindustrialismus. Goldabbau in SüdafrikaMorris, Rosalind C.; Eschkötter, Daniel (2019) , S. 78-95Die an der New Yorker Columbia University lehrende Anthropologin und Kulturtheoretikerin Rosalind C. Morris forscht seit zwei Jahrzehnten in südafrikanischen Goldabbauregionen, in denen sie die Transformationen im und vom industriellen Bergbau zum spätindustriellen eigenständigen Bewirtschaften der Minen, aber auch die Transformation der Townships und Gemeinschaften im Umfeld der Minen beobachtet und beschrieben hat. In den vergangenen Jahren hat sie dort vor allem Mitglieder der sogenannten Zama Zama begleitet, zumeist illegalisierte Migrant_innen, die in stillgelegten Goldminen in kleinen Gruppen Gold schürfen. Rosalind Morris sprach mit Daniel Eschkötter über die Goldminen als Theater und als Versuchszonen der Apartheid in Südafrika, über Zama Zama als Typus und Singularität, über die Zeitlichkeit des Anzestralen und die residualen (Flieh-)Kräfte der Industrialisierung.
- ArticleWas uns angeht. Zur EinleitungBergermann, Ulrike; Eschkötter, Daniel; Figge, Maja; Löffler, Petra; Peters, Kathrin; Sprenger, Florian; Trinkaus, Stephan; Waitz, Thomas; Weingart, Brigitte (2019) , S. 10-14Im Jubiläumsheft Nr.20 beziehen wir Position zu Wissenschaft und Wissenschaftspolitik, diskutieren Fragen der Verantwortung und der Sorge, reflektieren das eigene Tun als Forscher_ innen, Schreiber_innen, Gestalter_innen – und als Redakteur_innen einer Zeitschrift für Medienwissenschaft. Es geht um situiertes Schreiben, um alternative Empirien auch und gerade in der Wissenschaft, um die Universität als sozialer wie politischer Raum und als Austragungsort von Begehren, von Wissenslust, von sexualisierter Hierarchie und von sexueller Gewalt. Es geht um analoges und digitales Publizieren und darum, wie die ZfM gemacht wird, um die Dekolonialisierung der Archive und darum, wie medienethnologische Forschung eurozentristische Perspektiven verschiebt. «From what distance are things clear?»
- ArticleWege und Ziele. Die unstete Methodik der MedienwissenschaftEngemann, Christoph; Sprenger, Florian; Heilmann, Till A. (2019) , S. 151-161Methodenfragen sind in den letzten Jahren immer wieder in unterschiedlichen Kontexten des Fachs aufgetaucht – sowohl als von Institutionen und Drittmittelgebern formulierter Anspruch der Explikation methodischer Grundlagen als auch im Kontext der fachinternen Auseinandersetzung mit digitalen Verfahren. Der Beitrag von Christoph Engemann, Till A. Heilmann und Florian Sprenger, der diese Debatte eröffnet, bestimmt den gegenwärtigen Ort der Herausforderungen einerseits in der wissenschaftspolitischen Situation und forschungsstrategischen Stellung des Fachs, andererseits in der Transformation medienwissenschaftlicher Gegenstände angesichts digitaler Kulturen. Er ruft dazu auf, statt einer Inventarisierung medienwissenschaftlicher Methoden die Voraussetzungen der Methodenfrage und die Antworten, die das Fach liefern kann, ebenso zu debattieren wie dessen gegenwärtige Forschungs- und Finanzierungspolitik.
- Journal IssueZeitschrift für Medienwissenschaft. Heft 20: Was uns angeht(2019)«Was uns ANGEHT», «WAS uns angeht», «was UNS angeht» – der Titel des 20. Hefts der Zeitschrift für Medienwissenschaft lässt sich auf (mindestens) drei Weisen lesen. Mit dieser Jubiläumsausgabe beziehen wir Positionen zu Wissenschaft und Wissenschaftspolitik, diskutieren Fragen der Verantwortung und der Sorge, reflektieren das eigene Tun als Forscher_innen, als Schreiber_innen, Gestalter_innen – eben als Redakteur_innen einer medienwissenschaftlichen Zeitschrift, die nicht nur Redakteur_innen einer medienwissenschaftlichen Zeitschrift sind. Die ZfM ist das, was uns verbindet, das, was uns gemeinsam angeht, immer wieder, Jahr für Jahr. Uns hat sich in der Routine, mit der die Produktion jedes Heftes einhergeht, die Frage gestellt, worum es uns dabei geht. Eine Frage, die wir nicht so einfach beantworten wollten und konnten: Denn es geht nicht um einen bestimmten Inhalt, nicht um eine spezifische Bedeutung von Medienwissenschaft und erst recht nicht um eine Botschaft, sondern natürlich um eine mediale Konstellation, ein Gefüge: «Was uns angeht». Mit diesem Schwerpunkt versuchen wir eine Öffnung der ZfM auf diesen sie selbst und das Fach konstituierenden Prozess – kurz: Wir versuchen, die Zeitschrift selbst zu einem Ort zu machen, an dem sich dieses «was uns angeht» auf mehrfache Weise artikulieren kann.